Herr Gallert, ich sage ganz klar: Wenn Sie jemals die Chance gehabt hätten, das, was Sie eben angekündigt oder beschrieben haben, in die Tat umzusetzen - Klammer auf: was Sie bei praktischer Politik nie machen würden -, wäre dieses Land heute noch im Schuldensumpf.
Deswegen prüfe jeder, was er heute sagt, ob er das, falls er die Chance hätte, jemals umsetzen wollte. Denn das ist auch ein Problem der Politik. Der Kollege Ramelow hat in Thüringen gerade damit zu tun, dass kein Geld für Kommunen und für zusätzliches Personal da ist.
Deswegen müssen auch LINKE - ich sage noch etwas dazu - sich immer die Frage stellen lassen, warum man bei Thilo Sarrazin zum Beispiel aus der TdL ausgetreten ist und den Leuten damals unter Tarif Geld gezahlt hat. DIE LINKE war mit in der Regierung.
Nur hier in Magdeburg haben Sie die Mathematik irgendwie überrumpelt und würden es hinkriegen, das Land - das behaupten Sie auch - gleichzeitig ohne Schulden einer solchen Personalentwicklung zu unterziehen.
Deswegen, geschätzter Kollege Gallert, halten ich mich an die Fakten. Ich habe Ihnen ganz persönlich und vielen anderen auch, damit der Wahlkampf nicht völlig Blüten treibt - - Ich gebe zu, dass mich auch so manche Äußerung bei der CDU in den letzten Tagen etwas überrascht hat. Ich glaube, ich habe zum Thema Personal inklusive der Haushaltsberatungen schon dreißig Mal darüber geredet, wahrscheinlich in jeder zweiten Sitzung. Die Kollegen tragen die Verantwortung aber mit. Die haben mir gestimmt. Ich weiß, dass es schwer ist, das im Einzelnen mit durchzustehen. Aber sie haben den Arm gehoben, und dafür Respekt von mir.
Ich weiß schon, dass der Wahlkampf eigene Gesetze hat. Man darf es nur nicht übertreiben, weil man dann schnell hinterfragt wird.
Zur Statistik. Am 23. Juni 2015 ist uns wieder die jährliche Statistik zum Personal der Länder zugesandt worden. Sie kommt von der ZDL, also einer Stelle, die sich die Länder eingerichtet haben. Die ZDL fragt uns vorher nicht und sie geht bis auf letzte Stufe - es gibt ein sogenanntes Schalenmodell, wo die zentrale Verwaltung bis hin zu den Auslagerungen und Landesbetrieben genau beschrieben wird.
Dort steht: Wir in Sachsen-Anhalt haben mit 20,2 Vollzeitäquivalenten - das ist nichts anderes als eine volle Mitarbeiterstelle, die man berechnet, sonst würde das wegen der Teilzeitstellen nicht funktionieren - das meiste Personal aller deutschen Länder. Und Sie stellen sich hier hin und tun so, als würde bei uns die Verwaltung zusammenbrechen. Das ist unvorstellbar für mich.
Das sind Millionen von Euro, und zwar im dreistelligen Bereich, die uns zum Beispiel beim Vergleich mit Sachsen bei den Investitionen fehlen. Das ist übrigens ein Bereich, den Sie auch regelmäßig hier vorn einfordern. Sie wissen um die Wirkung von Haushalten: 100 % sind 100 %. Deswegen habe ich auch in dem Brief an den Finanzausschuss ganz öffentlich geschrieben: Wer die gegenwärtig dem Land zur Verfügung stehenden Personalressourcen gegenüber der Öffentlichkeit pauschal als zu knapp bemessen beklagt, handelt unredlich.
Wenn Sie mir oder den Statistiken schon nicht glauben - bei denen muss man vorsichtig sein, gerade als LINKER und wenn man woanders an der Regierung beteiligt ist; denn das trifft alle Länder, die damit arbeiten müssen -, dann halte ich Ihnen einmal vor, was der Rechnungshof in seiner Stellungnahme vom 1. Juli 2015 an den Finanzausschuss geschrieben hat - die Kollegen aus dem Finanzausschuss können Ihnen das bestätigen -:
„Der Rechnungshof warnt jedoch davor, bei der für 2016 vorgesehenen Fortschreibung des PEK den eingeschlagenen Weg der notwendigen Anpassung des Personalbestandes zu verlassen. Bei einer Veränderung der bisherigen Personalzielzahl von 18 Vollzeitäquivalenten je 1 000 Einwohner“
- ohne Hochschulen, sage ich hier noch einmal; denn die Brandenburger berechnen dies einschließlich der Hochschulen; das heißt, sie haben in der Zentralverwaltung noch weniger Personal als wir; wir haben uns darauf geeinigt, dass wir das herausrechnen -
Es ist also nicht die Frage, ob wir hierbei vielleicht besser werden, was Sie als schlechter darstellen, sondern es geht darum, ob das auf Dauer dazu führt, dass wir durch diese Personalstrukturen überhaupt in Lage versetzt werden, konsolidierte Haushalte aufzustellen.
Deswegen frage ich: Warum glauben Sie, dass wir uns mehr leisten können als andere, obwohl wir schon das meiste Geld für Personal ausgeben? - Ich möchte an Folgendes erinnern: Wir haben die Fiskalklippe 2020, die das Land 300 Millionen € kosten wird; anderenfalls würden wir die Schuldenbremse nicht einhalten. Sie können die Schuldenbremse schlechtreden, aber wer auch immer dann in der Verantwortung sein wird, wird sie einhalten müssen, weil sie Grundgesetzcharakter hat.
Wir, ganz besonders wir in Sachsen-Anhalt, müssen Rücklagen bilden, damit wir in schwierigen Phasen nicht gleich wieder Schulden aufnehmen müssen. Wir haben eine Hochwasserkatastrophe erlebt und haben zugesagt - Kollege Aeikens macht das sehr gut -, dass wir mit Mitteln in Höhe von 750 Millionen € bis 2020 alles organisieren werden, damit die Menschen sicher leben können. Wir haben die Krise in Griechenland zu schultern. Und wir haben eine Krise beim Thema Asyl zu bewältigen, die uns - ich werde dazu demnächst etwas vorlegen - Hunderte Millionen kosten wird.
Ich sage es in aller Klarheit: Ausgehend von den Personalkosten der Jahre ab 2006 müssten wir heute 800 Millionen € bis 900 Millionen € mehr zahlen. Jeder, der im Finanzausschuss sitzt, kann sich ausrechnen, was das für den Landeshaushalt bedeuten würde.
Es ist nicht so, dass es Spaß macht, diese Personalanpassungen vorzunehmen. Ich kann mich noch Rot-Rot in Berlin erinnern. Ich war schon bei den Runden in Berlin mit Sarrazin dabei, als sie aus der TdL ausgestiegen sind und es bei den Tarifanpassungen einen Ostbereich und einen Westbereich gab. Es gab heftige Debatten, aber sie haben es geschafft, und zwar auch die LINKEN, im Interesse der Haushalte eine solche Politik zu machen.
Ich möchte an dieser Stelle - Sie tun so, als hätte sich gar nichts bewegt - für die Koalition auch festzustellen: 14 000 Stellen sind abgebaut worden. Wir müssen bis 2020, um auf den Durchschnitt der deutschen Länder zu kommen - ich betone: auf den Durchschnitt -, noch einmal 5 000 bis 6 000 Stellen abbauen. Es kann sein und es wird wohl auch so sein, dass aufgrund anderer unterstellter Entwicklungen in der Bevölkerung dieser Schnitt letztlich nicht so hart sein wird.
Es ist auch angekündigt, dass zum Ende dieses Jahres eine neue Statistik vorgelegt wird. Dann wird man unsere Planungen auch überarbeiten. Das war immer so. Aber man wird daran nicht grundsätzlich etwas ändern. Denn wer ehrlich ist, der weiß, dass der Trend des Rückgangs nicht gebrochen wird, leider, noch nicht. Ich hoffe, das wird irgendwann einmal anders sein.
Wenn man die Neueinstellungen als Regulativ der Personalentwicklung ansieht - an dieser Stelle bin ich bei Ihnen -, dann sei daran erinnert, dass ich hier einmal gestanden habe und von 260 pro Jahr gesprochen habe. Nun werden wir im nächsten Jahr 1 000 junge Menschen in den Landesdienst einstellen; das ist das Vierfache.
Wer angesichts einer Struktur, die auf 40 000 Stellen hinausläuft und bei der man einen Neueinstellungskorridor in der Mipla von 1 500 Stellen findet, so tut, als würde nichts passieren, der verkennt völlig, dass sich in den letzten Jahren viel getan hat.
Deswegen war es richtig und ist politisch in jedem Bundesland auch normal, dass man beim Personalabbau mit konservativen Zahlen herangeht, und
zwar nicht weil man tricksen wollte. So etwas wie die Rente mit 63 konnte ich mir vor wenigen Jahren noch nicht vorstellen. Dies führte bei uns auf einmal zu Abgangszahlen, die weit über dem liegen, was wir unterstellt haben. Aber wir werden nachregulieren.
Es war immer so, wie wir es gesagt haben: Wenn wir aufgrund einer bestimmten Schulstruktur, die im Land nun einmal so ist, wie sie ist, mehr Lehrerinnen und Lehrer brauchen, dann wird es diese geben. Deswegen haben wir - nicht hektisch - mit den Koalitionsfraktionen gesprochen, mit dem Kultusminister gesprochen und dann Stück für Stück nachgeregelt. Ich werde mich aber nicht hinstellen, weil die Leute es toll finden oder weil Wahlkämpfer von der GEW es einfordern, und pauschal sagen: Wir müssen jetzt 1 000 Leute einstellen, damit alle ruhig sind. - Und das mit der restlichen Finanzierung bei den übrigen 90 % des Haushaltes, das ist dann Sache des Finanzministers.
- Ui, ich muss dann nachlesen, wer am lautesten gebrüllt hat. - Die meisten dieser Debatten hat doch DIE LINKE angezettelt. Es ist doch nicht so, dass ihr mich hier ständig schützen wolltet.
Reden wir doch das, was wir für junge Leute hier anbieten, nicht schlecht. Wir werden irgendwann bei 1 500 Neueinstellungen sein und der Altersdurchschnitt wird zurückgehen, dann aber bitte in einem Bereich des Personals, der für das Land nötig ist und den sich das Land auch leisten kann.
Auf den Bereich der Schulen und der Polizei möchte ich jetzt nicht eingehen; dafür reicht die Redezeit nicht aus.
(Frau Tiedge, DIE LINKE: Das wäre aber spannend! - Herr Striegel, GRÜNE: Wenn es konkret wird, dann doch nicht!)
Aber ich werde dazu bei der Verabschiedung des Nachtragshaushaltes im Oktober 2015 einiges sagen; denn auch in diesen Bereichen haben wir uns sehr stark bewegt. Ich als Finanzminister stehe auch dazu. Es ist nicht so, dass ich dazu erst geprügelt werden müsste. Ich weise aber darauf
hin, dass alle zusätzlichen Einstellungen dauerhaft finanziert werden können müssen, ohne Strohfeuer.
Deswegen sage ich zum Schluss ganz selbstbewusst: Dieses Personalkonzept der Landesregierung und der Koalitionsfraktionen der letzten Jahre ist maßgeblich daran beteiligt, dass wir heute ohne Schulden auskommen.
Im Umkehrschluss bedeutet das: Ohne mehr Steuern, ohne die um 400 Millionen € verringerten Zinsen und ohne die Reduzierungen beim Personal würden wir noch heute massiv neue Schulden aufnehmen. Ich kenne keinen Vorschlag der LINKEN,