Protokoll der Sitzung vom 27.02.2015

Vielleicht haben wir einen ähnlichen Sturm im Jahr 2004 erlebt, als das Kinderförderungsgesetz schon einmal novelliert worden ist. Dies geschah mit dem Unterschied, dass wir damals nicht 60 Millionen € drauf gesattelt haben, sondern 80 Millionen DM, also 40 Millionen €, eingespart haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man über dieses Thema redet, dann sind wir in vielen Punkten alle einer Meinung. Es gibt aber auch Unterschiede innerhalb einer Koalition. Es muss erlaubt sein, dass man diese Dinge hier und da benennt. Am Ende sind wir in einer Familie, wenn man eine Regierung trägt, und wir haben dieses Gesetz gemeinsam beschlossen. Dazu stehen wir auch.

Es gehört aber zur Ehrlichkeit dazu, dass wir als Union damals mit Blick auf die Novelle schon gesagt haben, dass es teurer wird und dass wir nicht hoffen, dass uns die Kosten, egal an welcher Stelle, aus dem Ruder laufen.

Sicherlich kann man sagen, dass die Leistungsparameter, die im Gesetz verankert sind, vom Land übernommen werden. Aber eines steht doch wohl fest, meine sehr verehrten Damen und Herren - an dieser Stelle unterscheidet sich unser Ansatz ein wenig -: Wir reden hier im Parlament immer über ganz viele Dinge, über vieles, was bezahlt werden muss, über viele, die Geld brauchen. Aber wir müssen auch über die Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen reden, die sich jeden Tag ihren Wecker stellen, zur Arbeit gehen und das alles bezahlen.

(Beifall bei der CDU - Frau Lüddemann, GRÜNE: Soziale Staffelung der Gebühren!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Den Unmut der Eltern kann man verstehen, aber wir wollen versuchen, heute mit der Debatte, die die LINKE beantragt hat - - Dies verwundert uns nicht; denn sie sind Meister in der Stimmungs- und Panikmache.

(Zustimmung bei der CDU - Lachen bei der LINKEN! - Unruhe)

Wir als Union wollen gemeinsam über die Dinge reden, die verändert werden müssen. Wir wollen über Lösungen für die Menschen in unserem Land reden.

(Zuruf von Herrn Lange, DIE LINKE)

- Ja, Herr Lange, das ist für Sie schwer zu ertragen, aber da müssen Sie heute Morgen durch.

(Zustimmung bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Gründe für die aktuelle Situation sind vielschichtig,

und ich will versuchen, sie der Reihe nach abzuarbeiten. Herr Minister Bischoff hat bereits viele Punkte angesprochen. Ich möchte sie kurz unterstreichen.

Voranstellen möchte ich dabei, dass das Land die Kosten der Leistungsverbesserungen - diese wurden bereits benannt, nämlich die Verbesserung des Personalschlüssels, den Betreuungsanspruch von zehn Stunden, die Elternrechte, die Bildung, also all das, was wir zusätzlich drauf gepackt haben - mit den zusätzlichen 60 Millionen € trägt.

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, vielerorts steigen nun einmal die Personal- und Sachkosten. Aufgrund des Mangels an Erziehern und Erzieherinnen sind freie Träger gezwungen, neben den üblichen Gehaltssteigerungen die Gehälter an das Niveau des öffentlichen Dienstes anzupassen. Der Run auf die Erzieherinnen und Erzieher ist nicht nur bei den freien Trägern zu verzeichnen, sondern auch bei den kommunalen Trägern.

Wenn ich allein meine Heimatstadt Burg betrachte, dann hatten wir vor dieser Novelle in den kommunalen Einrichtungen 100 Erzieher im Kindergarten- und Hortbereich, jetzt haben wir 20 mehr. Wir mussten 20 Erzieher neu einstellen und dies bringt natürlich eine Kostensteigerung mit sich.

Die Sachkosten sind natürlich auch eine Position, die gerade durch die Einführung der Doppik erneut schwerer ins Kontor schlagen. Sie sind in den letzten Jahren erheblich gestiegen und sie müssen jetzt aufgrund der Doppik von der Gemeinde real erfasst werden.

Die Unterschiede, die es vor der Novelle gab, dass also freie Träger keine Abschreibung anerkannt bekamen, sind nun ausgeräumt. Jetzt müssen beide Träger diese Kosten mit in die Kalkulation übernehmen.

Hinzu kommt, dass viele Kommunen seit Jahren keine Anpassung der Elternbeiträge vorgenommen haben, obwohl allein die normalen tariflichen Steigerungen der Personalkosten in den letzten fünf Jahren 10 % betrugen.

Ein weiterer Grund sind die zu groben Staffelungen - darüber haben wir eben auch gesprochen - der Betreuungszeiten in einigen Kommunen. Auch hier gibt es noch entsprechenden Anpassungsbedarf. Es sollte also nicht sein, dass man nur fünf, acht oder zehn Stunden oder gar nur zehn Stunden anbietet. Es muss möglich sein, dass man den Eltern fünf, sechs, sieben, acht, neun oder zehn Stunden anbietet.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei allen Gründen, die nun zu dieser Erhöhung der Kosten der Kinderbetreuung beitragen, müssen wir natür

lich auch betrachten, dass es bei der Umsetzung des Gesetzes auch zu Stolpereien gekommen ist, weswegen wir uns heute das Agieren der kommunalen Spitzenverbände einmal näher anschauen sollten.

Anstatt den Kommunen bei der Umsetzung des Gesetzes Hilfestellungen zu geben, haben sich die kommunalen Spitzenverbände nun einmal leider ausschließlich damit beschäftigt, nicht zu helfen, sondern die Umsetzung des KiFöG in gewissem Maße zum Scheitern zu bringen. Ich erinnere an die vielen Verfassungsbeschwerden und an die hartnäckige Weigerung, an der Erarbeitung des Rahmenvertrages nach § 11a Abs. 5 KiFöG mitzuwirken. Wir hatten bewusst allen Beteiligten ausreichend Vorbereitungszeit eingeräumt. Aber diese Vorbereitungszeit von nunmehr 15 Monaten ist leider verpufft.

Ein derartiges Verhalten von Lobbyverbänden finde ich schon etwas interessant, weil sie eigentlich Lobbyarbeit machen und mithelfen sollen. Aber das ist in diesem Fall leider nicht so umgesetzt worden, wie wir uns das als Parlamentarier gewünscht haben. Das sind, meine sehr verehrten Damen und Herren, nun einmal die Gründe für die Steigerung der Kosten in der Kinderbetreuung.

Lassen Sie mich am Ende meiner Rede auch noch einmal auf einen Punkt eingehen. Es geht um die 50%-Regelung in § 12b KiFöG. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben diesen Paragrafen eingebaut, um die Eltern ein Stück weit schützen zu können. Wir haben gesagt, die Eltern sind maximal mit 50 % zu beteiligen und die Kommunen mit mindestens 50 %.

Wer sich im Lande einmal umschaut, der weiß, dass es auch Kommunen gab, die die Eltern in der Vergangenheit in vollem Umfang beteiligt haben, aber selbst keinen Euro mit hineingelegt haben. Diese Kommunen soll es geben. Es gab auch Kommunen, die nach dieser Regelung gesagt haben, Menschenskinder, wir haben die Eltern bisher mit 70 % beteiligt. Jetzt müssen wir das umkehren. Warum macht ihr das?

Also: Wenn wir bezahlbare Kita-Gebühren haben wollen und als Land diese große Summe, die ich schon vorgetragen habe, hineingeben, dann muss auch klar sein, dass wir bezahlbare Elternbeiträge haben wollen. Deswegen haben wir das gemacht.

(Beifall bei der CDU)

Diese Regelung mit den 50 % haben nun - darüber haben wir auch schon gesprochen - einige Gemeinden genutzt, um unter Verweis auf die Kommunalaufsicht und den Umstand, dass sie sich in der Konsolidierung befinden, den Eltern gegenüber zu behaupten, dass sie aufgrund der Vorgaben des Landes anders als bisher gezwungen seien,

den Eltern 50 % der nicht gedeckten Kosten aufzuerlegen.

Bereits im Gesetzgebungsverfahren waren wir uns mit dem Innenministerium einig, dass dies im Rahmen seiner Kommunalaufsicht keine Kommune, die sich in der Haushaltskonsolidierung befindet, anweisen wird - der Minister hat es damals so gesagt -, in Anwendung des § 12b KiFöG maximal 50 % des Kostenbeitrages zu übernehmen. Nachzulesen ist das in der Niederschrift über die Sitzung des Ausschusses für Arbeit und Soziales des Landtages vom 22. Mai 2013.

(Zuruf von Frau Dirlich, DIE LINKE)

Minister Stahlknecht hat in seiner Pressemitteilung vom 24. Februar klipp und klar erklärt, dass weder aus dem Ministerium für Inneres und Sport noch aus dem Landesverwaltungsamt ein Erlass oder eine verbindliche Anweisung ergangen sei, die die im KiFöG genannte Obergrenze für Kita-Beiträge zur Pflicht erhoben hätte.

(Zuruf von der LINKEN)

Er appellierte ausdrücklich an die Kommunen, die Beiträge mit Augenmaß zu erhöhen und vorhandene Spielräume, über die wir eben auch schon gesprochen haben - ich werde vielleicht auch noch zwei nennen -, beispielsweise durch eine Staffelung der Beiträge auszunutzen.

Es gäbe also Vielzahl von Möglichkeiten, um den Haushalt einer Gemeinden zu konsolidieren, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das will das Innenministerium gemeinsam mit dem Städte- und Gemeindebund und den Ministerien erörtern, um solche Möglichkeiten einvernehmlich auszuloten; denn eine Verdoppelung der Elternbeiträge im Rahmen der Haushaltskonsolidierung stünde dieser Sozialverträglichkeit im wahrsten Sinne des Wortes entgegen.

(Beifall bei der CDU)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Pressekonferenz am Mittwoch, dem 25. Februar, erklärte Kollege Gallert unter der Voraussetzung, dass seine Aussage in der Agenturmeldung zutreffend wiedergegeben worden ist, dass der Vorschlag der Landeselternvertretung, die Kostenbeteiligung der Eltern bei 40 % anstatt 50 % zu deckeln, eine Option sei, über die wir ernsthaft diskutieren müssen.

Nun denke ich, dass dieses Argument mit den Ausführungen zum Innenministerium widerlegt worden sein müsste; denn ich glaube, dass wir den Eltern auch ohne eine Änderung des Kinderförderungsgesetzes am Ende weiterhin sozialverträgliche Beiträge auferlegen können.

Wir hätten gern, meine sehr verehrten Damen und Herren, das alte KiFöG behalten. Das können Sie

sich denken. Wenn wir im Jahr 2016 erneut in der Verantwortung stehen sollten, dann werden wir auch dafür sorgen, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass wir den Eltern, die jeden Tag früh aufstehen und zur Arbeit gehen, eine Entlastung von ihrer Kita-Gebühr anbieten können, auch wenn wir dafür vielleicht an anderer Stelle wieder beschneiden müssen.

Aber ich denke,

(Frau Hohmann, DIE LINKE, lacht)

es gehört mit dazu, dass man am Ende darauf hinweist.

(Zustimmung bei der CDU)

Ich hoffe, dass meine Argumente, meine sehr verehrten Damen und Herren, dazu beitragen, dass es in der Debatte zu einer gewissen Befriedung kommt, dass die hitzige Diskussion jetzt ein wenig abkühlt und dass wir zu Lösungen kommen, um am Ende weiterhin ein gutes und in qualitativer Hinsicht mit das beste Kinderbetreuungsgesetz, das wir in Sachsen-Anhalt und in Deutschland haben, anbieten zu können, das wir auch weiterhin bezahlen können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich danke. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Kollege Kurze, es gibt zwei Nachfragen. Möchten Sie die beantworten?

(Herr Kurze, CDU: Nein!)