Protokoll der Sitzung vom 17.10.2014

(Heiterkeit bei der SPD und bei den GRÜ- NEN)

Wenn ich dieser Generation - einige Vertreter sitzen dort oben; ich habe selber zwei erwachsene Söhne - dauernd erzähle, was für ein Held ich war und wie alle gelitten haben, werden sie nach zehn Minuten die Augen verdrehen. Sie verstehen das genauso wenig, wie es manche aus der SED wahrhaben wollen, dass sie Verantwortung getragen haben. Genauso sensibel reagieren sie aber, wenn jemand erklärt: Ich war ein Held und habe es 30 Jahre lang versteckt.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Zwischen diesen beiden Polen spielt es sich ab.

Es gibt manchmal zu viele einfache Antworten. Wenn man sich seinen Lebenslauf anschaut, fragt man sich: Warum bist du nicht ehrlich zu dir selber? - Ich wünsche mir, dass wir uns die Offenheit bewahren, ehrlicher zu sein bei der Frage, wo man damals selber gestanden hat, warum man manches getan oder nicht getan hat.

Dennoch - darauf will ich eigentlich kommen -: Diese ganzen Feiern sind mir manchmal viel zu ernst. Ich habe damals mitgestaltet, um Zukunft zu gestalten, und nicht weil ich in die Geschichtsbücher wollte. Ich sitze deswegen hier und habe manchen Ärger, den Sie mir bereiten oder den ich mir selber bereite, weil wir die Zukunft verändern wollen. Das ist das große Verdienst.

Eines ist heute anders als damals: Wir können es machen. Wir können es offen machen. Wir können darüber streiten. Wir können uns hierher stellen und sagen: Ich sehe das ganz anders als der Minister.

Das Wissen um diesen Unterschied sollten wir uns bewahren. Darüber sollten wir auch öfter mit unseren Kindern reden. Wir sollten aber nicht glauben, dass sie jede einzelne Wendung einer friedlichen Revolution bis zum letzten ihrer Tage hören und nachvollziehen wollen. Das ist eine ähnliche Diskussion, wie sie auch die Nachkriegsgeneration führte, so höre es ich zumindest manchmal aus Deutschland West.

Das war jetzt vielleicht nicht unbedingt die Rede, die ein Ministerpräsident gehalten hätte,

(Starker Beifall bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

die er vielleicht auch nicht halten kann. An dieser Stelle möchte ich Herrn Haseloff bewusst in Schutz nehmen. Aber ich nehme für mich in Anspruch, dass ich vom ersten Tag an hier dabei gewesen bin. Liebe Kolleginnen und Kollegen, bewahren wir uns selbst nach 25 Jahren die Art,

uns nicht mit falschen Geschichtsbildern zu traktieren.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Nutzen wir die Chance, diese Erfahrungen einzubringen, solange noch Menschen da sind, die das mitgestaltet haben. Irgendwann wird das vorbei sein. Ich denke, auch die nächste Generation wird ihren Job gut machen, aber nicht, indem sie sich dauernd an die friedliche Revolution erinnert. - Schönen Dank.

(Starker Beifall bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Minister Bullerjahn. - Damit schließen wir die Aktuelle Debatte ab. Gemäß unserer Geschäftsordnung werden keine Beschlüsse in der Sache gefasst.

(Unruhe)

- Ich warte zwei Minuten, bis etwas Ruhe einkehrt und wir die Sitzung fortsetzen können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich rufe den Tagesordnungspunkt 5 auf:

Beratung

Umweltbildungszentren und Ökologiestationen langfristig entwickeln

Antrag Fraktionen CDU und SPD - Drs. 6/3427

Änderungsantrag Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 6/3523

Änderungsantrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/3524

(Unruhe - Glocke des Präsidenten - Zustim- mung von Frau Zoschke, DIE LINKE)

Ich erteile für die Einbringung des Antrages dem Abgeordneten Herrn Bergmann das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Es ist ein weiter Sprung von der bedeutenden historischen Debatte zu den einfachen Dingen des Lebens, die jedoch manchmal so einfach auch nicht sind; wichtig sind sie trotzdem.

Um Bildung geht es hier sehr häufig. Bildung ist ein wichtiges Gut in dieser Gesellschaft. Es geht uns mit unserem Antrag darum, die außerschulische Bildung zu stärken, insbesondere die Umweltbildungszentren und die Ökologiestationen.

Ich möchte anfangen mit der Tatsache, dass alle Schüler in Deutschland regelmäßig Biologieunterricht genießen. Dennoch - das wissen wir - gibt es große Defizite im Bereich der Umweltbildung und im Bereich der Bildung im Hinblick auf die Natur. Das stellen wir gerade in unseren teilweise sehr gut arbeitenden Umweltbildungseinrichtungen immer wieder fest.

Die außerschulische Bildung, bei der die Schüler einmal nicht brav und artig am Tisch sitzen müssen, bei der sie nicht nur Formeln oder Gleichungen auswendig lernen müssen, sondern bei der der Kontakt mit der Natur direkt stattfindet, ist viel spannender.

Die SPD-Fraktion hat vor wenigen Tagen dazu ein Werkstattgespräch durchgeführt, in dem genau diese Dinge mehrfach erwähnt wurden. Es wurde berichtet, dass es Schüler gibt, die in der Schule wenig aufpassen, die sich aber, wenn sie sich in außerschulischen Bildungseinrichtungen befinden, wenn sie Spaß haben und Kontakt zum Tier oder zu Pflanzen, also zur Natur schlechthin bekommen, plötzlich ganz anders verhalten.

Ich möchte jetzt nicht in die Tiefe gehen und darüber diskutieren, warum sie in der Schule nicht aufpassen. Aber ich möchte in diesem Zusammenhang auf einen bewundernswerten Professor, einen deutschen Physiologen, aufmerksam machen, der sagte: Schule ist erst dann richtig gut, wenn die Kinder anfangen zu weinen, wenn es Ferien gibt. Davon sind die Schulen noch weit entfernt. Diese etwas pauschale Kritik möchte ich an dieser Stelle anbringen.

(Zustimmung von Frau Zoschke, DIE LINKE, und von Frau Hohmann, DIE LINKE)

Wir haben ein System von Umweltbildungszentren in Sachsen-Anhalt. In dem Werkstattgespräch haben wir gehört, dass es Defizite oder Probleme dahingehend gebe, dass sich die Umweltbildungszentren und die Ökologiestationen nicht als gleichberechtigt mit anderen Einrichtungen empfinden. Ich habe bereits in dem Gespräch darauf hingewiesen, dass das auch niemals so sein kann und niemals so sein wird.

Wir haben die Aufgabe, die staatlichen Einrichtungen zu fördern und auszugestalten. Man muss akzeptieren, dass es Jugendwaldheime gibt, die gute Arbeit leisten. Das ist gewollt und das wollen wir auch weiterhin. Wir freuen uns auch darüber, dass es ehrenamtlich geführte entsprechende Umweltbildungszentren gibt, die ein zusätzliches Angebot darstellen.

Ich kann aber verstehen, dass sich diese Einrichtungen, die sehr viel Engagement in ihre Arbeit stecken, immer dann ein wenig gegängelt fühlen, wenn sie auch noch im Bereich der Finanzierung Klimmzüge machen müssen. Wir haben in den letzten Jahren erlebt, dass teilweise die Gefahr bestanden hat, dass Projekte nicht bis zum Ende der eigentlichen Laufzeit durchgeführt werden können, dass sie mittendrin abgebrochen werden müssen. Dann ist es immer die Aufgabe der Abgeordneten, hier im Hohen Hause schnell noch mit dem Ministerium zu verhandeln, um bestimmte Dinge zu retten.

Das war ein Anlass für unser Werkstattgespräch und der Anlass für diesen Antrag. Wir wollen darüber reden, wie wir diese Einrichtungen kontinuierlich unterstützen können, sodass sie als ein gutes Angebot außerhalb der staatlichen Einrichtungen fungieren können, dass sie ein wenig mehr konkurrenzfähig werden, dass sie etwas mehr Sicherheit bekommen und sich nicht so sehr um die Finanzierung kümmern müssen, sondern ihre gesamte Kraft in den Dienst der Sache stellen können. Das ist das, was wir erreichen wollen.

(Zustimmung bei der SPD)

Ich möchte noch einmal sagen: Die Arbeit, die sie leisten, ist eine sehr gute. Auch die Ökoschulen möchte ich nicht unerwähnt lassen, die teilweise durch Freistellungen von Stunden mit Lehrern bestückt sind. Wir möchten trotz der schwierigen Diskussion um die Unterrichtsversorgung, dass diese Freistellungen erhalten bleiben, damit Lehrer einen Teil ihres Unterrichtspensums am Nachmittag oder zu anderen Zeiten, etwa am Wochenende, mit Schülern verbringen können. Auch dazu hörten wir entsprechende Beiträge.

Ich möchte uns alle hier auch dahingehend sensibilisieren, dass wir zu diesem Antrag, wenn wir ihn beschließen und die Landesregierung berichten lassen, noch eine kleine - keine ausufernde, sondern eine kleine - Anhörung machen, in der uns

die Ökologiestationen und Umweltzentren mitteilen können, wo der Schuh drückt.

Ich bitte Sie daher, unserem Antrag in der vorliegenden Fassung zuzustimmen. Ich möchte klar und deutlich sagen, dass wir den beiden vorliegenden Änderungsanträgen nicht zustimmen werden; denn ich glaube, sie sind überflüssig. Ich glaube, die Intention dessen, was sowohl DIE LINKEN als auch die GRÜNEN vorgeschlagen haben, ist in dem Antrag der Regierungsfraktionen längst enthalten. Vielleicht meint der eine oder andere, das noch etwas deutlicher aufgeschrieben zu haben.

In dem Antrag der GRÜNEN steht - das finde ich sehr schön -, dass auch die Referentin der Fraktion der GRÜNEN unsere Veranstaltung besucht hat und daraus Honig gesaugt hat. Das ist auch berechtigt.

(Herr Weihrich, GRÜNE: Da habe ich aber ein entsprechendes Feedback bekommen! - Zustimmung von Herrn Striegel, GRÜNE)

- Ein anderes Feedback? Hier steht genau das drin, was einige gefordert haben. Ich denke, das kommt schon daher.

Das ist auch berechtigt, Kollege Weihrich, das will ich gar nicht negativ darstellen. Aber ich glaube, wir sollten über die Dinge - sie sind als Vorschlag gekommen - erst einmal diskutieren, bevor wir sie beschließen. Ansonsten hätte ich den Ökozentren das Angebot der kleinen Anhörung nicht zu machen brauchen.

Es werden unterschiedliche Dinge gewünscht. Je nachdem, wie jemand sich eingenischt sieht, eingeordnet sieht, hat er im Hinblick auf die Finanzierung eigene Vorstellungen. Einige möchten eine kontinuierliche Finanzierung haben, andere wollten auf die Projektförderung nicht verzichten. Frau Staatssekretärin Keding hat sehr deutlich darauf hingewiesen, dass wir das entsprechend austarieren müssen.

Es mag in manchen Fällen sinnvoll sein, einen Vertrag über eine längere Zeit zu schließen. In anderen Fällen können Projekte sinnvoll sein, weil wir das mit EU-Mitteln finanzieren und flankieren können, während das andere aus Landesmitteln kommt. Diese Dinge der Haushaltsplanung, der Vorplanung, sollten wir in Ruhe machen. Wir sollten hier nicht voreilig Dinge beschließen.

(Zustimmung bei der SPD)

Wir alle wissen: Das geht alles in dieselbe Richtung. Genau das war unsere Intention; ich habe das ausführlich erläutert. Deswegen bedanke ich mich fürs Zuhören und bitte um Zustimmung zu unserem Antrag. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)