Christi Buchheim
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Vielen Dank. - Herr Krull, Sie haben in Ihrer Rede ausgeführt, dass § 56a Abs. 1 KVG den Kommunalaufsichtsbehörden auch das Recht einräumt, die pandemische Lage in den Landkreisen auszurufen.
In der Stadt Dessau, so habe ich heute gelesen, gibt es kaum Fälle. In der derzeitigen Situation kommen sie ganz gut weg. Es gibt auch Kommunen, die in der letzten Zeit unter Einhaltung von Abstands- und Hygieneregeln Präsenzsitzungen ohne Weiteres durchführen, ohne dass es dabei Probleme gibt.
Sie loben sonst die kommunale Selbstverwaltung immer sehr hoch. Meine Frage ist: Warum wollen Sie nicht erst einmal den Weg gehen - klar, das Gesetz ist erst vor Kurzem erlassen worden -, dass die Landkreise, die unterschiedliche Infektionszahlen aufweisen, selbst entscheiden, ob sie von den Rechten nach § 56a Abs. 1 KVG Gebrauch machen?
Vielen Dank. - Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen. Zur Genese des Gesetzes wurde bereits ausreichend vorgetragen. Für uns bleibt festzustellen, dass die Rechtsunsicherheit in den Kommunen allein mit der Erlasslage des Innenministeriums geschaffen wurde. Wir vertreten weiterhin die Auffassung, dass unsere Kommunalverfassung ausreichende Optionen bereithält, um die Handlungsfähigkeit der Kommunen sicherzustellen.
Zwischenzeitlich hat die Kommunalpolitik auch gut funktioniert. Durch die Wahl größerer Versammlungsräume und die Einhaltung der Schutz- und Hygienemaßnahmen waren Präsenzsitzungen
durchführbar. An dieser Stelle möchte ich die Gelegenheit nutzen, mich im Namen der Fraktion bei den Verwaltungsmitarbeitern für die vielen organisatorischen Umsetzungen und bei den Kommunalpolitikern für ihre in der Krise geleistete Arbeit zu bedanken.
In den letzten Monaten ist es trotz der vorliegenden Krisensituation gelungen, die Ratsarbeit sicherzustellen. In außergewöhnlichen Notsituationen sollen nunmehr notwendige Sitzungen der Vertretungen als Videokonferenz zulässig sein. Ohne Zweifel muss die Digitalisierung auch auf der kommunalen Ebene Einzug halten. Der Gesetzgeber verlagert jedoch technische und datenschutzrechtliche Fragen auf die Kommunen.
Die im Landtag bereits durchgeführten Ausschusssitzungen per Telefon- oder Videokonferenz haben die vorhandenen Schwachstellen aufgezeigt. Bis heute ist eine technische Umsetzung hier im Hohen Haus nicht garantiert. Auf der kommunalen Ebene arbeiten viele Räte - man muss sagen - noch nicht digital. Es fehlen vielerorts die entsprechenden Strukturen. Daran werden die eröffneten Möglichkeiten scheitern. Es wird wohl eher darauf hinauslaufen, Erfahrungen zu sammeln. Ohnehin müssten zunächst Hauptsatzungen und Geschäftsordnungen angepasst werden, sodass die Neuregelungen kaum zeitnah greifen können.
Sinnvoll wäre es gewesen, einzelne Ratsmitglieder, denen eine Teilnahme an der Sitzung aus Gründen des Infektions- oder Gesundheitsschutzes nicht möglich ist, per Videokonferenz zuzuschalten. Dies ermöglicht der Gesetzentwurf leider nicht. Ausdrücklich wurde sogar darauf hingewiesen, dass das nicht gewünscht ist. Die Sitzung soll komplett als Präsenzsitzung oder als Videokonferenz abgehalten werden. Das ist für uns nicht nachvollziehbar. In der aktuellen Situation wird dieser Teil des Gesetzesvorhabens wenig helfen. Aus vorgenannten Gründen werden wir uns zum Gesetzentwurf der Stimme enthalten.
Die Sicherstellung anstehender Wahlen ist zweifelsohne ein wichtiges Kriterium. Es gibt drei Handlungsoptionen: Augen zu und durch, Verschiebung des Wahltermins - hier allerdings der Hinweis, dass das für die Landtagswahl nicht möglich ist - und eben die Briefwahl für alle.
Das Bundesverfassungsgericht hat sich wiederholt mit dem Instrument der Briefwahl auseinandersetzen müssen und diese für mit dem Grundgesetz vereinbar befunden. Lediglich eine begründungslose Briefwahl wäre nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Es obliegt dem Gesetzgeber, die Briefwahl vor erkennbaren Missbräuchen zu schützen. Verfassungsrechtlich halten wir den Weg, allein die Landeswahlleiterin zur Entscheidung zu ermächtigen, für erheblich bedenklich. In unseren Augen hat eine solche Entscheidung allein das Parlament zu treffen.
Wenn der Fall einer höheren Gewalt vorliegt, sehen wir allerdings die Gefahr, dass das Parlament nicht mehr entscheiden kann. Deshalb ist die vorliegende Regelung im Wahlgesetz alternativlos, verfassungsrechtlich jedoch auch in unseren Augen bedenklich. Auch darin liegt unsere Enthaltung zum Gesetzentwurf begründet.
Eine Pandemie stellt sowohl für Wählerinnen und Wähler als auch für Wahlhelfer eine Gefahr für Leib oder Leben dar. Rechtliche Gutachten kommen zu dem Ergebnis, dass bei einer tatsächlich bestehenden Unmöglichkeit der Durchführung der Urnenwahl eine reine Briefwahl ausnahmsweise zulässig sein kann. Die Hürden sind hoch. Die Entscheidung darf nicht vorschnell getroffen werden und die Entscheidung muss im Nachgang einer gerichtlichen Überprüfung standhalten.
Daran muss sich letzten Endes die Entscheidung messen lassen.
Vor diesem Hintergrund lehnen wir den Antrag in der Drs. 7/6677 ab. Bei der Abstimmung über den Änderungsantrag in der Drs. 7/6726 werden wir uns der Stimme enthalten. - Vielen Dank.
Herr Roi, ich gehe davon aus, dass Sie wissen, wie das Wahlverfahren für den Ortsbürgermeister abläuft.
Vor dem Hintergrund frage ich: Meinen Sie nicht, dass derjenige sich dann sehr wohl überlegt, ob er seinen Ortschaftsrat mitnimmt oder nicht und ob er von seiner Alleinentscheidung dort Gebrauch macht? - Ich würde gern noch einmal wissen, worin Ihr Misstrauen begründet ist.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir kommen jetzt zu einem ganz anderen Thema, aber ich befürchte, dass die Debatte nicht weniger hitzig ausfallen wird.
Auf der kommunalen und der Landesebene werden Entscheidungen getroffen, die das alltägliche Lebensumfeld auch der jungen Bürgerinnen und Bürger direkt betreffen. Gerade deshalb ist es eine Verpflichtung der Landespolitik, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass auch junge Menschen sich aktiv einbringen können. Mit unserem Gesetzentwurf wollen wir dieser Verpflichtung nachkommen und Jugendlichen, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, die politische Teilhabe an Landtags- und Kommunalwahlen ermöglichen.
Wir als LINKE fordern das aktive Wahlrecht ab 14 und wollen gleichzeitig die Debatte um die Absenkung des aktiven Wahlalters eröffnen. Eines ist klarzustellen: Es ist eine rein politische Entscheidung. Verfassungsrechtliche Probleme gibt es nicht. Schließlich werden durch das aktive Wahlrecht keine Pflichten begründet, sondern das Recht zu wählen.
Bereits in Brandenburg, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein dürfen Jugendliche mit
16 Jahren auf der Landesebene wählen. Auf der kommunalen Ebene ist das bereits viel weiter verbreitet. Da stellt sich dann sehr schnell die Frage, warum Jugendlichen mit 16 Jahren in Sachsen-Anhalt die Wahl auf kommunaler Ebene erlaubt wird, nicht aber auf der Landesebene. Ist das noch zeitgemäß?
Ein vernünftiger Grund ist für uns nicht erkennbar.
Bereits an dieser Stelle sei mir der wichtige Hinweis erlaubt: Klagen gegen die Absenkung des Wahlalters hatten vor den Verfassungsgerichten keinen Bestand. So wurde zuletzt die Klage der AfD gegen die Absenkung des Wahlalters auf kommunaler Ebene in Thüringen abgewiesen.
Auch angesichts der Tatsache, dass sich deutschlandweit Hunderttausende Schülerinnen und
Schüler bei den Demonstrationen für Fridays for Future engagieren und dort ihre Meinung kundtun, ist es angezeigt, diesen jungen Menschen die Möglichkeit der direkten politischen Beteiligung zu geben.
Die Interessen von Kindern und Jugendlichen finden in der Politik bisher nur in geringem Maße Beachtung. Mit der Absenkung des Wahlalters kann und soll dem entgegengewirkt werden. Bereits seit vielen Jahren läuft das Projekt U18Wahlen. Kinder und Jugendliche treffen entsprechende Vorbereitungen. Sie setzen sich mit den Formalien einer Wahl, mit den Programmen der
Parteien und deren Kandidaten auseinander und debattieren. Das Interesse an Politik wird so bereits in jungen Jahren geweckt.
Junge Menschen beschäftigen sich also nicht nur mit Politik, sie bringen auch eigene, junge Themen ein. So ist derzeit im Land zunehmend eine Bildung von Kinder- und Jugendgemeinderäten zu verzeichnen. Warum soll man ihnen mehr demokratische Teilhabe weiterhin verweigern? - Mit der Herabsetzung des Wahlalters wäre eine Motivation verbunden, sich mit politischen Inhalten stärker auseinanderzusetzen. Durch Projekte in Schulen und außerschulische Angebote würde die politische Sozialisation gefördert werden.
Es ist unstrittig, dass Jugendliche in der heutigen Zeit ein verstärktes Interesse an politischen Prozessen und Entscheidungen zeigen. Eine angebliche Politikverdrossenheit ist hingegen empirisch nicht zu belegen. Mangelndes Interesse an Politik kann somit nicht als Kriterium zur Beurteilung einer Eignung zur Ausübung des Wahlrechts herangezogen werden; denn dieses ist auch innerhalb der erwachsenen Bevölkerung sehr unausgeglichen. Niemand kommt auf die Idee, all jenen das aktive Wahlrecht zu entziehen, die sich nicht ausreichend für Politik interessieren.
In ständiger Rechtsprechung wurde die Verknüpfung der Ausübung des aktiven Wahlrechts an die Erreichung eines Mindestalters als mit dem Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl verträglich angesehen. Mit der Festsetzung eines Mindestalters soll der Zweck verfolgt werden, bei der Ausübung des Wahlrechts den erforderlichen Grad an Reife und Vernunft für die Wahl sicherzustellen.
Verschiedene sozialwissenschaftliche Analysen zeigen auf, dass junge Menschen heute bereits deutlich vor dem 16. Lebensjahr den Höhepunkt ihrer kognitiven Entwicklung erreicht haben. So können Jugendliche ab einem Alter von ungefähr 14 Jahren über ihr eigenes Lebensumfeld hinausblicken, sich für Vorgänge und Entscheidungen interessieren, die nicht nur sie allein betreffen, und sie sind sozial und moralisch urteilsfähig. Sie sind in der Lage, verantwortlich zu handeln und ihr Verhalten zu reflektieren.
Dass Jugendlichen ab 14 Jahren bereits ein größeres Verantwortungsbewusstsein zugerechnet wird, sieht man an der Möglichkeit, einer Partei beizutreten und die Religion selbst zu wählen. Mithin spricht in unseren Augen nichts gegen eine Absenkung des aktiven Wahlalters.
Gemäß der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es dem Gesetzgeber verboten, bestimmte Bevölkerungsgruppen aufgrund besonderer, nicht von jedermann erfüllbaren Bedingun
gen auszuschließen. Es ist mit unseren Verfassungsprinzipien unvereinbar, vor einer Wahl zu prüfen, ob Wählerinnen und Wähler geistig in der Lage sind, die Bedeutung einer Wahl und die dabei zu treffende Entscheidung vollumfänglich zu erfassen. Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages hat festgestellt, dass die Fähigkeit, aktiv an der Lösung gesellschaftlicher Probleme gestalterisch teilzunehmen, kein Kriterium für die Gewährung des Wahlrechts ist. Es gibt schließlich auch kein Höchstwahlalter.
Bereits im Jahr 2002 stellte die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages zum demografischen Wandel in ihrem Abschlussbericht fest, dass aufgrund des demografischen Wandels ein Ausgleich der politischen Artikulationschancen von Kindern und Jugendlichen notwendig ist. Es besteht die Gefahr, dass die ältere Generation aufgrund ihres strukturellen Wählergewichts die politische Agenda zu stark bestimmt und Zukunftsthemen verdrängt. Eine Umfrage des Deutschen Kinderhilfswerks hat ergeben, dass zwei Drittel der Jugendlichen der Ansicht sind, dass die Interessen junger Menschen bei politischen Entscheidungen zu wenig berücksichtigt werden.
Somit droht ein Vertrauensbruch zwischen Jugendlichen und der Politik, der in Ansätzen bereits heute wahrgenommen werden kann. Man muss der Politik unterstellen, sie hätte kein Interesse an Jugendlichen. Umso mehr ist ein Korrektiv geboten. Dem kann mit der Absenkung des Wahlalters entgegengewirkt werden. Wenn junge Menschen wählen können, wird sich die Politik verstärkt auch an ihren Interessen ausrichten. Für Jugendliche ist die Absenkung des Wahlalters somit ein Signal dafür, dass die Politik ihre Bedürfnisse ernst nimmt, Jugendliche an der Gestaltung ihrer Zukunft teilhaben lässt und nicht über ihre Köpfe hinweg entscheidet.
Fassen wir zusammen: Es wird deutlich, dass es kein legitimes Kriterium gibt, mit dem die willkürliche Festsetzung der derzeitigen Altersgrenzen bei Wahlen begründet werden kann. Im Gegenteil: Die derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisse zeigen eher auf, dass einer Herabsetzung des Wahlalters auf das 14. Lebensjahr nichts entgegensteht.
Lassen Sie es mich betonen: Durch eine Absenkung des Wahlalters entsteht für Jugendliche aus dem aktiven Wahlrecht keine Pflicht, wählen zu gehen; vielmehr wird denen, die politisch interessiert sind und die sich einbringen wollen, die Möglichkeit eröffnet, sich aktiv zu beteiligen. Mit einer Absenkung des Wahlalters entsteht aber für uns als Politiker die Pflicht, die Bedürfnisse,
Interessen und Ansichten von Jugendlichen bei unseren Entscheidungen verstärkt zu berücksichtigen.
Zuletzt hat ein Gesetzesvorstoß in NordrheinWestfalen für die Herabsenkung des Wahlalters bei Landtagswahlen auf 16 Jahre zu breiter Zustimmung bei Schülern, Wissenschaftlern, Politologen und Jugendverbänden geführt. Die dortige Landesschülervertretung hat sich im Rahmen der Anhörung für eine Absenkung der Altersgrenze für das aktive und passive Wahlrecht auf 14 Jahre ausgesprochen. Damit wurde eine Möglichkeit eröffnet, unmittelbar auf die Politik Einfluss zu nehmen und für die eigene Zukunft einzustehen.
Das Deutsche Kinderhilfswerk führt in seiner Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf aus, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler seien sich darin einig, dass die kognitiven Fähigkeiten zu politischen Einschätzungen ab einem Alter von etwa 13 Jahren vollständig entwickelt seien. In manchen Bereichen seien Jugendliche Erwachsenen sogar überlegen. Ihnen wird die Fähigkeit zugesprochen, Wahlentscheidungen mit globalen Konsequenzen und mit Bezug zum Allgemeinwohl zu treffen. Die Stellungnahme des Deutschen Kinderhilfswerks endet mit folgendem Fazit - ich zitiere -:
„Argumente, die notwendig gegen eine Absenkung des Wahlalters sprechen, halten einer fachlichen Begutachtung nicht stand und müssen als das bezeichnet werden, was sie sind: Pseudoargumente.“
Meine Rede möchte ich mit folgendem treffenden Zitat aus der Stellungnahme des Landesjugendrings Nordrhein-Westfalen beenden, die im Rahmen der Anhörung zu dem in Nordrhein-Westfalen eingebrachten Gesetzentwurf vorgelegt wurde. Ich zitiere:
„Partizipation ist dabei eine Frage der Haltung. Sie fußt auf der Bereitschaft von Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern, Macht abzugeben, paternalistische Ansätze zu verwerfen und Kindern und Jugendlichen auf Augenhöhe zu begegnen.“
In diesem Sinne bin ich gespannt auf die Ausschussberatungen und beantrage die Überweisung des Gesetzentwurfes in den Innenausschuss und in den Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Herr Krull, Sie haben gesagt, Sie können als CDU-Fraktion dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht zustimmen. Wenn jetzt der Gesetzentwurf die Absenkung des Wahlalters bei den Landtagswahlen von 18 auf 16 Jahre, also nicht auf 14 Jahre, vorsehen würde, würde das dann Ihre Meinung ändern? - Das wäre meine erste Frage.
Die zweite Frage: Womit rechtfertigen Sie, dass Jugendliche mit 16 Jahren bei den Kommunalwahlen wählen dürfen und ihnen bei den Landtagswahlen kein Wahlrecht eingeräumt wird? - Dazu hätte ich gern eine Begründung. Das war mir nämlich noch nicht ausreichend.
Noch eine Nachfrage. Die Schulpolitik ist ja stets und ständig Thema bei uns im Hohen Haus. Am stärksten betroffen von den Auswirkungen sind gerade die Schülerinnen und Schüler. Trauen Sie ihnen dort ein Mitspracherecht nicht zu?
Vielen Dank. - Ich muss ehrlich sagen, dass ich von den Ausführungen der Ministerin sehr schockiert war. Ich denke, uns allen ist etwas klar: Wenn wir hier Änderungen vornehmen, dann
bestimmen wir auch, wann diese in Kraft treten können und sollen. Dass das für die Landtagswahl im nächsten Jahr nicht mehr zu schaffen ist, ist uns klar. Aber es ist wichtig, dass wir die Debatte führen und dass wir uns bewegen, damit in diesem Bereich endlich Änderungen erfolgen.
Ich bin wirklich von der Äußerung schockiert, dass Sie den Jugendlichen die Fähigkeit der Kommunikation mit der Regierung absprechen.
Wenn ich diese Äußerung richtig vernommen habe, dann muss ich ehrlich sagen, dass ich sehr schockiert bin.
Zur Verweigerungshaltung der AfD-Fraktion. Das war mir völlig klar. Von ihr bin ich nichts anderes gewohnt. Dazu kann ich nur noch einmal sagen, dass Sie in Thüringen erfolglos dagegen geklagt haben, und das ist bezeichnend.
Ich denke, die Quellen zu den wissenschaftlichen Analysen können wir Ihnen alle noch nennen. Das wird sicherlich ein Thema im Rahmen einer Anhörung werden. Damit kann man sich noch umfassend auseinandersetzen. - Vielen Dank.
Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zwei Gerichtsurteile beunruhigen die Kommunalverwaltungen in allen Bundesländern. Mit Urteil vom 23. November 2017 hat der Bundesgerichtshof die Haftung einer Verbandsgemeinde, die einen künstlich angelegten, jedoch naturnah gestalteten Badesee als öffentliche Einrichtung betreibt, festgestellt und die Regeln für eine Badeaufsicht verschärft. Danach ist die Schwimmaufsicht verpflichtet - ich zitiere -,
„den Badebetrieb und damit auch das Geschehen im Wasser zu beobachten und mit regelmäßigen Kontrollblicken daraufhin zu überwachen, ob Gefahrensituationen für die Badegäste auftreten. Dabei ist der Beobachtungsort so [zu] wählen, dass der gesamte Schwimm- und Sprungbereich überwacht und auch in das Wasser hineingeblickt werden kann, was gegebenenfalls häufigere Standortwechsel erfordert“.
Der Bundesgerichtshof führt weiter aus - ich zitiere -:
„Zu den Aufgaben der Aufsichtspersonen in einem Schwimmbad gehört es weiter, in Notfällen für rasche und wirksame Hilfeleistung zu sorgen“.
Im Falle eines Unglücks hat der Betreiber nach dem BGH zu beweisen, dass er alles für die Sicherheit getan hat und das Unglück nicht abwendbar war.
Im Februar 2020 folgte die nächste wegweisende Entscheidung. Ein Amtsgericht in Hessen verurteilte den Bürgermeister der Gemeinde Neukirchen wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen zu einer Geldstrafe auf Bewährung, nachdem in einem Dorfteich in seiner Gemeinde drei kleine Kinder auf tragische Weise ertrunken waren. Ein Schild hatte darauf hingewiesen, dass Eltern für ihre Kinder haften. Dennoch vertrat das Gericht die Rechtsauffassung, dass der Teich aufgrund der bestehenden Verkehrssicherungspflicht hätte eingezäunt werden müssen und dass damit der Bürgermeister die Verantwortung trägt.
Das Gericht warf ihm also vor, dass das Gewässer nicht ausreichend gesichert war. Das Urteil ist zwar noch nicht rechtskräftig, die Unsicherheit in den Kommunalverwaltungen aus Angst vor Konsequenzen ist groß, da die Tendenz zu zunehmend strengeren Haftungsmaßstäben in der Rechtsprechung erkennbar ist.
Im Ergebnis ist festzustellen, dass eine Kommune damit rechnen muss, dass ein Gewässer mit bädertypischem Ausbau, wie etwa einem Steg, von Bürgern als Badestelle genutzt wird und damit die Kommune in der Pflicht ist und die Badeaufsicht an dem Gewässer gewährleisten muss.
Der Kommunale Schadensausgleich als Versicherer der Kommunen hat zu entsprechender Vorsicht gemahnt. Für diejenigen, die kein Risiko tragen möchten, wurde die Empfehlung ausgesprochen, Badestege zu sperren oder zurückzubauen bzw. den See komplett zu sperren. Allein das Aufstellen eines Schildes mit der Aufschrift „Baden auf eigene Gefahr“ führe nicht zum Haftungsausschluss.
Seitdem gibt es bundesweit immer wieder Berichte darüber, dass Kommunen aus Angst Badestellen an Seen schließen, Stege abbauen, Zäune errichten oder nur noch sogenannte naturnahe Badestellen übrig lassen. So haben beispielsweise auch in Sachsen-Anhalt der Klietzer und der Kamerner Ortsbürgermeister die Badestellen aufgrund der immensen Verunsicherung gesperrt. Die Kritik der Kommunen bezieht sich neben der bestehenden Unsicherheit auch darauf, dass sie sich eine Badeaufsicht oftmals wirtschaftlich nicht leisten können und darüber hinaus nicht genügend Rettungsschwimmer zu finden sind.
Dieses Thema hat auch schon Abgeordnete anderer Fraktion umgetrieben. Mit Kleinen Anfragen an die Landesregierung haben sowohl der Abg. Herr Keindorf in der KA 7/3462 als auch der Abg. Herr Meister in der KA 7/3516 entsprechende Auskünfte von der Landesregierung zu Haftungsfragen gefordert. Die Antworten der Landesregierung in den Drs. 7/5828 bzw. 7/5877 verweisen im Wesentlichen auf die kommunale Selbstverwaltung und auf das Hinweisblatt des Kommunalen Schadensausgleichs der ostdeutschen Bundesländer. Die Landesregierung leitet keinen Handlungsbedarf ab und will dieses Thema offensichtlich aussitzen.
Das Problem wird sich allerdings nicht von selbst lösen. Deshalb fordern wir mit unserem Antrag eine landesgesetzliche Regelung, die schnell Rechtssicherheit für die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie für die Badegäste schafft. Schleswig-Holstein hat mit seinem Badesicherheitsgesetz als erstes Bundesland reagiert. Mit diesem Gesetz wurde ein klarer rechtlicher Rah
men bei der Ausweisung und dem Betrieb von Badestellen geschaffen.
Darin wird geregelt, wann öffentliche Badestellen einer Beaufsichtigungspflicht unterliegen, in welchem Umfang die Badeaufsicht zu gewährleisten ist und wie Beschilderungen aussehen müssen, damit sie rechtssicher sind. Dabei unterscheidet das Gesetz drei Gruppen: kostenpflichtige Badestellen, Badestellen, von denen für die Badenden unvorhersehbare oder atypische Gefahren ausgehen, und den Meeresstrand.
Das Landeswassergesetz, das in § 18 den Gemeingebrauch der oberirdischen Gewässer regelt, wurde durch Einfügung der Worte „auf eigene Gefahr“ ergänzt. Mit dem Gesetz wird sichergestellt, dass sich nur bei ausgewiesenen Badestellen die konkreten Sicherungs- und Rettungsmaßnahmen nach den örtlichen Gegebenheiten wie Größe, Frequentierung, Ausstattung und Gefahrenquellen der jeweiligen Badestelle richten, jeweils unter Berücksichtigung der zivilrechtlichen Verkehrssicherungspflichten.
Für den Fall, dass eine Badeaufsicht nicht gewährleistet werden kann, muss das Fehlen der Badeaufsicht durch ein unmissverständliches Hinweisschild sichtbar kenntlich gemacht werden. Mit dem Gesetz wurde die Landesregierung in Schleswig-Holstein zudem ermächtigt, nähere Regelungen zum Umfang der Badeaufsicht, zu Anforderungen an die Aufsichtspersonen, zu den erforderlichen Sicherungs- und Rettungsvorkehrungen sowie zur Kennzeichnung der Badestellen und zur Überprüfung der Sicherungs- und Rettungsvorkehrungen per Verordnung zu treffen.
Dies ist kein Eingriff in die vom Innenministerium hoch gelobte kommunale Selbstverwaltung, da letztlich immer die Gemeinde selbst prüfen muss, wie sie die Verkehrssicherungspflichten erfüllt. Die Entscheidungsbefugnis verbleibt bei den Gemeinden. Mit klaren Kriterien wurde die Entscheidung durch dieses Gesetz mit der Schaffung eines einheitlichen und verbindlichen Rechtsrahmens erleichtert.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Kommunen warten auf eine einheitliche gesetzliche Regelung. Diese ist, wie uns SchleswigHolstein zeigt, leistbar und, wie das einstimmige Abstimmungsergebnis im dortigen Landtag zeigte, von einem breiten Konsens getragen. Ich habe keinen Zweifel daran, dass dies auch in SachsenAnhalt möglich ist. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Ich bin froh, dass wir die Debatte angestoßen haben und dass schlussendlich aus allen Fraktionen das Signal kam, dass insoweit Handlungsbedarf besteht.
Ich denke, dass wir nach der Überweisung in den Innenausschuss dort gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden eine entsprechende Lö
sung finden werden. Egal wie sie aussieht: Wichtig ist, dass eine Lösung gefunden wird und wir für Rechtssicherheit sorgen. Wir müssen den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern letztlich die Angst vor der Haftung nehmen und damit auch dafür sorgen, dass die Badeseen im nächsten Jahr wieder uneingeschränkt nutzbar sind und sich alle im rechtssicheren Rahmen bewegen. Ich freue mich auf die Diskussionen. - Danke.
Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll die kommunale Handlungsfähigkeit in Pandemiezeiten aufrechterhalten werden. Nachdem die Erlasslage des Innenministeriums durch uns scharf kritisiert wurde, soll nunmehr der gesetzliche Rahmen für die Einführung neuer Formen der Beratung und Beschlussfassung der kommunalen Vertretungen geschaffen werden und damit wieder Rechtssicherheit in der Gremienarbeit einkehren.
Da das derzeitige Kommunalverfassungsrecht außergewöhnliche Krisensituationen nicht kennt, sollen für derzeitige und künftige Krisen- und Sondersituationen Regelungen geschaffen werden, die dem Grundsatz der Öffentlichkeit der Sitzungen der Vertretung als eines der wesent
lichen Grundprinzipien des Kommunalverfassungsrechts zukünftig Rechnung tragen und die eine Option zu Präsenzsitzungen sind. So sollen auch das Internet für öffentliche Bekanntmachungen der Kommunen sowie elektronische Abstimmungen zugelassen werden.
In außergewöhnlichen Notsituationen - diese wären noch näher zu definieren - sollen notwendige Sitzungen der Vertretung zukünftig als Videokonferenz zulässig sein. Lediglich Wahlen können auf diesem Wege nicht durchgeführt werden. Dabei hat die Kommune sicherzustellen, dass die technischen Anforderungen und die datenschutzrechtlichen Bestimmungen für eine ordnungsgemäße Durchführung der Videokonferenzsitzung einschließlich Beratung und Abstimmung eingehalten werden.
Lässt man die Schaffung dieser Voraussetzungen hier im Parlament Revue passieren, so verliert man, denke ich, schnell den Glauben, dass dies auf kommunaler Ebene, ganz zu schweigen von dem Netzausbau und den notwendigen Finanzen, schnell umzusetzen ist. Hierbei sehen wir auf jeden Fall Beratungsbedarf.
Aus der Erfahrung mit der Umsetzung der bisherigen Erlasse ergibt sich für uns auch Diskussionsbedarf zu der erforderlichen Vorberatung in einer Präsenzsitzung, vor allem aber auch zur Einhaltung der Einwohnerfragestunde und zur Sicherstellung der Transparenz der getroffenen Entscheidung, also dem Abstimmungsverhalten der einzelnen Mitglieder.
Die Regelung in § 100 Abs. 1 Satz 5 begrüßen wir ebenso wie die Regelungen zu den haushaltsrechtlichen Vorschriften.
Die in § 161 Abs. 2 des Kommunalverfassungsgesetzes vorgesehene Feststellung einer „außergewöhnlichen Notlage mit landesweiten Auswirkungen“ mit einer Feststellungsfrist von gleich drei Monaten ist zu hinterfragen. Dies gilt auch für die angedachte Möglichkeit der Verlängerung, die nach unserer Ausfassung durch eine erneute Feststellung durch das Parlament ersetzt werden sollte.
Die Vielzahl vorgesehener unbestimmter Rechtsbegriffe, wie „höhere Gewalt“ in § 56 des Wahlgesetzes sowie in § 68 des Kommunalwahlgesetzes, die „außergewöhnliche Notlage mit landesweiten Auswirkungen“ in § 161 des Kommunalverfassungsgesetzes oder die „außergewöhnliche Notsituation“ in § 56a des Kommunalverfassungsgesetzes sind nach unserer Auffassung näher zu definieren.
Die Sicherstellung anstehender Wahlen ist ein wichtiges Kriterium. Es gibt hierbei drei Handlungsoptionen: Augen zu und durch, die Verschiebung des Wahltermins oder die Briefwahl für
alle. Letztere Alternative soll zukünftig greifen. Die Briefwahl ist nach der bestehenden Rechtslage nur als Ausnahme und auf Antrag möglich. Die physische Stimmabgabe an der Wahlurne sollte unter Beachtung des Infektionsschutzes immer Priorität haben. Die Briefwahl für alle sollte also nur dann stattfinden, wenn sie erforderlich ist, um die Wahl und die Periodizität der Wahlen zu sichern. Die Briefwahl ermöglicht es einem Wähler, seine Stimmabgabe offenzulegen oder seine Stimme kontrolliert abzugeben oder seine Stimme einem Dritten zu überlassen.
Mit Blick auf Stendal fordern wir daher vom zuständigen Innenministerium, jegliche Anstrengung zu unternehmen, um einen Missbrauch zu verhindern und etwaige Manipulationen auszuschließen. Die entsprechende Sensibilisierung und Schulung der entsprechenden Verwaltungsbediensteten und der Wahlhelfer hat oberste Priorität.
Nun noch kurz zu unserem Änderungsantrag. Wir fordern eine angemessene Ausstattung der Fraktionen und damit die Unterstützung des Ehrenamtes.
Mit der Rückkehr zur ursprünglichen Regelung in § 98 Abs. 3 des Kommunalverfassungsgesetzes soll der bestehenden Situation Rechnung getragen werden, dass viele Kommunen im Jahr 2019 keinen Ausgleich des Finanzhaushaltes erreichten und die Vorschriften zur Haushaltskonsolidierung unzureichend sind. Ich verweise an dieser Stelle auf unseren Antrag in der Drs. 7/5547 mit dem Hinweis, dass wir uns weitere Änderungsanträge vorbehalten.
Die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen soll um den Gesundheits- und Sozialbereich und die erneuerbaren Energien erweitert werden. Des Weiteren beinhaltet unser Änderungsantrag die Aufnahme von umfassenden Prüfrechten der örtlichen und überörtlichen Prüfer bei kommunalen Unternehmen in Privatrechtsform, die Gewährleistung eines Beteiligungsmanagements, die Ausweitung der Prüfrechte des Landesrechnungshofes auf kreisangehörige Gemeinden und Verbandsgemeinden sowie ein eigenständiges Prüfrecht des Landesrechnungshofes für Leistungen, die von privaten Trägern auf der Basis von Vergütungsvereinbarungen im Rahmen des SGB VIII, des SGB XI und des SGB XII erbracht werden. - Vielen Dank.
Nein, eigentlich nicht. Ich meine, dass die Kommunen dafür zuständig sind, dass sie die Fraktionen bzw. die Gemeinderäte insgesamt ausreichend finanzieren. Wir haben momentan das Problem - dazu gab es auch schon einmal eine Kleine Anfrage -, dass nicht in alle Haushalte Geld für die Fraktionen eingestellt wird. Das wollen wir damit sicherstellen.
Ja, um eine Gleichbehandlung herbeizuführen.
Dann eben: Ja. Darüber müssen wir uns dann, denke ich, im Ausschuss verständigen. Wir hatten es schon einmal vorgelegt. Damals haben Sie es abgelehnt. Darüber können wir uns gern noch einmal verständigen.
Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Einzelhandel und die Gastronomie sind von der Coronakrise besonders hart betroffen. Neben den hohen Umsatzverlusten sind sie in der Situation, ihr Geschäftsmodell zu überdenken, Kreativität zu entwickeln und zum Teil neue Wege einzuschlagen. Zwar gibt es den Onlinehandel und den Liefer- und Abholservice. Allerdings sollte das für viele nur eine Übergangslösung für die Zeit des Shutdowns sein.
Insbesondere für unsere Städte ist es wichtig, dass das Geschäftsleben in den Einkaufsstraßen wieder läuft. Wenn Gastronomie und Einzelhandel
für immer ihre Türen schließen müssen, dann wäre dies ein erheblicher Schaden für die Entwicklung unserer Städte.
Es gibt zwar staatliche Hilfen; diese allein reichen aber nicht aus. Es sind weitere Wege und Lösungen gefragt, wie man die Gewerbetreibenden vor Ort in Zeiten einer Pandemie unterstützen kann. Darauf, werte Kolleginnen und Kollegen, zielt der vorliegende Antrag ab.
Die meisten Betriebe in der Gastronomie haben die Grenzen der wirtschaftlichen Belastbarkeit längst erreicht und stehen nahe am Abgrund. In Speisegaststätten und Schankwirtschaften sind größere Menschenansammlungen mit räumlicher Enge nach der Sechsten Eindämmungsverordnung ausgeschlossen. Dem soll durch das Erfordernis von Tischen in entsprechenden Abständen Rechnung getragen werden.
Jeder weiß mittlerweile, was die Einhaltung dieser Vorschriften in der Praxis bedeutet. Insbesondere für die kleinen gastronomischen Betriebe geht damit eine existenzielle Gefährdung einher. Die Praxis zeigt, dass die Kundschaft angesichts der bestehenden Beschränkungen, der existierenden Ängste und der finanziellen Einbußen ausbleibt.
Auch Ladengeschäfte haben die Abstands- und Hygieneregeln sowie die Zugangsbegrenzung gemäß der sechsten Eindämmungsverordnung einzuhalten. Das Tragen einer textilen Barriere ist für Kunden verpflichtend und schreckt viele vom Einkauf in Geschäften ab.
Für die Gewerbetreibenden aller Bereiche bedeuten die derzeitigen Auflagen den Einsatz von mehr Personal und höhere Kosten.
Bereits jetzt ist zu resümieren: Der erhoffte Ansturm und Umsatz nach der Wiedereröffnung der Geschäfte blieb im Handel und in der Gastronomie aus. Mittlerweile fragen sich Gastronomen, ob es sich unter den vorherrschenden Umständen überhaupt noch lohnt zu öffnen. Die Gastronomie berichtet nach der Wiedereröffnung von Umsatzrückgängen in Höhe von etwa 60 %. Diese sind begründet in dem zurückhaltenden Konsumverhalten der Menschen, dem eingeschränkten Gastro-Erlebnis und der minimierten Platzanzahl aufgrund der Auflagen. Viele Gäste und Kunden bevorzugen aus Unsicherheit einen Platz im Freien.
Dieser wiederum ist, sofern möglich, mit erheblichen Kosten für den Gastronomen verbunden. Für Tische und Stühle im Außenbereich zahlt man beispielsweise in Halle je Quadratmeter 4 € im Monat, in Magdeburg zwischen 70 Cent und 1,47 € und in Köthen 1 €.
Warenauslagen im Außenbereich kosten in Halle zwischen 6,25 € und 10 € je Quadratmeter im Monat, in Magdeburg zwischen 1,68 € und 3,54 € und in Köthen 16 €.
Nun mag man auf den ersten Blick sagen, das sei doch nicht viel Geld. Letztlich summiert sich das für die Gewerbetreibenden. Bei schlechtem Wetter hat man das Nachsehen.
Bereits seit Jahren klagen die Gewerbetreibenden über diese zusätzliche Kostenlast. In der jetzigen Zeit muss man überlegen, ob die zusätzlichen Kosten überhaupt zu decken sind.
Handel und Gastronomie sorgen sich daher berechtigterweise um ihre Existenz. Für große Lokale und Geschäfte lohnt sich der Betrieb mit wenigen Gästen bzw. wenig Kundschaft nicht. Es ist betriebswirtschaftlich nicht darstellbar.
Allerdings hat man auch eine Verpflichtung gegenüber dem Personal und der Stammkundschaft. Gerade in der Gastronomie zeichnet sich seit Jahren ein Personalproblem ab. Man kann sich auch denken, dass diese Bereiche nicht über eine erforderliche Kapitaldecke verfügen, um die Krise zu meistern. Dann ist es letztendlich eine Frage der Zeit, wie lange die Gewerbetreibenden durchhalten.
Wir wissen doch alle: Nicht nur die vielen kleinen Läden kämpfen ums Überleben, sondern auch unsere Kommunen im Land kämpfen bereits seit Jahren mit einem Ladensterben und einem Verwaisen der Städte.
Die Krise schafft Tatsachen, wenn die Kommunen nicht zusätzlich mit ihren Möglichkeiten unterstützen. Daher ist in verschiedenen Kommunen die Überlegung herangereift, auf die Sondernutzungsgebühren in der Innenstadt für dieses Kalenderjahr und sogar darüber hinaus zu verzichten.
Ich kenne Beispiele in Weißenfels, Gardelegen, Halberstadt, Stendal, Hettstedt und auch in Halle, wo über das Thema diskutiert wird. Einzelhändler sowie Betreiber von Gaststätten und Restaurants sollen nach unseren Vorstellungen für die Aufstellung von Tischen, Stühlen Verkaufsständen und Werbeträgern im Außenbereich nicht mehr bezahlen.
Mit diesem Gebührenverzicht soll ein Signal der Wertschätzung und der Solidarität als eine der wenigen Möglichkeiten der Kommune gegenüber den dort tätigen Händlern und Gastronomen gesetzt werden.
Mit dieser Regelung kann den Gastronomiebetrieben durch Flächenerweiterung ermöglicht wer
den, alle bisher vorhandenen Tische und Stühle mit dem notwendigen Abstand weiter zu bewirtschaften, die Läden können Kleinwarenauslagen im Außenbereich nutzen.
Es ist zwar nur ein kleiner Beitrag zur Existenzsicherung der Betriebe, wir halten es aber für ein wichtiges Signal in diesen schwierigen Zeiten. Denn die Außengastronomie und die im öffentlichen Raum platzierten Warenangebote machen in den Sommermonaten einen erheblichen Anteil des Umsatzes bei den Restaurants und Geschäften aus.
Und selbstverständlich muss eine Sondernutzung nach wie vor genehmigt werden. Rettungs- und Laufwege sind nach wie vor freizuhalten.
Letztlich kommt dieses Vorhaben allen Bürgerinnen und Bürgern zugute, wenn unsere Kommunen weiterhin durch ein vielseitiges Angebot kleiner Läden und gastronomischer Einrichtungen lebendig bleiben und auch der Wochenmarkt wieder ein lebendiger Ort wird.
Wenn diese Maßnahme unseren Gewerbetreibenden hilft, schneller wieder auf die Beine zu kommen und gar die Krise zu bewältigen, schlägt sich das schließlich auch in der Gewerbesteuer nieder. Die damit erleichterte Möglichkeit der Nutzung von Außenbereichen ist auch ein Signal an die Kundschaft, im Freiluftbereich in sicherer Atmosphäre die Angebote der Gewerbetreibenden in Anspruch zu nehmen.
Der Verzicht auf die Sondernutzungsgebühren ist von den kommunalen Vertretungen zu beschließen. Nun mag der Beschluss in den reichen Kommunen relativ unkompliziert sein, doch auch diese Kommunen stehen aufgrund sinkender Wirtschaftskraft und sinkender Einnahmen sowie steigender Ausgaben unter Druck.
Denn auch viele kommunalen Einrichtungen waren oder sind noch geschlossen, wodurch Einnahmen wegfallen, während Kosten weiter anfallen und zusätzliche Kosten entstehen. Die Einnahmen aus dem kommunalen Anteil an der Einkommensteuer werden durch Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit zurückgehen. Gewerbesteuerzahlungen wurden in den Kommunen bereits gestundet bzw. angepasst.
Mithin stehen viele Kommunen selbst vor einem finanziellen Kollaps. Führt man sich das vor Augen, dann könnte in Sachsen-Anhalt ein weiterer Flickenteppich dahin gehend entstehen, dass nur finanzstarke Kommunen Sondernutzungsgebühren erlassen und viele andere Kommunen hierauf nicht verzichten können.
Daher zielt unser Antrag darauf ab, mit Unterstützung des Landes eine landesweite einheitliche
Lösung und Entlastung für Gastronomie, Markttreibende und Einzelhandel zu finden. Über einen unbürokratischen Weg zwischen Kommune und Finanzministerium soll dann die Erstattung des Gebührenausfalls erfolgen.
Und ja, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, seit der letzten Woche existiert ein 130 Milliarden € umfassendes Konjunkturprogramm, in dessen Mittelpunkt die Ankurbelung des privaten Konsums steht. Zudem sollen auch den Kommunen einige Milliarden aus dem Paket zufließen.
Kernstück des beschlossenen Papiers ist die vorübergehende Senkung der Mehrwertsteuer. Zur Sicherung der Existenz von kleinen und mittelständischen Unternehmen soll für einen coronabedingten Umsatzausfall ein Programm für Überbrückungshilfen aufgelegt werden. Hiervon sollen gerade die besonders hart betroffenen Branchen in der Gastronomie profitieren.
Die Überbrückungshilfe soll für die Monate Juni bis August gewährt werden und für Unternehmen gelten, deren Umsätze coronabedingt im April und Mai 2020 um mindestens 60 % gegenüber April und Mai 2019 rückgängig gewesen sind und deren Umsatzrückgänge in den Monaten Juni bis August 2020 um mindestens 50 % fortdauern.
Erstattet werden sollen Anteile der fixen Betriebskosten. Selbst Minister Willingmann hat in seiner Pressemitteilung vom 4. Juni kritisiert, dass die Überbrückungshilfen für kleine und mittlere Unternehmen viel zu kurz gegriffen seien. Viele Branchen werden auch danach mit erheblichen Umsatzeinbußen zu kämpfen haben. Mit der Beschränkung auf fixe Betriebskosten wird der Unternehmerlohn nicht berücksichtigt.
Vor diesem Hintergrund ist und bleibt der vorliegende Antrag weiterhin ein wichtiges Signal an diese Gruppe von Betroffenen. Daher bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag.
Vielen Dank. - Ich freue mich natürlich, dass wir mit diesem Antrag eine umfassende Diskussion angestoßen haben, dass heute das Signal erfolgt, dass man den Unternehmerlohn, wie wir ihn nennen, erstatten möchte und dass man dazu ein Programm im Land auflegen will. Das ist natürlich positiv hervorzuheben. Daher freuen wir uns natürlich auf die Ausschussberatung.
Man muss bei dem Ganzen auch im Blick haben, dass nicht alle Gaststätten die Möglichkeit haben, eine Außengastronomie zu betreiben. Gerade für sie ist es auch wichtig, dass sie weitere Hilfen erhalten; ihnen wäre nämlich mit diesem Antrag nicht geholfen.
Ich freue mich auch über den Hinweis von Herrn Erben, der gleich eine Lösung präsentiert hat, dass man den Kommunen nämlich die entgangenen Einnahmen aus Sondernutzungsgebühren über Pauschalen ausgleicht, um den Verwaltungsaufwand möglichst gering zu halten; denn es gibt viele andere Verfahren, bei denen die Kommunen ihre Kosten belegen müssen und hierfür Personal einsetzen müssen. Wir wissen auch alle, dass ein Personaldefizit in den Kommunalverwaltungen besteht.
Überdies wurde angesprochen, dass gerade Kommunen, die sich in der Haushaltskonsolidierung befinden, auf Einnahmen nicht verzichten
können. Gerade deswegen wollen wir, dass für alle einheitlich die Möglichkeit besteht, von dieser Maßnahme Gebrauch zu machen. Ich habe auch keine Bedenken, dass das nicht relativ zeitnah umgesetzt wird, wenn man das Signal aussendet, dass eine Erstattung erfolgen wird. Viele von uns sind kommunalpolitisch aktiv und jeder ist froh, wenn er einen solchen Antrag in seinem Rat präsentieren kann.
Insofern brauche ich weiter nicht viel zu sagen und freue mich auf die Ausschussberatung.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Werte Kolleginnen und Kollegen! Mit Urteil vom 23. April 2015 - AZ III ZR 195/14 - hat der BGH festgestellt, dass Beschlüsse rechtswidrig sind - ich zitiere -,
„[…] wenn bei der Beschlussfassung des Gemeinderats die Vorschriften der Ge
meindeordnung über die Öffentlichkeit der Gemeinderatssitzung verletzt worden sind.“
Er führt weiter aus - Zitat -:
„Der Grundsatz der Öffentlichkeit der Gemeinderatssitzung gehört zu den wesentlichen Verfahrensbestimmungen des Gemeinderechts.“
Unsere Kommunalverfassung schreibt in § 52 Abs. 1 vor, dass Sitzungen der Vertretung und der Ausschüsse öffentlich sind. Absatz 2 enthält dazu Einschränkungen, wobei festzustellen ist, dass eine mögliche Infektionsgefahr kein Ausschlussgrund für die Öffentlichkeit der Sitzungen ist. Absatz 4 sieht vor, dass Zeit, Ort und Tagesordnung der Sitzungen der Gremien rechtzeitig ortsüblich bekanntzumachen sind.
Unsere Kommunalverfassung spricht sich also für die sogenannte Saalöffentlichkeit aus. Das Prinzip der Öffentlichkeit findet sich in allen Kommunalverfassungen und ist ein tragender Grundsatz des Kommunalrechts. Mit dem Öffentlichkeitsprinzip soll das Handeln der kommunalen Vertretungsorgane transparent sein und das Vertrauen der Bevölkerung in die kommunalen Vertretungen gestärkt werden. Damit gehört das Öffentlichkeitsprinzip zu den Säulen kommunaler Demokratie.
Dieses Prinzip wurde in allen Kommunen gelebt. Doch dann kam Corona. In dieser Krise stellte sich die Frage, wie die Vertretungen demokratisch handlungsfähig bleiben. Ohne Zweifel ist das gesundheitspolitische Ziel, die Eindämmung der Pandemie, die Sicherung der Krankenhausversorgung und der gesundheitliche Schutz besonders gefährdeter Bevölkerungsgruppen gegenüber der Einschränkung von Grundrechten abzuwägen. Dennoch darf diese Abwägung nicht dazu führen, dass die demokratische Kontrolle außer Kraft gesetzt wird.
Sie darf in einer Krise nicht zur Disposition stehen. Während die Eindämmungsverordnungen das Selbstorganisationsrecht der kommunalen Gremien nicht einschränkten, wurde per Runderlass des Innenministeriums vom 23. März 2020 in Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden auf der Grundlage von § 143 Abs. 4 der Kommunalverfassung ab sofort bis zunächst zum 30. April 2020 eine Befreiung von einzelnen Regelungen der Kommunalverfassung erteilt und insbesondere das Öffentlichkeitsprinzip, also die tragende Säule der Demokratie, für diese Zeit außer Kraft gesetzt.
Danach sollen dringende Angelegenheiten, die keinen Aufschub dulden, ausnahmsweise in einem an § 54 Satz 2 angelehnten vereinfachten schriftlichen Verfahren beschlossen werden kön
nen. Zudem sollen keine inhaltlichen Beschränkungen für dieses Verfahren gelten.
Auch das Internet wird für öffentliche Bekanntmachungen der Kommunen zugelassen. Für diesen Fall ist eine Änderung der Hauptsatzung notwendig, die wiederum nach Auffassung des Innenministeriums im vereinfachten schriftlichen Verfahren beschlossen werden kann. In der Folge kam es zur Absage von sogenannten Präsenzsitzungen. Es regte sich aber auch Widerstand bei den Kommunalpolitikern. Teilweise wurden dann doch Präsenzsitzungen abgehalten, allerdings zum Teil unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Mit dem Erlass wurde offensichtlich wissentlich in Kauf genommen, dass das Kommunalverfassungsgesetz keine Ermächtigung für das Innenministerium enthält, generelle Ausnahmen von zwingenden Vorschriften zuzulassen. Damit wurden Rechtsunsicherheiten geschaffen, da der Grundsatz der Öffentlichkeit, wie die anfangs von mir zitierte Entscheidung des BGH bestätigt, tragend für die Wirksamkeit von Beschlussfassungen der kommunalen Gremien ist. In den Kommunen wurde der Erlass großzügig ausgelegt und angewendet. Dass die Kommunen damit Gefahr laufen, dass gefasste Beschlüsse damit rechtswidrig bzw. nichtig sind, nahm das Innenministerium offensichtlich in Kauf.
Dass ausgerechnet aus dem Haus des Innenministers, aus der Feder mehrerer Juristen, solche rechtswidrigen Handlungsempfehlungen stam
men, ist offen zu kritisieren und zu missbilligen.
Blickt man auf die übrigen Bundesländer, so stellt man folgenden Konsens fest: Erstens. Sitzungen der Vertretungen sollen in der Coronakrise auf das absolut Notwendige beschränkt werden. Zweitens. Der Grundsatz der Öffentlichkeit der Sitzungen der Vertretung als eines der wesentlichen Grundprinzipien des Kommunalverfassungsrechts ist einzuhalten.
Auch andere Bundesländer haben die sogenannte Experimentierklausel als Grundlage für die Einführung neuer Formen der Beratung und Beschlussfassung der kommunalen Vertretungen in Betracht gezogen. Allerdings kamen sie übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass diese Vorschrift es gerade nicht gestattet, grundsätzliche Entscheidungen des Gesetzgebers auszusetzen. Die Einführung neuer Formen der Beratung und Beschlussfassung der kommunalen Vertretungen ist und bleibt dem Gesetzgeber vorbehalten.
Um Kommunalparlamente handlungs- und beschlussfähig zu halten, muss eine rechtssichere Handlungsgrundlage für die Dauer der aktuellen Coronapandemie, aber gegebenenfalls auch vorsorglich für zukünftige Ausnahmesituationen ge
schaffen werden. Dies ist mit dem angegriffenen Erlass gerade nicht geschehen; deshalb können wir den beschönigenden Alternativantrag der Koalitionsfraktionen auch nicht mittragen. Änderungen an der Kommunalverfassung obliegen dem Gesetzgeber. Hierzu können wir uns im Innenausschuss gern zu Lösungsansätzen verständigen.
Wie diese anstatt des fragwürdigen Erlasses schon hätten aussehen können, zeigt ein Blick in die anderen Bundesländer. Dort wurden bereits teils befristete Änderungen der Kommunalverfassungen beschlossen bzw. werden noch beraten. Brandenburg hat mit seinem Gesetz zur Sicherstellung der Handlungsfähigkeit der brandenburgischen Kommunen in außergewöhnlicher Notlage eine Verordnungsermächtigung für den Innenminister beschlossen. Sowohl die Verordnungsermächtigung als auch die aufgrund dieses Gesetzes erlassene Verordnung wurden befristet.
Andere Bundesländer haben mit entsprechenden Hinweisen per Erlass darauf verwiesen, dass die kommunalverfassungsrechtlichen Vorschriften
ausreichenden Spielraum bieten, um über die Durchführung von Sitzungen der Gremien in Abhängigkeit von den örtlichen Gegebenheiten und der weiteren Entwicklung der Lage flexibel entscheiden zu können.
Festzuhalten bleibt: Wir als Landesparlament haben uns auch um den Gesundheitsschutz der kommunalen Vertretungen zu kümmern und sind für die entsprechenden Weichenstellungen zuständig. Das Handeln des Innenministeriums war rechtswidrig. Ausreichend wären einfache Hinweise gewesen, da der rechtliche Rahmen unserer Kommunalverfassung ausreichenden Spielraum bietet, um über die Durchführung von Sitzungen im Hinblick auf die weitere Entwicklung der Coronapandemie flexibel entscheiden zu können.
Der Gesetzgeber hat bereits für den Fall, dass der Gemeinderat bzw. der Kreistag nicht beschlussfähig ist, eine Regelung getroffen, die die Handlungsfähigkeit sichert. Insoweit verweise ich auf § 55 Abs. 2 und 3 der Kommunalverfassung, die in der Kommentierung übrigens Notbeschlussfassung genannt werden.
Erwartet hätten wir daher, dass das Innenministerium Hinweise dahin gehend erteilt hätte, wie man unter den derzeit bestehenden rechtlichen Möglichkeiten in Verbindung mit organisatorischen Maßnahmen die Handlungsfähigkeit der kommunalen Vertretungen sichert.
Das wären die Verlegung von Sitzungen und Durchführung von Präsenzsitzungen nur für dringende Angelegenheiten, Beschlussfassungen bei Gegenständen einfacher Art nach § 54 Satz 2 und die Nutzung der sogenannten Notbeschlussfassung. Alle diese gesetzlichen Regelungen bieten
ausreichenden Handlungsspielraum. Daneben
wären Kapazitätsbeschränkungen für Besucher, die Begrenzungen von Sitzungs- und Redezeiten und Pairing-Vereinbarungen zulässige Möglichkeiten. Im Zweifel verbliebe immer noch die Eilentscheidung des Hauptverwaltungsbeamten nach § 65 Abs. 4.
Mit unserem Antrag haben wir die bestehende Problemlage aufgezeigt und zunächst mit dem Auslaufen des ersten Erlasses entsprechende Abhilfe gefordert. Offensichtlich war man sich dessen zwischenzeitlich selbst bewusst geworden; denn man hat die Kommunen nunmehr mit dem neuen Erlass vom 29. April 2020 darauf hingewiesen, dass die im Umlaufverfahren gefassten Beschlüsse in späteren Präsenzsitzungen durch Beschluss bestätigt werden müssen.
Dieser Erlass trägt allerdings unserem Begehren nur zum Teil Rechnung. Um die Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit der kommunalen Vertretungen auch in Krisenlagen zu sichern, sollten entsprechende gesetzliche Änderungen vorgenommen werden, wenn man meint, dass die bestehenden Regelungen der Kommunalverfassung nicht ausreichend sind. Die Beibehaltung der derzeitigen Rechtslage, die Berücksichtigung der Erlasslage führt in der Konsequenz weiterhin zu Rechtsunsicherheiten.
Die Erweiterung des Umlaufverfahrens ist aufgrund der Bedeutung des Öffentlichkeitsprinzips keine zulässige Option zur Vermeidung von Sitzungen. Soweit die Koalitionsfraktionen mit ihrem Alternativantrag unter Punkt 3 die Beteiligung der Öffentlichkeit online sicherstellen möchten, halten wir auch das für problematisch, da praktisch Einwohnerfragestunden außer Kraft gesetzt werden. Zudem ist die technische Umsetzbarkeit - Stichwort: Barrierefreiheit - nicht überall gewährleistet.
Zum Abschluss noch folgender Hinweis: Zwischenzeitlich gibt es mindestens eine Kommunalaufsichtsbehörde, die darauf hingewiesen hat, dass die mit diesem Erlass eröffnete Möglichkeit eines vereinfachten schriftlichen Verfahrens rechtlich nicht sicher ist, da der Erlass gesetzliche Regelungen nicht außer Kraft setzen könne. Es sollen sogar bereits entsprechende Verfahren anhängig sein, die nach Auffassung der Kommunalaufsichtsbehörde Saalekreis Aussicht auf Erfolg haben können. Deshalb hat die Kommunalaufsichtsbehörde davon abgeraten, Satzungsänderungen im vereinfachten schriftlichen Verfahren zu beschließen. Dies war im Erlass vom 23. März 2020 noch ausdrücklich empfohlen worden. Mit Erlass vom 29. April 2020 wird nunmehr empfohlen, darauf zu verzichten.
Ja. - Die Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen legen einen Alternativantrag vor, der diesen Murks auch noch rechtfertigt.
Ich hätte mit Blick auf Brandenburg mehr erwartet. - Vielen Dank.
Vielen Dank. - Herr Minister, würden Sie den Kommunen raten, Beschlüsse, die nach der Erlasslage gefasst worden sind, in den nächsten Präsenzsitzungen zu bestätigen und, wenn ja, warum?
Meine zweite Frage: Würden Sie den Erlass mit Datum vom 23. März so noch einmal herausgeben?
Vielen Dank. - Ich möchte ein paar Dinge klarstellen, Herr Krull. Wenn Sie hier sagen, die Kommunen wären sonst gar nicht in der Lage gewesen, Entscheidungen zu treffen, dann sage ich Ihnen einmal, was passiert ist. Die Gemeinde Südliches Anhalt hat eine Entscheidung treffen müssen, die dringend war. Die haben normal eine Sitzung abgehalten, weil sie wussten, da gibt es sehr viel Diskussionsbedarf. Es ging nämlich um die Schulentwicklungsplanung. Dann hat man vorsorglich, was zulässig ist, 15 Minuten später eine zweite Sitzung einberufen. So etwas geschieht dann, wenn man nicht beschlussfähig ist; dann kann man wenigstens ordnungsgemäß tagen und Entscheidungen treffen. Das ist passiert. Das ist zulässig. Aber was ist dann passiert? Was ist geschehen? Man hat die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Damit hat man nach dem Erlass gehandelt und die Kommunen stehen vor Problemen. Das ist das, was wir hier kritisieren. Das hätte nicht passieren dürfen.
Man hat den Kommunen hierdurch Probleme bereitet, als ob diese durch die Coronakrise nicht schon genug Probleme hätten.
Der Erlass hat zu rechtswidrigem Verhalten aufgerufen. Das hat auch Herr Meister gesagt. Selbst Oberbürgermeister Trümper - so habe ich Sie verstanden - hat gesagt: Nach dem Erlass dürfen wir nicht mehr tagen. Wir können jetzt das Umlaufverfahren nutzen.
- Da ich kommunalpolitisch unterwegs bin, kenne ich solche Geschichten, die gelaufen sind.
Letzten Endes gibt es Entscheidungen im Umlaufverfahren, wo manch einer dasitzt und sich fragt: Was ist denn da jetzt entschieden worden? Da wurden Änderungsanträge gestellt, weil man vorher die Dinge nicht diskutieren konnte. Ich weiß nicht, ob dann abgestimmt wurde. Ich glaube, es gibt danach, wenn diese Beschlüsse bestätigt werden sollen, noch sehr viel Diskussionsbedarf. Was dann durch die kommunalen Vertretungen an Ergebnissen bestätigt wird und Beschlüsse, die offensichtlich dann schon umgesetzt worden sind - - Dann wird es richtig interessant und heiß. Ich hoffe, dass die Kommunen alle im Ministerium anrufen und sich melden und um Lösungsvorschläge bitten.
Weil immer gesagt wird, bei uns war so eine Riesennotlage, weise ich darauf hin: Wir waren das Bundesland mit der zweitgeringsten Infektionsrate. Alle anderen Bundesländer haben es geschafft, rechtssicher zu agieren. Daher sage ich: Wir müssen den Finger in die Wunde legen. Dieser Erlass hat zu rechtswidrigem Handeln in den kommunalen Gremien vor Ort, in den Kommunen, aufgerufen. Das ist nicht tolerierbar. - Danke.
Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht kurz vorweg: Hier werden Urteile zitiert, aufgrund deren Handlungsbedarf besteht. Es gehört sich eigentlich, dass man sich diese Urteile auch anschaut. Mir ist ins Auge gefallen, dass Sie ein Urteil des Verwaltungsgerichts Halle vom 11. September 2018 mit dem Aktenzeichen 4A 362/16 anführen. Dazu haben wir kein passendes Urteil gefunden. Ich gehe davon aus, dass es das Aktenzeichen 4A 142/16 ist. Das müsste überprüft und in dem Gesetzentwurf korrigiert werden.
Soweit Sie eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Magdeburg zitieren: Auch das war mir nicht zugänglich. Ich erwarte schon, dass man außer dem Verkündungstag auch ein Aktenzeichen, eine Fundstelle zitiert. Das wäre nicht schlecht, damit man sich auch richtig damit befassen kann.
Ansonsten ist nicht viel zu sagen. Es wurde schon ausgeführt, warum und weshalb man eine gesetzliche Heilungsvorschrift eingebracht hat. Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass es der Gesetzgeber versäumt hat, in dem Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit eine Regelung für den Fall zu treffen, dass die Kommunalaufsichts
behörde kein eigenes Amtsblatt herausgibt, obwohl - das habe ich dem Urteil, das ich zitiert habe, entnommen - dem Gesetzgeber diese Konstellation nicht unbekannt war. Mangels ordnungsgemäßer Bekanntgabe sind in der Folge Satzungsänderungen für unwirksam erklärt worden.
Nun muss dieser Situation Rechnung getragen werden; denn die Zweckverbände im Burgenlandkreis und die Abwasserbeseitigung Weißenfels - Anstalt öffentlichen Rechts - sind erheblichen finanziellen Risiken ausgesetzt. Zum Glück kennt das öffentliche Recht die rückwirkende Behebung von Form- und Verfahrensfehlern, die sogenannte Heilung. Dabei sind die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit zu beachten.
Es wird im Gesetzentwurf ausgeführt, dass dem hinreichend Rechnung getragen wird. Hierzu werden wir uns, denke ich, im Innenausschuss umfassend verständigen können und müssen. - Vielen Dank.
Vielen Dank. - Zahlen des NABU-Kreisverbandes Nordhausen legen nahe, dass sich der Winterstau positiv auf die seltenen Vögel auswirkt. Es wurden mehr Schwarzhalstaucher, Löffelenten und Kormorane in den Jahren mit Winterstau gezählt als in den Jahren der Entleerung des Stausees. Hierzu ist meine Frage: Teilen Sie diese Einschätzung oder wie bewerten Sie die Situation?
Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Nachdem die Inbetriebnahme des BOS-Digitalfunknetzes im Wesentlichen abgeschlossen war, kritisierte der Landesrechnungshof die fehlende Regelung zur Kostenverteilung zwischen dem Land und den Landkreisen und kreisfreien Städten und forderte eine Kostenregelung nach dem Verursacherprinzip.
Lediglich in zwei Bundesländern fehlte zum Berichtszeitpunkt - ich beziehe mich auf den Bericht in der Drs. 7/2590 vom 8. März 2018 - ein entsprechender Kostenverteilungsschlüssel. Seit
2012 wurde an einer entsprechenden Regelung gearbeitet, die nunmehr schlussendlich in das vorliegende Gesetz mündete.
Das Land hat mit der flächendeckenden Ausrichtung des Notrufsystems auf den innovativen Digitalfunk Tatsachen geschaffen. Deshalb fordern die kommunalen Spitzenverbände zu Recht, dass auch deren Finanzierung sichergestellt werden muss.
Mit dem Argument, die Nutzung des BOSDigitalfunks sei freiwillig, entzieht sich das Land der Verpflichtung, den nötigen Mehrbelastungsausgleich zu tragen. Faktisch ist es jedoch so, dass durch die komplette Umstellung des Notrufsystems in Sachsen-Anhalt auf Digitalfunk keine freiwillige Nutzung mehr möglich ist, sondern ein Nutzungszwang besteht, um überhaupt am Notrufsystem teilnehmen zu können. Dies gilt für die Feuerwehren und Rettungsdienste im Land gleichermaßen.
Insoweit kritisiert der Städte- und Gemeindebund zu Recht, dass dieses Gesetz nicht mit dem Kon
nexitätsgrundsatz in Artikel 87 Abs. 3 unserer Verfassung vereinbar ist.
Wir erwarten daher verbindliche Aussagen und Regelungen, die die Landkreise und kreisfreien Städte davor schützen, dass sie auf Mehrbelastungen aufgrund dieses Gesetzes sitzen bleiben. Hierauf werden wir unser Augenmerk bei den Haushaltsberatungen richten.
Im Hinblick auf den einzurichtenden Nutzerbeirat mit beratender Funktion wurde von den kommunalen Spitzenverbänden eine klare gesetzliche Regelung zur Zusammensetzung gefordert, die allen Beteiligten ein Mitspracherecht garantiert hätte.
Zwar wurde im Ausschuss diesbezüglich signalisiert, dass eine untergesetzliche Regelung im Einvernehmen mit den kommunalen Spitzenverbänden erstellt werden soll. Meine Fraktion hätte allerdings eine verbindliche gesetzliche Regelung bevorzugt.
Aufgrund des Hinweises in der Gesetzesbegründung, dass die Regelung des § 38 des Rettungsdienstgesetzes unberührt bleibt, sehen wir keinen zwingenden Bedarf für den vorliegenden Änderungsantrag. Den Gesetzentwurf lehnen wir insgesamt aufgrund der hier vorgetragenen Kritikpunkte ab. - Vielen Dank.
Frau Ministerin, ich glaube, Sie müssten doch noch einmal nach vorn kommen.
Die Situation ist hier mehrfach beschrieben worden. Die Frage, die sich für uns daran anschließt, ist, ob Sie es für einen guten Umgang mit den Trägern halten, die eine dringend notwendige Arbeit leisten, zum Beispiel auch im Bereich der
Jugendhilfe, dass sie immer wieder vor diese Situation gestellt werden. Ich kann nicht verstehen, dass es dann zu solchen Dingen wie den telefonischen Aufforderungen kommt. Die Frage, warum das nicht schriftlich gemacht wird, wurde mehrfach gestellt. Warum wird so mit den Trägern umgegangen? Dazu würde ich Sie um eine Einschätzung bitten.
Vielen Dank. - Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zu den Zielen des Gesetzentwurfs wurde schon genug gesagt. Im Innenausschuss wurden unsere Bedenken zu den in einzelnen zukünftigen Wahlkreisen weiterhin bestehenden erheblichen Abweichungen von dem Bevölkerungsdurchschnitt
zum Teil geteilt. Allerdings gibt es keine gesetzliche Notwendigkeit, bereits jetzt darauf zu reagieren.