Protokoll der Sitzung vom 24.04.2015

Wenn hier nicht „Senioren“ gestanden hätte, man hätte es nicht geglaubt.

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

So, Herr Minister.

Jetzt hat er Pluspunkte gesammelt.

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sollen die Lebenslagen von Familien mit besonders schwierigen Problemkonstellationen in den Blick genommen werden, um einen möglichen politischen Handlungsbedarf abschätzen zu können. So hat es Frau Lüddemann eben vorgetragen. Dazu wird eine umfängliche Berichterstattung der Landesregierung gefordert. Ich möchte kurz auf die einzelnen Themen eingehen.

Die personelle Ausstattung der örtlichen öffentlichen Jugendhilfe ist in erster Linie Sache der

Landkreise und kreisfreien Städte. Diese führen die Aufgabe der Jugendhilfe als Angelegenheit des eigenen Wirkungskreises aus. Dem Land stehen die gewünschten Daten nicht zur Verfügung. Es ist aus meiner Sicht vielmehr die Aufgabe der zuständigen Jugendhilfeausschüsse in den Gebietskörperschaften - in denen Sie teilweise vertreten sind -, sich der Problematik einer etwaigen Überlastung der Jugendämter anzunehmen.

(Herr Borgwardt, CDU: Ein sehr kleiner An- teil!)

Hinsichtlich der gewünschten Darstellung von Überlastungsanzeigen und Krankenständen der Mitarbeiterschaft des Allgemeinen Sozialen Dienstes möchte ich darauf hinweisen, dass Daten zu Krankenständen sehr sensibel sind und aus Datenschutzgründen nur unter sehr eingeschränkten Bedingungen erhoben und weitergegeben werden können. Dagegen stehen statistische Daten über Verfahren bei Kindeswohlgefährdungen gemäß § 8a SGB VIII zur Verfügung.

Nach dem am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen Bundes-Kinderschutzgesetz können beim Statistischen Landesamt jederzeit Angaben zu den Meldungen an die Jugendämter abgefragt werden. Ebenso können statistische Zahlen über Schwangerschaften Minderjähriger den Geburtsstatistiken des Statistischen Landesamtes entnommen werden.

So viel kann ich dazu bereits sagen - wenn Sie einmal selbst dort hineinschauen, dann werden Sie es auch sehen -: Seit dem Jahr 2000 hat sich die Zahl der minderjährigen Mütter etwa halbiert. Auch die Zahl der Rat suchenden minderjährigen Schwangeren, die eine Schwangerenberatungsstelle aufsuchen, um eine Konfliktberatung durchzuführen, ist in den letzten Jahren rückläufig.

Der Stand der sexuellen Aufklärung ist dagegen schwerlich zu erfassen, da sich heutzutage Kinder und Jugendliche in der Regel auf allen Portalen im Internet informieren können. Es gibt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und die Schulen, die die wichtigsten staatlichen Akteure bei der Aufklärung sind. Es ist also schwerlich, datenmäßig zu erfassen, wie der Stand ist.

Nach meiner Auffassung ist es auch vorrangig Aufgabe der Eltern, ihre Kinder in sexuellen Fragen aufzuklären, unabhängig von den staatlichen Stellen, von denen dies auch wahrgenommen werden kann.

Bezüglich der Eltern-Kind-Kuren lassen sich konkrete Zahlen in Erfahrung bringen. Diese sagen aber wenig über die familiäre Situation aus.

Hinsichtlich der Suchtproblematik ist eine differenzierte Betrachtung erforderlich. Die vom Land geförderten Suchtberatungsstellen bieten auch Angehörigen suchtkranker Menschen die Möglichkeit,

sich beraten zu lassen. Sie erfassen statistisch, wie viele Klienten mit Kindern gemeinsam in einem Haushalt leben.

Auch sind sich die Beratungsstellen der Problematik des Aufwachsens von Kindern in suchtbelasteten Familien sehr bewusst. Sie arbeiten nach der Handlungsempfehlung zum Beitrag der Kindeswohlsicherung durch Suchtberatungsstellen. Auf diese haben sie sich geeinigt. Gleichwohl handelt es sich bei diesem Beratungsangebot nicht um ein spezielles Hilfesystem für Familien mit einer Suchtproblematik. Auch die Auseinandersetzung mit Familienproblemen steht nicht im Vordergrund.

Ich würde die Schaffung eines gesonderten Hilfesystems auch nicht für zielführend halten; denn Familien mit einer Suchtproblematik haben häufig multiple Problemlagen und sollten dann die entsprechenden Beratungsangebote in Anspruch nehmen. Das haben wir durch das Familienfördergesetz auf den Weg gebracht.

Für den Bereich der erzieherischen Hilfen für Familien mit Suchtproblematik möchte ich dagegen bereits jetzt darauf hinweisen, dass die Jugendhilfestatistik diese Problematik nicht als besonderes Erhebungsmerkmal kennt. Das wird auch nicht erhoben.

Familienurlaub wird durch das Land nicht finanziell unterstützt. Das war ganz am Anfang einmal der Fall. Dagegen werden vonseiten des Landes Familienverbände gefördert, die sich mit Angeboten wie Bildungswochenenden und Bildungsurlauben gezielt an finanzschwache Familien wenden. Es werden Gruppenmaßnahmen durchgeführt, wobei den teilnehmenden Familien aus derselben Region ein Ansprechpartner zur Verfügung gestellt wird, damit auch nach dem Urlaub eine nachhaltige Wirkung des Bildungsangebotes erreicht werden kann.

Zuletzt: Für den Wunsch von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, sich für wöchentliche Besuchsmöglichkeiten minderjähriger Kinder von Strafgefangenen in allen Justizvollzugsanstalten einzusetzen, habe ich Verständnis. Die Stärkung des Familienzusammenhalts und die Bedeutung dieser Besuche für eine gelingende Resozialisierung sind der Landesregierung bekannt; Sie haben selbst eine Einrichtung benannt.

Allerdings gilt es, die Besuchsmodalitäten vor Ort flexibel und im Einklang mit den örtlichen Gegebenheiten durch die Besuchsordnung zu gestalten. Wenn, dann sollten Einzelheiten meines Erachtens im zuständigen Fachausschuss gesondert diskutiert werden.

Insgesamt sind die im Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gestellten Berichtsforderungen sehr komplex. Ich hatte immer gehofft, dass wir mit unseren Berichten alles ausfüllen. Wir haben die Angaben manchmal auch zusammenge

fasst. Wenn wir sie jetzt wieder auseinandernehmen, wird es eine Fülle von mehr Daten geben, wobei ich von Ihnen immer gehört habe, wir brauchen keine Datensammlung, sondern komplexe Systeme. Jetzt läuft es wieder etwas auseinander.

Teilweise sind die gewünschten Daten übrigens auch jedem zugänglich, auch heute. Meines Erachtens bedarf es einer Berichterstattung der Landesregierung nicht.

Die Forderungen bezüglich der Personalsituation der örtlichen Jugendhilfe oder zu den Eltern-KindKuren sind zu wenig auf die Handlungsmöglichkeiten des Landes ausgerichtet. Daher lassen sich meines Erachtens familienpolitische Konzepte daraus nicht ableiten. - Danke schön.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Danke, Herr Minister. - Für die CDU-Fraktion spricht nun Herr Jantos. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die beiden Debattenbeiträge meiner Vorredner haben deutlich gemacht, wie komplex der vorliegende Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist, der sich mit den Lebensfragen von Familien mit besonders schwierigen Problemkonstellationen befasst.

Ich möchte das bisher Vorgetragene nicht noch einmal mit meinen Worten wiederholen, obwohl ich aus meiner ehrenamtlichen Tätigkeit noch einiges beitragen könnte, sondern mich stattdessen mit der Frage befassen, wie wir mit dem berechtigten Anliegen der Antragstellerin angesichts des nahenden Endes dieser Wahlperiode angemessen umgehen.

Ich bin der Antragstellerin dankbar, dass sie sich dieses Themas annimmt. Herr Minister Bischoff hat in seiner Rede deutlich gemacht, welche Schwierigkeiten mit der beantragten Berichterstattung durch die Landesregierung verbunden sind. Die unterschiedlichen Zuständigkeiten für die im Antrag angesprochenen Themenfelder machen eine vollständige Berichterstattung allein durch die Landesregierung unmöglich.

Übrigens: Die These von dem erschöpften Jugendamt kann ich aus Mansfeld-Südharz nicht bestätigen. Ich erlebe dort ein engagiertes, zeitnah handelndes und durch die Mitarbeiter die Aufgaben voll wahrnehmendes Jugendamt.

Angesichts der Bedeutung der Problematik der Lebenslagen der angesprochenen Familien halte ich es für sinnvoll, diesen Antrag in den Ausschuss für Arbeit und Soziales zu überweisen. Dies soll mit dem Ziel erfolgen, die dort angesprochenen

Probleme mit den zuständigen Verwaltungseinheiten, den Vereinen und Verbänden, die die Interessen dieser Menschen vertreten, zu erörtern. Ob dies im Rahmen eines Fachgespräches oder auf anderem Wege geschieht, sollten wir in der nächsten Ausschusssitzung gemeinsam miteinander erörtern. Im Hinblick auf die Vielzahl der im Antrag angesprochenen Themenfelder wird dies vermutlich nicht in einem Gesprächsgang abzuarbeiten sein. Dessen sollten wir uns bewusst sein.

Zu Punkt 2 des Antrages rege ich an, diesen Gesprächsgang gemeinsam mit dem Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung zu führen.

Zur JVA Volkstedt kann ich nur sagen: Jawohl, dort wird beispielgebend gearbeitet. Die sind top, die denken an die Familien und vor allem auch an die Kinder. Leider wird diese positive Justizvollzugsanstalt in absehbarer Zeit abgewickelt.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bitte um Überweisung des Antrages in den Ausschuss für Arbeit und Soziales. - Vielen Dank.

(Zustimmung von Herrn Borgwardt, CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht nun Frau Hohmann. Bitte schön, Frau Kollegin.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordert unter Punkt 1 ihres Antrages im Grunde eine Berichterstattung der Landesregierung zu verschiedenen kommunalen Aufgabenfeldern der Jugendhilfe. Viele der verlangten Informationen sind wichtige Parameter für die Arbeit vor Ort in den Landkreisen. Deshalb wäre es sicherlich bedeutsam, diese Fragen auch dort zu stellen.

Auf Landesebene wird für vieles der Rahmen gesetzt; das ist richtig. So war es uns allen wichtig, die Finanzierung der Beratungsstellen über das Familienfördergesetz des Landes verbindlich zu regeln. Durch die integrierte psychosoziale Beratung kann Betroffenen ganzheitliche Hilfe angeboten werden. Dazu zählt für mich auch die Unterstützung der Familienangehörigen. Um zielgerichtet und wirkungsvoll in den Landkreisen zu arbeiten, ist eine Sozial- und Jugendhilfeplanung Voraussetzung für die Landesförderungen. Beide Konzeptplanungen müssen durch die entsprechenden Gremien in den Kreistagen und kreisfreien Städten diskutiert und verabschiedet werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Viele der von der Antragstellerin geforderten Statistiken können bereits jetzt schon abgerufen werden. So hat das

Müttergenesungswerk eine statistische Auswertung der Beratungsstellen in seinem Verbund für das erste Halbjahr 2014 erstellt. Auch die Daten für Sachsen-Anhalt liegen hier vor.

In Bezug auf die Unterstützung des Landes bei Familienurlaub ist es zutreffend, dass es seit 2010 keine direkte Finanzierung mehr gibt. An deren Stelle greifen nun die Maßnahmen zur Förderung von Familienbildungsangeboten im Land SachsenAnhalt und zur Förderung von Familienbegegnung mit Bildung. Beide familienpolitischen Konzepte sind im Doppelhaushalt 2015/2016 vertitelt; dies hat auch der Minister gesagt.

Über die Inanspruchnahme kann man sich in den Kinder- und Jugendberichten des Landes informieren, dessen neue Fassung leider nach wie vor noch nicht das Licht des Hohen Hauses erblickt hat.

Ich muss auch erwähnen, dass der Landesjugendhilfeausschuss dazu eigens im September 2014 dringend einberufen wurde, um hierzu eine Stellungnahme abgeben zu können. Aber wir stellen fest: Seitdem herrscht Funkstille; von einem Bericht ist weit und breit nichts zu sehen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Den Punkt 2 des Antrages, der sich mit der Besucherregelung von minderjährigen Kindern von Strafgefangenen beschäftigt, können wir unterstützen. Abzuklären wären die Besucherregelungen des Straf- und Jugendstrafvollzuges. Hierbei haben wir es einerseits mit bundesgesetzlichen Regelungen, also dem Strafvollzug, und andererseits mit landesgesetzlichen Regelungen zu tun.

Während in § 54 Abs. 2 des Jugendstrafvollzugsgesetzes Sachsen-Anhalt das Besuchsrecht von Kindern geregelt wird, sieht das Strafvollzugsgesetz diese Möglichkeit explizit nicht vor. Hier ist nur der Hinweis auf eine entsprechende Hausordnung gegeben.

Aus unserer Sicht müsste dies im Ausschuss für Recht und Verfassung geprüft werden. Vielleicht besteht die Möglichkeit, im Rahmen der Diskussion über das Gesetz der Justizvollzugsanstalten hierzu eine Regelung zu finden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Meine Fraktion wird dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zustimmen, auch wenn wir mit der Berichterstattung im Moment keine Verbesserung für Familien in besonderen Lebenslagen erreichen. Nur mit der Berichterstattung können die vorliegenden Ergebnisse - davon bin ich fest überzeugt - Impulse für die Arbeit der Landkreise und kreisfreien Städte sein. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.