Protokoll der Sitzung vom 16.05.2014

Aber die Universitätsklinika sind neben ihrer Funktion als Maximalversorger noch mit einer besonderen Verantwortung versehen, der Weiterbildungsverantwortung. Denn ohne Universitätsklinika hätten wir bald keine Fachärzte mehr. Wenn man allein diesen Teil des Systemzuschlags gegenfinanzieren würde, dann würde sich das Defizit der Universität Halle von 9 Millionen € schon auf 4,5 Millionen € halbieren.

Die zweite systematische Quelle - auch darüber wir schon gesprochen - sind die Ambulanzkosten. Auch das schlägt in allen Bundesländern für die Universitätsmedizin negativ zu Buche. Bei uns ist das aber besonders ausgeprägt, weil unsere Ambulanzpauschale, die zwischen den Kassen und den Krankenhausträgern ausgehandelt wird, mit 51 € besonders niedrig ist. Die tatsächlichen Kosten sind mindestens doppelt so hoch.

Insofern fordere ich CDU, SPD und die Landesregierung auf, in Berlin darauf zu dringen, dass der Koalitionsvertrag zeitnah umgesetzt wird. Darin wird festgehalten, dass die Hochschulambulanzen künftig angemessen vergütet werden sollen. Das wäre eine echte Hilfe für unsere Universitätsklinika.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dann gibt es natürlich noch ein hausgemachtes, sachsen-anhaltspezifisches Problem. Das ist die Rechtsmedizin. Auch hierbei reden wir round about über 1 Million €. Das ist ein altbekanntes Pro

blem, das bisher nicht gelöst ist. Die Kosten für die Rechtsmedizin werden wie eine heiße Kartoffel zwischen dem Justizministerium, dem Sozialministerium und dem Wissenschaftsministerium hin- und hergeschoben.

Ich fordere den Ministerpräsidenten Herrn Haseloff auf, dafür zu sorgen, dass das Kabinett endlich eine sachgerechte Finanzierung der Rechtsmedizin ermöglicht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es gibt noch eine Baustelle. Der Landtag hat die Landesregierung mit dem Landtagsbeschluss vom 17. Oktober 2013 aufgefordert, die Baumaßnahmen für Zahnmedizin sicherzustellen und zu beschleunigen. Wie wir nun der Zeitung entnehmen konnten, hat Minister Bullerjahn ein Moratorium verkündet. Das geschieht gegen den expliziten Willen des gesamten Hohen Hauses. Wir haben diesen Beschluss einstimmig gefasst.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN lehnt eine Gefährdung der exzellenten Zahnklinik in Halle durch die Hintertür ab.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Wenn es um die Zukunft und um die Situation der Universitätsklinika geht, dann geht es natürlich immer auch um die Rechtsform. Auch dazu erfahren wir aus der Zeitung interessante Dinge. Es wird über eine Fusionierung der beiden Standorte Halle und Magdeburg geredet oder über die Gründung einer Holding mit regionalen Partnern.

Zur Frage Holding. Sehen Sie sich das einmal in Schleswig-Holstein an. Die Holding der Universitätsmedizin Lübeck-Kiel gehört zu den defizitärsten Universitätsmedizineinrichtungen, die wir in Deutschland haben.

Die Frage der Rechtsform hat eine lange Geschichte. Es gab schon Non-Papers, die aus dem Wissenschaftsministerium wieder zurückgezogen worden sind. Jetzt lesen wir, wie gesagt, etwas über Holdings und andere Ideen. Ich denke, wir brauchen endlich Klarheit. Die Landesregierung muss endlich eine Zuarbeit leisten, wie sie sich die Rechtsform vorstellt, damit wir hier im Hohen Haus und in den zuständigen Ausschüssen eine sachgerechte Diskussion führen können. Denn Stochern im Nebel, das hilft keinem.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es besteht Einigkeit darüber, dass Handlungsbedarf bei der regionalen Abstimmung und Vernetzung der Universitätsklinika mit ihrem Umfeld besteht. Die Universitätsmedizin in Halle hat dazu in ihrem Entwicklungskonzept bereits zahlreiche

Vorschläge erarbeitet. Sie arbeitet derzeit hart an der Umsetzung dieser Vorschläge.

Ebenso hat die Universitätsmedizin in Halle einen ambitionierten und, wie ich finde, sehr schwierigen Weg beschritten, sich zu profilieren und sich von nicht zwingend notwendigen Einheiten zu trennen.

(Herr Lange, DIE LINKE: Ja!)

Das ist meines Wissens ein recht seltener Vorgang in der deutschen Hochschullandschaft, ein Vorgang, der unseren Respekt und Unterstützung durch die Politik verdient.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Wie das Beispiel Halle zeigt, sind unsere Universitätsklinika auf einem guten Weg. Hierbei müssen sie von den zuständigen Ministern unterstützt werden. Deswegen sage ich an die Adresse der Landesregierung: Machen Sie endlich Ihre Hausaufgaben! Geben Sie der Zahnmedizin endlich angemessene Räumlichkeiten. Übernehmen Sie Verantwortung bei der Krankenhausplanung. Unterstützen Sie die Aushandlung einer angemessenen Ambulanzpauschale. Setzen Sie sich in Berlin für einen Systemzuschlag oder doch zumindest für die Vergütung der Weiterbildungskosten ein.

Unsere Universitätsklinika brauchen eine Landesregierung, die sie auf ihrem schweren Weg konstruktiv begleitet und gemeinsam mit ihnen Lösungen erarbeitet. nsere Universitätsklinika haben sich auf einen Konsolidierungspfad begeben.

Lassen Sie sie in Ruhe arbeiten! Hören Sie auf, ihnen ständig Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Hören Sie auf, Horrorszenarien an die Wand zu malen. Kommen Sie stattdessen besser Ihren eigenen Pflichten nach. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und von Herrn Lange, DIE LINKE)

Danke schön, Frau Kollegin Professor Dalbert. - Für die Landesregierung spricht nun der Minister für Wissenschaft und Wirtschaft Herr Möllring.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir über die Hochschulmedizin in Sachsen-Anhalt sprechen, dann müssen wir natürlich auch über die Hochschulmedizin in ganz Deutschland reden. Dabei können wir feststellen, dass sich die Universitätsklinika in ganz Deutschland in einer schwierigen Situation befinden.

Die Universitätsmedizin zeichnet sich durch einen umfassenden Aufgabenverbund aus Forschung, Lehre und Krankenversorgung aus. Sie ist zustän

dig für seltene Erkrankungen und für außergewöhnliche Krankheitsbilder und somit auch für Fälle, die bei rein monetärer Betrachtung kaum kostendeckend sind oder sein können.

Auch bei der Sicherstellung der ambulanten Versorgung in Spezialbereichen leisten die Hochschulambulanzen einen erheblichen Beitrag. Das, was Sie, Frau Dalbert, fordern, wird auf der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz behandelt. Darüber sind sich übrigens alle 16 Bundesländer einig, unabhängig davon, welche Parteien die Regierung stellen.

Darüber hinaus ist die Universitätsmedizin auch für die Ausbildung, die Fortbildung und die Weiterbildung für verschiedene medizinische Bedarfe zuständig.

Auf der einen Seite haben wir also die eben angerissene Aufgabenfülle. Auf der anderen Seite müssen wir feststellen, dass die vielen Aufgaben der Hochschulmedizin nicht angemessen finanziert sind. Die bundesweite Betrachtung zeigt eine sich systematisch verschlechternde Finanzlage der Universitätsklinika. Das gilt natürlich auch für die beiden Universitätsklinika in Sachsen-Anhalt.

Die deutschen Universitätsklinika verzeichneten im letzten Jahr insgesamt trotz des sogenannten Krankenhaushilfspaktes ein weiteres Rekorddefizit. Die Gründe dafür sind vielfältig. So steigen die Kosten für Personal, Medikamente und Energie deutlich stärker als die von den Krankenkassen gezahlten Entgelte.

Dringend notwendig ist weiterhin ein bundesweiter finanzieller Ausgleich für die besonderen Belastungen der Hochschulmedizin. Der Koalitionsvertrag in Berlin hat dieses Thema explizit aufgenommen. Nur wird die Frage sein, wie lange dieser Prozess noch dauern wird.

Allerdings müssen auch die Universitätsklinika selbst ihre Kosten reduzieren und dazu erforderliche Maßnahmen treffen. Diese Eingriffe werden zum Teil - das ist beiden Universitätsklinika in Sachsen-Anhalt klar - nicht ohne Schwierigkeiten durchzuführen sein.

Das Land hat nur in begrenztem Umfang Mittel zur Verfügung. Diese müssen so effektiv wie möglich eingesetzt werden. In diesem wie in etlichen anderen Punkten bin ich mir mit dem Finanzminister einig: Es ist völlig gleichgültig, wie hoch genau die Defizite in diesem Jahr sein werden, es sind und bleiben Defizite, die zu beheben sind.

Ich sage es ganz deutlich: Es ist nicht so, dass wir meinen, ein Defizit von 9 Millionen € ist eine tolle Sache und ein Defizit von 14 Millionen € ist eine Katastrophe. - Nein, beides ist nicht hinnehmbar. Beides zwingt uns dazu, Maßnahmen zu ergreifen. Deshalb gibt es gar keinen Streit darüber, ob 9 Millionen € etwas Tolles und 14 Millionen € eine

Katastrophe sind. Nein, beides kann nicht hingenommen werden. Deshalb müssen wir entsprechend handeln.

Das ist den beiden Universitätsklinika bewusst. Sie arbeiten zusammen an vernünftigen Lösungen für mehr Kooperation und werden in Kürze hierzu ein gemeinsames Konzept vorlegen.

Einzelne Maßnahmen an den jeweiligen Standorten zeigen schon jetzt Wirkung. So wird - um nur einen der jüngsten Beschlüsse zu nennen - die Umorganisation der Krankenhaushygiene in Halle signifikante Einsparungen in Höhe von 600 000 € erbringen, und zwar dadurch, dass das Institut für Hygiene geschlossen und eine Stabsstelle beim Ärztlichen Direktor eingerichtet worden ist. Das sind erste Schritte.

Genauso ist das mit der OP-Zahl. Ich habe neulich eine falsche Zahl genannt. Die Anzahl der Operationssäle ist in Halle auf 21 zurückgegangen. Auch das sind Maßnahmen, die zu Einsparungen führen. All diese Maßnahmen dienen einem Ziel: dem Erhalt beider Universitätsklinika.

Technische Innovationen wie der Hybrid-OP und der OP-Roboter Da Vinci - in Wirklichkeit ist das kein Roboter, sondern ein technisches Gerät, das Operationen erleichtert - in Halle wurden vom Land Sachsen-Anhalt gefördert. Das ist ein deutliches Zeichen für ein Bekenntnis zu diesem Standort.

In der Landesregierung werden derzeit mehrere Lösungsansätze diskutiert, wie sich die wirtschaftliche Situation der Universitätsklinika verbessern lässt. Dazu werden in den kommenden Wochen weitere Gespräche zwischen den drei beteiligten Ministerien, dem Wissenschafts-, dem Sozial- und dem Finanzministerium, stattfinden.

Das Ziel ist es, dass zur Haushaltsklausur Mitte Juni 2014, also in einem Monat, entsprechende Vorschläge auf dem Tisch liegen. Diese Vorschläge müssen dann - das ist selbstverständlich - in den zuständigen Parlamentsausschüssen und im Parlament selbst beraten werden. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU)

Danke schön, Herr Minister. - Es gibt eine Nachfrage von Kollegin Frau Professor Dalbert.

Herr Möllring, ich freue mich, dass Sie in Ihrer Rede noch einmal unterstrichen haben, was ich in meiner Rede betont habe: dass sich die Universitätsmedizin in Halle auf einem guten Konsolidierungspfad befindet und wirklich große Anstrengungen unternimmt, um das zu tun, was sie aus eigener Kraft tun kann, um das Defizit zu reduzieren.

Ich habe drei Fragen an Sie zu Themen, auf die Sie nicht eingegangen sind. Ich habe Sie bisher immer so wahrgenommen, dass Sie ein Freund der Zahnmedizin in Halle sind und Wert darauf legen, dass die Zahnmedizin dort wieder gute Arbeitsräume bekommt. Deshalb frage ich Sie, was Sie zu dem von Herrn Bullerjahn verkündeten Moratorium zu dem Ausbau der Zahnmedizin sagen.

Es gibt zwei finanzielle Probleme, die sozusagen in der Hand des Landes liegen. Die Probleme, die auf der Bundesebene liegen, haben Sie in Ihrer Rede benannt, aber nicht die Probleme in der Landeshand. Welche Vorstellungen haben Sie dazu, wie Sie der Kritik des Wissenschaftsrates entgegentreten wollen, dass die Krankenhausplanung in Sachsen-Anhalt zu wenig zur Steuerung benutzt wird und damit der Universitätsmedizin das Leben schwer macht?

Welche Vorstellungen haben Sie bezüglich der Aushandlung der Ambulanzpauschalen, damit wir dabei endlich zumindest in die Nähe eines realistischen Kostensatzes kommen?