Protokoll der Sitzung vom 12.06.2020

Sehr geehrte Damen und Herren! Welche Folgen hat der eingeschränkte Regelbetrieb nun vor Ort? Die meisten von Ihnen waren sicherlich schon in der einen oder anderen Kita und haben sich umgehört, wie es dort läuft. Aufgrund der getroffenen Maßnahmen, auch gemäß dem Hygieneplan, sind in den Einrichtungen stringente Vorgaben zu erfüllen. So halten sich alle Kinder wieder in ihren jeweiligen Gruppen auf, nutzen ihnen fest zugeordnete Gruppen- und Schlafräume und werden von ihnen bekannten pädagogischen Fach- und Hilfskräften betreut.

Das, meine Damen und Herren, stellt die Träger der Einrichtungen natürlich vor große Herausforderungen; denn der eingeschränkte Regelbetrieb ist mit einem erheblichen Personalaufwand verbunden. Dies führt in großen Teilen dazu, dass die Öffnungszeiten erheblich reduziert worden sind und Kinder die Kita nur eingeschränkt besuchen können. Es gibt Einrichtungen in unserem Land, die für alle Kinder nur eine Betreuung für drei Stunden am Tag anbieten.

Problematisch dabei ist, dass Eltern durch die Reduzierung der Öffnungszeiten ihren Betreuungsvertrag nicht in vollem Umfang in Anspruch nehmen können und sie sich darüber hinaus Gedanken machen müssen, wie sie für die restliche Zeit des Tages ein weiteres Betreuungsangebot organisiert bekommen. Trotzdem müssen sie den vollen Elternbeitrag zahlen. Das, meine Damen und Herren, ist für uns nicht hinnehmbar und steht in keinem Zusammenhang mit der Familienfreundlichkeit im Land.

(Zustimmung)

Gestern hatten wir die Chance, hierzu eine gesetzliche Klärung herbeizuführen. Leider fand sich dafür keine Mehrheit im Hohen Haus. So bleibt nur ein bürokratischer Flickenteppich, den Eltern und Kommunen kaum nachvollziehen können. Ich erinnere nur daran, dass die Einrichtungen am 16. März schließen mussten, die Eltern aber weiterhin ihre Beiträge zahlten.

Das Hohe Haus hat daraufhin im April die Entscheidung getroffen, allen Eltern die Elternbeiträge zu erlassen, egal ob deren Kinder in der Einrichtung betreut wurden oder nicht. Wir fanden das gut; es fand unsere Zustimmung. Im Mai wurden aber nur noch die Elternbeiträge für diejenigen Kinder übernommen, die nicht in die Kita gehen konnten. Was aber passiert jetzt im Juni?

Wir fordern die Landesregierung auf, gemeinsam mit den Kommunen nach Lösungen zu suchen, wie in den Fällen zu verfahren ist, in denen ab dem 2. Juni 2020 im Rahmen des eingeschränkten Regelbetriebes von Kindertageseinrichtungen die Kostenbeiträge zwar in voller Höhe von den Eltern erhoben werden, die vertraglich vereinbarte

Betreuungszeit in den Einrichtungen jedoch nicht gewährleistet werden kann.

Sehr geehrte Damen und Herren! In Nr. 2 unseres Antrages gehen wir auf die Umsetzung der Hygienevorschriften des Landesjugendamtes vom 26. Mai 2020 ein. Es ist richtig, dass für jede Einrichtung ein solcher Hygieneplan vorliegen muss. Wir halten das für sinnvoll. Aber für die Träger entsteht hierdurch natürlich eine sehr hohe Mehrbelastung. Diese Mehrbelastung wird in keiner Weise irgendwie finanziell ausgeglichen. Schon allein in Anbetracht der Auflagen zu den Reinigungsmaßnahmen lassen sich unsere Forderungen bekräftigen.

Ich möchte exemplarisch nur zwei Punkte aus dem sechsseitigen Maßnahmenplan erwähnen. Die Erzieherinnen sollen zum Beispiel täglich mehrfach die Handkontaktflächen, Tische, Türklinken, Fenstergriffe, Lichtschalter, Telefone, Spielgeräte, Tastaturen usw., entsprechend der Festlegung im Hygieneplan reinigen. Auch die Fußböden im Krippenbereich sind mehrmals täglich entsprechend der Festlegung im Hygieneplan zu reinigen.

Dem Vernehmen nach - das wurde uns so mitgeteilt - gab es sogar Träger, die bauliche Veränderungen in ihren Einrichtungen vorgenommen haben, indem sie sämtliche Teppiche und Auslegeware entfernt und Bodenbeläge verlegt haben, die sich besser reinigen lassen. Auch das sind natürlich erhöhte Aufwendungen, die mit Mehrkosten verbunden verbunden sind. Diese Beispiele lassen sich fortsetzen.

Der Maßnahmenplan umfasst sechs Seiten. Insoweit stellen wir fest, dass die Einrichtungen sehr umfangreiche Tätigkeiten vornehmen lassen müssen. Oftmals geschieht das durch die Erzieherinnen und Erzieher, die das neben ihrer eigentlichen Aufgabe, der Betreuung der Kinder, zusätzlich leisten müssen. Die angespannte Personalsituation im eingeschränkten Regelbetrieb wird dadurch noch zusätzlich erschwert. Den Einrichtungen muss daher der notwendige Aufwand erstattet werden, auch dann, wenn sie eine erhöhte Anzahl von Diensten vornehmen lassen müssen oder gegebenenfalls Reinigungsdienste damit beauftragen müssen.

Sie sehen, meine Damen und Herren, das Thema ist sehr brisant. Es wird uns noch über mehrere Wochen und Monate hinaus begleiten. Deshalb, denke ich, wären wir gut beraten, im Ausschuss zu schauen, welche Möglichkeiten wir finden, um Träger, Eltern und natürlich Erzieherinnen von diesen zusätzlichen Belastungen zu entlasten. Deshalb bitte ich um die Zustimmung zu unserem Antrag. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall)

Einen Moment bitte, Frau Hohmann. - Habe ich das richtig verstanden: Sie bitten um Überweisung des Antrages in den Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration?

(Monika Hohmann, DIE LINKE: Ja, in den Sozialausschuss!)

- Gut, alles klar. - Soll der Antrag auch in den Finanzausschuss überwiesen werden?

(Zuruf: Finanzen auch? - Monika Hohmann, DIE LINKE: Ja, doch, machen wir! - Weitere Zurufe)

- Gut, dann machen wir das so.

Es ist vereinbart worden, zu diesem Tagesordnungspunkt keine Debatte zu führen. Deshalb stimmen wir jetzt ab. Wer für die Überweisung des Antrages in der Drs. 7/6120 in den Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration sowie in den Ausschuss für Finanzen stimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das ist das komplette Haus. Gibt es Gegenstimmen? - Sehe ich nicht. Gibt es Stimmenthaltungen? - Sehe ich auch nicht. Damit ist der Antrag in die genannten Ausschüsse überwiesen worden und der Tagesordnungspunkt 19 ist erledigt.

Wir kommen zu dem letzten Tagesordnungspunkt für heute. Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 20

Erste Beratung

Gastronomiebetriebe und Marktgewerbetreibende unterstützen - Sondernutzungsgebühren erstatten

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 7/6123

Einbringerin ist die Abg. Frau Buchheim. Sie haben sofort das Wort.

Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Einzelhandel und die Gastronomie sind von der Coronakrise besonders hart betroffen. Neben den hohen Umsatzverlusten sind sie in der Situation, ihr Geschäftsmodell zu überdenken, Kreativität zu entwickeln und zum Teil neue Wege einzuschlagen. Zwar gibt es den Onlinehandel und den Liefer- und Abholservice. Allerdings sollte das für viele nur eine Übergangslösung für die Zeit des Shutdowns sein.

Insbesondere für unsere Städte ist es wichtig, dass das Geschäftsleben in den Einkaufsstraßen wieder läuft. Wenn Gastronomie und Einzelhandel

für immer ihre Türen schließen müssen, dann wäre dies ein erheblicher Schaden für die Entwicklung unserer Städte.

(Beifall)

Es gibt zwar staatliche Hilfen; diese allein reichen aber nicht aus. Es sind weitere Wege und Lösungen gefragt, wie man die Gewerbetreibenden vor Ort in Zeiten einer Pandemie unterstützen kann. Darauf, werte Kolleginnen und Kollegen, zielt der vorliegende Antrag ab.

Die meisten Betriebe in der Gastronomie haben die Grenzen der wirtschaftlichen Belastbarkeit längst erreicht und stehen nahe am Abgrund. In Speisegaststätten und Schankwirtschaften sind größere Menschenansammlungen mit räumlicher Enge nach der Sechsten Eindämmungsverordnung ausgeschlossen. Dem soll durch das Erfordernis von Tischen in entsprechenden Abständen Rechnung getragen werden.

Jeder weiß mittlerweile, was die Einhaltung dieser Vorschriften in der Praxis bedeutet. Insbesondere für die kleinen gastronomischen Betriebe geht damit eine existenzielle Gefährdung einher. Die Praxis zeigt, dass die Kundschaft angesichts der bestehenden Beschränkungen, der existierenden Ängste und der finanziellen Einbußen ausbleibt.

Auch Ladengeschäfte haben die Abstands- und Hygieneregeln sowie die Zugangsbegrenzung gemäß der sechsten Eindämmungsverordnung einzuhalten. Das Tragen einer textilen Barriere ist für Kunden verpflichtend und schreckt viele vom Einkauf in Geschäften ab.

(Unruhe)

Für die Gewerbetreibenden aller Bereiche bedeuten die derzeitigen Auflagen den Einsatz von mehr Personal und höhere Kosten.

Bereits jetzt ist zu resümieren: Der erhoffte Ansturm und Umsatz nach der Wiedereröffnung der Geschäfte blieb im Handel und in der Gastronomie aus. Mittlerweile fragen sich Gastronomen, ob es sich unter den vorherrschenden Umständen überhaupt noch lohnt zu öffnen. Die Gastronomie berichtet nach der Wiedereröffnung von Umsatzrückgängen in Höhe von etwa 60 %. Diese sind begründet in dem zurückhaltenden Konsumverhalten der Menschen, dem eingeschränkten Gastro-Erlebnis und der minimierten Platzanzahl aufgrund der Auflagen. Viele Gäste und Kunden bevorzugen aus Unsicherheit einen Platz im Freien.

Dieser wiederum ist, sofern möglich, mit erheblichen Kosten für den Gastronomen verbunden. Für Tische und Stühle im Außenbereich zahlt man beispielsweise in Halle je Quadratmeter 4 € im Monat, in Magdeburg zwischen 70 Cent und 1,47 € und in Köthen 1 €.

Warenauslagen im Außenbereich kosten in Halle zwischen 6,25 € und 10 € je Quadratmeter im Monat, in Magdeburg zwischen 1,68 € und 3,54 € und in Köthen 16 €.

Nun mag man auf den ersten Blick sagen, das sei doch nicht viel Geld. Letztlich summiert sich das für die Gewerbetreibenden. Bei schlechtem Wetter hat man das Nachsehen.

Bereits seit Jahren klagen die Gewerbetreibenden über diese zusätzliche Kostenlast. In der jetzigen Zeit muss man überlegen, ob die zusätzlichen Kosten überhaupt zu decken sind.

(Zustimmung)

Handel und Gastronomie sorgen sich daher berechtigterweise um ihre Existenz. Für große Lokale und Geschäfte lohnt sich der Betrieb mit wenigen Gästen bzw. wenig Kundschaft nicht. Es ist betriebswirtschaftlich nicht darstellbar.

Allerdings hat man auch eine Verpflichtung gegenüber dem Personal und der Stammkundschaft. Gerade in der Gastronomie zeichnet sich seit Jahren ein Personalproblem ab. Man kann sich auch denken, dass diese Bereiche nicht über eine erforderliche Kapitaldecke verfügen, um die Krise zu meistern. Dann ist es letztendlich eine Frage der Zeit, wie lange die Gewerbetreibenden durchhalten.

Wir wissen doch alle: Nicht nur die vielen kleinen Läden kämpfen ums Überleben, sondern auch unsere Kommunen im Land kämpfen bereits seit Jahren mit einem Ladensterben und einem Verwaisen der Städte.

Die Krise schafft Tatsachen, wenn die Kommunen nicht zusätzlich mit ihren Möglichkeiten unterstützen. Daher ist in verschiedenen Kommunen die Überlegung herangereift, auf die Sondernutzungsgebühren in der Innenstadt für dieses Kalenderjahr und sogar darüber hinaus zu verzichten.

(Zustimmung)

Ich kenne Beispiele in Weißenfels, Gardelegen, Halberstadt, Stendal, Hettstedt und auch in Halle, wo über das Thema diskutiert wird. Einzelhändler sowie Betreiber von Gaststätten und Restaurants sollen nach unseren Vorstellungen für die Aufstellung von Tischen, Stühlen Verkaufsständen und Werbeträgern im Außenbereich nicht mehr bezahlen.

Mit diesem Gebührenverzicht soll ein Signal der Wertschätzung und der Solidarität als eine der wenigen Möglichkeiten der Kommune gegenüber den dort tätigen Händlern und Gastronomen gesetzt werden.

Mit dieser Regelung kann den Gastronomiebetrieben durch Flächenerweiterung ermöglicht wer

den, alle bisher vorhandenen Tische und Stühle mit dem notwendigen Abstand weiter zu bewirtschaften, die Läden können Kleinwarenauslagen im Außenbereich nutzen.