Einen kleinen Moment, Herr Büttner. Ich muss erst einmal die Abg. Frau Lüddemann fragen, ob sie bereit ist, darauf noch zu antworten. - Sie ist dazu nicht mehr bereit.
Wir haben noch eine Wortmeldung. - Herr Abg. Siegmund, eine Frage ist nicht möglich, weil Frau Lüddemann nicht bereit ist zu antworten.
Schauen Sie in die neue Geschäftsordnung. Danach können Sie sich für eine Frage entscheiden. Aber wenn der bzw. die Gefragte nicht bereit ist zu antworten, können Sie nicht auf eine Kurzintervention umswitchen.
- Bitte? - Sie hat es aber jetzt gesagt, und der bzw. die Abgeordnete kann verweigern, und damit ist das Fragerecht im Prinzip hinfällig.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe keine anderen Wortmeldungen mehr gesehen; daher fahren wir fort. Für die Landesregierung spricht Herr Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff. - Sie haben das Wort, Herr Ministerpräsident.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglieder des Landtages! Die Coronakrise stellt für unser Land die größte Herausforderung seit der Wiedervereinigung vor 30 Jahren dar. Einem neuen Virus, das sich rasend schnell über die gesamte Erde verbreitet, leicht übertragen werden kann und hunderttausendfach zu schweren Krankheitsverläufen und Todesfällen führt, muss mit entschie
Das haben wir in Sachsen-Anhalt getan. Wir sind dabei den Empfehlungen der Wissenschaft, wie zum Beispiel der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, gefolgt. Gewiss werden wir am Ende der Pandemie klüger sein, und gewiss wird es dann nicht wenige geben, die im Nachhinein genau wissen, was man vorher hätte besser machen müssen. Damit müssen wir leben. Ich kann nur sagen: Wir haben in Deutschland angemessen reagiert.
Wir haben uns zwischen Bund, Ländern und Kommunen abgestimmt. Wir bleiben dabei in Sachsen-Anhalt im bundesdeutschen Geleit; aber wir tragen landesspezifischen und regionalen Besonderheiten Rechnung. Damit gehen wir auch unseren eigenen Weg, den Sachsen-Anhalt-Weg. Wir wägen immer wohlüberlegt ab zwischen der Wahrung von Grundrechten und persönlicher Freiheit sowie effektiven Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit aller Menschen. Vergessen wir nicht: Die eigene persönliche Freiheit findet dort ihre Grenze, wo sie die Freiheit und das Wohlergehen des anderen gefährdet.
Dass wir die Krise bisher gut meistern konnten, liegt vor allem an den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes, an denen, die das öffentliche Leben in schwieriger Zeit am Laufen halten - ob im medizinischen Bereich, in der Altenpflege, in der Versorgung mit Waren, in der Kinderbetreuung, im Verkehrsbereich oder an anderer Stelle. Dafür gilt den Sachsen-Anhalterinnen und Sachsen-Anhaltern mein herzlicher Dank.
Aber auch für etwas anderes möchte ich danken: Die oft sehr einschneidenden Maßnahmen zur Eindämmung des Virus wurden und werden in unserem Land überwiegend diszipliniert befolgt. Dies zeigt, dass Mitmenschlichkeit und das Füreinanderdasein in Sachsen-Anhalt großgeschrieben werden. Das macht mich froh und auch stolz.
Selbstverständlich lässt sich das Herunterfahren des öffentlichen Lebens nur über eine begrenzte Zeit bewerkstelligen, sonst drohen wirtschaftliche, aber auch mentale Schäden, die nur schwer zu meistern sind. Daher gilt es immer, verantwortungsvoll abzuwägen, wie viel Schutz vor dem Virus nötig ist und wann wir mit welchen Schritten zu einem normalen Leben zurückkehren können.
Hierbei dürfen wir vorsichtig optimistisch sein. Sachsen-Anhalt steht hinsichtlich der Ausbreitung von Covid-19 heute sehr viel besser da als noch vor wenigen Wochen. Momentan verzeichnen wir tägliche Neuinfektionen von im Schnitt um die
zehn Personen, Ende März waren es noch 70 oder 80. Von insgesamt 1 618 positiv auf das Coronavirus getesteten Personen in unserem Land sind fast 1 300 wieder genesen. Wir trauern aber auch mit den Angehörigen in tiefer Anteilnahme um die am Virus verstorbenen 48 Mitbürgerinnen und Mitbürger.
In der letzten Woche haben wir uns entschlossen, Erleichterungen umzusetzen. Wir haben uns diese Entscheidung nicht leicht gemacht und wir waren dabei nicht leichtfertig. Daher wehre ich mich auch gegen Kritik von außen an unserer Entscheidung. Unser Sachsen-Anhalt-Weg ist sehr wohl von Verantwortungsbewusstsein geprägt.
In der Politik sprechen wir viel vom mündigen Bürger. Wenn das mehr ist als nur eine Phrase, dann sollten wir den Bürgerinnen und Bürgern auch Vertrauen schenken. Ich bin mir sicher: Die Menschen in unserem Land wissen sehr genau, was zu tun ist.
In Anbetracht dessen werden wir die Möglichkeiten nutzen, die sich uns nach dem Gespräch der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder mit der Bundeskanzlerin am Mittwoch eröffnet haben. Bei einem weiter zurückgehenden Infektionsgeschehen wird es weitere Erleichterungen geben.
Schon am kommenden Dienstag wird die Landesregierung dazu Beschlüsse fassen - natürlich im Zeittakt von zwei Wochen, der sich aus der Inkubationszeit nach jeder getroffenen Maßnahme ergibt.
Es wird vor allem um Ferienwohnungen, um Campingplätze und um die Gastronomie gehen. Dabei werden wir uns eng mit allen Beteiligten abstimmen. Mit den Präsidenten des Landkreistages und des Städte- und Gemeindebundes habe ich gestern besprochen, dass durch die Übertragung der Verantwortung auf Landkreise und kreisfreie Städte zum Treffen von Entscheidungen die Öffnung von Speisegaststätten mit Beginn der Pfingstferien möglich sein wird. Details zu dieser subsidiären Verfahrensweise werden wir, wie schon gesagt, am Dienstag im Kabinett treffen.
Allerdings werden wir bei einer möglichen erneuten Zunahme der Coronaerkrankungen auch erneute Beschränkungen veranlassen. Dabei werden wir regional bzw. lokal handeln. Bezieht sich eine Häufung von Coronainfektionen auf eine bestimmte Einrichtung, werden die Maßnahmen nur diese betreffen. Steigt das Infektionsgeschehen in einem Landkreis wieder auf kumulativ über 50 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner innerhalb der letzten sieben Tage, muss auch hier mit erneuten Beschränkungen reagiert werden.
Infizierten mittels digitalem Contact Tracing zu nutzen. Ich hoffe, dass die Bereitstellung einer entsprechenden App durch den Bund forciert und diese möglichst umfassend von den Bürgern genutzt wird. Allerdings wird es noch eine ganze Reihe von Wochen dauern, so die Aussage des Bundesgesundheitsministers Spahn.
Angesichts der garantierten hohen Datensicherheit muss es deshalb unsere Aufgabe sein, für die Nutzung einer solchen App zu werben. Wir werden aber in den kommenden Wochen unter der Voraussetzung eines weiter abnehmenden Infektionsgeschehens Schritt für Schritt der Normalität des täglichen Lebens ein Stück näher kommen.
Den Anfang haben wir bereits gemacht, zum Beispiel im Bereich der Schulen. Der teilweise Präsenzunterricht hat begonnen und soll nach den Pfingstferien für alle Schuljahrgänge angeboten werden. Wir haben eine erneute Ausweitung der Notbetreuung in Kindertagesstätten beschlossen und den Kreis der Anspruchsberechtigten erweitert. Gottesdienste sind wieder möglich, ebenso haben wir den Besuch von Angehörigen in Alten- und Pflegeheimen ab dem 11. Mai wieder gestattet. Dies ist natürlich nur möglich bei Einrichtungen, in denen kein aktuelles Infektionsgeschehen mit Corona vorliegt, und unter Beachtung strenger Hygienevorschriften.
Die Beachtung der geltenden Hygienevorschriften ist das A und O für die erfolgreiche Eindämmung der Covid-19-Infektionen. Das betrifft das Einhalten des Mindestabstands und das Tragen des Mundschutzes beim Einkaufen und bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel.
Besondere Verantwortung kommt aber auch hierbei den Unternehmen zu. Jedes Unternehmen ist aufgefordert, auf der Grundlage der konkreten Gefährdungslage ein Hygienekonzept zu erstellen und in eigener Verantwortung umzusetzen. Dies gilt nicht nur für Geschäfte.
Bei der Öffnung des Sport- und Trainingsbetriebs im Breiten- und Freizeitsport unter freiem Himmel müssen die bestehenden Regelungen beachtet werden. In Sachsen-Anhalt heißt das, die Abstandsregeln zu befolgen und zu garantieren, dass nicht mehr als fünf Personen zum Sport zusammentreffen.
Wir müssen uns jedoch auch darüber im Klaren sein, dass die Rückkehr zur Normalität dauern wird. Großveranstaltungen wie Volksfeste, große Konzerte oder große Sportveranstaltungen wird es mindestens bis zum 31. August bundesweit nicht geben. Für eine Entwarnung ist es nämlich noch deutlich zu früh. Das zeigt der Landkreis Greiz, der unmittelbar an den Burgenlandkreis angrenzt und mehr oder weniger auch die unmittelbare Landesgrenze zu Thüringen darstellt. Der
Landkreis Greiz ist ein absoluter Hotspot, der inzwischen auch schon Infektionen bei uns im Burgenlandkreis erzeugt hat, sodass wir uns auch immer das Umfeld anschauen müssen, wenn es darum geht, weitere Überlegungen zu Lockerungen bzw. weiteren Maßnahmen zu treffen.
Das Coronavirus ist noch lange nicht besiegt. Vieles wird davon abhängen, wie konsequent wir auch künftig die Regeln gegen die Ausbreitung des Virus befolgen, wie schnell ein Impfstoff zur Verfügung steht und wie koordiniert wir nicht nur in Deutschland, sondern auch im Rahmen der EU agieren.
Ich sage an dieser Stelle noch einmal: Solange wir keinen Impfstoff haben und keine aktive und passive Immunisierung realisieren können, ist die einzige Möglichkeit, Infektionsketten zu unterbrechen bzw. zu minimieren, der Eingriff, der von jeder Bürgerin und jedem Bürger jeden Tag im Sinne der Einhaltung der „Spielregeln“ selbst vollzogen werden kann, nämlich Abstand zu halten und all die Dinge, die wir zwar gebetsmühlenartig immer wieder sagen, die aber tagesaktuell immer wieder neu aufgerufen werden müssen.
Denn ich merke an bestimmten Stellen, wenn wir Lockerungen vornehmen, dass an anderer Stelle schon wieder eine gewisse Nachlässigkeit Eingang findet. Das können wir nicht zulassen, und ich bin dankbar, dass auch die Polizei und alle Ordnungskräfte im Lande konsequent agieren und unsere jetzt laufende Fünfte Verordnung umsetzen.
Auch wenn wir das Virus mit seinen Folgen im Griff haben, werden wir noch lange mit den Auswirkungen leben müssen. Ich spreche hier weniger von den gesundheitlichen Folgen - auch dort wird es noch viele, viele Folgeerscheinungen geben; denn wer vorhin von mir als „genesen“ bezeichnet wurde, ist noch lange nicht gesund, wie uns die Fachleute, vor allem Pulmologen, sagen - als vielmehr natürlich auch von den wirtschaftlichen und finanziellen Folgen, die wir auf jeden Fall noch viele Jahre lang sehen werden.
So werden wir weitere bundeseinheitliche Konjunkturförderprogramme sowie spezifische Förderprogramme, wie etwa Härtefallfonds für einzelne besonders stark betroffene Branchen oder Wirtschaftsbereiche benötigen. Ich denke dabei zum Beispiel an die Veranstaltungsbereiche, die Kultur- und Kreativwirtschaft, das Gastgewerbe insgesamt, das jetzt eine sehr schwierige Phase durchschreitet. Aber dort wird, wie gesagt, mit dem Beginn der Pfingstferien eine Bewegung hineinkommen, die wir dann zum 22. Mai über unsere Verordnung nochmals aufgreifen werden; denn das ist unsere zweiwöchentliche Taktung,
Aber letztendlich wird es auch dort um die Umsetzung von sehr vielen Hygienemaßnahmen gehen, die den Umsatz bzw. auch die Kundendichte und die Kundenzahl längst nicht auf das Niveau führen, wie wir das vor Corona gewöhnt sind. Auch an dieser Stelle werden die Registrierungs- und Nachverfolgungsnotwendigkeiten zu weiteren Belastungen und Einschränkungen führen.
Ebenso sollte der Bund - das ist meine Forderung - seine Bestrebungen zur Verbesserung der Möglichkeiten zum Verlustabzug weiter vorantreiben. Alles Weitere wird nachher sicher der Wirtschaftsminister noch darstellen. Auch die Gesundheitsministerin wird das von mir Gesagte in den Folgepunkten aus ihrer Sicht noch einmal ganz klar belegen, auch im Sinne der Verantwortung, die sie für den Pandemiestab hat. Ich möchte allen im Kabinett, die am Gesamtgelingen der bisherigen Arbeiten - auch der Landesregierung - beigetragen haben, meinen herzlichen Dank aussprechen.