Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es möge jetzt niemand gleich in Panik verfallen, weil ich zu dem Thema rede und vielleicht nur der Repression hier das Wort reden will; denn allein mit Repression - ich glaube, das hat meine Kollegin Petra Grimm-Benne soeben auch dargelegt - ist das Drogenproblem zweifelsohne nicht zu lö
sen; denn das Problem ist vielschichtig und die Bekämpfung desselben eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung.
Dazu gehört eben eine konsequente Strafverfolgung. Es ist aber die gesamte Gesellschaft gefordert, das Elternhaus genauso wie die Schule, der Sportverein oder andere, die da verantwortlich sind.
Deswegen ist es auch richtig, dass SachsenAnhalt die Drogenproblematik in ihrer gesamten Bandbreite beackert. Dabei ist es nun einmal die Aufgabe der Polizei, die Drogenkriminalität zunächst aus dem Dunkelfeld ins Hellfeld zu holen.
Die BtM-Kriminalität ist nun einmal eine klassische Hol- oder Verfolgungskriminalität. Deswegen ist natürlich die polizeiliche Kriminalstatistik auch nur bedingt aussagefähig, was die Frage der Qualität der Arbeit der Polizei betrifft; denn steigende Zahlen können in dem Fall durchaus sehr erfolgreiche Polizeiarbeit bedeuten. Das ist nun einmal der Unterschied zum Kfz-Diebstahl, dass sich eben Dealer oder auch Kunden nicht selbst bei der Polizei anzeigen.
Die Polizei Sachsen-Anhalts ist durchaus erfolgreich dabei. Das geht beim Fahren unter Drogen los. Durch vielfältigste Maßnahmen ist die Polizei viel besser als früher in der Lage, unter Drogen stehende Fahrzeugführer zu ermitteln und entsprechend zu ahnden.
Sachsen-Anhalt zeichnet sich zudem dadurch aus, dass es seit Jahren eine sehr erfolgreiche und enge Zusammenarbeit zwischen den Strafverfolgungsbehörden im Land und der Zollfahndung gibt. Dazu gehört auch die enge Zusammenarbeit mit der Bundespolizei. Gerade die spektakulären Fahndungserfolge, die es in den letzten zehn Jahren in Sachsen-Anhalt gegeben hat, basieren auf solchen engen Kooperationen von Zollfahndung, Bundespolizei und den Verantwortlichen hier im Land.
Ich benenne natürlich auch das erfolgreiche Vorgehen gegen eine große Zahl von CannabisPlantagen, die illegal in abgelegenen Gebäuden in diesem Lande errichtet wurden.
Dazu gehörten auch als Besonderheit in unserem Lande die enge Verflechtung im Ballungsraum Halle-Leipzig und die Notwendigkeit der engen Zusammenarbeit der Behörden in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt.
An der Stelle will ich das Drogenproblem erwähnen, das es über viele Jahre in meiner eigenen Heimatstadt Weißenfels gegeben hat. Dort haben Verfolgungsdruck, aber auch städtebauliche Maßnahmen dazu geführt, dass das Problem wesentlich beseitigt werden konnte.
Also: Nicht alle repressiven Maßnahmen doktern nur an Symptomen herum; vielmehr wurde das Problem an der Stelle tatsächlich erfolgreich bekämpft.
Dazu gehört auch die Fahndung auf Verkehrswegen. Das betrifft genauso die Nachschubwege auf Autobahnen; denn wer die Berichte kennt, der weiß, dass sich mittlerweile eine größere Zahl von Konsumenten oder auch Kleindealern direkt in Tschechien versorgt, indem man nämlich über die Grenze fährt, sich dort für den Eigenbedarf oder für diverse Freunde, die man mitversorgt, eindeckt und mit dem Auto nach Sachsen-Anhalt zurückfährt.
Wer sich die Zahlen in Sachsen-Anhalt ansieht, der sieht auch, dass sich insbesondere das Problem der Droge Crystal Meth Jahr für Jahr von Süden nach Norden weiter ausbreitet, was sicherlich auch etwas mit den günstigen Beschaffungsmöglichkeiten zu tun hat.
Das Ganze ist sehr personalintensiv. Deswegen muss man in dem Bereich auch über die Personalentwicklung bei der Polizei reden.
Aber es reicht nicht, dass Kleindealer oder Konsumenten verfolgt werden. Es geht vor allem auch um die Strukturen. Auch hierbei ist Sachsen-Anhalt sehr erfolgreich gewesen. Gerade die zentrale Kriminalitätsbekämpfung in der PD Süd hat gemeinsam mit dem Landeskriminalamt in diesem Bereich sehr große Erfolge gezeitigt.
Ein letzter Punkt - dies sei mir noch gestattet -, wo Polizei eben nicht nur Repression ausübt, sondern auch Prävention betreibt. Es gibt viele positive Beispiele in Sachsen-Anhalt dafür, dass sich engagierte Polizeibeamte im Bereich der Drogenprävention beschäftigen.
Ich will eines aus vielleicht nachvollziehbaren Gründen hervorheben: Das ist die seit Jahren sehr enge Zusammenarbeit zwischen der Polizei und dem Mitteldeutschen Basketball-Club in meiner Heimatstadt Weißenfels. Dort gehen nämlich Spieler gemeinsam mit Polizeibeamten in Schulen. Es ist natürlich etwas anderes, ob ein Polizist oder ein Lehrer einem Schüler sagt, dass er die Finger von Drogen lassen soll, oder ob ihnen ein - ich sage es einmal etwas flapsig - cooler zwei Meter großer Ami sagt: Lasst eure Pfoten von Drogen; das mache ich auch nicht! - Das ist wahrscheinlich glaubhafter und deswegen an der Stelle auch sehr erfolgreich.
Meine Damen, meine Herren! Die Bekämpfung der Drogenkriminalität bedeutet das Bohren dicken Bretter. Repression und Prävention sind an der Stelle die zwei Seiten einer Medaille.
Um eine Aussage zum Schluss will ich mich nicht herumdrücken, nämlich die Frage: Wie stehe ich zur Legalisierung von Drogen?
Ich halte die Legalisierung von Drogen für den falschen Weg. Schon mit einer Unterscheidung von weichen und harten Drogen habe ich meine Probleme; denn alle Drogen sind gesundheitsgefährdend und Cannabis - das kommt noch hinzu - ist auch eine Einstiegsdroge. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Erben. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sprechen jetzt Frau Lüddemann und Herr Striegel. Bitte, Frau Abgeordnete.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Es ist schon faszinierend, welche Fantasie sich in den Köpfen verbreitet und wie es die Gemüter erhitzt, sobald das Thema Cannabis auf die Tagesordnung kommt.
„Wer den freien Genuss von Cannabis befürwortet, nimmt in verantwortungsloser Weise den Tod von Tausenden jungen Menschen in Kauf.“
Ich finde, besser kann man das nicht zusammenfassen in einem so kurzen Satz; mehr Hysterie und Desinformation gehen schlicht und ergreifend nicht.
Das Problem, liebe Kolleginnen und Kollegen, liegt doch an ganz anderer Stelle. Schauen wir uns die Große Anfrage an. - Ja, es gibt einzelne tragische Todesfälle im Zusammenhang mit Cannabis. Ich würde gern einmal wissen, Herr Minister, an welcher Stelle Sie diese Zahlen ermittelt haben; denn selbst die aktuelle Ausgabe der „Apotheken Umschau“ kommt zu dem Ergebnis, dass es schlicht und ergreifend unmöglich ist, sich mit Cannabis zu Tode zu bringen;
Sehr schön verdeutlicht die Sachlichkeit der bundesrepublikanischen Diskussion auch Günther Beckstein, der feststellt:
Diese wunderbare Tautologie wird leider auch ganz aktuell von der Bundesbeauftragten für Drogen fortgeführt, die dafür folgende Worte wählt und die in der Ausgabe der „Zeit“, die Kollegin GrimmBenne schon erwähnte, mit den folgenden Worten zitiert wird:
„Cannabis, betont Marlene Mortler, sei im Gegensatz zu Alkohol oder Tabak traditionell verboten, deswegen solle es auch dabei bleiben.“
Wie rückwärtsgewandt muss man sein, wenn der einzige Grund, um ein Verbot aufrechtzuerhalten, die Tradition ist?
Der Ideologieverdacht, der ja oft gegen die Linke - hier meine ich nicht die Kollegen von der entsprechenden Partei, sondern insgesamt die Linke - ausgesprochen wird, liegt im Feld Drogenpolitik wohl eindeutig im konservativen Lager. Das - das muss man in dem Zusammenhang auch sagen - reiht sich ja ein: die Pille danach, das Adoptionsrecht für homosexuelle Paare und eben Cannabis.
Immer wieder werden krude Argumente bemüht, die keine fachliche Grundlage haben und nur dazu dienen, einen konservativen Wertebezug zu verteidigen.
Wenn wir zum Beispiel betrachten würden, was Alkohol im Straßenverkehr, bei Familienstreitigkeiten etc. anrichtet, wie gewaltfördernd er etwa in Stadien und an anderen Stellen wirkt, dann würde die Redezeit in diesem Hohen Hause überhaupt nicht reichen.
Zumindest in Sachen Cannabis ist man diesbezüglich weiter. In Spanien dürfen Erwachsene in Cannabis-Klubs selbst Hanf anbauen. In Uruguay kann man daheim Hanfpflanzen züchten; man muss sich nur registrieren lassen. Gras gibt es dort frei verkäuflich in der Apotheke, ebenso in Kalifornien. In Holland - das ist bekannt - können Erwachsene über 18 Jahre bis zu 5 g in Coffeeshops erwerben.
Selbst im Mutterland der Prohibition, den USA, schwenken inzwischen immer mehr Bundesstaaten auf einen liberalen Weg um. In Alaska, Oregon, Colorado und Washington sind Besitz und Verkauf von Cannabis inzwischen erlaubt.
Ein reglementierter Markt für Cannabis ist aus sucht- und gesundheitspolitischen Gründen zwingend geboten; denn nur wenn der Handel nicht mehr über Dealer läuft, kann die Qualität kontrolliert werden.
Und - hierbei bin ich dezidiert anderer Meinung als die SPD -: Ohne Dealer fällt auch das Argument, Cannabis wäre eine Einstiegsdroge, Herr Kollege Erben, völlig weg.