Vielen Dank, Herr Kollege Kolze. - Zum Abschluss der Debatte spricht für die Fraktion DIE LINKE Frau Abgeordnete Tiedge.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kolze, wenn Sie schon das Urteil zur Sitzblockade nicht kommentieren wollten, dann nehmen Sie es doch bitte wenigstens zur Kenntnis.
Auch bei mir hat sich die Frage aufgetan - Herr Gallert hat die Frage eben noch einmal gestellt -: Was unterscheidet eigentlich die Polizei in Brandenburg und in Berlin von der Polizei in SachsenAnhalt? - Ich glaube, die Einsätze sind die gleichen und die Aufgaben der Polizeibeamten dürften sich ähneln. Anscheinend ist nur die Einschätzung der unterschiedlichen politischen Parteien dazu eine andere.
Am 8. Juli 2010 stellte Amnesty International einen Bericht mit dem Titel - ich zitiere - „Täter unbekannt - mangelnde Aufklärung von mutmaßlichen Misshandlungen durch die Polizei in Deutschland“ vor. Man sollte doch bitte schön nicht so tun, als wenn solche Vorkommnisse in Sachsen-Anhalt undenkbar wären.
die - das betone ich - friedlich demonstriert haben und nichts anderes getan hatten, als Papierschlangen zu werfen.
Artikel 104 Absatz 1 des Grundgesetzes manifestiert, dass festgehaltene Personen weder seelisch noch körperlich misshandelt werden dürfen. Man möge meinen, eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Ich kann mich aber noch sehr gut an die Diskussion erinnern, in deren Mittelpunkt folgende Frage stand: Wie weit darf die Polizei mit ihren Methoden und Maßnahmen gehen, um zum Beispiel das Leben eines Opfers zu schützen? Ist da nicht auch ein bisschen Folter erlaubt?
Aus unserer Sicht kann und darf es zu dieser Frage nur eine Antwort geben, die unmissverständlich lautet: Der Verfassungsgrundsatz gemäß Artikel 104 darf auch hier in keiner Weise infrage gestellt werden.
Mit Blick auf § 340 des Strafgesetzbuches - Körperverletzung im Amt - wird deutlich, dass jegliche Körperverletzung und jegliche Misshandlung während der Ausübung des Dienstes oder in Beziehung auf den Dienst eine Straftat darstellt und entsprechend zu ahnden ist. Dabei handelt es sich eben nicht um ein Kavaliersdelikt, legitimiert durch das Gewaltmonopol des Staates.
In dem von mir erwähnten Bericht von Amnesty International wird aber auch dargestellt, dass viele Betroffenen keine Anzeige erstatten, da sie keine Aussicht auf Erfolg sehen oder im Gegenzug befürchten, eine Anzeige wegen Widerstands gegen Vollzugsbeamte zu erhalten, oder weil die Identität der Beamten nicht ermittelt werden kann. Die Recherchen von Amnesty International ergaben letztlich - ich zitiere -,
„dass die Ermittlungsmethoden und -abläufe in Fällen mutmaßlicher polizeilicher Misshandlungen bzw. unverhältnismäßiger Gewaltanwendung bedauerlicherweise noch nicht den Grundsätzen entsprechen, die in den von Deutschland unterzeichneten Menschenrechtsabkommen verankert sind. Dazu gehören die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte sowie das UNÜbereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche und erniedrigende Behandlung oder Strafe.“
Zeigefinger auf andere Staaten zeigt und kritisiert. Anhand von konkreten Beispielen werden in dem Bericht die Missstände und Versäumnisse aufgezeigt, unter anderem auch die des tragischen Todes von Oury Jalloh.
Erschwert wurden die Recherchen allerdings durch die Tatsache, dass erst seit dem Jahr 2009 die Staatsanwaltschaften verpflichtet sind, Statistiken über strafrechtliche Ermittlungen gegen Polizeibeamte wegen des Vorwurfs der Körperverletzung und ähnlicher Delikte zu führen. Aus diesem Grund schrieb Amnesty International die Innen- und Justizminister aller 16 Bundesländer an, um entsprechende Informationen zu erhalten. Lediglich Berlin, Sachsen und Schleswig-Holstein machten Angaben zu Anzeigen gegen Polizeibeamte. So wurden zum Beispiel in Berlin im Jahr 2007 278 Anzeigen erstattet, die in 13 Fällen zu Verurteilungen führten.
Eine wissenschaftliche Untersuchung aus dem Jahr 2003 ergab ferner, dass Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamte im Vergleich zu Ermittlungsverfahren gegen andere Personen häufiger ohne Gerichtsentscheidung eingestellt wurden. Eine von der Berliner Polizei in Auftrag gegebene Studie belegt, dass in mindestens 10 % der Fälle eine Kennzeichnung der Polizeibeamten die Ermittlungen erleichtert und die Wahrscheinlichkeit der Klärung der Vorwürfe erhöht hätte.
Meine Damen und Herren! Niemand von uns spricht den Polizeibeamtinnen und -beamten ab, dass sie unter teilweise sehr schwierigen Verhältnissen ihren Dienst verrichten müssen, eine schlechte Bezahlung, eine miserable Beförderungspraxis und häufig Schichtdienste haben, die kaum Zeit zur Erholung lassen und somit Frust und Stress bei ihnen aufkommen lassen. Wir wissen auch, dass sie oftmals Einsätze tätigen, die sie an die Grenzen der Belastbarkeit führen. Nicht zuletzt auch deshalb genießen die Polizeibeamten und -beamtinnen ein hohes Maß an Ansehen in der Bevölkerung.
Das darf aber wiederum nicht als Begründung bzw. Entschuldigung dafür herhalten, dass es einzelne Polizeibeamte und -beamtinnen gibt, die das ihnen vom Staat eingeräumte Gewaltmonopol missbrauchen und Straftaten begehen. Diese müssen genau wie jeder andere Bürger und jede andere Bürgerin zur Verantwortung gezogen werden können.
Das wird letztlich auch dazu führen, dass das Ansehen der Polizei in Sachsen-Anhalt noch gestärkt wird.
Wenn ich aus meinen Erfahrungen in den Untersuchungssauschüssen der letzten Legislaturperiode berichten darf, dann konnten wir dort sehr wohl
feststellen, wie schwierig es ist, Vorwürfen gegen Polizeibeamte nachgehen zu können, deren Namen bekannt war. Wie schwierig ist das erst, wenn es um anonyme Polizeibeamte und -beamtinnen geht.
Ich sage es mit aller Deutlichkeit: Bei mir hört jedes Verständnis auf, wenn es Polizeibeamte gibt - wie es in Berlin geschehen ist -, die einen Beschwerdebrief an den Polizeipräsidenten schreiben und sich in diesem Brief mit KZ-Häftlingen vergleichen, denen eine Nummer auf den Arm tätowiert wurde. Es ist für mich ein ungeheuerlicher Vorgang.
Auch wir nehmen die Ängste der Polizeibeamten und -beamtinnen sehr ernst. Ich glaube, das haben wir mit unseren Debattenbeiträgen eindringlich gezeigt. Ich hoffe auf eine sachliche Debatte in den Ausschüssen.
Hier wurden zum wiederholten Mal Horrorszenarien aufgebaut, die sich in keinem anderen europäischen Land, in denen es seit Jahren diese Kennzeichnungspflicht gibt, abgezeichnet haben. Warum soll ausgerechnet in Deutschland dieser Horror entstehen?
Herr Kolze, Sie haben zu Beginn Ihrer Rede erklärt, dass Sie heute gern über die Gewalt gegen Polizeibeamte gesprochen hätten. Ich gebe meinem Kollegen Wagner Recht: Gern hätten auch wir heute darüber debattiert. Sie hätten dazu einen Antrag einbringen können. Ich glaube, auch diese Debatte wäre fachlich und sachlich fair abgelaufen.
Sie sprachen davon, dass Sie sich für die Schutzinteressen der Polizeibeamten und -beamtinnen einsetzen wollen. - Ja, wir auch. Dazu gehören aber auch die Schutzinteressen der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes.
Damit ist die Debatte zu dem Gesetzentwurf und zu dem Antrag abgeschlossen. Wir kommen somit zum Abstimmungsverfahren.
Ich rufe noch einmal in Erinnerung, dass während der Debatte von einigen Rednern folgendes Verfahren vorgeschlagen wurde, das ich zur Abstimmung stellen möchte. Es gab den Antrag, sowohl den Gesetzentwurf als auch den Antrag in den Ausschuss für Inneres zu überweisen, um beides dort zu behandeln. - Ich höre keinen Widerspruch dagegen; also stimmen wir darüber ab.
Wer der Überweisung des vorliegendes Antrages und des Gesetzentwurfes in den Ausschuss für Inneres zustimmt, den bitte ich um das Karten
zeichen. - Gegenstimmen? - Keine. Stimmenthaltungen? - Auch nicht. Damit sind der Antrag und der Gesetzentwurf in den Ausschuss für Inneres überwiesen worden.
Ich habe noch einen Hinweis: Wir haben bisher 25 Minuten Zeitverzug und treten jetzt in die Mittagspause ein. Wir werden mit der Sitzung in genau einer Stunde um 14.11 Uhr fortfahren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Herr Präsident hat gesagt, wir machen um 14.11 Uhr weiter. Es ist 14.11 Uhr.
Ich bedanke mich bei Herrn Staatsminister Robra, dass er zur Beschleunigung des Verfahrens beiträgt, indem er schon ans Rednerpult getreten ist. Nun bekommt er auch noch das Wort. Sie haben es. Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung hat dem Landtag am 28. Juni dieses Jahres den Entwurf des Vierten Medienrechtsänderungsgesetzes zugeleitet. Im Mittelpunkt steht die in Artikel 1 geregelte Ratifizierung des 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrages, der im Landtag und im zuständigen Ausschuss bereits mehrfach Beratungsgegenstand war.
Der 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag soll am 1. Januar 2013 in Kraft treten, einzelne Regelungen sozusagen im Vorlauf bereits am 1. Januar 2012. Die Ratifikationsurkunden müssen bis zum 31. Dezember 2011 hinterlegt sein. Anderenfalls würde der Staatsvertrag gegenstandslos werden. In sieben Ländern ist die Ratifikation bereits erfolgt, nämlich in Bayern, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen.
Die im hiesigen Landtag vertretenen Fraktionen waren zum Ratifikationszeitpunkt an wenigstens einer der genannten Landesregierungen beteiligt. Das lässt mich auch für Sachsen-Anhalt auf eine breite Mehrheit hoffen.
Mit diesem Staatsvertrag erfolgt eine Neuordnung der Rundfunkfinanzierung, weg von dem veralteten gerätebezogenen Ansatz hin zu einem wohnungs-