Protokoll der Sitzung vom 23.04.2015

(Herr Kolze, CDU: Solange das Rechtsver- fahren läuft!)

- Solange das Rechtsverfahren läuft. Und wenn das noch über 20 Jahre läuft, dann ist die Verjährungsfrist von 30 Jahren erreicht. Das haben wir alles schon gehabt, Herr Kolze. Darüber will ich mich mit Ihnen nicht weiter streiten. Ich könnte dazu noch eine Menge sagen.

Kollege Grünert, möchten Sie eine Anfrage der Kollegin Schindler beantworten?

Zum Schluss, Herr Präsident. - Noch eine letzte Bemerkung. Wir werden genau beobachten, zu welchen Einnahmen diese Beitragserhebung führt und inwieweit sich diese Einnahmen gebührensenkend niederschlagen. Sie müssen mir dann später einmal erklären, wie diese Beiträge nachträglich, und zwar für insgesamt 14 Jahre, zu einer Gebührensenkung führen. Das können Sie nicht erklären. Deswegen ist die Frage der Grundsätze des Kommunalabgabengesetzes nach wie vor eine offene Frage, die behandelt werden muss, damit wir Rechtssicherheit herstellen können.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Kollegin Schindler, bitte.

Herr Grünert, ich habe es zitiert: Am 15. April 2015 hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden. Sind Sie der Auffassung, dass die Aussage, dass die Beiträge auf der Grundlage des Gesetzes rechtmäßig erhoben werden können, stimmt und dass diese Entscheidung auch auf Sachsen-Anhalt übertragbar ist?

Gewissermaßen bin ich dieser Auffassung nicht. Ich kann Ihnen auch sagen, warum nicht: weil das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung

auf das Kommunalabgabengesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern abstellt. MecklenburgVorpommern hat in seinem Kommunalabgabengesetz die Regelung, dass der Beitragsgebührenzahler bis zum Jahr 2008 wusste - damals gab es die Festlegung in dem Gesetz -, dass er mit einer Belastung zu rechnen hat. Das ist eine andere Maßgabe, als wir sie im Kommunalabgabengesetz Sachsen-Anhalt hatten.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Wir hatten diese Frage offen gelassen, aufgrund des ersten und zweiten Heilungsgesetzes, weil ja alles in Stein gemeißelt war, Herr Kolze.

Ich habe eine Nachfrage dazu. Sie wissen, dass Verbände und Aufgabenträger im Land Herstellungsbeiträge II auch vor dem Jahr 2014 auf der Grundlage des Kommunalabgabengesetzes erhoben haben? Zweifeln Sie die Rechtmäßigkeit dieser Beiträge an?

Die zweifele ich insofern nicht an, als die Möglichkeit bestand. Aber es bestand nicht generell die Pflicht für jeden, diese Herstellungsbeiträge, so wie sie mit den Rundverfügungen aus den Jahren 2008 und 2010 letztlich untersetzt worden sind, zu ziehen.

Es ist ein Unterschied, ob ich einen Einnahmebeschaffungsgrundsatz nur in Satz 1 lese oder den Satz 2 anfüge. Genau an der Stelle streite ich mich mit Ihnen inhaltlich, weil nämlich die Frage nach der Einnahmebeschaffung in Satz 2 zwingend voraussetzt, dass ich auf die Wirtschaftskraft der Abgabepflichtigen Rücksicht zu nehmen habe.

Immer dann, wenn eine Gemeinde oder ein Zweckverband für sich entschieden hat, keine Herstellungsbeiträge oder keinen Ausbaubeitrag zu erheben, dann ist das deren gutes Recht auf der Grundlage der kommunalen Selbstverwaltung.

Deswegen habe ich als Letztes in meiner Rede - Sie haben zugehört - auch gesagt, dass dieser Spagat zwischen dem kommunalaufsichtlich garantierten Recht der kommunalen Selbstverwaltung und der betriebswirtschaftlichen Darstellung der öffentlichen Daseinsvorsorge rechtlich sauber geklärt werden muss. Darum geht es mir.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön. - Weitere Nachfragen gibt es nicht. Damit können wir die Aussprache abschließen. Wir treten in das Abstimmungsverfahren zur Drs. 6/3974 ein. Herr Abgeordneter Grünert hat eine Überweisung in die Ausschüsse beantragt, wenn

wir das richtig verfolgt haben. - Ich sehe Zustimmung.

Ich lasse zunächst über die Ausschussüberweisung abstimmen. Wenn dem zugestimmt wurde, dann wird über die Ausschüsse abgestimmt, in die der Antrag überwiesen werden soll. Sollte der Antrag auf Überweisung keine Mehrheit bekommen, dann lasse ich über den Antrag direkt abstimmen.

Wer möchte den Antrag in die Ausschüsse überweisen? - Das sind die Fraktion DIE LINKE und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Möchte sich jemand der Stimme enthalten? - Das tut niemand. Damit ist der Antrag auf Überweisung abgelehnt worden.

Dann lasse ich über den Antrag direkt abstimmen. Wer möchte dem Antrag zustimmen? - Das sind die Antragstellerin und immer mehr Abgeordnete der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Möchte sich jemand der Stimme enthalten? - Das ist nicht der Fall. Der Antrag wurde abgelehnt. Der Tagesordnungspunkt ist abgeschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 14 auf:

Erste Beratung

Kita-Statistik des Statistischen Landesamtes erweitern

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/3975

Die Einbringerin, die Kollegin Hohmann, steht schon am Pult. Sie hat das Wort. Bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um das Anliegen beschreiben zu können, welches wir mit unserem Antrag regeln wollen, braucht man im Grunde nicht viele Worte. Ich denke, dass sich die meisten Kolleginnen und Kollegen an die Aktuelle Debatte zur Entwicklung der Elternbeiträge in der Kinderbetreuung noch gut erinnern werden.

Wir wissen auch alle, dass das Thema Elternbeiträge ein sehr sensibles ist. Um die Situation aber zuverlässig beurteilen zu können, ist eine vernünftige Datenbasis notwendig. Dies hat in der Vergangenheit, also bis zum Inkrafttreten des neuen Kinderförderungsgesetzes am 1. August 2013, ganz gut funktioniert.

Das alte Kinderförderungsgesetz enthielt in § 15 die Regelung, dass die Landesjugendbehörden umfangreiche Daten bei den Trägern der Einrich

tungen erheben durften. Die Resultate sind in die Kita-Statistik des Landes eingeflossen. Diese wurden jährlich vom Landesjugendamt veröffentlicht und stellten aus meiner Sicht eine hervorragende Arbeitsgrundlage dar, insbesondere auch, weil sie Aussagen zum Stand der Elternbeiträge enthielt.

Ich möchte an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen, mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landesjugendamtes ausdrücklich für die über die Jahre hinweg geleistete Arbeit zu bedanken.

(Beifall bei der LINKEN)

Parallel zur landeseigenen Kita-Statistik des Landesjugendamtes bedient das Statistische Landesamt die Jugendhilfestatistik des Bundes auch im Bereich der Kindertagesbetreuung. Dies geschieht auch schon seit mehreren Jahren. Hier werden ebenfalls jährlich die statistischen Berichte veröffentlicht.

Mit dem neuen Kinderförderungsgesetz trat eine Veränderung ein. In § 12 Abs. 1 steht, dass zukünftig die Statistik „Tageseinrichtungen für Kinder und öffentlich geförderte Tagespflege“ des Statistischen Landesamtes genutzt wird.

Gut, kann man sagen, dass über Jahre hinweg zwei statistische Verfahren quasi parallel liefen und sich mit dem neuen Gesetz die Frage stellte, ob man zwei in der Sache ähnliche Statistiken braucht. Wir wissen, dass das Sozialministerium die landeseigene Statistik auch deshalb nicht mehr erstellen lässt, weil die Personalsituation im Landesjugendamt äußerst angespannt ist. Auch dies war auf der Grundlage unseres Antrages schon ein Thema im Landtag.

Obwohl ich mich an die Arbeit mit der alten Statistik gewöhnt hatten, habe ich Verständnis dafür, dass das Land vor diesem Hintergrund versucht, Synergieeffekte zu erschließen.

Sehr geehrte Damen und Herren, bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Auch mit der Veröffentlichung des Statistischen Landesamtes lässt sich gut arbeiten. Ich habe aber kein Verständnis für den Wegfall der Erfassung der Elternbeiträge, obwohl sich dieser rein logisch erklären lässt; denn - das wissen vielleicht die meisten von Ihnen - die Bundesstatistik, der das Statistische Landesamt zuarbeitet, enthält dieses Erhebungsmerkmal schlicht und einfach nicht.

Jetzt könnte man sagen, dass man diesen Umstand nicht ändern kann, weil nicht wir, sondern der Bund die Vorgaben macht. Aber so einfach möchte ich es mir nicht machen. Deshalb liegt heute unser Antrag vor.

Das Land hat jahrelang auf freiwilliger Basis eine eigene Kita-Statistik angefertigt. Es existiert also

ein zuverlässiges Verfahren zur Erhebung der Elternbeiträge, die im Land gezahlt werden. Was spricht also dagegen, ebenfalls freiwillig die Statistik des Landesamtes um diesen Punkt zu erweitern? - Ich denke, nichts.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich als zuständige Fachpolitikerin würde es jedenfalls sehr begrüßen, wenn ich das Ministerium nicht mit Kleinen Anfragen nerven müsste, sondern wenn ich verlässliche Daten vom Land geliefert bekäme. Ich denke, dass meine Kolleginnen und Kollegen das ähnlich sehen. Die Diskussion über die Elternbeiträge hat gezeigt, dass immer dann, wenn es um Finanzen im System der KitaBetreuung geht - -

(Unruhe)

- Ja, ich weiß, dass Statistik zwar ein bisschen langweilig ist. Aber ich denke, die Kitas gehen alle etwas an.

Kollegin Hohmann, halten Sie einen Moment ein. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sollten ihr einfach zuhören.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch wenn es um um Statistik geht, geht es letztlich um Kinder. - Danke.

Danke schön, Herr Präsident. - Die Diskussion zu den Elternbeiträgen hat gezeigt, dass immer dann, wenn es um die Finanzen im System der Kinderbetreuung geht, auf die Evaluierung gemäß § 15 Abs. 2 KiFöG hingewiesen wird. Ich gehe jedoch davon aus, dass der Punkt, um den es heute in unserem Antrag geht, nicht bis Ende 2016 warten kann.

Obwohl unser Antrag ein klassischer Antrag für eine Direktabstimmung ist, würde sich meiner Fraktion auch einer Überweisung in den Sozialausschuss nicht verschließen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)