Protokoll der Sitzung vom 26.02.2015

Es lohnt sich, darauf im letzten Jahr das Augenmerk zu legen und sehr viel Kraft darin zu investieren, sodass diese Koalition mit einem guten Ergebnis aus dieser Legislaturperiode herausgehen kann. Ich freue mich auf unsere Zusammenarbeit.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Danke schön, Kollegin Budde. - Als Nächste spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Abgeordnete Frederking.

Zuvor dürfen wir weitere Gäste im Haus begrüßen. Wir heißen Schülerinnen und Schüler der Seelandschule aus Nachterstedt willkommen.

(Beifall im ganzen Hause)

Sie erleben gerade die Aussprache zur Regierungserklärung des Ministers für Landwirtschaft und Umwelt.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Es ist völlig klar - darin sind wir uns alle einig -, dass der Boden in die Hände derjenigen gehört, die ihn direkt bewirtschaften. Außerlandwirtschaftliche Investoren haben keinen Bezug zu dieser existenziellen Produktionsgrundlage und werden alles versuchen, um sich die Vorteile dieser Kapitalanlage zu sichern.

Heute bezahlen sie viel Geld und tätigen Anteilskäufe bei Genossenschaften und Gesellschaften

mit beschränkter Haftung, damit Vorbehalte für Kaufgenehmigungen, wie es heute im Grundstücksverkehrsgesetz für Grundstückskäufe vorgesehen ist, eben nicht greifen und sie konkurrenzlos kaufen und die Landwirte vor Ort durch ihre großzügigen Kaufgebote ausstechen können.

Mit dem angekündigten Agrarstrukturgesetz soll diese Gesetzeslücke geschlossen werden und sollen auch die Anteilskäufe unter einen Genehmigungsvorbehalt gestellt werden. Das soll gleichzeitig eine preissenkende Wirkung entfalten, wenn bestimmte Akteure nicht mehr mitbieten können.

Wir würden die Lösung des Problems als gut bewerten, wenn das Gesetz endlich einmal auf den Weg gebracht werden würde.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Krause hat es ausgeführt, es dauert schon sehr lange - unserer Meinung nach viel zu lange.

Wenn das Gesetz auf den Weg gebracht wird, dann bitte nicht im stillen Kämmerlein der Arbeitsgruppe Bodenmarkt und der Verwaltungsjuristinnen im Ministerium. Es müssen Leute ran, die etwas vom Gesellschaftsrecht verstehen und die die Erkenntnisse aus den zwei Gutachten für die Formulierung des Gesetzentwurfs richtig nutzen können.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Die Versagensgründe bei den Anteilskäufen müssen zielgenau sein und dürfen zum Beispiel nicht auf einmal Genossenschaftlerinnen und Gesellschafterinnen ausschließen. Der heutige Ausschluss dieser natürlichen Personen bei den Bodenkäufen muss im neuen Agrarstrukturgesetz endlich korrigiert werden.

Das Gesetz muss sich auch der Frage des Größenwachstums annehmen. Wir fordern eine breite Diskussion mit der Politik und mit den berufsständischen Vertretungen über die Ziele des Gesetzes und über das landwirtschaftliche Leitbild. Es muss darum gehen, erstens außerlandwirtschaftliches Kapital vom Bodenmarkt fernzuhalten und zweitens das Wachstum von Unternehmen zu begrenzen.

Aus unserer Sicht ist das Eigentum breit zu streuen, damit mehr Menschen in den Dörfern leben können und damit die Lebendigkeit und Funktionsfähigkeit der ländlichen Räume sichergestellt wird.

Wir brauchen Vielfalt statt Konzentration durch Großagrarier. Genau darüber müssen wir uns im Leitbild verständigen.

Erschwingliche Preise für Boden als Zukunftsgarant für eine starke Landwirtschaft sind das eine. Das andere ist, dass die Böden intakt und gesund bleiben. Unsere Forderung lautet, mehr Futter

mittel von den eigenen Flächen. Mit heimischen Leguminosen können wir die Eiweißversorgung sicherstellen. Sie tragen zur Bodenfruchtbarkeit und zum Erhalt der Artenvielfalt bei.

Die Bodengebundenheit muss auch bei der Ausbringung von organischem Dünger zum Tragen kommen. Die Düngung muss der Versorgung von Pflanzen dienen und nicht der Entsorgung von tierischen Hinterlassenschaften. Daran muss sich auch die Novellierung der Düngeverordnung orientieren. Auch wenn Sachsen-Anhalt nicht die Nitratprobleme wie zum Beispiel Niedersachsen oder Nordrhein-Westfalen hat, darf das Thema hier nicht lax behandelt werden. Wir wissen, dass auch in Sachsen-Anhalt die Messwerte bei 20 % der Grundwassermessstellen über den Grenzwerten liegen.

Herr Aeikens, eine Aufweichung der Düngeverordnung und Öffnung für länderspezifische Regelungen darf es nicht geben. Stehen Sie bitte Seite an Seite mit den Landwirtschaftsministerien aus Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen und kämpfen Sie für einheitliche Regelungen!

Das erwarten wir auch beim Thema Gentechnik: keine länderspezifischen Regelungen, sondern ausschließlich bundesweite Anbauverbote.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Die Landwirtschaft muss ins Dorf passen. Für uns gilt das auch für die Tierhaltung. Ein Schweinestall mit 60 000 Tieren gehört eher in ein Industriegebiet als in ein Dorf. Eigentlich gehört er aber nirgendwo hin; denn es ist nahezu unmöglich, in einem Stall dieser Größe eine gesetzeskonforme Tierhaltung zu betreiben. Das hat die Praxis gezeigt. Die Ställe in Gladau und Großkayna sind keine Einzelfälle. Das ist ein systemisches Problem.

Die Glaubwürdigkeit staatlichen Handelns, die Sie, Herr Aeikens, gewahrt sehen wollen, ist beim Tierschutz schon längst verspielt worden.

(Beifall bei den GRÜNEN - Herr Borgwardt, CDU: Oh!)

Die Praxis hat gezeigt, dass bei Anlagen ab einer bestimmten Größe das Management einfach nicht mehr funktioniert. Aus diesem Grund erwarten wir bei der Diskussion über Bestandsobergrenzen eine größere Offenheit von der Landesregierung. Es müssen Änderungen für mehr Tierwohl auf den Weg gebracht werden, wie wir es in der letzten Landtagssitzung schon angesprochen haben.

Wir brauchen keine wissenschaftlich belegten Erkenntnisse, um bestimmtes Tierleid sofort zu beenden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Auch heute frage ich Sie wieder, Herr Aeikens: Haben Sie Ihren Auftrag zur Verbreiterung der Kastenstände vom Juli 2014 auf den Weg gebracht?

Viele praxistaugliche Lösungen gibt es bereits. Man muss nur in die Nachbarländer schauen. Daher: Wir können jetzt schon etwas tun. Wir müssen nicht warten. Wir können uns jetzt schon für den Tierschutz einsetzen und das schlimmste Tierleid sofort beenden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Einen Satz noch zu den Erzeugerpreisen: Landwirtschaft kann nur existieren, wenn auskömmliche Erzeugerpreise erzielt werden. Milchpreise unter 30 Cent pro Kilogramm sind für die Milchviehhalter existenzbedrohend. Auch hierbei besteht dringender Handlungsbedarf.

Herr Minister Aeikens, ich fordere Sie auf, setzen Sie sich für ein effektives Krisenmanagement ein und bringen Sie dazu auch die Vorschläge des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter ein! Sonst verlieren wir Betriebe, und das kann nicht gewollt sein.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Kollegin Frederking. - Als Nächster spricht in der Aussprache zur Regierungserklärung Herr Abgeordneter Daldrup von der CDU.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kollegen und Kolleginnen! Die Überschrift der heutigen Regierungserklärung heißt: Verantwortung für eine zukunftsfähige Landwirtschaft.

(Herr Czeke, DIE LINKE: Zukunftssicher!)

Das Wort „Verantwortung“ kommt also darin vor. Verantwortung ist, glaube ich, das Schlüsselwort für die Zukunft. Verantwortung heißt, einen kritischen Blick zurück und den gestaltenden Blick nach vorne zu werfen. Wenn wir den Blick kritisch zurückwerfen und uns anschauen, wie sich die landwirtschaftlichen Betriebe in den Dörfern in den letzten Jahren entwickelt haben, dann müssen wir feststellen, dass sie auf der einen Seite eine sehr gute Agrarstruktur, eine gute Betriebsstruktur und gute Betriebsergebnisse erzielt haben.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Auf der anderen Seite hat es eine Dorfentwicklung gegeben, die mit viel europäischem Geld und mit sehr viel Initiative vor Ort unterstützt worden ist. Wir haben eine gute Infrastruktur. Manchmal ist sie sogar besser als in den alten Bundesländern.

Gleichzeitig müssen wir den Blick nach vorne richten und gucken, was im Moment passiert. Wir stel

len fest, dass immer mehr Wertschöpfung in den Dörfern verloren geht. Wenn wir einmal ein typisches Dorf in Sachsen-Anhalt betrachten, dann müssen wir feststellen, dass vielleicht 40 % der Fläche - ich habe das hier schon öfter gesagt - nicht im Eigentum derjenigen sind, die im Dorf wohnen. Bei einer durchschnittlichen Hektarzahl einer Gemarkung in Sachsen-Anhalt von ungefähr 1 000 ha ist das eine ganze Menge, was über Pachten und dergleichen an Wertschöpfung aus dem Dorf herausgeht.

(Unruhe)

Herr Abgeordneter Daldrup, Augenblick. - Kolleginnen und Kollegen, es ist hier ein Volksgemurmel mit einer Geräuschkulisse, die immer lauter wird. Die Akustik und die Technik geben es einfach nicht her, das durch Hochschrauben des Mikrofonpegels einfach zu überspielen. Ich bitte, das zu beachten.

Ich versuche es noch einmal. Ist es jetzt besser?

(Zuruf von der CDU)

- Das ist klar. - Zumindest denke ich, dass wir das, was wir über die europäischen Programme und über unsere eigenen Initiativen im ländlichen Raum bzw. in den Dörfern geschaffen haben, nicht dadurch zerstören sollten, dass wir sozusagen die Dörfer auf Dauer fremdbestimmt bewirtschaften lassen.

Deswegen sind Grund und Boden ein ganz wichtiger Punkt, an dem wir nicht nur die Frage der Produktionsgrundlagen für die Landwirtschaft betrachten, sondern im Hinblick auf den wir auch eine gesellschaftliche Verantwortung haben. Die gesellschaftliche Verantwortung macht sich daran fest, dass man den Faktor Boden breit verteilt. Breit verteilt heißt auf der einen Seite natürlich, dass man ihn den landwirtschaftlichen Betrieben zur Verfügung stellt.