Wir haben aber nach Kenntnis des Berichts aus dem Finanzministerium auch keine Veranlassung, infrage zu stellen, dass eine tatsächliche Verständigung mit der Schlossgruppe Neugattersleben stattgefunden hat. Wir begrüßen die selbstkritische Feststellung des Finanzministeriums, dass Verfahren dieser Art und ihre Entscheidungsgründe künftig unmissverständlich und transparent zu dokumentieren sind.
Das Finanzministerium wird zu den Prüfungsmitteilungen des Landesrechnungshofes Stellung nehmen. Es wäre nicht das erste Mal, dass eine Stellungnahme der geprüften Behörde den Landesrechnungshof zu einer Korrektur seiner vorläufigen Ergebnisse veranlasst, weil Vorwürfe ausgeräumt werden können.
Zudem befasst sich ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss des Landtages mit den anderen Themenkomplexen. Dorthin gehören sie auch, nicht in die Aktuelle Debatte. Die Beratung und die Feststellungen des parlamentarischen Untersuchungsausschusses laufen noch.
Zur zweiten Frage. Hat der Minister Einfluss genommen? - Dazu halte ich mich zunächst einmal an die mir zugängliche Erklärung des Landesrechnungshofes. In einer Zusammenstellung von Prüfungsergebnissen, die der Rechnungshof am 24. Juni 2015 aufgrund verschiedener Presseanfragen vorgenommen hat, heißt es ausdrücklich: Anhaltspunkte für die Annahme, das Ministerium
der Finanzen habe direkten Einfluss auf die Betriebsprüfung ausgeübt, hat der Landesrechnungshof nicht vorgefunden.
Frau Dalbert, das ist doch eine öffentliche Antwort auf die Presse. Sie ist Ihnen zugänglich, sie ist mir zugänglich. Das ist etwas anderes als der Prüfbericht des Landesrechnungshofes, den wir nicht haben, weil er noch nicht bewertet und noch nicht gegengecheckt ist. Dazu kann ich nichts sagen. Ich beziehe mich auf das, was öffentlich zugänglich ist. Und das ist öffentlich zugänglich.
- Sie haben offensichtlich nur den unteren Teil gewählt. Ich habe den oberen Teil gewählt, der entscheidend ist: keine Anhaltspunkte.
Ich will Ihnen auch erklären, warum, Frau Dalbert: Keine Anhaltspunkte - genau das ist die Formulierung, mit der ein Staatsanwalt standardmäßig die Ermittlungen einstellt und die Vermutungen und Unterstellungen dahinter gar nicht mehr berücksichtigt.
Ich kann deshalb nicht nachvollziehen, dass die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Begründung für die Ansetzung der heutigen Debatte schreibt: Die Darstellung des Finanzministeriums, die Oberfinanzdirektion habe eigenständig entschieden, könne nicht mehr aufrechterhalten werden. Dafür habe ich kein Verständnis. Das kann ich nicht nachvollziehen.
Wenn es keine Anhaltspunkte für eine Einflussnahme des Finanzministeriums gibt, heißt das genau das: Die Oberfinanzdirektion hat eigenständig entschieden. In dem öffentlich zugänglichen Bericht des Finanzministeriums werden die Zuständigen im Ministerium, in den Steuerbehörden zitiert mit: Der Abteilungsleiter 4, der Referatsleiter 45 und der Referatsleiter 43 teilten mit, dass ihnen gegenüber von einem Vorgesetzten zu keinem Zeitpunkt eine Erwartungshaltung im Hinblick auf die Entscheidung über den Zinserlass geäußert worden sei.
Damit reduziert sich der Verdacht, der gegen Jens Bullerjahn genährt werden soll, auf die wahrhaft verwerflichen Tatbestände, dass er mit Klaas Hübner befreundet und in derselben Partei ist.
normal halte: dass der ebenfalls für die Unternehmensgruppe agierende Senior in derselben Partei ist wie die ebenfalls mit der Förderung der Schlossgruppe befassten aufeinander folgenden Wirtschaftsminister. Das lässt man in der heutigen Debatte von Ihrer Seite generös unter den Tisch fallen.
Die GRÜNEN und die LINKEN konzentrieren sich auf das Thema, wer mit wem befreundet ist, nicht aber darauf, was das Ergebnis des gewählten Verfahrens ist.
Was also ist passiert, wenn wir den Vorgang einmal von den individuellen und den öffentlichen Vorfällen und Vorgängen entschlacken? - Ein Unternehmer wendet sich mit Problemen an einen Minister. Dieser beauftragt seine Mitarbeiter, die zuständige Behördenebene auf den Fall aufmerksam zu machen.
Das, meine Damen und Herren, ist tägliche Normalität in allen Ministerien. Ich möchte nicht wissen, mit wie vielen Problemen aus den Wahlkreisen wir alle schon neben Ministern hier gesessen oder Gespräche dazu mit ihnen geführt haben.
Ich möchte auch deutlich sagen: Einen Minister, der das nicht tut, den könnte man einsparen. Gerade in Ministerien, deren Tätigkeiten unmittelbaren Einfluss auf Unternehmen unseres Landes haben, vor allem also im Wirtschafts- und im Finanzministerium, braucht man Menschen, die ein offenes Ohr für Sorgen und Probleme von Branchen und Einzelunternehmen haben. Ich habe in 25 Jahren Wirtschaftspolitik auf beiden Seiten Hunderte von Unikaten und Einzelfällen gesehen, die in der Sache entschieden wurden, um Unternehmen zu retten, zu sanieren und in der Struktur unserer Wirtschaft zu erhalten. Ich denke, wir sind uns einig, dass das nicht das ist, was landläufig mit Einflussnahme gemeint ist. Dann muss das auch hierbei gelten.
Kritikwürdig ist nur eine Einflussnahme in der Sache, die der Entscheidungsbehörde vorgibt oder nahelegt, wie sie entscheiden soll. Dabei halte ich es mit dem Landesrechnungshof: keine Anhaltspunkte.
Zur dritten Frage. Hat der Minister nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe politisch richtig gehandelt? - Ja, das hat er in der Tat; denn er hat zwei richtige Schritte getan. Er hat in vorbildlicher Weise alle Vorgänge rund um die Schlossgruppe, die Gegenstand von Prüfungen des Landesrechnungshof waren, in seinem Geschäftsbericht, der Ihnen zugänglich ist, detailliert aufarbeiten lassen und das Ergebnis konsequent öffentlich gemacht. Daran kann sich manch anderer in ähnlicher Lage ein Beispiel nehmen.
Er hat mit dem Ministerpräsidenten vereinbart, dass alle Themen rund um die IBG - diese sind keine spezifischen Themen nur des Finanzministeriums, sondern ressortübergreifende Angelegenheiten, wie das in der Wirtschaftspolitik im Übrigen immer ist - konsequenterweise in der Staatskanzlei betreut werden.
Damit bin ich bei dem Phänomen, das mich als Sozialdemokratin besonders umtreibt, nämlich dass von einer Landtagssitzung zur anderen, von einer Aktuellen Debatte zur nächsten aus einem kollektiven Versagen ein Fall Bullerjahn gemacht werden soll. Es ist schon augenfällig, dass die in beiden Fällen antragstellende GRÜNE-Fraktion - ebenso wie manch anderer Berichterstatter - diese politische Fokusverschiebung vornimmt.
Ich plädiere für das, was in diesen Situationen für die demokratische Kultur am besten ist: Wir bleiben bei der Sachbewertung. Ich glaube, Jens Bullerjahn hat dafür seinen Beitrag geleistet. - Vielen Dank.
Frau Abgeordnete Budde, es gab eine Anfrage des Abgeordneten Herrn Meister. Möchten Sie diese beantworten?
Ich denke, dass alles dazu im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss besprochen werden soll. Unterschiedliche Auffassungen werden wir hier nicht klarstellen können.
Es ist schade, dass die Fragen nicht beantwortet werden. - Wieso ist jetzt Herr Bullerjahn ins Kreuzfeuer geraten? - Das liegt schlicht und einfach an der Tatsache, dass sein Haus und die Finanzverwaltung für Steuernachlässe zuständig sind und nicht das Wirtschaftsministerium. Ich meine, das ist nachvollziehbar.
Ich hatte zwei Fragen, die jetzt im Raum stehenbleiben. Das ist einmal die Frage, ob Sie eine Erklärung dafür haben, dass es bei einer vermeintlichen Verständigung über einen Betrag in Millionenhöhe - es ging um einen größeren Wert als nur die 270 000 € - keine Protokolle gibt und dass wir das nicht schriftlich haben. Ich meine, das ist ein völlig ungewöhnlicher Vorgang. Dazu habe ich
keine Erklärung gehört. Dass es so ist, wissen wir aus dem 22-seitigen Schreiben des Ministeriums. Ich habe von niemandem etwas dazu gehört, dass das ein normaler Vorgang wäre. Das finde ich sehr beachtenswert.
Dann gibt es die Frage bezüglich der eigenständigen Entscheidung. In dem Schreiben des Ministeriums ist dargelegt, dass es von den Staatssekretären über einen langen Zeitraum hinweg diverse Gespräche mit der OFD und den Hübners gegeben hat. Nun zu sagen, das hat nur die OFD gemacht, das hat mit dem Ministerium nichts zu tun, obwohl die Staatssekretäre dabei waren, das halte ich für verfehlt.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zur Sache selbst wollte ich mich eigentlich nicht äußern; denn wir hatten zwei Redner in der Aktuellen Debatte, Herrn Meister und Herrn Dr. Thiel, die sehr ausführlich zur Sache dargelegt haben.
Ich möchte meine Ausführungen hier mit einem Zitat beginnen. Dazu hat mich Frau Budde provoziert, weil sie aus dem Brief des Landesrechnungshofes zitierte, in dem der Landesrechnungshof die Anfragen der Presse beantwortet, und in dem der Satz vorkommt, den Frau Budde vorgelesen hat.
- Genau. - Ich hatte darum gebeten, dann auch weiterzulesen und die beiden letzten Sätze in diesem Brief vorzulesen. Ich möchte dieser meiner Bitte jetzt selbst nachkommen. Die Verlautbarung des Landesrechnungshofes auf die Presseanfragen endet mit dem Satz: Nach Auffassung des Landesrechnungshofes hat die Mitwirkung des MF, insbesondere nach Beendigung der Betriebsprüfung, daher maßgeblich zu der Entscheidung der Oberfinanzdirektion beigetragen, Nachzahlungszinsen auf unstrittige Steuern zu erlassen.
Aber ich habe mich gemeldet, um hier als Fraktionsvorsitzende noch zu einem anderen Punkt zu reden. Herr Ministerpräsident, ich verstehe durchaus, dass es eine unbequeme Forderung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist, wenn wir sagen,
der Finanzminister soll in Anbetracht dieser Faktenlage zurücktreten. Ich verstehe das menschlich sehr gut. Was soll das neun Monate vor der Wahl bedeuten? Stellen wir uns einmal vor, Sie würden diese Forderung ernst nehmen. Dann hätten Sie die Situation einer Kabinettsumbildung. Wo wollten Sie mit der Kabinettsumbildung anfangen, wo wollten Sie aufhören?
- Das ist doch so. - Im Zweifel wäre das der Anfang vom Ende der Koalition. Neuwahlen zu einem früheren Zeitpunkt - darauf ist man nicht vorbereitet. Die Presselage ist im Augenblick schwierig. All das verstehe ich menschlich, Herr Haseloff. Am Ende - das ist mir auch klar - wird der Wähler im März 2016 zu entscheiden haben.
Aber, Herr Haseloff, Sie haben darüber gesprochen, dass wir hier doch nicht zum Nachteil unseres Landes handeln sollten. Nicht zum Nachteil unseres Landes - ich glaube, das ist der entscheidende Punkt. W i r hier wollen nicht zum Nachteil unseres Landes handeln.