Protokoll der Sitzung vom 11.12.2014

(Beifall bei der SPD)

Sie wollen noch nachlegen?

Die Flasche Sekt nehme ich sehr gerne. Sie haben in der Tat von Bahnstrecken gesprochen, nicht von kompletten Gesellschaften. Insofern vielen Dank, und ich freue mich, dass wir darauf anstoßen.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. - Wir fahren gleich in der Debatte fort. Aber vorher begrüße ich sehr gern Schülerinnen

und Schüler der Sekundarschule Förderstedt - das sind die hinteren -

(Beifall im ganzen Hause)

und Schülerinnen und Schüler der Ganztagsschule Harzgerode.

(Beifall im ganzen Hause)

Herzlich willkommen! - In der Debatte fahren wir jetzt mit dem Kollegen Weihrich von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort. Bitte, Herr Abgeordneter.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich stimme Herrn Hövelmann zu und stelle fest, dass die Vorentscheidung für die Schließung der Strecken bedauerlicherweise gestern im Rahmen der Haushaltsberatungen gefallen ist. Wir hatten Änderungsanträge eingebracht, die nicht nur mehr Geld für die Nasa bereitstellen, sondern auch die drei Strecken erhalten sollten. Diese Änderungsanträge wurden hier im Plenum abgelehnt.

Ich muss konstatieren: Da wären Einflussmöglichkeiten des Hohen Hauses gewesen, die aber nicht genutzt wurden, weil uns allen die Entscheidungsgrundlagen klar waren.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Wir wussten genau: Mit den Mitteln, die wir der Nasa bereitstellen, konnten die Strecken nicht erhalten werden. Möglicherweise müssen noch weitere Einschränkungen erfolgen. Ich werde später noch darauf eingehen.

Meine Damen und Herren! Es wurde schon gesagt: Seit dem Jahr 1990 wurden 48 Strecken stillgelegt, allein 25 seit 1999. Ich möchte an dieser Stelle nicht behaupten, dass man alle Strecken hätte erhalten können. Aber ich kritisiere, dass bei der Entscheidung über die Schließung von Bahnstrecken nur die Auslastung kritisiert wird. Die Ausführungen von Herrn Webel haben das noch einmal eindeutig bestätigt.

Meine Damen und Herren! Niemand fragt, warum die Auslastung so niedrig ist. Niemand fragt, welche Konzepte entwickelt werden könnten, um die Auslastung zu erhöhen. Außerdem wird nicht berücksichtigt, welche Sekundäreffekte die Bahnen haben, zum Beispiel für den Tourismus. Herr Hoffmann ist bereits umfangreich darauf eingegangen. Eine Zuganbindung hat eine extrem hohe Bedeutung für den Tourismus, ganz besonders auch für den Radtourismus. Das kann eben nicht durch Busse kompensiert werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Gerade bei der Wipperliese kommt das zum Tragen. Denn die ganze Region bietet mit dem Harz, dem Biosphärenreservat Südharz und den Lutherstätten in Eisleben ein riesiges Potenzial. Die Wipperliese mit ihrer Tradition passt hervorragend in das Konzept. Deswegen ist die Schließung der Strecke, die erst vor Kurzem mit hohem Finanzbedarf ertüchtigt wurde, so unsinnig, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Ähnliches sehen wir auch für die Strecke Merseburg - Schafstädt, die für die Region um Merseburg, um den Geiseltalsee und für das GoetheTheater Bad Lauchstädt eine wichtige Rolle spielt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Auch diese Strecke darf in der Diskussion nicht vergessen werden.

Wir haben diese Änderungsanträge - so wie Sie es formuliert haben, Herr Hoffmann - als Ergänzung zu den Anträgen der LINKEN vorgelegt, denen wir natürlich zustimmen können. Aber es ging uns darum, auch diese Strecke noch zu erwähnen.

Auch die Heidebahn spielt im Tourismus für die Erschließung der Dübener Heide eine wichtige Rolle. Gerade kamen Meldungen, dass die Dübener Heide von der S-Bahn von Leipzig profitiert. Und wir machen jetzt die Erschließung aus Richtung Wittenberg dicht, indem wir die Heidebahn schließen.

Bei der Heidebahn kommt noch hinzu, dass sie auch von ganz großer Bedeutung für den Kurbetrieb in Bad Schmiedeberg ist; denn die Kurgäste reisen nun einmal vordringlich mit der Bahn an.

(Herr Borgwardt, CDU: Das stimmt doch gar nicht! Schön wär’s!)

- Reden Sie einmal mit dem Bürgermeister von Bad Schmiedeberg! Ich habe das getan. Er kann Ihnen vielleicht noch mehr Informationen geben.

Um noch einmal auf das Thema Auslastung zurückzukommen: Die Auslastung der Heidebahn ist nicht so schlecht. Nach Zahlen aus der Antwort auf meine Kleine Anfrage nutzen sie allein von Dienstag bis Donnerstag mehr als 250 Fahrgäste.

Auch die Einspareffekte sind sehr gering. Wenn man die Kosten des Busverkehrs mit berücksichtigt, dann ist das marginal. Deswegen ist die Schließung der Strecke nicht hinnehmbar.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Last, but not least - das wurde bereits gesagt - ist ein Bahnanschluss wichtig für die Mobilität im ländlichen Raum. Die Attraktivität ländlicher Gebiete steigt ungemein, wenn ein Anschluss an das Bahn

netz existiert. Man darf nicht in kämpferischen Reden Maßnahmen gegen den Bevölkerungsrückgang im ländlichen Raum ankündigen und dann im Hohen Hause Entscheidungen treffen, die der Abwanderung der Menschen im ländlichen Raum Vorschub leisten, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN)

Ein Bahnanschluss ist Daseinsvorsorge und darf nicht der Haushaltssanierung dienen. Es wurde schon erwähnt: Viele hier im Haus und auch viele Kreistage haben sich für die Erhaltung der drei Bahnstrecken ausgesprochen. Ich bin sehr gespannt, wie Sie den Wählerinnen und Wählern vor Ort erklären, dass diese Entscheidungen gestern so getroffen wurden, wie sie getroffen wurden.

Noch ein Ausblick in die Zukunft: Wir wissen alle, dass die Nasa eigentlich einen viel höheren Finanzbedarf hat, nämlich in Höhe der Regionalisierungsmittel. Minister Webel hat noch vor einigen Wochen von einem Bedarf für die Jahre 2015 und 2016 in Höhe von 14 Millionen € gesprochen. Daraufhin hat der Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr Mittel in Höhe von 10 Millionen € bewilligt, die der Finanzausschuss aber wieder einkassiert hat. Und jetzt heißt es, die Nasa könne auch mit dem ursprünglichen Haushaltsansatz leben.

Meine Damen und Herren! Wer das glaubt, der glaubt auch, dass Zitronenfalter Zitronen falten. Ich glaube das jedenfalls nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN)

Die Dinge, die anstehen, gehen aus der Beantwortung meiner Kleinen Anfrage hervor, die ich zum Lesen empfehle Dort finden sich zum Beispiel bei den Strecken Stendal - Salzwedel, Magdeburg - Oschersleben und Aschersleben - Halberstadt schon eindeutige Hinweise auf die Schließung.

Meine Damen und Herren! Notwendig wäre - darin stimme ich Herrn Hövelmann zu -, dass die Landesregierung angesichts dieser Entwicklung schnellstmöglich ein zukunftsfähiges Konzept für den schienengebundenen Nahverkehr in SachsenAnhalt entwickelt, um den Bahnverkehr zu erhalten und vielleicht auch in Zukunft auszubauen.

Aber ich denke, das wird dann die Aufgabe einer anderen Landesregierung in der nächsten Legislaturperiode sein. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Weihrich. Herr Weihrich, Kollege Borgwardt würde Sie gern etwas fragen.

Herr Kollege Weihrich, es ist völlig klar, wenn Sie die Frage nach der Auslastung der Strecke an einen Bürgermeister stellen, dass jeder Bürgermeister antworten würde, dass er es gern sehen würde, dass die Strecke weiter betrieben wird. Das weiß ich so genau, weil er mein Parteifreund ist und ich ihn auch danach gefragt habe.

Falsch ist Ihre Aussage, dass die Kurgäste nach Bad Schmiedeberg mit der Bahn anreisen. Sie hätten einmal einen anderen Parteifreund von mir, Deddo Lehmann, fragen müssen. Es ist Bestandteil der Ausschreibungsunterlagen, dass das Kurunternehmen die Gäste von zu Hause mit Fahrzeugen abholt.

(Zustimmung bei der CDU)

Das ist die Wahrheit. Die Zahlen, die Sie genannt haben, bezogen sich auf den Zeitraum von 1988 bis 1992. Wenn die Kurgäste tatsächlich mit der Bahn fahren würden, dann würde es keine Abbestellung geben.

Ich habe damals im Rahmen der Unterschriftensammlung gesagt: Wenn die 4 600 Gäste auf der Strecke fahren würden, dann hätten wir kein Problem.

Sie haben wahrscheinlich kein Wahlkreisbüro vor Ort so wie ich. Mir haben viele Eltern erklärt, wie das mit der Fahrt zur Schule abläuft. Die Kinder fahren bis Pratau und steigen in denselben Bus wieder ein. Ich will an dieser Stellen einer Legendenbildung vorbeugen. Ich hätte mir auch gewünscht, dass diese Strecke erhalten bleibt, aber die Zahlen sind leider andere.

Es ist nicht so, dass die Kurgäste mit der Bahn anreisen. Sie fahren, wenn sie wollen, möglicherweise als Touristen mit der Bahn durch die Region. Aber sie reisen nicht mit der Bahn zur Kur an; das ist nicht Bestandteil der Ausschreibung.

Herr Borgwardt, ich habe mich auf Ihren Parteifreund, den Bürgermeister von Bad Schmiedeberg, verlassen. Er hat mir das so gesagt. Wenn Sie behaupten, er habe mir etwas Falsches erzählt, dann müssten Sie das intern besprechen.

Sie selbst haben gesagt, dass unabhängig davon, ob die Kurgäste mit der Bahn anreisen oder nicht, die Strecke auch für den Kurbetrieb wichtig sei, weil sich Kurgäste gern in Regionen aufhalten, die attraktiv sind, in denen sie etwas erleben können und in denen sie auch mobil sein können. Dafür ist die Strecke wichtig.