Protokoll der Sitzung vom 04.06.2015

Ich will einmal als Beispiel den Erlass für die Landeswälder nennen. Sie haben das schon mehrfach erwähnt, Herr Dr. Aeikens. Ich frage Sie: Warum ist das nicht schon längst erfolgt? - Wenn Sie es jetzt vorhaben, dann sagen Sie uns doch, wann Sie das endlich machen. Das ist doch eine einfache Übung, eine einfache Aufgabe. Seit zehn Jahren steht das im Raum und trotzdem ist bisher nichts erreicht worden. Das wollen wir einfach nicht weiter hinnehmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Ich sage es noch einmal: Das Hohe Haus hat den verfassungsmäßigen Auftrag, die Exekutive zu überwachen, und die Landesregierung hat eine Informationspflicht gegenüber dem Landtag. Um genau diese Kontrollfunktion auszuüben, haben wir diesen Antrag eingebracht. Selbst wenn ein Dissens über den Weg der nationalrechtlichen Sicherung besteht, wenn Sie der Meinung sind, dass Sie mit Ihrer Verord

nung weiterkommen, selbst dann können wir doch davon ausgehen, dass es sinnvoll wäre, die anderen Punkte noch zu beschließen, nämlich diesen Aktionsplan vorzulegen.

In dem Zusammenhang noch etwas, Herr Scharf: Alles, was Sie vorgetragen haben, ist meilenweit von der tatsächlichen Praxis entfernt. Sie reden über Beteiligung der Betroffenen. Da sind wir vollkommen beieinander. Ich finde es auch wichtig, die Betroffenen zu beteiligen.

Aber wenn wir sie beteiligen, dann wollen sie genau wissen, durch welche Maßnahmen sie betroffen werden. Das können wir ihnen in diesem ersten Schritt eben nicht sagen. Wir werden relativ pauschale Regelungen haben, die die Betroffenen überhaupt nicht interessieren werden. Sie werden keine Informationen über ihre Einschränkungen haben.

Genau das wollten wir mit diesem Antrag erreichen: dass wir konkrete, detaillierte Informationen haben, dass Zwischenziele gesetzt werden und wir darüber informiert werden, wie diese Ziele umgesetzt werden sollen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Ich stelle aber fest, dass der vorgelegte Text der Beschlussempfehlung wirklich nur eines belegt: dass in der Koalition keinerlei Bereitschaft vorhanden ist, die Informationen einzufordern und die Überwachungsfunktion auch auszuüben.

Ich denke, man kann es so zusammenfassen: Es ist eine totale Verweigerungshaltung und eine totale Ignoranz gegenüber dem Thema und auch gegenüber den finanziellen Risiken, die im Raum stehen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN)

Ich sage es noch einmal deutlich: Ich kann nicht nachvollziehen, dass die Koalition sich mit den bisher vorliegenden Aussagen zufrieden gibt. Für mich sind die genannten Jahreszahlen und all das, was Herr Dr. Aeikens auch heute wieder vorgetragen hat, nichts als leere Versprechungen, die in dieser Form so nicht eingelöst werden können.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Es ist doch klar: Wir brauchen mehr Geld, um die Managementpläne zu erarbeiten und die Kartierungen durchzuführen. Herr Lüderitz hat gesagt, dass viele neue Leute eingestellt wurden, die auch gute Arbeit leisten. Natürlich ist es so, aber sie werden das Ziel trotzdem nicht erreichen können, wenn die finanziellen Mittel nicht bereitstehen, um die Kartierungen und die Managementpläne und damit die Grundlagen für das weitere Verfahren zu erarbeiten. Trotzdem

heißt die Devise der Landesregierung: weiter so. Wir hätten mit dem Nachtragshaushalt mehr Geld in dieses System hereinbringen und damit auch die Aufgabe erfüllen können.

Trotzdem möchte ich Sie noch einmal fragen: Woher nehmen Sie nach der verheerenden Bilanz der zehn Jahre das Vertrauen in die Regierung, dass sich in Zukunft irgendetwas ändert?

Ich sage es noch einmal: Wir wollten mit diesem Antrag detaillierte Informationen einfordern, wie die Aufgaben erfüllt werden sollen, um letztlich die finanziellen Risiken des Vertragsverletzungsverfahrens zu vermeiden und damit Schaden vom Land abzuwenden, Schaden, der dadurch entsteht, dass wir die Biodiversität nicht adäquat schützen, und ein möglicher finanzieller Schaden, der dadurch entsteht, dass irgendwann einmal Strafzahlungen der EU drohen oder, was noch viel schlimmer wäre, dass die EU andere EU-Mittel sperrt.

Ich finde es sehr schade - das ist mein letzter Satz -, dass Sie das nicht erkennen oder nicht erkennen wollen und so viel wertvolle Zeit verstreichen lassen. Deswegen kommt für meine Fraktion eine Zustimmung zu dieser Beschlussempfehlung nicht in Frage. - Herzlichen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke sehr, Kollege Weihrich. - Für die SPD-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Bergmann. Bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Lieber Kollege Weihrich, ich weiß, dass es müßig ist, immer diesen Streit über verschiedene Dinge wie FFH hier auszufechten, aber wir tun es und machen es auch gern. Sie wissen sicher auch, dass ich das eine oder andere kritisch sehe. Ich sehe das jetzt auch nicht als ein Riesendrama an. Es ist nicht der Weltuntergang. Es ist auch so, dass ich es als ein vernünftiges Ziel ansehe, das Land vor Ausgleichszahlungen zu bewahren. Auf der anderen Seite geht es uns gemeinsam darum, die Landschaft in Sachsen-Anhalt in einem schönen Zustand zu erhalten, so wie es die europäischen Richtlinien fordern.

Wir dürfen aber nicht vergessen, auch wenn es sich wie ein Allgemeinplatz oder eine billige Floskel anhört, dass die Natur auch ohne die Vorschriften der Europäischen Union entstanden ist. Die Europäische Union reagiert auf die Naturlandschaften, die hier vorher entstanden sind. Das ist gut so. Das ist der Weg. Deswegen ist es ja nicht so, dass automatisch alles den Bach herunter geht, wenn noch nicht alles administrativ umgesetzt worden ist.

Kollege Scharf hat angesprochen, dass wir das mit wenig Verwaltung machen wollen. Das ist richtig. Wir müssen aber auch aufpassen, dass wir uns nicht immer dem Primat derer unterwerfen, die meinen, dass alles immer mit noch weniger Leuten geht.

Ich muss an dieser Stelle kritisch sagen, dass bei Greening-Maßnahmen, gerade im Bereich der Landwirtschaft, über die wir schon diskutiert haben, häufig nur die Maßnahmen gefördert werden, die einfach zu kontrollieren sind, um möglichst wenig Verwaltungsaufwand zu haben. Dabei bleiben manche Biotoptypen auf der Strecke. Das hat uns an der einen oder anderen Stelle Frau Professor Tischew schon einmal nahe gebracht.

Darüber müssen wir reden, insbesondere darüber, wie wir damit umgehen wollen und ob wir nicht doch bereit sind, an der einen oder anderen Stelle über Verwaltung nachzudenken. Ich finde gut, dass die Verwaltung im Bereich „Natura 2000“ aufgestockt worden ist.

Jetzt bin ich an dem Punkt, an dem wir uns alle einig sind. Es ist schön, dass es eine junge Truppe im Landesverwaltungsamt gibt, die ordentliche Arbeit leistet. Wir haben seit wenigen Wochen eine begleitende Öffentlichkeitsarbeit. Darüber habe ich mich besonders gefreut. Wir finden auf Facebook neuerdings die Seite „Sachsen-Anhalt ist naturaverbunden“. Wir haben auf dem Sachsen-Anhalt Tag am Stand des Landesverwaltungsamtes ein Quiz zum Thema Natur mitmachen können. Das war den jungen, neu eingestellten Kollegen wichtig.

Ich glaube, es ist schon einmal richtig, dass ein bisschen etwas von dem, was sich da tut, von der Landesverwaltung in die Bevölkerung hineingetragen wird. Dennoch wissen wir, Dietmar Weihrich - darin gebe ich Ihnen völlig Recht -, wir sind nicht da, wo wir schon sein könnten oder sein wollten. Das ist richtig und unstrittig.

Nichtsdestotrotz sind wir auf einem guten Weg. Nächstes Jahr werden wir uns wahrscheinlich etwas umstellen müssen. Auch das hat Jürgen Scharf angesprochen. Die EU ist dabei, ihr Refit für die FFH-Richtlinie und für die Vogelschutzrichtlinie vorzubereiten.

Einem Gespräch vor wenigen Wochen in Brüssel mit Karl Falkenberg, dem Generaldirektor der Generaldirektion Umwelt, war schon deutlich zu entnehmen, dass auch die EU ihre eigenen Richtlinien durchaus kritisch sieht und Fragen stellt wie: Warum schaffen wir mit unseren Richtlinien teilweise Positives, und warum geht es teilweise gar nicht voran? Das müssen wir checken, das müssen wir durchspielen. Wir wollen aber, dass wir in Zukunft noch erfolgreicher im Naturschutz sind. - Das ist eine gute Positionierung, eine gute Aussage.

Ich will in diesem Zusammenhang auch gleich sagen - weil ich hier jetzt die Möglichkeit dazu habe -, in dem Refit oder dem Fitnesscheck etwas Negatives zu sehen und zu glauben, der Naturschutz würde hierdurch im schlimmsten Falle kürzer gemacht, das glaube ich nicht. Ich glaube, gerade Karl Falkenberg steht dafür, dass er wirklich etwas Gutes will.

Er kommt dann beispielsweise mit dem Biber, zu dem er sagt, er ist in vielen europäischen Ländern in einem guten Erhaltungszustand. Wir haben aber auch Tierarten in bestimmten Bereichen - ich denke speziell auch an landwirtschaftliche Bereiche -, wo wir einen eklatanten Rückgang zu verzeichnen haben und die EU-Gesetze nicht greifen.

Da bleibt weiterhin viel Arbeit. Ich hoffe nur, dass wir nicht in die falsche Richtung arbeiten, wenn die EU nächstes Jahr - in der ersten oder spätestens in der zweiten Jahreshälfte werden wir es merken - dann doch einiges wieder revidiert und ändert. Das nur am Rande und zur Aktualität. - Ich bedanke mich für das Zuhören. Bis zum nächsten Mal.

(Zustimmung von Frau Niestädt, SPD)

Danke sehr, Kollege Bergmann. - Damit ist die Aussprache beendet.

Wir stimmen jetzt über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt in der Drs. 6/4093 ab. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Das sind die Oppositionsfraktionen. Damit ist die Beschlussempfehlung angenommen worden. Der Tagesordnungspunkt 13 ist erledigt.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 14 auf:

Beratung

Dem Tierschutz Geltung verschaffen - Beitrag zum Schutz von Nutztieren durch konsequente Kontrollen und qualifiziertes Personal sicherstellen

Antrag Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 6/4052

Alternativantrag Fraktionen CDU und SPD - Drs. 6/4121

Einbringerin des Antrages ist die Abgeordnete Frau Frederking. Bitte sehr.

Sehr geehrte Frau Dr. Paschke! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Tierschutz ist im Grundgesetz als Staatsziel verankert.

Im Tierschutzgesetz ist vorgegeben, dass den Tieren als Mitgeschöpfen artgerechte Haltungsbedingungen gewährt werden müssen, ihre Bedürfnisse berücksichtigt werden müssen,

(Unruhe)

Es ist zu laut!

ihnen dürfen keine Schmerzen, Leiden oder Schäden zugeführt werden.

In der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung sind für viele Tierarten konkrete Haltungsbedingungen vorgegeben. Doch diese rechtlichen Vorgaben müssen auch in der Praxis durchgesetzt werden. Zwei wichtige Voraussetzungen dafür sind: erstens wirksame tierschutzrechtliche Kontrollen und zweitens ausreichend qualifiziertes Personal in den Ställen. Wir meinen, genau an diesen beiden Stellschrauben muss jetzt gedreht werden, um dem Tierschutz Geltung zu verschaffen.

Nun haben uns in der jüngsten Vergangenheit mehrere Skandale zu tierquälerischen Haltungsbedingungen in Schweinehaltungen gezeigt, dass die für die Kontrollen zuständigen Veterinärbehörden allzu oft versagen. Sie decken die Mängel nicht auf. Sie sind nicht in der Lage, den Tierschutz durchzusetzen.

Doch hauptverantwortlich für dieses Versagen ist das Ministerium. In der obersten Behörde für den Tierschutz hat es der Minister versäumt, für eine effektive Behördenstruktur zu sorgen. Es kann nicht sein, dass Tierschutzverstöße nachts von Tierschutzorganisationen festgestellt werden müssen.

(Herr Leimbach, CDU: Ja, illegal!)

Die Tierschutzorganisation ARIWA hat im Februar 2015 gravierendes Tierleid in der Gut Klein Wanzleben Schweinezucht GmbH öffentlich gemacht.