Protokoll der Sitzung vom 11.12.2014

Sie selbst haben gesagt, dass unabhängig davon, ob die Kurgäste mit der Bahn anreisen oder nicht, die Strecke auch für den Kurbetrieb wichtig sei, weil sich Kurgäste gern in Regionen aufhalten, die attraktiv sind, in denen sie etwas erleben können und in denen sie auch mobil sein können. Dafür ist die Strecke wichtig.

Die Angaben zur Auslastung sind aus dem letzten Jahr. Ich habe Ihnen aktuelle Zahlen aus der Beantwortung meiner Kleinen Anfrage genannt. Von Dienstag bis Donnerstag sind 250 Fahrgäste pro

Tag zu verzeichnen. Das ist die aktuelle Zahl. Ich kann Ihnen das gern zur Verfügung stellen. Ich habe die Angaben intern vom Verkehrsministerium zur Verfügung gestellt bekommen. Sie können sich auch anschauen, was denn tatsächlich gespart wird, wenn die Strecke abbestellt wird. Wenn man den Busverkehr noch dazu berechnet, dann ergibt sich eine Zahl, die die Schließung nicht rechtfertigt.

Noch ein letzter Satz zu dem Busverkehr. Möglicherweise gibt es Probleme. Aber das kann man doch nicht gegeneinander ausspielen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Es muss doch andere Lösungen geben, um den Ausbildungsverkehr auch attraktiv für die Jungen und Mädchen zu gestalten, damit sie schnell zur Schule kommen. Das kann doch aber kein Grund dafür sein, die Heidebahn zu schließen.

Vielen Dank. - Nun hat der Kollege Scheurell für die CDU-Fraktion das Wort; er kommt auch aus der Gegend. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion DIE LINKE mit dem Titel „Wipperliese erhalten“ ist so etwas wie ein Paradebeispiel für das politische Agieren dieser Partei,

(Oh! bei der LINKEN)

solange sie in der Opposition keine politische Verantwortung tragen muss.

Verantwortliche Landespolitik ist konfrontiert mit einer sehr unpopulären und unangenehmen Entscheidung, nämlich mit dem Verzicht auf die Weiterfinanzierung eines sehr beliebten, aber auch immer weniger nachgefragten Angebots, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Ich kann es nicht lassen: Es ist doch die Fraktion DIE LINKE, die sich heldenhaft den unvermeidlichen Realitäten entgegenwirft und versucht, das Unmögliche doch noch irgendwie möglich zu machen. Santa Wulf und die Rettung der Wipperliese ist nur scheinbar eine perfekte Weihnachtsgeschichte.

(Heiterkeit bei der CDU - Zuruf von Herrn Lange, DIE LINKE)

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Herr Scheurell, CDU, räuspert sich.)

Entschuldigen Sie bitte; ich bin etwas indisponiert. Sehen Sie mir das bitte nach.

(Herr Striegel, GRÜNE: Schonen Sie sich! - Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Meine Kolleginnen und Kollegen! Wir sollten dem etwas lädierten Kollegen zuhören.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Wir versuchen es!)

Meine Damen und Herren! Die LINKE in Thüringen ist diesbezüglich schon einen entscheidenden Schritt weiter in der politischen Realität angekommen. Im aktuellen Thüringer Koalitionsvertrag heißt es auf Seite 100 wie folgt:

„Den Koalitionspartnern ist bewusst, dass die Umsetzung der Maßnahmen unter dem Finanzierungsvorbehalt des Haushalts steht. Ausgabensteigerungen, die über die eindeutig benannten prioritären Maßnahmen hinausgehen, sind durch Einnahmeerhöhungen oder durch Einsparungen an anderer Stelle zu kompensieren.“

(Zuruf von der LINKEN: Wir sind in Magde- burg!)

Von solchen Rücksichtnahmen auf öffentliche Haushaltslagen ist bei der LINKEN in SachsenAnhalt natürlich nicht die Rede. Die Nachfragezahlen der Wipperliese, so heißt es im Antrag, hätten sich nicht in einem Maß verändert, welches die jetzt geplante Abbestellung rechtfertige.

Wie haben sich die Nachfragezahlen der Wipperliese an den Werktagen in den letzten Jahren verändert? - Im Jahr 2009 verzeichnete die Wipperliese 161 Reisendenkilometer je Kilometer Betriebslänge. Im Jahr 2011 waren es 117 Reisendenkilometer je Kilometer Betriebslänge. Im Jahr 2013 waren es noch 91 Reisendenkilometer je Kilometer Betriebslänge.

Ich kann mich angesichts dessen nur meinem Fraktionsführer anschließen: Politik muss klar und ehrlich in der Sache sein. Die Menschen sind bereit, Veränderungen zu akzeptieren, aber sie wollen kein Klagelied, sondern Ehrlichkeit in der Sache.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um es deutlich zu sagen: Jedem von uns wäre eine Weiterfahrt der Wipperliese sehr viel lieber als eine Einstellung.

(Zurufe)

Aber meine Bitte an Sie lautet: Schenken Sie den Menschen vor Ort reinen Wein ein. Sagen Sie den Menschen vor Ort, dass ein Weiterbetrieb der Wipperliese das Land jährlich 1,7 Millionen € kostet. Sagen Sie den Menschen, dass der Zuschussbedarf pro Fahrt und Person bei 34 € liegt.

Sagen Sie, an welcher Stelle Sie dieses Geld einsparen wollen, oder sagen Sie ehrlich, wo und wen Sie zusätzlich belasten wollen, um an frisches

Geld zu kommen. Mit der Verteilungsgerechtigkeit hält es DIE LINKE ohnehin immer gut. Aber diese Dinge habe ich an anderer Stelle schon einmal erläutert.

(Zuruf von Herrn Czeke, DIE LINKE)

Wir schlagen Ihnen vor: Lassen Sie uns im Fachausschuss nach einer Lösung suchen, mit der alle leben können.

(Herrn Scheurell, CDU, versagt die Stimme)

Das war eben wie Ulbricht, ich weiß.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der CDU und bei der LINKEN)

Mit Ihrem Vorschlag nach dem Motto „Augen zu und durch“ kann ich nicht leben.

(Zustimmung von Herrn Barthel, CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jede SPNV-Leistung wird anhand statistischer Kennzahlen bewertet. In Sachsen-Anhalt gehen wir davon aus, dass Verkehrsangebote mit einer Nachfrage von unter 300 bis 500 Reisendenkilometer je Kilometer Betriebslänge auch mit dem Bus vergleichsweise wirtschaftlich und auch attraktiv erbracht werden können.

Diese Festlegung wird auch der Heidebahn von Wittenberg nach Bad Schmiedeberg zum Verhängnis. Ich persönlich bedauere das sehr.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Ja, ja!)

Denn bei der Heidebahn sind die Nutzungszahlen in den letzten Jahren nicht gesunken, blieben aber auch unterhalb des Schwellenwertes von 300 bis 500 Reisendenkilometer je Kilometer Betriebslänge.

Bei dem Betrieb der Heidebahn handelt es sich bereits um ein besonderes Pilotprojekt. Der Landkreis Wittenberg ist im Zusammenhang mit dem Bus-Bahn-Landesnetz Aufgabenträger des Projekts. Das Land hat nach der Entscheidung zur Abbestellung im Jahr 2007 den Weiterbetrieb im Rahmen einer Trägerschaft des Landkreises gefördert, zuletzt mit Mitteln in Höhe von 1 Million €.

Eine Weiterführung des Pilotprojekts würde jährlich Mittel in Höhe von ca. 0,7 Millionen € bis zum Jahr 2018 binden. Dann stünden wir erneut vor der Frage, wie es weitergeht. Und dann, Herr Gallert, stehen vielleicht Sie hier vorn und müssen den Bürgern die Abbestellung erklären. Lassen Sie es uns doch machen.

Dabei ist doch schon jetzt klar, dass es weiterhin Linienverkehr auf der Strecke zwischen Wittenberg und Bad Schmiedeberg geben wird. Denn die Busverbindung ist in das Linienbündel des örtlichen Busverkehrs integriert. Ich denke, es ist richtig, dass wir uns im Fachausschuss noch einmal mit dem Thema auseinandersetzen.

Dieses Pilotvorhaben auf der Strecke zwischen Wittenberg und Bad Schmiedeberg hat beinhaltet, dass keine Ausschreibung durchgeführt wurde. Es gab von Vornherein nur einen Anbieter und nur eine Zusage.

(Vizepräsident Herr Miesterfeldt räuspert sich.)

- Ich bin sofort fertig, sehr geehrter Herr Präsident. Das ist meiner schlechten Stimme und meiner Stimmlage geschuldet.

Wenn wir das Pilotprojekt fortführen würden, müssten wir ein ordentliches Ausschreibungsverfahren durchführen.

(Zuruf von Herrn Lange, DIE LINKE)

- Ja, ich weiß, Sie wollen mich gern abschalten. Der Tag kommt und dann können Sie das.

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Ende.