Protokoll der Sitzung vom 15.05.2014

Vielen Dank, Herr Rosmeisl. Der Kollege Weihrich hätte Ihnen gern eine Frage gestellt und Sie wollen Sie beantworten. - Dann, meine Herren, auf geht‘s.

Herr Kollege Rosmeisl, ich denke, es ist wichtig erst einmal eines klarzustellen: Die Experten des IPCC behaupten nicht, dass der Klimawandel stockt, sondern die Wahrheit ist, dass der Klimawandel, das heißt die Temperaturerhöhung, global gesehen eigentlich noch hätte viel stärker ausfallen müssen und im Moment eine Diskussion darüber läuft, warum die Temperaturerhöhung nicht noch viel stärker ausgefallen ist.

Dafür gibt es vielfältige Erklärungsansätze. Zum Beispiel wurde festgestellt, dass sich die Wärme, die in die Atmosphäre gegangen ist, im Meer sammelt. Das ist aber mitnichten irgendein Beweis dafür, dass der Klimawandel nicht stattfindet. Im Gegenteil, der Klimawandel findet statt. Die Wärme kommt in die Atmosphäre und führt dort zu negativen Konsequenzen, vor allem auch im Meer.

Sie wollten eine Frage stellen.

Die Frage lautet: Würden Sie zur Kenntnis nehmen, dass die Forderung, die Herr Dr. Aeikens im Hinblick auf höhere Preise für Emissionszertifikate geäußert hat, nicht nur eine ökologische Komponente hat, sondern auch eine ökonomische? Denn dahinter steht im Grunde, dass durch die Energiewende, wie sie im Moment stattfindet, die abgeschriebenen Braunkohlekraftwerke bevorzugt werden, die mehr CO2 in die Atmosphäre pusten.

Das hat gerade hier im Land extreme Auswirkungen für die Stromerzeugungsanlagen, die von den Stadtwerken betrieben werden. Sie werden durch diese Regelung aus dem Markt gedrängt. Die Forderung nach höheren Preisen für CO2-Zertifikate hat beispielsweise der Geschäftsführer der Stadtwerke Halle geäußert.

Bitte halten Sie kein Korreferat.

Die Frage lautet: Würden Sie das zur Kenntnis nehmen? Oder wie sehen Sie das vor dem Hintergrund der industriellen bzw. der Stromerzeugungsstruktur in Sachsen-Anhalt?

Vielleicht das Zweite zuerst. Auf jeden Fall ist das im Endeffekt ein Eingriff in den Markt. Natürlich kann man das machen, wenn man das will. Klar ist auch, dass die Gaskraftwerke, also die Anlagen, die bei den Stadtwerken laufen, momentan ein Problem haben. Ob die Regulierung des CO2Emissionszertifikate-Handels tatsächlich die Lösung sein kann, wage ich zu bezweifeln.

Die Marktteilnehmer finden immer wieder neue Wege, um ihre Anlagen rentabel zu fahren, egal was wir regeln. Wenn das nicht der Fall ist - das sehen wir zum Beispiel bei den Atomkraftwerken -, dann werden sie dem Bund angeboten. Ich bin mir sicher, dass die Ablehnung vonseiten des Bundes, also vonseiten der Umweltministerin nicht die endgültige Entscheidung ist. Es wird noch Diskussionen darüber geben. Aber darauf möchte ich jetzt nicht weiter eingehen. Ich gebe Ihnen insofern Recht, als es Probleme mit den Gaskraftwerken gibt. Das ist richtig.

Um auf das Thema Klimawandel noch einmal kurz einzugehen; natürlich bestreite ich nicht, dass sich das Klima ändert. Das ist keine Frage. Die Frage ist aber, inwieweit die CO2-Emissionen diesen Klimawandel mit verursachen. Darüber gibt es jetzt im wissenschaftlichen Bereich ausreichend Diskussionen. Diese sollten wir meiner Meinung nach berücksichtigen.

(Herr Lange, DIE LINKE: So ein Käse!)

Sie haben Herrn Weihrich zu einer erneuten Nachfrage provoziert.

Ja, das ist so. - Jetzt haben Sie wieder etwas völlig anderes in die Diskussion hineingebracht, nämlich den altbekannten Unsinn, den Klimaskeptiker in den Raum stellen, dass der Klimawandel nicht anthropogen, also vom Menschen verursacht ist. Deswegen meine Frage: Wie belegen Sie diese Aussagen? Denn das ist nämlich ein Fakt, der in der gesamten Expertenwelt mitnichten in irgendeiner Weise infrage gestellt wird.

Herr Weihrich, noch einmal ganz kurz. So habe ich das nicht gesagt.

(Herr Lange, DIE LINKE: Doch!)

- Nein, ich habe nur infrage gestellt, wie groß der Anteil, der anthropogen verursacht wird, tatsächlich ist. Das wird auch auf wissenschaftlicher Ebene diskutiert. Warten wir es doch einfach ab. Wir haben derzeit dazu unterschiedliche Ansichten. Vielleicht nähern sie sich in Zukunft an.

(Herr Lange, DIE LINKE: Das glaube ich nicht!)

Vielen Dank. - Jetzt hat für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Frederking noch einmal das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Budde, erst einmal vielen Dank, dass Sie anerkennen, dass ich an Sachdiskussionen interessiert bin.

(Frau Budde, SPD: Gerne!)

Ich habe jetzt noch einmal in dieser Strompreiskompensationsliste nachgeschaut. Danach ist die gesamte Chemiebranche befreit, sowohl die anorganische als auch die organische Chemie. Von daher können wir also beruhigt sein.

(Frau Budde, SPD: Das hat damit nichts zu tun! Die Chemieparks sind nicht als Unter- nehmen anerkannt! Da gibt es unterschied- liche Strukturen! Aber das wird heute nicht geklärt! Ist gut!)

- Gut. - Wir haben heute zum großen Teil nicht über das EEG gesprochen, sondern wieder eine Strompreisdiskussion geführt. Ich finde das, ehrlich gesagt, bedauerlich angesichts der Herausforderungen, die vor uns stehen und die wir jetzt schon haben. Wir haben den Klimawandel. Wir haben es mit weitreichenden Folgen und Auswirkungen zu tun. Diese Strompreisdebatte immer wieder vorzuschieben, finde ich sehr bedauerlich.

Wir sollten uns doch auf die wirklich zentralen Punkte konzentrieren. Das ist die Frage, wie wir es hinbekommen, eine CO2-neutrale Energieversorgung zu schaffen, spätestens bis zum Jahr 2050.

Uns Grünen wird immer vorgeworfen - Herr Kurze ist jetzt nicht da; ich weiß nicht, wo er sich aufhält und ob er das hört -, wir wollten den Strompreis verteuern. Jetzt bin ich auch wieder bei der Strompreisdebatte. Das ist mitnichten so. Bitte nehmen Sie doch auch einmal unsere Ansätze zur Kenntnis und behaupten Sie nicht immer das Gegenteil.

Wir haben es durchgerechnet. Ich habe es hier schon mehrfach dargelegt. Würden unsere Vorschläge umgesetzt, könnte der Strompreis sogar kurzfristig um bis zu 3 Cent gesenkt werden. Langfristig werden wir diese Senkung aber nicht auf

rechterhalten können; das will ich der Ehrlichkeit halber hier sagen.

Wir haben ganz viel zu wuppen. Wir stehen vor großen Herausforderungen. Die Netze müssen ausgebaut werden. Wir brauchen Speichertechnik. Das wird alles etwas kosten. Natürlich werden diese Kosten letztlich auch die Verbraucherinnen und Verbraucher tragen müssen, alle eben. Deshalb plädieren wir auch für eine faire Verteilung, bei der alle beteiligt werden, auch die Industrie.

Frau Hunger, Sie haben herausgestellt, dass es wichtig ist, auch die soziale Komponente mit in den Blick zu nehmen. Das finden wir auch wichtig. Selbstverständlich wäre das ein sozialer Punkt, Vorschläge zu unterbreiten, wie man den Strompreis im Griff behalten kann. Das ist für uns auch eine soziale Flankierung. Allerdings haben wir uns in unserem Antrag auf das EEG konzentriert, weil das jetzt zur Debatte steht. Das soll kurzfristig in Berlin verabschiedet werden. Deshalb war es uns wichtig, das EEG in einigen Punkten noch wesentlich zu verbessern, damit wir einen zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien hinbekommen.

Noch ein Punkt zur Industrie. Ich habe Ihnen eine Kurve mitgebracht, die selbstverständlich alle sehen können. Herr Hoffmann setzt gerade seine Brille ab; jetzt kann er es sehen. Diese Kurve zeigt den Strompreisindex.

(Die Rednerin hält ein Schaubild hoch)

Diese Kurve ist vom Verband der industriellen Energie- und Kraftwirtschaft erstellt worden. Es zeigt sich, dass wir aufgrund der gesunkenen Börsenstrompreise den Index aus dem Jahr 2005 wieder erreicht haben. Auf diesem Niveau bewegen wir uns. Wenn immer wieder vorgetragen wird, dass die Kosten für die Industrie zu hoch seien, dann ist das so einfach nicht richtig.

In Ihrem Punkt 1 lehnen Sie sich an die von der Bundesregierung ausgegebene Linie an, die erneuerbaren Energien zu deckeln bzw. mit dem Ausbaukorridor eine Höchstgrenze einzuführen. Für das Jahr 2035 sind 55 bis 60 % vorgesehen. Das ist absolut zu wenig. Mit dieser Höchstgrenze wird der Klimaschutz überhaupt nicht ernst genommen. Das lehnen wir ab.

Frau Hunger hat es schon ausgeführt. Sich nur auf bestimmte Techniken zu konzentrieren, wie es in Punkt 2 beschrieben ist, das geht nicht. Wir brauchen alle Techniken. Sie müssen auch gut zusammenspielen. Es ist schon oft gesagt worden, dass gerade die Biomasse für den Ausgleich da ist.

In Punkt 6 schlagen Sie Anreize für die Grundlastfähigkeit, für die Speicherung vor. Es wäre gut, wenn das Wort „Grundlastfähigkeit“ endlich einmal gestrichen werden würde. Es ist ein Fachterminus,

der hier nicht mehr hineingehört. Aber ich kann mit den Verfassern gern noch einmal darüber reden, was sie damit meinen. Es ist eine Verstetigung gemeint.

Sie meinen ja auch, dass Angebot und Nachfrage gut zur Deckung gebracht werden. Das ist wichtig. Aus diesem Grunde wäre es gut, wenn der Eigenstrom nicht belastet würde. Denn wenn es Anreize gibt, möglichst viel Eigenstrom zu nutzen, dann werden die Leute vor Ort Lastverschiebungen vornehmen. Das trägt auch zu einer Verstetigung bei.

Ich denke, wir sind ganz tief in die Materie eingestiegen, Herr Dr. Aeikens, auch dank Ihrer Dialogveranstaltung. Ich bin auch da gewesen, habe wirklich viele Anregungen aufgenommen und habe mich gemeinsam mit meiner Fraktion intensiv darum bemüht, dass wir hierzu wirklich gute Vorschläge auf den Tisch legen. Deshalb auch an Sie der Appell: Nehmen Sie das wirklich mit nach Berlin und sehen Sie zu, dass Sachsen-Anhalt auch die Bundesregierung ein Stück weit dazu antreibt, dass alles getan wird, damit die Bundesregierung aus diesem Bremserhäuschen herauskommt; denn wir brauchen für die erneuerbaren Energien wirklich freie Fahrt. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Die Debatte ist damit abgeschlossen.

Wir kommen zum Abstimmungsverfahren. Wir verfahren wie folgt: Als Erstes wird über den Änderungsantrag abgestimmt, als Zweites über den Ursprungsantrag, gegebenenfalls in der geänderten Fassung. Findet dieser keine Mehrheit, wird als Drittes über den Alternativantrag abgestimmt.

Ich stimme als Erstes über den Änderungsantrag in der Drs. 6/3092 ab. Wer stimmt dem zu? - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Wer ist dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich der Stimme? - Das ist die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit hat der Änderungsantrag keine Mehrheit gefunden.

Wir stimmen jetzt über den Antrag in der Drs. 6/3060 ab.

(Unruhe bei den GRÜNEN)

- Das ist Ihr Antrag. - Wer stimmt dem zu? - Das ist die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich der Stimme? - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Damit hat der Ursprungsantrag nicht die Mehrheit der Stimmen erhalten.

Somit stimmen wir nunmehr über den Alternativantrag in der Drs. 6/3095 ab. Wer stimmt dem zu? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Fraktion BÜNDNIS 90/

DIE GRÜNEN und die Fraktion DIE LINKE. Wer enthält sich der Stimme? - Niemand. Damit ist der Alternativantrag angenommen worden und der Tagesordnungspunkt 4 abgearbeitet.

Wir sehen uns um 14.25 Uhr wieder.

Unterbrechung: 13.21 Uhr.

Wiederbeginn: 14.27 Uhr.