Protokoll der Sitzung vom 11.12.2014

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. Herr Minister, Herr Kollege Weihrich möchte Sie gern etwas fragen.

Sehr geehrter Herr Dr. Aeikens, ich habe Sie schon bei der Einbringung der Vorschläge der Koalitionsfraktionen gefragt, wie Sie denn eigentlich zu dem Vorschlag stehen, die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nachträglich, nach der Durchführung des Eingriffs, festzustellen. Damals habe keine Antwort darauf bekommen. Ich habe Sie auch im Ausschuss danach gefragt und keine klare Antwort bekommen. Jetzt haben Sie in Ihrer Rede wieder nichts zu diesem Punkt ausgeführt. Deswegen würde ich gern noch einmal fragen, wie Sie ganz speziell zu diesem konkreten Punkt stehen.

Dazu würde ich gern eine Gegenfrage stellen: Halten Sie es nicht auch für eine Erleichterung, wenn die Umsetzung eines engagierten Naturschutzes in Sachsen-Anhalt im Gesetz verankert wird?

Nein, Herr Dr. Aeikens. Aber ich habe Sie jetzt gefragt.

Das habe ich erwartet. Sie wollen es immer kompliziert.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der CDU)

Ich kann gern jetzt etwas dazu ausführen. Aber ich hatte es eigentlich für meine Rede vorgesehen, meine Sichtweise auf diese Dinge darzustellen. Deswegen bin ich jetzt etwas überrascht. Aber ich kann das gern schon jetzt ausführen, wenn das hier gewünscht ist. Ich denke - um es auf den Punkt zu bringen -, dass das rechtswidrig ist,

(Herr Borgwardt, CDU: Das stimmt doch gar nicht!)

und das werde ich nachher auch noch einmal ausführen. Deswegen habe ich Sie nach Ihrer Meinung gefragt.

Herr Weihrich! Erstens. Es ist ohne Frage eine Erleichterung. Zweitens. Sie wissen so gut wie ich - das sage ich jetzt als Nichtjurist, ohne Juristen dabei zu nahe treten zu wollen; es gibt Situationen, da fragt man unterschiedliche Juristen und bekommt unterschiedliche Antworten -, über die Frage der Rechtssicherheit können letztendlich Gerichte entscheiden, wenn irgendjemand die Neigung hat, gegen bestimmte Passagen und deren Umsetzung zu klagen. Dieser Weg steht allen offen.

Das Parlament ist der Auffassung - soweit ich mich erinnere, auch mit Unterstützung des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes -, dass dieses rechtskonform ist. Und dann steht es dem Parlament absolut frei, eine derartige Regelung zu beschließen.

(Herr Borgwardt, CDU: Genau so ist es!)

Vielen Dank, Herr Minister. - Wir dürfen jetzt Gäste auf der Tribüne begrüßen, nämlich Damen und Herren des Projekts „Lebensringe“ des Jobcenters Halle. Herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Wir steigen in die Fünfminutendebatte ein. Herr Lüderitz von der Fraktion DIE LINKE erhält das Wort. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der heute zu beschließende Gesetzentwurf in der Fassung der Beschlussempfehlung ist, wie bei der Berichterstattung bereits beschrieben, die Zusammenführung der Anträge der Koalitionsfraktionen vom 10. Juli und der Landesregierung vom 10. September 2014. Es ist zunächst einmal sinnvoll, beide Gesetzentwürfe zusammenzuführen.

Den Koalitionsfraktionen geht es im Wesentlichen um zwei Dinge: erstens darum, die Eingriffsregula

rien nach § 14 des Bundesnaturschutzgesetzes in ausgewählten Fällen zu vereinfachen - in diesem Fall bei Hochwasserschutz und bei historischen Park- und Gartenanlagen - und zweitens mehr Akzeptanz bei Ökokontomaßnahmen zu erreichen. Letzteres ist auch aus unserer Sicht begrüßenswert.

Die Aufweichung der Eingriffsregularien ist durchaus nachvollziehbar und stellt für die Betroffenen und für die unteren Behörden eine Vereinfachung dar. Ich selbst sehe jedoch die Gefahr, dass die Öffnung dieses Einfallstores letztendlich dazu führen kann, dass andere Landnutzer gleichfalls Sonderregelungen einfordern. Damit kann es zu einer erheblichen Aufweichung der Eingriffsregelungen kommen. Diese Befürchtung hat sich bei der Anhörung, die wir dazu durchgeführt haben, noch erhärtet, wenn ich an einige Ausführungen, unter anderem der landnutzerdominierten Verbände, denke.

Es ging und geht in dem Antrag um die Präzisierung des § 20 des Landesnaturschutzgesetzes hinsichtlich der Ausweisung der Biosphärenreservate, also der Lex Südharz. Diese Gesetzesänderung können wir voll und ganz mittragen, das habe ich bereits in allen Ausschusssitzungen, in denen ich anwesend war, so dargestellt.

Ich möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass es von der neuen Landesregierung in Thüringen - in deren Koalitionsvertrag kann man das nachlesen - eine klare Ansage dazu gibt, ein gemeinsames „BioRes Südharz“ auf den Weg zu bringen. Sie, Herr Minister, sollten dies nutzen und umgehend mit der zuständigen Ministerin meiner Partei, der ehemaligen Landrätin, Kontakt dazu aufnehmen. Immerhin könnten wir Thüringen anbieten, unsere Konzepte nachzunutzen, natürlich auf die territorialen Besonderheiten abgestellt. Andererseits ließe sich mit einer territorialen Erweiterung in Thüringen manche Klippe bei uns etwas einfacher umschiffen.

Des Weiteren besteht die vorliegende Beschlussempfehlung aus dem Gesetzentwurf der Landesregierung. An dieser Stelle wird es für uns sehr problematisch. Es geht um die Umsetzung des Natura-2000-Prozesses, das bekanntermaßen - das musste der Minister hier schon eingestehen - ein mehrjähriges Nischendasein in unserem Land geführt hat. Jetzt stehen wir vor der Forderung, so schnell wie möglich voranzukommen. Das will man mit einer Generalverordnung hinbekommen.

Ich habe erhebliche Zweifel daran. Wer sich die Anhörung in Erinnerung ruft, der wird feststellen, dass alle naturschutzfachlich affinen Anzuhörenden dies ähnlich sahen. Eine Natura-2000-Generalverordnung für alle und alles von Arendsee bis Zeitz ist nicht handhabbar, wird auch immer rechtlich angreifbar sein und führt damit in eine Sackgasse.

Mit der neuen Kategorie Natura-2000-Gebiet verwirre ich den Landnutzer vollends. In vielen FFH- und Vogelschutzgebieten haben wir dann zwei Schutzkategorien nebeneinander stehen: ein Gebiet, das eventuell nach alter Regelung als Landschaftsschutzgebiet oder als Naturschutzgebiet ausgewiesen ist, und ein Natura-2000-Gebiet, das die neue Verordnung dann über die ganze Fläche oder über Teilflächen legt.

Hinzu kommt, dass die unteren Behörden dann auch spezifische Regelungen treffen müssen. Jeder Landnutzer wird sich bedanken und verstehen wird er das gleich gar nicht. Damit wird nur eines erreicht: Die Akzeptanz für den Naturschutz sinkt unter null. Letztlich erweisen wir unserer Flora und Fauna einen Bärendienst.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Vor allem wird den vielen ehrenamtlich im Naturschutz Tätigen die Arbeit damit weiter erschwert.

Ich halte diese Verordnungsermächtigung für eine Ohnmachtserklärung der Landesregierung hinsichtlich der Umsetzung des Natura-2000-Prozesses. Damit können wir den vorliegenden Gesetzentwurf in seiner Gesamtheit nur ablehnen und werden auch gegen die Beschlussempfehlung stimmen. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Lüderitz. - Für die Fraktion der CDU spricht jetzt Herr Stadelmann. Bitte, Herr Abgeordneter.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin froh, dass wir das Naturschutzgesetz des Landes heute so, wie es die Beschlussempfehlung empfiehlt, verändern werden, weil ich glaube, dass wir damit eines der modernsten Naturschutzgesetze in Deutschland haben, das den aktuellen Gegebenheiten Rechnung trägt und das auch die Konsequenzen aus den Hochwasserereignissen zieht, die wir in den letzten, man kann schon sagen, 20 Jahren, erleben mussten.

Ich möchte zu einigen Kritikpunkten etwas sagen, die auch der Kollege Lüderitz angesprochen hat, die § 14 des Bundesnaturschutzgesetzes - bei uns § 6 - Eingriffe in Natur und Landschaft - des Landesnaturschutzgesetzes - betreffen, und werde auf das Stichwort „andere Landnutzer“ eingehen.

Natürlich soll auch für andere Landnutzer der Eingriff vereinfacht werden. Das ist genau der Antrag, den Herr Krause nachher unter dem Tagesordnungspunkt 15 hier vortragen wird. Wir sind genau auf Ihre Intention eingegangen und sagen, dass es an der Stelle, wo Natur auf Zeit sozusagen stattgefunden hat, möglich sein soll, Eingriffe vorzuneh

men, ohne dass erhebliche Kosten und Planungsmaßnahmen auf den jeweiligen Investor zukommen.

Das Ganze ist ein System. Wir wollen gleichzeitig die Ökopunkte und die vorgezogenen Maßnahmen verbessern und beschleunigen, damit eben ein Pool von Ökopunkten vorliegt, auf die man zurückgreifen kann. Dann haben wir nämlich das Problem gar nicht mehr, dass wir keine Möglichkeiten für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen haben, wenn wir Hochwasserschutzmaßnahmen, die auch von den GRÜNEN immer gefordert werden, Polder, Retentionsflächen usw., vorsehen müssen. Natürlich ist das Flächenverbrauch. Dazu müssen wir Reserven schaffen. Das ermöglichen wir mit diesem Gesetzentwurf. Dann werden wir auch nicht mehr das Problem haben wie bei der Hochwasserschutzmaßnahme Wippra, die sich um Jahre verzögert hat,

(Herr Borgwardt, CDU: Genau!)

nicht weil die Hochwasserschutzmaßnahme an sich strittig ist, sondern einzig und allein die Frage, wo und wie die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen festgelegt werden.

(Beifall bei der CDU - Herr Borgwardt, CDU: Genau so ist das!)

Das kann doch nicht wahr sein, meine Damen und Herren. Wenn in der Zeit ein Hochwasserereignis stattgefunden hätte, wären Menschen an Leib und Leben in Gefahr gewesen und man hätte sich um einen Steinbruch gestritten. Das wollen wir abstellen. Das ist kein - ich sage es einmal so - Naturschutz light, sondern das ist einfach eine bessere Organisation und eine Verbreiterung der Möglichkeiten, die wir im Land haben.

(Herr Borgwardt, CDU: Man könnte „Logik“ dazu sagen! So ist das!)

- Und Logik, eine in sich geschlossene Logik. Danke, Herr Kollege Borgwardt.

Zu § 23 - „Natura 2000“. Ich weiß, dass es diesbezüglich Bedenken gibt nach dem Motto: Dann wird wieder eine neue Schutzgebietskategorie ausgerufen und die Leute vor Ort wissen dann gar nicht mehr, was los ist. Ich glaube schon, dass diejenigen, die damit befasst sind, die unteren Naturschutzbehörden und die Akteure vor Ort, sehr genau wissen, wie sie damit umgehen sollen.

Ich glaube, dass wir mit dieser Schutzgebietskategorie Natura 2000 so, wie wir es auch in unserem Koalitionsvertrag immer postuliert haben, im Verhältnis 1 : 1 EU-Vorgaben umsetzen und nichts noch oben draufsetzen. Denn der EU ist es eigentlich völlig wurscht, ob das „Naturschutzgebiet“, „Landschaftsschutzgebiet“ oder wie auch immer heißt. Der EU kommt es nur darauf an, dass es unter nationalrechtlichen Kategorien sichergestellt

werden muss, wo die FFH- und Vogelschutzgebiete angesiedelt sind.

Wir werden natürlich im Anschluss darangehen müssen, dieses System zu entflechten, wo wir überlappende Schutzkategorien haben, und das Ganze anschließend wieder in einen Zustand zu bringen, der auch vor Ort mit einer Kategorie ein Gebiet abdeckt.

Ich denke, uns liegt hier ein Gesetzentwurf vor, dem wir zustimmen sollten. Ich glaube, dass wir dann mit der Umsetzung, auch mit den Verordnungen, einen Zustand im Land erreichen werden, der den Naturschutz bei uns voranbringt. - Vielen Dank.

Vielen Dank, Kollege Stadelmann. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht jetzt Herr Weihrich. Bitte, Herr Weihrich, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach den Beratungen im Umweltausschuss und nach der Anhörung konnten die von mir bereits bei der Einbringung geäußerten Bedenken nur an wenigen Stellen ausgeräumt werden. Eine besonders krasse Ungereimtheit wurde verändert. Ich meine die Absicht, bei der Eingriffsregelung auch Vermeidungsmaßnahmen auf die Zeit nach der Genehmigung zu verschieben, obwohl natürlich klar ist, dass sich diese Vermeidungsmaßnahmen in der Regel auf das Vorhaben selbst beziehen und natürlich nachträglich nicht mehr verändert werden können. Hierbei hat es eine Verbesserung gegeben; das ist positiv.

Viele andere Punkte sind leider unverändert geblieben, zum Beispiel beim Ökokonto. In der letzten Sitzung des Umweltausschusses hat sich gezeigt, wo die eigentlichen Probleme im Zusammenhang mit der Nutzung des Ökokontos liegen. Das Problem ist schlicht und ergreifend, dass die Flächen nicht einsehbar sind, dass die Investoren keinen Zugriff, keine Information über die Flächen haben, und das, weil es der Landesregierung nicht gelingt, innerhalb von ein paar Jahren ein einfaches Software-Tool mit ganz geringen Kosten auf den Weg zu bringen, damit jeder diese Flächen einsehen kann.

(Zuruf von der CDU)