Protokoll der Sitzung vom 12.04.2016

Die Wahl wird gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 der Geschäftsordnung des Landtages mit Stimmzetteln durchgeführt. Gemäß Artikel 49 Abs. 1 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt in Verbindung mit § 4 der Geschäftsordnung wird der Präsident vom Landtag auf Vorschlag der stärksten Fraktion mit der Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen gewählt.

Unserer Praxis folgend handelt es sich um die Mehrheit, wenn eine Jastimme mehr als Neinstimmen abgegeben wurde. Ich interpretiere dieses Quorum auch vor dem Hintergrund unserer langjährigen parlamentarischen Praxis so, dass die Kandidatin oder der Kandidat im Falle einer konkurrenzlosen Wahl mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gewählt ist, wenn sie oder er eine Jastimme mehr als Neinstimmen auf sich vereinigen konnte.

Ich frage Sie, ob jemand anderer Ansicht ist. - Das scheint nicht der Fall zu sein. Dann können wir so verfahren.

Eine Aussprache zum Wahlvorschlag entspricht nicht den Gepflogenheiten dieses Hauses. Entsprechend ist durch die Fraktionen kein Redebedarf angemeldet worden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Ablauf ist nun wie folgt vorgesehen: Wer dem Wahlvorschlag in der Drs. 7/3 seine Zustimmung geben möchte, der kreuzt bitte auf dem Stimmzettel bei „Ja“ an. Wer gegen ihn stimmt, der kreuzt bei „Nein“ an. Wer sich der Stimme enthalten möchte, der kreuzt bei „Enthaltung“ an.

Sie werden durch einen Schriftführer einzeln aufgerufen, erhalten hier vorn den Stimmzettel und gehen dann in die vorbereitete Wahlkabine, die sich von mir aus gesehen rechts befindet. Dort kreuzen Sie mit dem bereitliegenden Stift so eindeutig an, dass kein Zweifel über die Gültigkeit der abgegebenen Stimme entstehen kann. Anschließend geben Sie bitte den gefalteten Stimmzettel in die Wahlurne. Sie befindet sich dort, wo die beiden ehrenwerten Herren stehen, unter der Uhr.

Der Vollständigkeit halber muss ich hinzufügen: Wer den Stimmzettel beschädigt, verändert oder mit Zusätzen, Kennzeichen und dergleichen versieht oder auf sonstige Weise verändert, der macht seine Stimme ungültig.

Folgende Abgeordnete wurden von den Fraktionen zur Unterstützung der Wahldurchführung benannt: für den Namensaufruf Abg. Herr Szarata, für das Führen der Wählerliste Abg. Frau Sauermann, für die Ausgabe der Stimmzettel Abg. Herr Dr. Schmidt, für die Aufsicht an der Wahlkabine Abg. Frau Heiß und für die Aufsicht an der Wahlurne Abg. Herr Meister. - Ich bitte die genannten Abgeordneten, ihr Amt zu übernehmen.

Abg. Herr Meister überzeugt sich bitte davon, dass die Wahlurne leer ist, und bestätigt mir das bitte.

Die Wahlurne ist leer. Können Sie sie einmal zeigen?

(Olaf Meister, GRÜNE, hält die Wahlurne hoch)

Sie ist, über jeden Zweifel erhaben, leer. - Danke schön.

Ich bitte nunmehr Abg. Herrn Szarata, den Namensaufruf vorzunehmen.

(Schriftführer Daniel Szarata ruft die Mitglie- der des Landtages namentlich zur Stimm- abgabe auf)

Danke schön. - Ich bitte nunmehr die am Wahlverfahren beteiligten Abgeordneten um ihre Stimmabgabe, Abg. Frau Heiß, Abg. Herrn Meister, Abg. Frau Sauermann, Abg. Herrn Szarata, Abg. Herrn Dr. Schmidt und meine Person.

Ich frage vorsorglich: Ist nunmehr ein Mitglied des Landtages im Plenarsaal, das seine Stimme noch nicht abgeben konnte? - Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Wahlhandlung ab. Bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses unterbreche ich die Sitzung, darf Sie aber bitten, im Raum zu verweilen.

Unterbrechung: 11:57 Uhr.

Wiederbeginn: 12:05 Uhr.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bitte, die Plätze wieder einzunehmen. Wir setzen die unterbrochene Sitzung fort.

Nach der mir vorliegenden Wahlniederschrift wurde die Wahl des Präsidenten des Landtages von Sachsen-Anhalt mit folgendem Ergebnis durchgeführt: abgegebene Stimmzettel 87, ungültige Stimmzettel null, gültige Stimmzettel 87. Es gab fünf Stimmenthaltungen. Gegen den Wahlvorschlag stimmten 35 Abgeordnete; für den Wahlvorschlag stimmten 47 Abgeordnete. Damit hat der Wahlvorschlag die erforderliche Mehrheit erreicht.

(Starker, lang anhaltender Beifall bei der CDU - Beifall bei der AfD, bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Abg. Güssau, nehmen Sie die Wahl an?

Ja.

Danke schön. - Im Namen des Hohen Hauses darf ich Ihnen zur Wahl des Präsidenten des Landtags von Sachsen-Anhalt herzlich gratulieren, Ihnen alles Gute in Ihrer Amtsführung und persönlich wünschen, eine glückliche Hand und Gottes reichen Segen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich danke Ihnen allen für die guten Wünsche und das entgegengebrachte Vertrauen.

Herrn Kollegen Gürth danke ich herzlich für die solide Meisterung der Aufgaben des Alterspräsidenten.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Am 13. März 2016 waren 1,9 Millionen Wahlberechtigte in Sachsen-Anhalt aufgerufen, ihr Parlament, den Landtag, zu wählen. Von ihrem Wahlrecht machten 61 % der Wahlberechtigten Gebrauch. Das waren ca. 10 % mehr als vor fünf Jahren.

Der Landtag hat in einer groß angelegten Kampagne die Landesregierung mit Haushaltsmitteln unterstützt, um die demokratische Teilhabe zu stärken und für die Wahrnehmung des Wahlrechts zu werben. Ob diese Kampagne oder andere Umstände zum signifikanten Anstieg der Wahlbeteiligung geführt haben, kann und muss ich hier dahingestellt lassen.

Ich persönlich glaube, dass wir den Einfluss derartiger Kampagnen nicht unter- und nicht überschätzen dürfen, weil wir sonst nicht an die tatsächlichen Ursachen von Wahlenthaltung und Politikverdruss herankommen.

Politikverdrossenheit gehört zu den allgegenwärtigen Begriffen in unserer Gesellschaft. Er taucht Ende der 80er-Jahre in der öffentlichen Diskussion auf und wird 1992 durch die Gesellschaft für deutsche Sprache zum „Wort des Jahres“ erklärt. Der Duden kennt diesen Begriff seit 1994.

Dieser Terminus wird getragen von der Annahme eines vermehrt gestörten Verhältnisses wachsender Teile der Bevölkerung gegenüber der Politik und dem Establishment.

Ich bin kein Politikwissenschaftler. Aber ich bin seit Jahren auf kommunaler und Landesebene politisch aktiv und sehe zwei grundlegende Entwicklungen.

Zum einen können wir die Augen nicht davor verschließen, dass eine Politik, die immer öfter im Krisenmanagement aufgehen muss, zunehmend Vermittlungs- und Verständigungsprobleme in der Bevölkerung bekommt.

Zum anderen spüren Politiker, dass es zunehmend schwerer wird, selbst bei politisch interes

sierten Bürgerinnen und Bürgern die Bereitschaft zu wecken, sich auf die Erklärung der komplexen Rahmenbedingungen einer politischen Entscheidung einzulassen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Berechtigte oder unbegründete Angst um die Zukunft, begleitet von persönlichen Enttäuschungen und Wut auf „die da oben“ begegnen uns. Darauf müssen wir uns alle im Hohen Haus einstellen.

Schlussendlich treffen komplexe Problemlagen immer öfter auf die Erwartung, einfache Lösungen zu suchen, zu finden und zu vermitteln. Dieser Konflikt ist in letzter Konsequenz nicht aufzulösen. Aber die Lage ist nicht so hoffnungslos. Es gibt keinen Grund zu resignieren.

Wir frei gewählten Abgeordneten haben die Chance, die wertegebundenen Grundfragen hinter komplexen tagespolitischen Entscheidungen oder hinter dem Krisenmanagement aufzuspüren und diese zuerst für uns selbst und dann für alle sichtbar zu machen.

Wir frei gewählten Abgeordneten haben auch die Möglichkeit, vor den hier im Hause zu fällenden Entscheidungen mit den Bürgerinnen und Bürgern über die Entscheidungsoptionen zu sprechen und ihre Vor- und Nachteile darzustellen.

Wir frei gewählten Abgeordneten müssen auch Entscheidungen treffen, die manchmal schmerzhaft sind und keinen Applaus finden werden. Wir müssen diese Entscheidungen jedoch vor Ort erklären und vertreten.

Ich bitte Sie also eindringlich darum, Ihre Kommunikationsanstrengungen im Wahlkreis und darüber hinaus unter Nutzung möglichst aller relevanten Kommunikationsmittel zu verstärken.

Mir ist bewusst, dass dies nur ein Angebot sein kann, von dem wir nicht sicher wissen können, ob es angenommen wird oder nicht. Wir Abgeordnete haben jedoch die Pflicht, dieses Informations- und Kommunikationsangebot an die Bürgerinnen und Bürger zu richten.

Unser Mandat sehe ich nicht nur darin, Entscheidungen vorzubereiten und demokratisch zu treffen. Wir müssen uns auch stärker als bisher als Informationsquelle, als Kommunikationspartner begreifen. Wir müssen wieder stärker zu Zuhörern, zu Ansprechpartnern, zu Kümmerern vor Ort werden.

In diesem Kontext bitte ich auch die Medien und alle Akteure im Land, im Rahmen ihrer jeweiligen Verantwortung Farbe für Freiheit, Demokratie und Rechtsstaat zu bekennen und überall dort ihr Gesicht zu zeigen, wo es nottut.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Wahlkampf ist vorbei. Sie, die frei gewählten Mitglieder dieses Hohen Hauses, haben sich heute

zur konstituierenden Sitzung zusammengefunden. Es kann also losgehen.

Es ist meine feste Überzeugung, dass dieses Plenum der zentrale Ort ist, an dem über die Probleme des Landes und über zu treffende politische Entscheidungen zu streiten ist.

In diesem Streit haben wir Rechte der Mehrheit und Rechte von Minderheiten sowie Verfahrensregeln und bewährte parlamentarische Grundsätze zu beachten. Wir haben hier in diesem Hohen Haus eine parlamentarische Streitkultur und den Respekt im Umgang miteinander zu wahren.

Nach deutschem Parlamentsrecht steht der Landtagspräsident nicht über dem Haus, wie es etwa beim Speaker im angelsächsischen oder amerikanisch geprägten Parlamentarismus der Fall ist.