Hochschulen umgegangen wird. Nur die erforderliche Transparenz ermöglicht eine Kontrolle durch die Öffentlichkeit. Daraus aber ein Verbot jeglicher militärischer oder vom Militär in Auftrag gegebener Forschung abzuleiten, halte ich für nicht gerechtfertigt.
Im Übrigen sind unsere Hochschulen vor gerade einmal einer Woche eine freiwillige Selbstverpflichtung eingegangen, um die Freiheit von Forschung und Lehre bei Kooperationen mit der Wirtschaft zu sichern. Diese Vereinbarung wird in Zukunft sicherstellen, dass die Öffentlichkeit über grundlegende Projekte der wissenschaftlichen Forschung an unseren Hochschulen in regelmäßigen Abständen informiert wird, das heißt über den Vertragspartner, über den Vertragsgegenstand und über die Vertragslaufzeit.
Die Hochschulen haben also bereits Vorkehrungen getroffen, damit sich die Öffentlichkeit über Forschungsvorhaben informieren kann und gegebenenfalls auch darauf reagieren kann. Darüber hinausgehende Sicherungen im Hochschulgesetz oder in den Ordnungen der Hochschulen halte ich daher nicht für erforderlich.
Unabhängig davon spielt militärische sowie sicherheitstechnische Forschung an den Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Sachsen-Anhalt eine absolut untergeordnete Rolle. Das können Sie auch der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage entnehmen. Mir sind keine Anhaltspunkte bekannt, dass deren Bedeutung in Zukunft signifikant zunehmen könnte. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke schön, Herr Minister. - Wir können Gäste im Haus willkommen heißen, Damen und Herren der Arbeitsgemeinschaft 60plus aus Stendal. Willkommen im Landtag!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Diskussion um das Thema „Wie frei ist Forschung in unserem Land, wie frei ist die Wissenschaft in unserem Land?“ hat uns schon an verschiedenen Stellen beschäftigt. Es gab Diskussionen über Kooperationsverträge: Was soll wie offengelegt werden?
Auch der jetzt vorgelegte Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE zeigt, dass es allen wichtig ist, die Freiheit unserer Hochschulen zu bewahren, aber dieser Freiheit doch irgendwie auch ein wenig Grenzen zu setzen, damit die Spielregeln klar sind.
Ich finde es nicht schlimm, wenn man Spielregeln verabredet. Aber Spielregeln, gerade im Wissenschaftsbereich, sollten immer zusammen mit den Hochschulen verabredet werden.
Kollege Lange hat schon ausgeführt, dass die Bremer Formulierung darauf zielt, dass sich die Hochschulen selbst eine Grundordnung geben und dort genau ausführen, wie sie die Aufgabenbeschreibung, die im Hochschulgesetz steht, erfüllen wollen. Ich glaube, das wäre ein richtiger Weg; denn - das findet man in der Erklärung des Akademischen Senats der TU Berlin - den Wissenschaftlern ist sehr wohl bewusst, dass die Ergebnisse des wissenschaftlichen Arbeitens, selbst wenn sie friedlich, zivil orientiert sind, oftmals einer anderen Nutzung zugänglich sind. Eine zweite, dritte, vierte Verwertung bestimmter Ergebnisse ist dann weder von den Forschern noch von den Hochschulen selbst zu kontrollieren.
Genau an dieser Stelle setzt die Schwierigkeit ein. An dieser Stelle muss man sich darüber klar werden, dass eine Änderung des Hochschulgesetzes das hier aufgeworfene Problem letztendlich nicht allein löst. Aber es ist eine bestimmte Rahmenfestsetzung, es sind Spielregeln, die wir verabreden könnten, wenn wir wollten.
Vor diesem Hintergrund habe ich mich ein wenig umgeschaut und ein wenig belesen, welche Möglichkeiten es gibt. Es gibt eine sehr schöne Übersicht, welche Hochschulen in der Bundesrepublik welche eigenen Verpflichtungen in ihren Grundordnungen, in ihren Satzungen haben.
Es gibt auch eine Formulierung aus Thüringen. Jetzt bitte ich Sie, nicht reflexartig in Schnappatmung zu verfallen. Diese Formulierung stammt schon aus dem Jahr 2006 und findet sich im Hochschulgesetz des Landes Thüringen wieder. Dort heißt es:
„Die Hochschulen lassen sich in ihrer Tätigkeit vom Geist der Freiheit in Verantwortung für soziale Gerechtigkeit, Frieden, Bewahrung und Verbesserung der Lebens- und Umweltbedingungen leiten.“
Das ist eigentlich eine sehr schöne Aufgabenbeschreibung, wie ich finde. Das betrifft nicht nur die Nutzung oder die Nichtnutzung von Forschungsergebnissen für bestimmte Zwecke, sondern beschreibt auch das, was wir von unseren Hochschulen erwarten, nämlich die Verbesserung und die Bewahrung unserer Lebensbedingungen. Sie haben auch die Aufgabe, mit ihren Tätigkeiten, mit der Ausbildung von jungen Leuten und aufgeweckten Geistern darüber zu wachen, soziale Konflikte zu vermeiden und soziale Gerechtigkeit herzustellen. Das wäre eine Formulierung, die mir persönlich sehr viel näher wäre als die vorgeschlagene Bremer Formulierung, und zwar weil solche Dinge nicht einfach zu bereden sind, weil die Hochschu
len mit einzubeziehen sind, weil wir mit ihnen abklären können, was zu dem Verfahren über Kooperationsverträge hinaus vielleicht noch zu regeln wäre.
Deshalb bitte ich das Hohe Haus, den vorgelegten Gesetzentwurf in den Ausschuss zu überweisen. Dort besteht die Möglichkeit, darüber ausführlich zu diskutieren, die Hochschulen mit ins Boot zu nehmen und abzuschichten, welchen Weg wir möglicherweise gemeinsam gehen können. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Danke schön, Kollegin Pähle. - Als Nächste spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Professor Dr. Dalbert.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde, der vorgelegte Gesetzentwurf stößt eine wichtige Debatte an, nämlich eine Debatte darum, was das Selbstverständnis unserer Hochschulen sein sollte, und das Selbstverständnis, das wir uns wünschen würden bezogen auf militärische Forschung. Das finde ich zunächst gut. - Erster Punkt.
Zweiter Punkt. Ich denke auch, dass es gut wäre, hier einen Weg zu gehen, den wir bei der Kooperation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft gegangen sind. Wir als Landtag haben das Recht, eine solche Diskussion anzustoßen, aber wir sollten am Ende die Lösung in enger Abstimmung mit den Hochschulrektoren finden. Das betrifft die Frage der Formulierung im Hochschulgesetz. Das betrifft aber auch die Frage, ob man den Weg einer Formulierung im Hochschulgesetz oder andere Wege geht. Insofern wurde eine wichtige Debatte angestoßen.
Etwas gestutzt habe ich, Herr Lange, als Sie sagten, ein solcher Gesetzesvorschlag würde den Professoren die Freiheit geben, Forschungsmittel abzulehnen. Ganz ehrlich, meine Kollegen und ich fühlen uns frei, die Dinge anzunehmen, die wir annehmen wollen, und andere abzulehnen, die wir nicht annehmen wollen. Insofern denke ich, dazu braucht es das nicht.
Es braucht das, um die Debatte zu führen, um die Sensibilisierung dafür herzustellen: Will man aus öffentlichen Forschungsmitteln militärische Forschung bezahlen oder will man das nicht? Dazu muss man eine Debatte führen und Lösungen finden. Dafür ist das ein guter Stein, den Sie ins Wasser geworfen haben, um diese Debatte anzustoßen. Wenn wir das im Ausschuss haben, werden wir uns das überlegen. Ich denke, es läuft erst einmal auf eine Anhörung hinaus, und dann werden wir Wege finden, zu einer guten Lösung zu kommen.
Ich schätze Zivilklauseln durchaus. Ich vertrete das auch in meiner eigenen Partei. Insofern bin ich bei Ihnen und Ihrem Antrag. Ich denke nur, wir müssen dann in einen Prozess eintreten.
Eines muss aber auch klar sein - das ist hier in der Debatte schon deutlich geworden; ich möchte es für meine Fraktion wiederholen -: Die Freiheit der Forschung ist durch das Grundgesetz geschützt. Insofern ist eine Zivilklausel, die Sie in das Hochschulgesetz des Landes schreiben, ein zahnloser Tiger. Sie können keinen Kollegen dazu zwingen, eine Forschung nicht zu tun, Gelder abzulehnen, weil es militärische Forschung ist. Dazu gibt es eine lange Debatte.
Deshalb finde ich es aber nicht wertlos, wenn wir uns mit den Hochschulen darauf einigen, dass es ein guter Weg ist, das ins Gesetz zu schreiben. Ich finde, wir müssen die Debatte führen. Wir müssen einen Weg finden. Wenn wir mehrheitlich der Meinung sind, dass wir keine militärische Forschung an unseren Hochschulen wollen - ich höre das jetzt ein wenig heraus, dass wir dafür vielleicht eine Mehrheit im Hohen Hause haben -, dann müssen wir einen Weg finden, das zu verankern.
Das Zweite ist ein schwerwiegendes Problem. Einige meiner Vorredner haben das Dual-Use-Problem bereits erwähnt. Damit hat sich im letzten Jahr die Leopoldina lang und umfänglich beschäftigt. Das bekommen Sie rein gesetzlich überhaupt nicht in den Griff. Deshalb geht es um die Willenserklärung und darum, welche Form einer verbindlichen Willenserklärung man findet, die ernst genommen wird.
Es ist nicht nur so, dass vielleicht Raketen zivil genutzt werden. Das beginnt bei der Erforschung der Verbesserung der Nachtsicht im Verkehr. Das Militär operiert auch nachts; die haben dann vielleicht auch etwas davon, wenn man die Nachtsicht verbessert. Oder wenn ich in meinen Bereich schaue: Stressbewältigungsprogramme für die Polizei oder die Lehrer oder die Manager. Damit kann ich auch Stressbewältigung in Krisensituationen beim Militär trainieren. Das Problem von Dual-Use bekommen wir damit überhaupt nicht in den Griff.
Aber umso mehr, finde ich, ist die Debatte wichtig, die Sie damit anstoßen. Am Ende geht es genau darum, die Debatte dazu zu führen: Wollen wir das oder wollen wir das nicht?
Was ist der Wille des Landtags? Wie können wir das mit den Hochschulen auf einen Weg bringen, auf dem uns die Hochschulen auch folgen? Dann hätten wir wirklich viel gewonnen.
Wenn sich das Klima in unseren Hochschulen durch einen Sensibilisierungsprozess so etabliert und so stabilisiert, das alle sagen, ja, genau das wollen wir; wir wollen für den Frieden forschen, wir wollen nicht für das Militär forschen, das ist unser Selbstverständnis, dann haben wir wirklich etwas
Danke schön, Frau Kollegin Dalbert. - Als nächster Redner spricht für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Harms.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist so friedlich ruhig hier im Plenarsaal wie selten. Das mag an dem Thema liegen. Deshalb, Herr Lange, herzlichen Dank. Ich denke, dass ich diese Ruhe nutzen kann, um die Position meiner Fraktion auch Ihnen zu verdeutlichen.
Der Streit um eine zivile oder militärische Nutzung der Wissenschaft ist alt, alt genug, sodass es sinnvoll ist, immer mal wieder darüber zu reden. Woher kommen wir, wo sind wir heute, wohin wollen wir, wie wollen wir uns verändern?
Nun hat Frau Professorin Dalbert schon am Beispiel des Nachtsichtgeräts erläutert, was ich zum Thema Internet oder GPS oder zum Brotmesser sagen könnte. Es sind teilweise zivile Nutzungen, von denen wir heute profitieren, die auf militärische Entwicklungen zurückzuführen sind.
- Ich höre eine leichte Unruhe. - Ich möchte Ihnen aber noch etwas anderes mit auf den Weg geben. Unsere Bundeswehr ist, zumindest nach meiner Wahrnehmung, wie keine andere Armee weltweit als Friedensarmee anerkannt.
In meinem Wahlkreis wird im Moment sehr viel investiert. Im Gefechtsfeldübungszentrum wird eine Übungsstätte aufgebaut, die nach heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen aus der Kriegs- und Konfliktforschung Lösungen anbietet. Dort kann nicht nur das Militär, diese Friedensarmee, die Bundeswehr hingehen, sondern auch viele europäische Partner. Sie können dort üben, wie sie möglichst heil wieder nach Hause kommen.
Das ist uns eine ganze Menge an Haushaltsmitteln wert, zwar nicht dem Landtag, aber dem Deutschen Bundestag. Ich freue mich, dass diese Mittel bereitgestellt werden. Ich würde mich noch mehr freuen, wenn die Hochschulen und Universitäten rings um dieses Gefechtsfeldübungszentrum ihre Aufgabe erkennen.
Damit meine ich nicht nur die Waffenforschung, sondern auch die Gesellschaftswissenschaften. Wir haben als Land erhebliche Haushaltsmittel für das GSZ in Halle, das kürzlich eröffnet wurde, bereitgestellt.
Sie sollten ihre Aufgabe erkennen und sich in die Friedens- und Konfliktforschung einbringen, damit unser Militär auch zukünftig eine anerkannte Friedenswehr bleiben kann, die möglichst ohne eigene Verluste Konflikte mit entschärft und begleitet. Das brauchen wir leider dringend in dieser Welt; darin stimme ich Ihnen zu, Frau Dr. Paschke.
Das, was Sie in Ihrem Gesetzentwurf fordern, kommt allerdings einem Frontalangriff auf die Freiheit von Lehre und Forschung gleich. Frau Professor Dalbert hat das mit viel sanfteren Worten gesagt.