Protokoll der Sitzung vom 11.06.2020

Da frage ich mich wirklich in Anbetracht dessen, dass in Thüringen alles, wirklich alles aufgehoben wurde und die ganz normal - -

(Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff: Das ist falsch!)

- Na ja, fast alles, sagen wir es so.

(Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff: Mund- Nasen-Schutz ist dort vorgegeben!)

- Ja, okay, Mund- und Nasenschutz ist vorgegeben.

Aber wenn sich doch niemand daran hält, dann frage ich mich allen Ernstes: Wieso sollten wir uns alle daran halten, wenn das Recht hier nicht so durchgesetzt wird, wie es eigentlich durchgesetzt werden müsste?

(Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff: Weil wir eine Vorbildwirkung haben!)

- Ja, weil wir eine Vorbildwirkung haben.

(Zurufe)

Und die Polizei hat auch eine Vorbildwirkung.

(Zuruf: Jetzt reden wir über uns!)

- So, und das ist einfach so.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Sie haben die Regeln mit abgestimmt!)

Wir können das gern so machen. Ich werde das jetzt - -

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Können wir hier bitte zu Ende sprechen, oder?

Wenn wir alle durcheinanderreden - einen kleinen Moment, Herr Kirchner -, kommt niemand mit seiner Stimme durch. Ich denke, wir sollten ihn zumindest ausreden lassen. Ich werde dann darauf antworten. - Bitte, Herr Kirchner.

Ich werde jetzt veranlassen, dass sich die Kollegen wieder so hinsetzen, wie wir es besprochen haben. Das sollte auch mal ein Denkanstoß an diejenigen sein, die hier einfach geltendes Recht durchlaufen lassen und bei allen Demonstrationen nicht einhalten.

Und zu diesen Bildtafeln muss ich sagen,

(Zurufe)

auch wir haben hier in diesem Parlament „Danke“Tafeln für die richtige Sache hochgehalten. Da ging das. Und jetzt soll das für uns - weil für uns alle Menschenleben gleich sind - plötzlich nicht gelten. Auch das verstehe ich nicht. - Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall)

Es kann natürlich jeder seine Meinung haben. Herr Fraktionsvorsitzender Kirchner, ich muss trotzdem noch einmal darauf hinweisen, dass wir eigentlich auch diejenigen sind, die Vorbild sein sollten. Wir haben es im Ältestenrat beschlossen. Es ist auch von Ihrer Fraktion nicht moniert und angekündigt worden, dass Sie diese Regelung nicht einhalten wollen. Deswegen bitte ich Sie noch einmal darum, dass wir uns hier nach unseren Ältestenratsregeln verhalten. - Vielen Dank.

Wir fahren jetzt in unserer Tagesordnung fort. Herr Minister Robra, Sie dürfen jetzt an das Pult kommen. Ich hoffe, Sie haben die Fragestellung noch im Kopf.

(Heiterkeit)

Ansonsten müsste sie der Kollege

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Aldag noch mal!)

Aldag noch mal vortragen. - Aber Herr Robra hat genickt. Also, Herr Robra, Sie haben jetzt das Wort. Bitte.

Ja. Ich glaube, das kriegen wir hin. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst eine kleine Vorbemerkung. Wenn es jetzt irgendwann mal piept, passiert nichts. Dann pumpt bei mir nur der Blutdruckmesser. Da ist nicht weiter aufregend.

(Zuruf von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)

Zweitens doch noch eine weitere Vorbemerkung

(Zuruf)

eines Juristen, der jetzt 30 Jahre lang im Land Sachsen-Anhalt dient. Dass jemand eine vorsätzliche Rechtsverletzung damit rechtfertigt, dass andere auch das Recht verletzen, ist ein Novum, auch für mich.

(Beifall)

Nun aber, meine Damen und Herren, zur Sache.

(Daniel Roi, AfD: Zeichen setzten, Herr Ro- bra!)

Wir haben - das will ich gern vorausschicken - auf eine Kleine Anfrage der Abg. Prof. Kolb-Janssen im Februar 2019 hin sehr ausführlich zur Aufarbeitung des kolonialen Erbes in Sachsen-Anhalt Stellung genommen. Wer es nachlesen möchte, kann das in der Drs. 7/3958 tun. Aber seitdem ist natürlich noch einiges geschehen.

Wir haben im Jahr 2016 beim Museumsverband eine Koordinierungsstelle eingerichtet primär für nationalsozialistisches Raubgut, aber nach dem Motto, wenn wir nun schon mal einen Erstcheck machen und in den Museen sind, dann schauen wir auch gleich nach kolonialen Zusammenhängen. Das ist anfangs auch für einige Museen von der Stiftung Deutsches Zentrum Kulturgutverluste im Rahmen dieser Erstchecks gefördert worden.

Jetzt geht es in die Tiefe. Wir haben 28 Museen in Sachsen-Anhalt mit ethnologischen Sammlungen und damit natürlich auch mit Sammlungen aus kolonialen Kontexten; das fließt ja ineinander über. Die Intensität ist sehr unterschiedlich.

Die größten Sammlungen in Stendal - von weiland Gustav Nachtigal -, aber auch in Halle sind schon zu DDR-Zeiten zum Grassi-Museum gesteuert worden, sodass wir noch relativ viele, dann allerdings zerstreute Sammlungen haben. Einige ragen heraus, beispielsweise die früher sogenannte Ständige koloniale Abteilung im Städtischen Museum Aschersleben, die in den dreißiger Jahren dort hingekommen ist, aber auch die Sammlung Riemer in Wittenberg, die nach dem Zweiten Weltkrieg und eigentlich erst nach dem Tode der Witwe von Herrn Riemer 2002 ins Städtische Museum gekommen ist. Insoweit ist also schon eine ganze Menge aufzuarbeiten.

Im März dieses Jahres - warum einige Gespräche etwas ins Stocken geraten sind, brauche ich wohl heute nicht zu erklären - hat unser Museumsverband damit begonnen, zusammen mit dem Grassi-Museum einen solchen Förderantrag, wie Sie, Herr Aldag, ihn angesprochen haben, vorzubereiten; denn wir sehen, dass im Grassi-Museum die zentralen Bestände auch ehemals aus Sachsen-Anhalt sind.

Wenn wir wirklich in die Tiefe gehen und hier die Spreu vom Weizen trennen, dann wollen unsere Museen das gerne gemeinsam mit dem GrassiMuseum tun. Der Antrag wird dann natürlich bei der nächsten Vergaberunde beim Deutschen Zentrum für Kulturgutverluste eingereicht werden.

Wir haben auch das eine oder andere, das wir sozusagen als clean betrachten können. Wir haben insbesondere vor Kurzem die Sammlung Forster im Dessau-Wörlitzer Gartenreich wiederbelebt. Das ist vielleicht eine kleine Geschichte, die ich der Vollständigkeit halber gern auch hier

kurz zum Besten geben möchte. Da hat man sich mit den Herkunftsgesellschaften verständigt, dass sie die Gegenstände gar nicht zurückhaben wollen, weil diese damals dem Forster-Sohn geschenkt worden sind. Da gilt sozusagen unser alltäglicher Grundsatz: Wiederholen ist gestohlen, wollen wir gar nicht zurück haben. Aber schon zu DDR-Zeiten waren sehr gute Repliken von den Gegenständen angefertigt worden. Diese hat dann das Dessau-Wörlitzer Gartenreich gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt in einem kleinen Festakt in Tonga übergeben. So waren am Ende alle zufrieden. Das sind so kleine Fortschrittsgeschichten, die zu erzählen sich lohnen.

Ansonsten sind wir am Ball. Es scheitert nicht an Finanzierungen, sondern wenn überhaupt, dann scheitert es an fehlender Manpower. Man kann ja immer noch mehr Leute gebrauchen, die sich darum kümmern. Aber wir sind unterwegs.

Vielen Dank, Herr Robra. - Ich sehe eine Nachfrage von Frau Abg. Lüddemann.

Die Nachfrage ist vielleicht gar nicht von Herrn Robra persönlich zu beantworten, sondern es geht ja immer an die Landesregierung. In dem Kontext ist mir eingefallen, dass wir eine Verantwortung dafür haben, die künftigen Generationen so zu erziehen, dass sie Rassismus als solchen erkennen und ablehnen lernen. Da habe ich eher den Bildungsminister im Blick. Wir haben, finde ich, ein wesentliches Instrument: Schule mit Courage, Schule gegen Rassismus. Können Sie uns sagen, inwieweit dieses Instrument, gerade jetzt unter diesen aktuellen Bedingungen, wirkt, was da gerade so passiert?

Und - das kenne ich auch aus der Gleichstellungspolitik - wesentlich ist auch, wie Schulbücher gestaltet sind. Vielleicht können Sie uns dazu noch etwas sagen. Aber vielleicht antwortet auch der Herr Bildungsminister darauf.

Herr Robra, ich sehe schon, Sie schauen zum Bildungsminister.

Einen Satz sage ich aber vorher gerne noch, damit sich der Kollege gedanklich darauf vorbereiten kann.

Die Frage 8 von Frau Prof. Kolb-Janssen betraf genau den Teil der Kleinen Anfrage: Wie wird der Kolonialismus in den Lehrplänen thematisiert? - Solche Formen der Aufarbeitung der Kolonial