Protokoll der Sitzung vom 26.02.2015

Fazit: Unser Standpunkt, dass es mit dem Grundstücksverkehrsgesetz weit mehr Möglichkeiten gab, als Sie, Herr Minister, uns immer weismachen wollten, hat sich bestätigt. Statt den Ordnungsbehörden in den Landkreisen klare Entscheidungskriterien vorzugeben und ihnen zu gestatten oder sie zu ermuntern, diesen Rechtsrahmen auszuschöpfen, geben Sie ein weiteres Gutachten zur Problemstellung von Anteilsverkäufen in Auftrag.

Nun liegt es mit einem Ergebnis vor, das wir eigentlich schon vor zwei Jahren hatten. Wieder kam es zu Zeitverlust. Nun machen Sie sich daran, schinden Zeit und erarbeiten agrarstrukturelle Leitlinien und ein Agrarstrukturgesetz. Noch liegen uns die Entwürfe hierzu noch nicht vor. Wenn es hilft, dann ist es gut. Die Frage wird nur sein, was darin stehen wird.

Auch möchte ich Ihren Fleiß nicht bremsen, aber man kann das eine tun, ohne das andere zu vernachlässigen.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren! Noch ein Wort zur Tierhaltung. Nutztiere haben nicht nur einen wichtigen Platz in der Landwirtschaft und im landwirtschaftlichen Wirtschaftskreislauf; sie sind auch Voraussetzung, um im ländlichen Raum Wertschöpfung und damit den Menschen in unseren Dörfern Arbeit und Auskommen zu ermöglichen. Damit bilden sie eine Voraussetzung, um auch die Daseinsvorsorge im ländlichen Raum finanzieren zu können. Die regionale Verteilung der Tierproduktion und der Tierverarbeitung sind daher konsequent in den Mittelpunkt agrarstruktureller Fragen zu stellen.

In den jetzt stattfindenden Kreisbauernverbandstagungen ist zu der am 1. April 2015 auslaufenden Milchquote immer wieder kritisch Stellung bezogen worden. Die Mehrzahl der Bauern spricht von einer Entlassung in die pure Marktwirtschaft.

Die Mehrzahl der regierungsverantwortlichen Politiker verweist auf unternehmerische Eigenverantwortung. Die Spreu werde sich vom Weizen trennen, die Milch werde zum besten Wirt wandern; hier und da werde es auch zur Aufgabe der Milchproduktion kommen, ist zu lesen und zu hören. Was aus der Sicht dieser Politiker so einfach erscheint, bringt viele Milchbauern zur Weißglut.

Auf dem vor zwei Tagen in Karow durchgeführten Milchforum des Bundesverbandes Deutscher Milchproduzenten habe ich mich davon überzeugen können: Die Landwirte, auch Teilnehmer aus Sachsen-Anhalt, haben deutlich gemacht, dass sie von der Politik mehr erwarten als nur einen Hinweis auf die Selbstheilungskräfte des Marktes.

Intensiv sind wir dabei, über manch unhaltbare Zustände in der Schweinehaltung zu diskutieren und verbinden diese Diskussion mit Tierbestandsobergrenzen, mit Fragen des Tierschutzes, mit regionaler Bodengebundenheit usw. Das ist auch gut so.

Jetzt dürfen wir allerdings nicht den Anschluss bei den Milchbauern verpassen. Diese schauen ihrer neuen Marktfreiheit jedenfalls mit gemischten Gefühlen entgegen. Ich hoffe, die Regierung wartet nicht nur ab, sondern macht sich über die dann neue Situation und über die Auswirkungen auf unsere Agrarstruktur Gedanken.

Seitens der Milchproduzenten gibt es ein Angebot an die Politik zur Verbesserung der Marktposition der Milchbauern gegenüber Molkereien und Handel.

Herr Minister, ich hoffe, dieses Angebot wird von Ihnen ernst genommen. Sie wissen wie ich, es geht nicht nur um die Milch schlechthin, sondern um den Bereich in der Landwirtschaft, der die meisten Arbeitsplätze vorhält und auch die höchste Wertschöpfung realisiert.

(Beifall bei der LINKEN)

Es geht darum, die Potenziale des ländlichen Raums nachhaltig nutzbar zu machen, letztlich auch für die Menschen, die dort leben. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön, Kollege Krause. - Als Nächste spricht für die Fraktion der SPD deren Vorsitzende Abgeordnete Frau Budde.

(Frau Budde, SPD, begibt sich humpelnd zum Rednerpult)

Nein, die SPD geht nicht an Krücken. Wir schaffen kurze Wege auch schon wieder ohne.

Meine Damen und Herren! Die Alten unter uns - damit meine ich nicht die an Jahren Alten, sondern diejenigen, die schon sehr lange Mitglied dieses Landtages sind - wissen es vielleicht noch bzw. können sich noch daran erinnern, dass wir uns, als wir das erste Mal über das Landesentwicklungs- und Raumordnungsgesetz gestritten haben, schwer damit getan haben, darin aufzunehmen, dass der überwiegende Teil Sachsen

Anhalts ländliche Räume sind. Jeder wollte damals Verdichtungsraum sein. Wir haben sogar einige Kreativität aufgebracht, um irgendwelche Zwischenformulierungen zu finden.

Dabei machen doch die ländlichen Räume, natürlich neben den Städten, den Reiz Sachsen-Anhalts aus. Es wäre zu schade, wenn wir diese ländlichen Räume nicht hätten und nicht entwickeln könnten.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Ja, die Landwirtschaft mit all ihren Bereichen, wie Pflanzenproduktion, Viehzucht, Energiewirtschaft, aber auch mit all ihren Verarbeitungsformen, vom kleinen Direktvermarkter oder regionalen Vermarkter, über Nischenproduzenten bis hin zur bei uns im großen Umfang auch vorhandenen industriellen Ernährungswirtschaft, ist tragende Säule der ländlichen Entwicklung.

Wir können auch zu Recht und mit Stolz feststellen, dass sich die Landwirtschaft in unserem Land wirtschaftlich alles in allem sehr erfolgreich entwickelt hat. Diese Feststellung stützt sich vor allem auf im Deutschlandvergleich gute und sehr gute Betriebsergebnisse. Das ist dabei das Entscheidende. Natürlich haben wir dafür auch positive Ausgangssituationen: Wir haben günstige natürliche Voraussetzungen. Wir haben wettbewerbsfähige Strukturen.

Wenn Ökonomen und Betriebswirte immer wieder feststellen und herausstellen, dass die Umstrukturierung der Landwirtschaft in Ostdeutschland nach der Wende deutlich besser gelaufen ist als in weiten Teilen der Industrie, dann kann ich, als jemand der sich in den ersten Jahren nach der Wende verstärkt mit Wirtschaftspolitik und mit der Umgestaltung beschäftigt hat, nur sagen: Das stimmt.

Dieser Umgestaltungsprozess ist in der Landwirtschaft deutlich besser vonstatten gegangen. Zudem ist dabei wesentlich mehr erhalten geblieben und es sind gute Strukturen entstanden.

Dabei darf man nicht immer auf die großen Betriebsgrößen schimpfen; denn auch schon vor 1945 gab es in diesem Landstrich Unternehmen mit deutlich größeren Betriebsgrößen im landwirtschaftlichen Bereich, als es sie in den westlichen Bereichen der heutigen Bundesrepublik gegeben hat. Das heißt, wir waren in diesem Bereich schon immer anders aufgestellt.

Natürlich darf man die Augen trotzdem nicht davor verschließen, dass es Unzulänglichkeiten und auch Defizite gibt.

Womit können wir nicht zufrieden sein? - Zum Beispiel mit der geringen Wertschöpfung je Flächeneinheit. Das hat sich in den letzten Jahren verbessert; die Wertschöpfung hat sich erhöht. Im Bereich der Ernährungswirtschaft ist die Wertschöpfung sogar überproportional gestiegen. Die

ser Bereich hat eine seht gute Entwicklung genommen.

Trotzdem bleiben wir mit dem Niveau insgesamt hinter anderen Bundesländern, in der Regel hinter westlichen Bundesländern zurück. Eine Ursache dafür ist die geringe Viehdichte im Land. Diese wirkt sich bei der Generierung von Wertschöpfung elementar aus. An dieser Stelle liegt es auch an uns, etwas zu entwickeln und zu verbessern.

Im Koalitionsvertrag von 2011 haben wir uns zu einer Erhöhung der Viehdichte bekannt. Wir haben aber gleichzeitig darauf hingewiesen, dass die Akzeptanz in der Bevölkerung für die Tierhaltung eine wichtige Voraussetzung für den Ausbau der Veredelungswirtschaft ist. Auch hierbei gibt es ohne Zweifel Verbesserungsmöglichkeiten.

Trotzdem werden wir gegenwärtig wieder vermehrt mit Bildern von schlimmen Zuständen in einzelnen - ich sage ausdrücklich: einzelnen - Tierhaltungsanlagen konfrontiert. Das konsequente Vorgehen unserer Behörden unterstützen wir vorbehaltlos. Das ist dabei extrem wichtig.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU)

Herr Krause, ich will nicht sagen, wo der Landrat, der schon im Vorfeld hätte reagieren können, vorher beheimatet war.

(Herr Leimbach, CDU: Politisch!)

Also, wenn das konsequente linke Politik gewesen wäre, dann hätte nicht erst ein Landrat der SPD kommen müssen, damit die Zustände vorbehaltlos hätten in Angriff genommen werden können.

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und von Minister Herrn Dr. Aeikens)

Trotzdem ist es so. Es ist richtig, dass Bilder über diese Tierhaltung und die Frage des Tierwohls insgesamt mehr in das Blickfeld einer auch zunehmend kritisch werdenden Öffentlichkeit rücken.

Was ist unsere Aufgabe dabei? - Unsere Aufgabe dabei ist es, nicht hektisch zu reagieren oder nur aufzuschreien. Vielmehr müssen wir auf der Grundlage gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse eine sachliche Debatte darüber führen, wie der Tierschutz und das Tierwohl verbessert werden können. Dabei dürfen wir die Begrifflichkeiten nicht ständig durcheinanderbringen. Das ist für Nicht-Fachpolitikerinnen und Nicht-Fachpolitiker gar nicht so einfach; das gebe ich gern zu.

Das Stichwort Iden, das bereits gefallen ist, ist für mich ein elementares Stichwort. Wir haben dort bereits einige Erfolge auch gemeinsam auf den Weg gebracht, unter anderem bei dem Thema Rinderzucht. Auch in vielen anderen Bereichen - Herr Minister hat es ausgeführt -, wie beim Thema Tierhaltung und Entwicklung und auch im

Hinblick auf die wissenschaftliche Forschung und auf das Voranbringen dieser Themen, haben wir Etliches erreicht. Aber ich glaube, das ist noch deutlich ausbaufähig.

Das ist ein Punkt, an dem die Koalition bisher weit hinter dem zurückgeblieben ist, was sie sich vorgenommen hat. Das heißt, auch wir als Parlamentarier - natürlich geht es dabei auch um Personal und Geld, Herr Minister - müssen uns persönlich an das Revers greifen und sagen: Es gibt noch deutliche Reserven. Da geht noch was! Das gilt sowohl beim Thema Schweinezucht, wenn man sie auf sachlich begründeter Grundlage betreiben - ich nenne das Stichwort Tierwohl - und sie in vernünftige Haltungsformen bringen möchte, als auch zum Beispiel beim Thema gründlandbezogene Tierhaltung. In diesen Bereichen sind wir bei der wissenschaftlichen Begleitung abgebrochen.

Entwicklungen in diesem Bereich sollten wir uns für den kürzeren und auch für den längeren Zeithorizont nicht nur vornehmen, sondern auch umsetzen; denn ich glaube, dass das elementar wichtig ist.

(Beifall bei der SPD)

Ja, diese Erkenntnisse müssen sowohl in bundesrechtliche Regelungen als auch in die Grundsätze der Förderung einfließen; denn man kann die Entwicklung in der Tierhaltung und in der Tierverarbeitung auch anreizen, indem man gute Förderansätze wählt.

Außerdem brauchen wir eine aufgeklärte Debatte über den Tierschutz sowie über die notwendigen und sinnvollen Veränderungen in der Nutztierhaltung. Wenn wir das Tierwohl in unseren Ställen verbessern wollen, dann müssen wir uns auch darüber verständigen, wie die Herangehensweise dafür aussehen soll. Wir können nicht nur sagen, dass wir das tun wollen, sondern wir müssen auch sagen, wie wir es umsetzen wollen. Das gilt für die kleinen Betriebe ebenso wie für die großen Betriebe; es gibt sämtliche Betriebsformen in SachsenAnhalt.

Wir als SPD-Fraktion haben uns im Rahmen eines Werkstattgespräches mit diesem Thema explizit beschäftigt. Im Ergebnis haben wir als Basis für unsere Herangehensweise sechs Punkte herausgearbeitet, die ich benennen möchte.

Dabei ist herausgekommen - zu Recht -, dass das Thema vom Tier her gedacht werden muss, dass die Tierhaltungsmethoden die körperlichen Funktionen der Tiere nicht beeinträchtigen dürfen, dass die Anpassungsfähigkeit der Tiere nicht überfordert werden darf, dass Verhaltensmuster der Tiere nicht eingeschränkt werden dürfen, dass Haltungsverfahren nur so gut sind, wie sie der Tierhalter betreibt, und dass das Management in der modernen Tierhaltung besonders wichtig ist.

Aber wir dürfen diese Appelle nicht nur an die Viehhalterinnen und Viehhalter richten. Denn das sind Aufgabenstellungen für die gesamte Gesellschaft; sie richten sich sowohl an die Politik und die Wissenschaft als auch an die Verbraucher und an die Landwirtschaft.

(Zustimmung bei der SPD und von Herrn Leimbach, CDU)