Ich denke, dass zum aktuellen Stand des Beratungsganges auf Bundesebene alles gesagt worden ist. Das Ziel muss es sein, durch eine möglichst präzise Definition ehrenamtliche Tätigkeiten von der Sozialversicherungspflicht freizustellen. Es bleibt zu hoffen, dass auf Bundesebene im Interesse der ehrenamtlichen Tätigkeit der Bürgerinnen und Bürger eine angemessene Lösung gefunden wird.
Nach diesen Ausführungen wird es sicherlich nicht überraschen, dass wir den Antrag der Fraktion DIE LINKE ablehnen werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wenn Sie uns in der heutigen Debatte wieder Untätigkeit in Bezug auf die Stärkung des Ehrenamtes vorhalten wollen, so hoffe ich, dass ich Sie mit dem Blick auf die Bemühungen auf Bundes- und Landesebene eines Besseren belehrt habe.
Ich bitte Sie abschließend um Ihre Zustimmung zur Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke schön, Kollege Krause. Es gibt zwei Nachfragen von den Abgeordneten Herrn Czeke und Frau Hohmann. Möchten Sie diese beantworten?
(Zustimmung von Herrn Rotter, CDU, und von Herrn Thomas, CDU - Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Aber Herr Krause!)
Ja. - Ich möchte gern Folgendes sagen: Wenn wir dieser Beschlussempfehlung so folgen, dann folgen wir einer Unwahrheit; denn gestern hat uns der Finanzminister großartig erklärt, dass die Übernahme der Grundsicherung im Alter und der Eingliederungshilfe nicht den Kommunen zugesprochen werden kann, da unser FAG einem anderen Grundsatz folgt. Wir finanzieren nämlich nur aufgabenbezogen.
Wenn ich in der Beschlussempfehlung den Satz lese: „Diese finanziellen Spielräume bieten für die Kommunen die Möglichkeit, bürgerschaftliches Engagement weiter zu fördern und eine erhöhte Planungssicherheit diesbezüglich zu erhalten“, ist das schlichtweg falsch.
Wir fahren in der Aussprache fort. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat sich die Redezeit aufgeteilt. Zunächst spricht Herr Kollege Striegel.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Ursprungsantrag der Fraktion DIE LINKE hat ein wichtiges Thema aufgegriffen. Ich denke, das ist hier deutlich geworden.
Das Ehrenamt bildet ohne Zweifel den sozialen Zusammenhalt, den Kitt unserer Gesellschaft. Es begegnet uns in Vereinen, Initiativen, Verbänden oder manchmal bei Einzelnen, die sich einer bestimmten Sache verschrieben haben. Diese Menschen zu stärken und zu ermutigen muss unser aller Ziel sein.
Meiner Fraktion ging der Antrag im ersten Anlauf allerdings nicht weit genug, da insbesondere die Frage nach dem Wie bei der Stärkung von Ehrenamtsstrukturen zu kurz kam. Gerade an dieser Stelle lauert bekanntlich die Kontroverse, wenn es etwa darum geht, wie Kommunen auskömmlich finanziert und ausgestattet werden sollen oder wie mehr finanzielle Spielräume und größere Planungssicherheit für Vereine entstehen können. Dies wurde meinerseits bereits im Rahmen der ersten Beratung kritisiert.
Gleiches galt für Punkt 3 des Antrages, die Aufforderung, dem Landtag jährlich zum Ende des ersten Quartals einen Bericht über die Entwicklung des Ehrenamtes und des bürgerschaftlichen Engagements in Sachsen-Anhalt vorzulegen.
Ein jährlicher Bericht erscheint uns angesichts der insgesamt guten Datenlage entbehrlich. Auf Bundesebene wird aktuell an einem zweiten umfänglichen Engagementbericht gearbeitet, der bis Juli 2015 eine Bestandsaufnahme zur Entwicklung des bürgerschaftlichen Engagements in Deutschland mit dem Schwerpunkt „Demografischer Wandel und bürgerschaftliches Engagement“ leisten soll.
Zusätzlich gibt es auf Bundes- und Länderebene den Freiwilligensurvey, dessen letzte Ausgabe von 2009 datiert. Die vierte Auflage ist für das Jahr 2015 geplant. An Daten fehlt es also weniger. Wir haben uns aus diesem Grund mit der LINKEN - Kollegin Edler sagte es schon - auf zwei Berichte je Legislaturperiode statt eines jährlichen Turnus geeinigt.
Der Antrag mit dem Titel „Ehrenamt weiterentwickeln, bürgerschaftliches Engagement stärken“ enthielt viel Richtiges. Daher hätten wir ihn gern nach fachlicher Anhörung im Innenausschuss konkretisiert und weiterentwickelt. Bedauerlicherweise verständigten sich CDU und SPD auf die Entbehrlichkeit einer solchen Anhörung, die Grundlage für eine Nachjustierung hätte sein können.
Der nun zur Abstimmung stehende Vorschlag der Koalitionsfraktionen für die Beschlussempfehlung des Innenausschusses stellt eine Verschlimmbesserung dar und geht vollkommen am eigentlichen Thema vorbei. Die bloße Würdigung des Ehrenamtes ist als Gegenstand eines Antrages gerade nicht ausreichend. Ziel muss es sein, Schwachstellen in diesem Bereich aufzuzeigen und gemeinsam nach Möglichkeiten der Abhilfe zu suchen. Im zweiten Satz des ersten Absatzes der Beschlussempfehlung heißt es nun:
„Wir werden zukünftig mehr denn je auf engagierte Bürgerinnen und Bürger angewiesen sein, nicht zuletzt vor dem Hintergrund des demografischen Wandels in unserem Land.“
Meine Damen und Herren der Koalitionsfraktionen, damit konterkarieren Sie geradezu das Anliegen des ursprünglichen Antrages. Dessen Ansatz bestand nicht darin, staatliches Handeln durch ehrenamtliche Tätigkeit zu ersetzen; vielmehr geht es um die Unterstützung des Ehrenamtes durch staatliches Handeln.
Die Aussage, dass aufgrund des demografischen Wandels mehr ehrenamtliche Tätigkeit benötigt werde, geht meines Erachtens in die völlig falsche Richtung, weshalb meine Fraktion auch gegen diese Beschlussempfehlung stimmt.
Meine Damen und Herren! Ehrenamt und vielfältige Formen des bürgerschaftlichen Engagements haben in Sachsen-Anhalt eine lange Tradition und sind in vielen Bereichen von großer Bedeutung. Die Bürgerinnen und Bürger gestalten durch ihre Ideen, ihren Einsatz und ihr Engagement unsere Gesellschaft. Dieses bürgerschaftliche Engagement ist ein unverzichtbarer Bestandteil einer vielfältigen Gemeinschaft und wichtige Voraussetzung gelebter Demokratie.
Daher bedauere ich, dass wir den Antrag der Fraktion DIE LINKE nicht genutzt und ihn fraktionsübergreifend im Sinne des Ehrenamtes konkretisiert und weiterentwickelt haben.
Unseren Änderungsantrag zu Punkt 3, der eine Berichtspflicht der Landesregierung pro Legislaturperiode vorsah, ziehen wir nach dem Kompromiss mit der LINKEN zurück und stimmen dem Änderungsantrag zur Beschlussempfehlung zu. - Herzlichen Dank.
Als Nächste spricht in der verbliebenen Redezeit für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Kollegin Lüddemann.
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich kann sehr gut verstehen und nachvollziehen - der Kollege Striegel hat es schon ausgeführt -, dass DIE LINKE, um es vorsichtig zu sagen, ungehalten darüber ist, wie sich letztlich das Ergebnis für den Ehrenamtsantrag, wenn ich das so verkürzt nennen darf, darstellt. Ich finde, das ist auch für die ehrenamtlich Engagierten in diesem Land ein bitteres Ergebnis.
Aber wenn ich in dem zweiten Teil sehe, dass die Lösung darin bestehen soll, der Landesregierung quasi einen Freibrief auszustellen, dann finde ich das nicht angemessen;
denn die Forderung nach einer klaren Abgrenzung des Ehrenamtes, ohne dies mit einer Leitlinie, mit einer Zielrichtung zu versehen, ist nichts anderes als ein klarer Freibrief.
Ich denke, zentrale Abgrenzungen bestehen bereits. Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Personen, die aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet sind.
Ehrenamtliche Tätigkeit hingegen erfolgt freiwillig, weisungsunabhängig und unentgeltlich. Der Arbeitnehmerstatus, das Arbeitsverhältnis als solches, der Bereich haushaltsnaher Dienstleistungen, die Übungsleiter-, die Ehrenamtspauschalen sind klar definierte Sachverhalte.
Eine weitere rechtliche Definition von bürgerschaftlichem Engagement oder Ehrenamt hält meine Fraktion nicht für sinnvoll. Gesellschaftliche Praxis ist vielgestaltig. Lebensweltliche Absprachen lassen sich nicht in solche Gesetzesregelungen pressen.
Im Bereich des Ehrenamtes und der freiwilligen Tätigkeit reicht der Politik eine Definition ex negativo. Bei einer solchen Definition wird angegeben, was ein Begriff nicht ist bzw. was er ausschließt.
Im Bereich des Ehrenamtes wird durch die Abgrenzung zu einem Arbeitsverhältnis eine solche Definition ex negativo erreicht. Anders gesagt: Freiwilliges Engagement wird letztlich dadurch negativ definiert, dass es unentgeltlich ist. Entsprechende Regelungen finden sich im Bereich des Einkommensteuerrechts, der Unfallversicherung, in den Gemeinnützigkeitsbestimmungen, in den SGB II und XII.
Ich halte es für schwierig, nur prinzipiell eine klare Abgrenzung zu fordern, ohne - ich habe es eingangs schon erwähnt - Merkmale, Richtungen vorzugeben. Der Antrag der LINKEN offeriert der Landesregierung geradezu einen Blankoscheck, den wir nicht bereit sind der Landesregierung auszustellen. Wir werden das so nicht mittragen und werden deswegen, auch wenn wir den zweiten Punkt des Antrages durchaus nachvollziehen können, diesen Antrag ablehnen.
Der zweite Punkt ist relativ übersichtlich. Er stellt die Sozialversicherungspflicht in den Mittelpunkt. Der Kollege Krause hat dazu schon einiges ausgeführt. Fachanwälte sagen hierzu ganz klar:
Zweitens. Überschreitet der Auslagenersatz erkennbar die angefallenen Auslagen, ergibt sich zumindest für den Betrag, der oberhalb der Ausgaben liegt, eine Sozialversicherungspflicht, insbesondere dann, wenn ehrenamtliche Tätigkeit der Form nach einer abhängigen Beschäftigung gleicht, also Ort, Zeit, Umfang und Art der Leistungserbringung in starkem Maße vom Träger bestimmt werden.
Hier lässt sich auch auf eine gängige Rechtsprechung insbesondere im Fall der Telefonseelsorge abstellen. Da ist es so, dass die dort ehrenamtlich Tätigen in einen klaren Zeitplan, in eine klare Weisungsgebundenheit eingeordnet sind. Aber da
Wenn man sich aber den Ursprungsantrag aus dem Jahr 2008 anschaut, auf den die LINKE in der Begründung explizit verweist, dann stellt man fest, es geht um einen ganz speziellen Fall des Ehrenamtes, und zwar um die ehrenamtlichen Bürgermeister. Bei Letzteren stellt sich der Fall etwas anders da. Die ehrenamtlichen Bürgermeister sind von Fall zu Fall durchaus in verwaltungsinterne Abläufe und Weisungen eingebunden. Besonders ungünstig stellt es sich für diejenigen da, die bereits im Rentenbezug sind, weil dann ein Abzug vom Rentenbudget erfolgen kann. Auch das ist aber bereits geregelt.
Der Bundesrat hat am 16. Dezember 2001 einer befristeten Regelung bis zum 30. September 2015 zugestimmt, dass ein solcher Rentenabzug nicht erfolgt. Das ist im Zuge des Rentenpaketes der großen Koalition auf der Bundesebene bis zum Jahr 2020 verlängert worden.
Es ist zu unterstreichen, dass hier eine generelle Regelung wünschenswert wäre, damit nicht immer wieder eine weitere Befristung erfolgen muss - aber, wie gesagt, nicht im Zusammenspiel mit einem generellen Blankoscheck zur Regelung des Ehrenamtes. - Vielen Dank.
Danke schön, Kollegin Lüddemann. - Zum Schluss spricht nunmehr Frau Abgeordnete Schindler für die Fraktion der SPD.