Protokoll der Sitzung vom 17.09.2015

Im Umkehrschluss bedeutet das: Ohne mehr Steuern, ohne die um 400 Millionen € verringerten Zinsen und ohne die Reduzierungen beim Personal würden wir noch heute massiv neue Schulden aufnehmen. Ich kenne keinen Vorschlag der LINKEN,

(Zuruf von Herrn Knöchel, DIE LINKE)

der annähernd so viel Geld eingespart hätte, wie es unser Vorgehen beim Thema Personal getan hat. Auf der anderen Seite gibt es von Ihnen die größten Vorschläge, wie wir das Geld ausgeben können. Das funktioniert eben nicht.

(Zurufe von der LINKEN)

Ich sage ganz klar: Wer auch immer in den nächsten Jahren die Verantwortung übernehmen wird - er wird an diesem Thema nicht vorbeikommen.

Meine Kollegin Taubert in Thüringen, die oft bei mir sitzt, macht mit einer rot-roten Regierung genau das, was auch wir tun.

Da Sie Brandenburg immer so herausstellen, sage ich Ihnen: Auch die dortigen Kollegen schätze ich sehr; denn sie tun das, was auch wir tun. Sie preisen Brandenburg immer wieder als Vorbild für eine neue Wertschätzung des öffentlichen Dienstes an. Brandenburg strebt für das Jahr 2020 ein Zielwert von 18,3 VZÄ an, und zwar inklusive Hochschulpersonal. Auch in den Ländern, in denen DIE LINKE den Finanzminister stellt, wird also ein konsequenter Personalabbau betrieben. Thüringen habe ich angesprochen, MecklenburgVorpommern ebenfalls.

(Zurufe von der CDU)

Deswegen sage ich Ihnen, Herr Gallert: Passen Sie auf, was Sie den Leuten versprechen! Es könnte sein, dass Sie irgendwann einmal hier stehen und irgendjemanden dafür verantwortlich machen müssen, dass all das, was Sie vorhatten, nicht funktioniert hat. - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU - Zu- rufe von der LINKEN)

Herr Minister Bullerjahn, es gibt eine Nachfrage des Fraktionsvorsitzenden Herrn Gallert.

Bevor Herr Gallert spricht, dürfen wir Gäste im Haus begrüßen, und zwar Schülerinnen und Schüler der Gorki-Sekundarschule in Schönebeck. Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im ganzen Hause)

Wir können uns die statistischen Zahlen - pro 1 000 Einwohner und Gesamtbestände - lange hin- und herschieben. Wir haben vorgestern ein Konzept bzw. eine Einschätzung dazu vorgestellt, die genau das Gegenteil besagt. Sie wissen genau wie ich: Die Frage ist immer, welche Bezugzahlen man sich dafür herausnimmt. Es gibt genug Expertisen, die besagen, dass wir in einigen Bereich schon unter dem Durchschnitt liegen.

Natürlich haben Sie Recht: Wir haben das in Mecklenburg-Vorpommern und in Berlin mitgemacht, in Berlin übrigens in einer Haushaltsnotlagesituation, die damals durch die DiepgenRegierung erzeugt wurde.

(Zustimmung bei der LINKEN - Herr Borg- wardt CDU: War ja klar! - Weitere Zurufe von der CDU)

Ja, ja, das hätte ich jetzt auch gesagt.

Ich sage aber auch: Es gab einmal einen Zeitgeist, in dem das nicht hinterfragt wurde; inzwischen sehen wir das kritisch,

(Herr Weigelt, CDU: Ist der Gysi nicht weg- gerannt?)

weil sich unsere Verbände in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern bis heute davon erholen müssen, dass sie diese Fehler mitgemacht haben. Das sage ich auch ganz klar.

Noch einmal zu Brandenburg. Brandenburg erhöht die Anzahl der aktiven Lehrer seit mittlerweile zwei Jahren und hat zwei Jahre zuvor den Abbau eingestellt. Brandenburg hat vor drei Jahren beschlossen, die alten Abbauraten für den Bereich der Polizei aufzugeben und auf 7 000 Vollzugsbeamte nach oben zu korrigieren. Das ist Lernfähigkeit und nichts anderes habe ich heute angesprochen.

(Zustimmung bei der LINKEN - Herr Schrö- der, CDU: Die Einstellungskorridore doch auch!)

Ich danke für die Nachfrage, weil mir das ein bisschen Entlastung gibt. Sehr geschätzter Wulf Gallert, es ist eben nicht mehr so, dass man sich die Statistik heraussuchen könnte, die man braucht.

(Herr Lange, DIE LINKE: Da spricht der Ex- perte! - Heiterkeit bei der LINKEN)

Wundert es Sie nicht, dass Sie die Einzigen sind, die sich an dieser Stelle melden?

(Zurufe von der LINKEN)

Unter Beteiligung linker Finanzminister haben die Länder die Zentrale Datenstelle der der Landesfinanzminister gegründet, die unabhängig von Regierungskonstellationen in jedem Jahr Statistiken liefert. Sie fragt nicht, sie schickt einfach. Darin steht, dass die Kommunen Sachsen-Anhalts - das habe ich Ihnen geschrieben - und das Land Sachsen-Anhalt das meiste Personal haben. Diese Feststellung erfolgt ohne Wertung und auch nicht zum ersten Mal. Natürlich müssen wir dann herausrechen - das habe ich Ihnen auch aufgeschrieben -, dass wir zum Beispiel 3 000 Beschäftigte in der Altersteilzeit haben. Das wird bis 2020 noch herauswachsen.

Es gibt in den Ländern niemanden mehr, der sich seine Statistik basteln kann. Und das finde ich gut. Damit können solche Debatten eben nicht mehr so einfach funktionieren wie früher, als ich im Parlament begonnen habe. Einige von damals, etwa Thomas Felke und Katrin Budde, sitzen noch heute im Wirtschaftsausschuss. Wir stellten damals, weil wir Schulden aufnehmen mussten, fest: Unser wirtschaftliches Gleichgewicht ist in Gefahr - obwohl es in Wolfsburg brummte. Das war damals politisch noch möglich. Das geht heute nicht mehr. Und das finde ich gut. Denn die Politik sollte sich auf das Lösen beschränken, nicht auf das statistische Hinrechnen.

Deswegen war ich immer dafür, dass jedes Bundesland sich mit dieser gleichen Statistik messen lassen muss.

Für einen Satz bin ich Ihnen total dankbar, weil er so ehrlich ist: Mecklenburg hat mitgemacht, Berlin hat mitgemacht - und heute schlägt sich DIE LINKE mit den Ergebnissen herum. Genau das ist der Kern. Dafür bin ich dir dankbar. Es ist nun einmal schwierig. Ich weiß auch nicht, was im März nächsten Jahres passiert. Diejenigen, die so etwas Unpopuläres machen, werden meistens nicht dafür belohnt. Aber es ist trotzdem richtig.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen finde ich es gut, dass du das angesprochen hast. Denn es wäre politisch noch viel fataler, wenn man sich dieser Verantwortung verweigern würde. Nachfolgende Generationen haben viel

leicht gar nicht mehr die Chance, das zu korrigieren. Bremen musste wegen der Asylproblematik jetzt eine Haushaltssperre aussprechen. Ich versuche zu erreichen, dass wir auch in der nächsten Wahlperiode das Thema Asyl bewältigen und trotzdem unsere Schulden tilgen können. Ich weiß nicht, ob das gelingt. Wir rechnen wie die Maikäfer, auch am Wochenende. Es wird immer teurer. Aber ich will nicht, dass wir öffentlich über Geld reden, sondern sich will über die Frage reden, wie wir Menschen helfen.

Aber irgendwann im Oktober muss ich bei Ihnen antreten und die Zahlen liefern.

(Zuruf von Herrn Schröder, CDU)

- Keine Angst, Herr Schröder, ich mache das wirklich. Dass Sie so skeptisch sind - -

(Zuruf von Herrn Schröder, CDU)

Aber wer so etwas im Osten betreiben muss - - Das hätten wir alle viel eher tun müssen. Wir alle haben zugelassen, dass dieser hohe Personalbestand nicht eher angefasst wurde - wir alle: Sie bei der Tolerierung damals mit bestimmten Verträgen wie auch Schwarz-Gelb mit den teuren Kostentreibern usw.

Seit zehn Jahren gibt es nunmehr eine Struktur. Diese kann man ständig hinterfragen, aber man weiß, wohin es gehen soll. Deswegen darf man nicht so tun, als ob nichts passiert.

Wenn wir das wie Brandenburg eher gemacht hätten, wären wir heute vielleicht nicht nur bei 250 Neueinstellungen je 1 000 Einwohner, sondern wir könnten heute vielleicht schon 1 500 Neueinstellungen vornehmen. Es frage sich doch bitte jeder in diesem Raum, welche Verantwortung er selbst dafür trägt, dass es erst so spät losging. - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Weitere Nachfragen sehe ich nicht. Dann fahren wir in der Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt fort. Für die Fraktion der CDU spricht nun Frau Abgeordnete Feußner.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Personalentwicklungskonzept, das PEK, hat uns schon sehr häufig beschäftigt und wird uns wahrscheinlich auch in der nächsten Zeit immer wieder im Landtag beschäftigen. Im Jahr 2006 hat die Landesregierung das PEK entwickelt - Herr Gallert hat das bereits vorgetragen - und es ist stets fortgeschrieben worden.

Das Ziel des PEK war und ist, die Personalausgaben der unmittelbaren Landesverwaltung mit ei

nem Anteil von ca. 25 % des Landeshaushaltes zu stabilisieren und zu konsolidieren.

Mit der Fortschreibung des PEK 2011 sollte laut Beschluss der Landesregierung zum Personalstandsbericht 2012 die neue Personalzielzahl von 18 Vollzeitäquivalenten je 1 000 Einwohner für die unmittelbare Landesverwaltung - ohne Hochschulen - gelten. Diese Personalzielzahl ist aus dem Ländervergleich heraus anhand der Flächenländer West entwickelt worden. All das ist Ihnen bekannt.

Die Personalstrukturen und -bedarfe in den einzelnen Fachbereichen sind aufgrund gewachsener Besonderheiten nicht immer miteinander vergleichbar. Bei den 18 VZÄ handelt es sich also lediglich um eine strukturübergreifende Kennzahl.

Um noch eine Zahl zu nennen: Von 2006 bis 2014 wurde ein Personalabbau von 11 900, also rund 12 000 Landesbediensteten, realisiert. Die von der Landesregierung beschlossene Kennzahl soll nun - früher war 2019/2020 vorgegeben - wahrscheinlich bis 2020/2021 umgesetzt sein.

Wir befinden uns also immer in einem laufenden Prozess, den wir als Parlamentarier nur indirekt begleiten. „Indirekt“ sage ich deshalb, weil wir die Stellenpläne im Rahmen der Haushaltsgesetzgebung beschließen.

Uns ist auch bekannt, dass manche Häuser die ihnen vorgegebenen Zielzahlen bereits erfüllen, andere wiederum erhebliche Probleme haben. So haben wir als Parlamentarier vor allem im Finanzausschuss nicht selten die eine oder andere Zielzahl hinterfragt, weil in der öffentlichen Diskussion klar wurde, dass durch die zunehmenden Altersabgänge in manchen Fachbereichen Lücken entstanden sind, die derzeit oder auch langfristig nicht mit geeignetem, qualifiziertem Fachpersonal geschlossen werden konnten, bzw. dass der geplante Einstellungskorridor zu niedrig angesetzt wurde. All das haben Sie hier erläutert und zum Teil auch kritisiert.

Hier gab es in der Vergangenheit - um nur zwei wesentliche Punkte zu benennen; es war klar, dass diese beiden kommen - vor allem einen regelmäßigen Diskurs bei den Lehrerinnen und Lehrern sowie bei den Vollzugsbeamtinnen und Vollzugsbeamten der Polizei. In diesen, aber auch in anderen Bereichen gab es stets Nachjustierungen der ursprünglich geplanten Zielzahl.