Protokoll der Sitzung vom 09.07.2020

(Beifall)

Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Frau Eisenreich für die Einbringung des Antrages. - In der Debatte sind drei Minuten Redezeit je Fraktion vorgesehen. Für die Landesregierung spricht der Ministerpräsident Herr Dr. Reiner Haseloff. Herr Ministerpräsident, jetzt haben Sie das Wort.

Herzlichen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrte Damen und Herren! Ich will mich in den Entscheidungsprozess des Landtages nicht einmischen, weiß aber, dass eine qualifizierte Mehrheit einen Alternativantrag einbringt. Inwieweit ein Sonderausschuss oder ein zeitweiliger Ausschuss gebildet wird, hängt ganz von Ihnen ab.

Der Landtag ist groß und hat sicherlich freie Valenzen, um die Zeit, die ein Abgeordneter zur Verfügung hat, entsprechend offensiv einzusetzen. Ich habe dafür nur eine Einladung auszusprechen, weil wir, die Legislative und die Exekutive, alle Ebenen, gemeinsam daran arbeiten müssen.

Sie können davon ausgehen, dass wir, wenn wir das mitteldeutsche Revier für Sachsen-Anhalt und für Sachsen arrondiert haben, immer auch Thüringen mit bedacht haben. Ansonsten würden sie nämlich nicht im Gesetz stehen.

Unabhängig davon, dass wir uns ursprünglich eine andere Finanzierungsmöglichkeit im Zusammenhang mit dem Saarland und mit Niedersachsen, was das Kraftwerk Buschhaus und die Um

gebung anbelangt, vorgestellt hatten, haben wir danach durchaus akzeptiert, dass aus dem Budget Sachsen-Anhalts auch für das Altenburger Land plus Umfeld Geld zur Verfügung gestellt wird, weil es gemeinsame Projekte gibt, die wir nur gemeinsam als drei Länder bewältigen können.

Ich will nur ein Beispiel nennen. Allein das verankerte Schienenvorhaben Leipzig - Merseburg - Leipzig - Pegau - Zeitz - Gera ist ohne Thüringen nicht machbar, also müssen wir gemeinsam planen. Wir wollen auf die Wasserstoffstrategie setzen und völlig andere Taktzeiten bzw. Qualitäten, die auf den Strecken erreichbar sind, mit in der Zielstellung haben. Das ist Geld, was wir aus dem mitteldeutschen Revier heraus arrondierend in Thüringen versuchen, zum Einsatz zu bringen, und dieses gemeinsame Agieren werden wir unterstützen.

Darüber hinaus gibt es eine ganze Reihe von Alternativen und Investitionsüberlegungen. Ich kann jetzt in der Kürze der Zeit - 48 Sekunden habe ich nur noch - nur exemplarisch auf die Firma Knauf Gipsproduktion hinweisen. Sie ist sowohl in Thüringen als auch in Sachsen-Anhalt vertreten.

Die Lagerstätten sind auf beiden Seiten, der größere Teil liegt in Thüringen. Wenn wir dort eine Perspektive, auch planungsseitig, abbaumäßig etc., hinbekommen wollen, dann müssen wir gemeinsam agieren.

Das Leitbild ist ein mitteldeutsches Dreiländerleitbild, das wir zusammen umsetzen wollen. Der Bund wird sehr stark kontrollieren, ob wir das hinbekommen; denn im Gesetz steht, dass dieses Leitbild umzusetzen ist.

Ich habe Verständnis für die Kontrollwünsche des Landtages, muss aber auch sagen, dass es Geld des Bundes ist. Der Bund wird darauf achten, dass wir es gesetzeskonform und absprachekonform mit Richtlinien untersetzt zur Einsetzung bringen. Die übliche Kontrollfunktion im Sinne der Landeshaushaltsordnung und hinsichtlich der Frage, wie die Exekutive damit umgeht, ist an dieser Stelle nicht erforderlich. Aber wir brauchen gemeinsame Ideen.

Morgen findet der erste Termin - ich bin schon ein paar Sekunden darüber - mit den Landräten und dem Oberbürgermeister der Stadt Halle in Hohenmölsen statt. Kurz nach der verknappten Sommerpause geht es mit den Bürgermeistern der Landkreise weiter. Dann wird es Bürgerveranstaltungen geben. Die Abgeordneten aus ihren Wahlkreisen sind herzlich eingeladen, jeder kann sich einbringen.

Heute habe ich einen entsprechenden Masterplan von der Landrätin und einer Delegation aus

Mansfeld-Südharz überreicht bekommen. Unter dem Strich läuft der Prozess. Wir haben die Chance, diese Milliarden unterzubringen, verbunden mit der Schaffung von neuen Arbeitsplätzen. Darauf freue ich mich.

In welcher Form Sie dann dafür die Organisationsvoraussetzungen schaffen, liegt bei Ihnen. Wir werden es auf jeden Fall so machen, dass wir es als kooperative Gemeinschaftsleistung für die nächsten 20 Jahre für uns gesetzt sehen. - Herzlichen Dank.

(Beifall)

Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich dem Herrn Ministerpräsidenten für die Stellungnahme der Landesregierung. - Für die CDU-Fraktion spricht jetzt der Abg. Herr Zimmer. Herr Zimmer, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Würfel sind gefallen. Deutschland steigt aus der Kohleverstromung aus - so weit die Feststellung für den Moment; denn es gibt Evaluierungstermine, bei denen wir auch darüber reden können und reden müssen.

Es ist hier und jetzt müßig, weitere Worte darüber zu verlieren. Ich konzentriere mich viel lieber heute und auch in Zukunft auf das Strukturstärkungsgesetz Kohleregion.

Besonders für die Strukturwandelregionen in unserem Bundesland ergeben sich einmalige Chancen, die es jetzt zu nutzen gilt. Insgesamt 40 Milliarden € gibt die Bundesregierung für den Kohleausstieg aus, Geld, das in den nächsten zwei Jahrzehnten zur Bewältigung des Strukturwandels zur Verfügung stehen wird.

Der Ministerpräsident hat schon einige Punkte genannt. Es ist ganz klar: Wir brauchen eine Perspektive besonders für die Menschen, die in Ost- und Mitteldeutschland in den 90er-Jahren einen sehr schwierigen Strukturwandel verbunden mit Arbeitslosigkeit mitmachen mussten.

Heute können wir sagen, dass dieser Strukturwandel gelungen ist, aber er ist noch lange nicht abgeschlossen. In den Jahren nach der deutschen Einheit war es dem politischen Mut zu verdanken, an der chemischen Industrie, aber auch am Bergbau festzuhalten.

Ich erinnere daran, dass die ostdeutsche Chemieindustrie quasi in Liquidation war und auch die Energieerzeugung komplett aus den alten Ländern hätte erfolgen können. Es drohte SachsenAnhalt und ganz Ost- und Mitteldeutschland, eine

sprichwörtliche ökonomische Wüste zu werden mit allen gesellschaftlichen und sozialen Verwerfungen.

Die Ausgangslage ist jetzt anders. Wir kennen die Fehler, die in den 90er-Jahren gemacht wurden, und wir wissen, dass nur Zukunftstechnologien eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung ganzer Regionen sicherstellen können.

Deswegen ist es gut und richtig, dass sich die Landesregierungen von Sachsen-Anhalt, Sachsen und Brandenburg jetzt schon Gedanken über die Weichenstellung der Zukunft machen. An dieser Stelle ein ganz besonderes Dankeschön an unsere Landesregierung mit unserem Ministerpräsidenten an der Spitze für die sehr positive Arbeit.

Positiv erwähnen möchte ich in dem Zusammenhang unbedingt die gemeinsame Wasserstoffstrategie der drei Bundesländer. Aber es stehen auch andere Projekte an, wie die Digitalisierung oder die Infrastrukturentwicklung; all das geht in die richtige Richtung.

Diese Entwicklungen, liebe Kolleginnen und Kollegen, dürfen aber nicht in Stein gemeißelt sein. In einem Zeitraum von 20 Jahren ergeben sich viele strukturelle Veränderungen und Entwicklungen, an die man sich anpassen muss und bei denen wir gegebenenfalls auch entsprechende Anpassungen vornehmen können.

Unser Ziel sollte es sein, nicht nur die Arbeitsplätze in der Braunkohle und deren Energiewirtschaft zu ersetzen, sondern eine Vielzahl von Arbeitsplätzen in krisensicheren Branchen neu zu schaffen; denn das ist ein echter und nachhaltiger Strukturwandel, ein echter Mehrwert für die Region.

Deswegen bitte ich Sie, dem Alternativantrag der Koalitionsfraktionen zuzustimmen; denn wir stehen vor einer Generationenaufgabe, die jetzt mit der notwendigen Weitsicht angegangen werden muss.

Um auf Ihre Forderung eines zusätzlichen Ausschusses noch kurz einzugehen: Bereits in seiner nächsten Sitzung wird sich der Ausschuss für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung intensiv mit dem Thema Kohleausstieg und Strukturwandelregion beschäftigen. Ich denke, unsere Ausschüsse sind sehr gut dazu geeignet, dies auch weiterhin in hervorragender Weise zu tun. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung)

Fragen sehe ich nicht. Dann danke ich Herrn Zimmer für den Redebeitrag. - Für die AfD-Fraktion spricht jetzt der Abg. Herr Farle. Herr Farle, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die AfD-Fraktion wird auch in diesem Fall den Antrag der Fraktion DIE LINKE unterstützen, weil er einen wesentlichen Gedanken hat, den der Alternativantrag der Koalition nicht besitzt, nämlich dass länderübergreifend Vertreter der jeweiligen Parlamente darüber gemeinsam beraten, was mit diesem Strukturwandel zu machen ist.

Es ist typisch, dass in dem Alternativantrag der CDU-Fraktion - Sie wussten das jetzt nicht, das ist aber auch nicht schlimm; ich habe es auch gerade erst gesehen - nur auf die Regierungen abgestellt wird, die sich untereinander natürlich abstimmen müssen,

(Zuruf)

aber diese doch durch die Parlamente in den einzelnen Ländern kontrolliert werden müssen. Da es sich um eine gemeinsam zu bewältigende Aufgabe handelt, ist es auch notwendig, die Abgeordneten dieser drei Parlamente zusammenzuführen, den Prozess zu begleiten usw.

Ich möchte auf die Einzelheiten dieses Programms nicht eingehen. Im Kern geht es um den Übergang in die Wasserstoffwirtschaft. Dazu möchte ich Ihnen eine Idee mitgeben, Herr Haseloff, weil Sie führend an den ganzen Geschichten stricken.

Der Einstieg in die Wasserstoffwirtschaft ist der Kerngedanke für die Zukunft, den ich absolut befürworte, was ich schon oft bekundet habe. Ich mache Sie aber auf ein Problem aufmerksam. Es sollen viele Mittel in die Forschung und in die wirtschaftliche Entwicklung gehen, also für Zukunftsgedanken verwendet werden.

Die entscheidende Frage dabei, ob wir unsere Wirtschaft nach vorne bringen werden, ist: Wie werden wir die gigantischen Mengen an Wasserstoff in Jahrzehnten produzieren können, die nach den jetzigen Konzepten aus erneuerbaren Energien gewonnen werden sollen? - Die Bundesregierung hat keine bessere Idee, als mit Marokko ein Abkommen abzuschließen, damit das dort produziert wird. Denn der Einsatz des Wasserstoffs erfordert sehr große Mengen an Strom.

Grüner Wasserstoff wird durch Elektrolyse von Wasser hergestellt, wobei für die Elektrolyse ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energien zum Einsatz kommen soll. Dazu sage ich - das ist mein Kerngedanke -: Wir werden nicht daran vorbeikommen, wieder eine Atomwirtschaft aufzubauen mit sicheren Reaktoren - daran wird weltweit gearbeitet -, um den Strompreis auf die Hälfte reduzieren zu können.

Ich habe mir einmal die Preise angesehen. Wenn wir aus der Braunkohle aussteigen, bei der im Moment Kosten von 5 Cent pro Kilowattstunde entstehen, und zur Atomkraft wechseln, so entstehen dort auch Kosten von etwa 5 Cent.

Wenn wir auf die Atomkraft der vierten Generation übergehen, dann können wir nicht nur preiswerten Strom in Massen einsetzen, um Wasserstoff zu produzieren, sondern zusätzlich die alten Kernbrennstäbe aufarbeiten, sodass das Endlagerproblem entfällt.

Ich kann Ihnen diese Sache jetzt nur vortragen. Wenn Sie mehr darüber nachlesen wollen, tun Sie das bitte. Sie verstehen das meistens sowieso nicht. Darum geht es mir auch nicht.

(Zuruf)

Wer aber in einer Gesellschaft - das ist jetzt der Schluss - langfristig Zukunft sichern will, muss preiswerte Energieerzeugung sicherstellen, die zuverlässig ist, keine Volatilität aufweist und die Haushalte nicht weiter belastet, sodass der Teufelskreis der jetzigen verfehlten Energiepolitik durchbrochen wird. Das kann man nur auf diese Weise erreichen. Andere Länder haben es erkannt. Hier ist es noch nicht erkannt worden.

Herr Farle, achten Sie auf die Zeit.

Wasserstoffstrategie ja, aber wir brauchen auch eine vernünftige energetische Basis. Dafür können die Forschungsmittel verwendet werden.

(Zustimmung)

Ich danke für den Redebeitrag. Fragen sehe ich keine. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abg. Herr Meister. Herr Meister, Sie haben das Wort.