Aber ein paar Antworten haben wir. Das Verkehrsressort ist nicht ganz untätig geblieben, was bei der unmissverständlichen Fristsetzung im Personenbeförderungsgesetz ja auch noch schöner wäre. Daraus ergibt sich und muss sich ein klarer Handlungsauftrag ergeben.
Immerhin gibt es seit 2017 ein Förderprogramm mit dem Kurztitel „Haltestellenprogramm“. Aber über dessen kaum stattfindende Nutzung war ich dann, ehrlich gesagt, doch überrascht. Das war so aus dem Haushalt insgesamt nicht herauszulesen, weil das in großen Titeln versteckt ist. Ich musste jetzt lesen, dass wir als Land Mittel in
Höhe von 1 Million € - das ist wirklich nicht viel - bereitstellen. Wer weiß, was Bauvorhaben ungefähr kosten, der weiß, dass der Umbau einer Haltestelle - -
Aber was stellen wir fest? - In den ersten beiden Jahren sind die Gelder gar nicht abgerufen worden und im Jahr 2019 nur zu einem Drittel. Da frage ich mich doch: Entweder ist dieses Förderprogramm ohne jegliche Öffentlichkeitsarbeit ins Leben gerufen worden oder die Kommunen sehen die Notwendigkeit nicht. Vielleicht sind aber auch die Förderbedingungen zu unattraktiv.
Auf jeden Fall braucht es dringend eine Neuauflage dieses Programms, der eine ehrliche Evaluierung vorausgehen muss. Das muss deutlich besser werden. Alle Verhinderungsgründe, die man dann herausbekommt, müssen abgeschafft werden. Denn ich bin mir sicher, dass es in den Kommunen deutlich mehr Bedarf gibt. Dort gibt es viel zu tun, bei dem Landesgeld helfen könnte.
Diese Flankierung der Barrierefreiheit mit Landesmitteln ist dringlich. Schauen wir uns etwa die Übersicht aus Magdeburg an, dann sehen wir, es gibt dort eine geradezu absurde Zeitschiene. Ich hoffe, die Stadträte sind jetzt nicht geschockt, aber vielleicht ist ihnen auch bekannt, dass dort zu lesen ist, dass die letzte Straßenbahnhaltestelle in Magdeburg - über Bushaltestellen findet sich dort gar nichts - im Jahr 2089 barrierefrei sein wird.
Das ist ein hehres Ziel, liebe Kollegen. Sie können sich dann noch dazu äußern, ob hierbei eine Unterstützung von der Landesebene hilfreich wäre. Ich würde mich auch zur Eröffnung anmelden, wenn ich so vermessen wäre zu sagen, dass ich das im Jahr 2089 noch leisten kann. Aber dann müsste ich sicherlich auch Barrierefreiheit in Anspruch nehmen.
Diese Ehrlichkeit der Stadt Magdeburg zeigt: Allein werden die Kommunen im Land diese Aufgabe nicht stemmen können.
Für uns als GRÜNE ist klar: Ab dem nächsten Haushaltsplan braucht es ein gut ausgestattetes und attraktiv gestaltetes Förderprogramm zur Barrierefreiheit im ÖPNV. Dieses Förderprogramm muss dann klar zum Ausdruck bringen, dass wir mit Volldampf an der Umsetzung des Personenbeförderungsgesetzes arbeiten. Ich denke, ein solches spezielles Förderprogramm ist sinnvoll; denn die Mittel aus dem vorhandenen
Auch die anderen beiden Programme können dabei nur mittelbar Hilfestellung geben; denn Barrierefreiheit steht weder bei dem sogenannten Schnittstellenprogramm noch beim Bahnhofsprogramm im Fokus. Es ist so, dass bei dem Schnittstellenprogramm hauptsächlich die Zielstellung besteht, unterschiedliche Verkehrsträger miteinander zu verknüpfen und zu vernetzen. Dabei ergibt sich als Nebeneffekt sicherlich auch einmal Barrierefreiheit, aber sie steht eben nicht im Fokus.
Auch bei dem Bahnhofsprogramm, das natürlich auf eine bessere Zugänglichkeit setzt, aber eben auch auf Wetterschutz und Beauftragung allgemein, ist die Barrierefreiheit nicht im Fokus. Schaut man sich die Projektbeschreibungen dieser Förderprogramme näher an, dann ist festzustellen: Bei dem Schnittstellenprogramm für die Jahre 2015 bis 2019 gibt es knapp 70 Förderprojekte; Barrierefreiheit wird in lediglich acht von diesen 70 Projekten überhaupt genannt. Bei dem Bahnhofsprogramm für die Jahre 2015 bis 2019 werden 20 Förderprojekte erwähnt; in zweien davon wird die Barrierefreiheit genannt.
Das muss nicht heißen, dass Barrierefreiheit keine Rolle spielt, aber davon ist erst einmal nicht auszugehen. Das ist falsch; das ist nicht richtig. Es reicht in keiner Weise aus, wenn bei lediglich etwa 10 % der Projekte Barrierefreiheit eine maßgebliche Rolle spielt.
Wir stellen also fest: Das dezidiert auf Barrierefreiheit bezogene Förderprogramm ist finanziell recht gering untersetzt und wird kaum abgerufen. Die weiteren Förderprogramme im Bereich ÖPNV greifen Barrierefreiheit nur am Rande auf. Ich muss also wiederholen: Die Förderlandschaft ist neu aufzustellen. Wer auch immer das im nächsten Jahr zu verantworten hat - Barrierefreiheit muss ein wesentlicher Punkt der Verkehrs- oder Mobilitätspolitik in diesem Lande werden.
Ich will aber auch sagen - das gehört zur Ehrlichkeit dazu -, dass es bei der sogenannten Beauskunftung, also bei der Fahrgastinformation und deren Systematik, und bei dem Ticketsystem durchaus Fortschritte gibt. Die Beauskunftung barrierefreier Reiseketten ist im Arbeitsprozess, das landesweite E-Ticket ebenfalls. Beides wird die Nutzung des ÖPNV erleichtern; das ist klar.
Damit die Beauskunftung auch barrierefrei und reibungslos funktioniert, wäre über eine Verpflichtung der Verkehrsunternehmen zur Bereitstellung von Echtzeitdaten zu diskutieren; denn nur dann können wir auch wirklich gewährleisten, dass Reiseketten de facto funktionieren, wenn sich die Menschen auf den Weg machen, dass sie also
tatsächlich angezeigt bekommen: Ich habe eine barrierefreie Reisekette, die auch jetzt, aktuell, an diesem Tag und zu diesem Zeitpunkt, funktioniert.
Auch die verbundübergreifende Zusammenarbeit ist in diesem Zusammenhang absolut notwendig. Wie in der letzten Woche im Verkehrsausschuss zu hören war, scheint dies im Bereich des AzubiTickets durchaus zu funktionieren. Wollen wir hoffen, dass diese beginnende Kooperation und Vereinheitlichung ein Startschuss für weitere landesweite Initiativen ist. Denn auch das landesweite E-Ticket steht und fällt mit dieser Zusammenarbeit.
Es bleibt also sehr, sehr viel zu tun, auch wenn in dieser Legislaturperiode - das muss man der Ehrlichkeit halber dazusagen - keine großen Sprünge mehr zu erwarten sind. Wir werden in den verbleibenden Monaten nicht mehr großartig umsteuern. Wir alle müssen das gerade deswegen für die nächste Legislaturperiode auf dem Zettel haben.
Jetzt komme ich auf die Deutsche Bahn zurück; das habe ich angekündigt. Wenn ich in der Antwort auf unsere Große Anfrage lese, dass von den 278 Bahnhöfen im Land nur 33 tatsächlich umfänglich barrierefrei sind und dass es noch immer mehr als 60 gibt, die nur via Treppe zu erreichen sind, dann hoffe ich, dass auch hier die Weichen deutlich schneller und geschmeidiger gestellt werden. Wenn wir das nächste Gespräch mit dem Konzernbevollmächtigten der Deutschen Bahn haben - wir haben, glaube ich, noch eines in dieser Legislaturperiode vor uns -, ist auch dieser Bereich anzusprechen.
Wir GRÜNEN leiten also klare Forderungen aus der Antwort ab, die wir für das Jahr 2022 durchsetzen wollen. Wieder einmal ist festzustellen: Eine inklusive Gesellschaft ergibt sich nicht von selbst, sie ist eine Herkulesaufgabe.
Aber nachhaltige, bezahlbare und barrierefreie Mobilität ist kein Nice-to-have, sie ist nicht nur für die Menschen, die man immer im Blick hat, die im Rollstuhl sitzen, sondern sie ist auch für diejenigen, die hörbehindert sind, die sehbehindert sind. Sie ist auch für alte Menschen, die sich mit dem Rollator fortbewegen, oder für junge Väter, die mit dem Kinderwagen unterwegs sein wollen. Deshalb ist es ein Recht aller Menschen, ohne Barrieren von A nach B zu kommen und Zugang zu öffentlicher Mobilität zu haben. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die Debatte zur Großen Anfrage „Öffentlicher Nahverkehr für alle - Nutzungshindernisse abbauen, Mobilität ermöglichen“ gibt mir die Gelegenheit, wichtige Aspekte der Politik der Landesregierung zum Thema ÖPNV zu erläutern. Es ist eine Politik, die wir gemeinsam in der Koalition beschlossen und vorangebracht haben. Uns ist es gemeinsam gelungen, eine Verkehrspolitik voranzutreiben, in der der ÖPNV eine tragende Rolle bei der Verkehrswende und in der Klimapolitik spielt.
Immerhin etwa ein Drittel aller Maßnahmen des mit dem Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie entwickelten Klima- und Energiekonzeptes sind Maßnahmen des Verkehrs, hier schwerpunktmäßig im ÖPNV. Wir werden einen beachtlichen Anteil an der CO2-Reduzierung erbringen. Natürlich ist es ein dickes Brett, das hier zu bohren ist, aber es geht auch nicht von heute auf morgen. Die Richtung stimmt, und einiges haben wir schon erreicht.
Das gilt insbesondere beim Abbau von Nutzungshindernissen, die Sie mit der Großen Anfrage auf die Tagesordnung gesetzt haben. Nutzungshindernisse werden Schritt für Schritt abgebaut. Maßstab ist dabei das Behindertengleichstellungsgesetz. Deshalb orientieren sich unsere Planungen nicht am Ziel der Barrierearmut, sondern am Ziel der Barrierefreiheit. Die Aufgabe der Landesregierung ist es, in diesem Zusammenhang alle Partner zu motivieren, dieses Ziel zu verwirklichen. Deshalb wird sich das Land gemäß Koalitionsvereinbarung auch in Zukunft an der Modernisierung der Infrastruktur des ÖPNV beteiligen.
Im ÖPNV-Investitionsprogramm des Landes wurde vor dem Hintergrund des Ziels der Verbesserung der Barrierefreiheit ab 2017 ein Sonderprogramm zur Umsetzung der Anforderungen des Personenbeförderungsgesetzes zur barrierefreien Umgestaltung des ÖPNV mit einem jährlichen Verfügungsrahmen von 1 Million € aufgenommen. Wir hoffen natürlich, dass der Abfluss noch besser wird. Für die konkrete Ausgestaltung der einzelnen Projekte sind die Kommunen verantwortlich, die eine entsprechende Förderung der Maßnahmen beantragen können. In den weiteren Programmteilen des ÖPNV-Investitionsprogramms des Landes sind auch Ausgaben für die Herstellung von Barrierefreiheit bei Bahnhöfen und Haltepunkten sowie in deren Umfeld enthalten.
Auf die Gestaltung von Bahnhöfen und Haltepunkten haben wir als Land nur begrenzt Einfluss. Was wir tun können, um die DB finanziell zu motivieren, ist, den Abbau von Barrieren voranzutreiben.
So wurden im Bahnhofsprogramm für Bahnhöfe und Haltepunkte der Bahn in den Jahren 2015 bis 2019 insgesamt Mittel in Höhe von knapp 36 Millionen € zur Verfügung gestellt. Das
Schnittstellenprogramm des Landes war in den Jahren 2015 bis 2019 mit insgesamt 20,3 Millionen € ausgestattet. Mit dem Förderprogramm des Landes zur Revitalisierung von Empfangsgebäuden wurden nochmals knapp 7 Millionen € eingesetzt, und schließlich flossen über das Förderprogramm zur Umsetzung der Anforderungen des Personenbeförderungsgesetzes zur barrierefreien Umgestaltung des ÖPNV des Landes in den Jahren 2015 bis 2019 weitere 330 000 € in die barrierefreie Gestaltung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das sind nur Zahlen, aber hinter den Zahlen ragen die tatsächlich sichtbaren Veränderungen heraus. Wer durch das Land geht, sieht das auch. Die Bürger erkennen das und nehmen die Verbesserungen an. Dies zeigen die Fahrgastzahlen, die bis zum Coronaeinbruch ständig gestiegen sind.
Nicht nur die Infrastruktur liegt im Fokus der Landesregierung. Die Fahrzeuge des Schienenpersonennahverkehrs sind bis auf wenige Ausnahmen bereits barrierefrei. Hierbei haben wir unsere Möglichkeiten als Besteller des Nahverkehrs erfolgreich nutzen können.
Das Thema Fahrstühle ist zugegebenermaßen sehr schwierig. Die Investitionen und der Planungsaufwand sind sehr hoch. Wenn sie errichtet sind, sind sie sehr häufig störanfällig oder durch Vandalismus gefährdet. Diesbezüglich stehen wir mit dem verantwortlichen Betreiber in ständigem Kontakt, um die Verfügbarkeit zu verbessern. Das ist aber eine Aufgabe, die nur mit Beharrlichkeit gelöst werden kann.
Ein großes Ärgernis war und ist die Diskussion zu den Bahnsteighöhen; denn es gibt nach wie vor noch kein zwischen der DB Station und Service AG und den Ländern abgestimmtes finales Konzept. Mit der Ankündigung zur Einführung einer bundeseinheitlichen Regelbahnsteighöhe von
76 cm im Jahr 2017 wurde insbesondere in den mitteldeutschen Ländern die bisher zwischen der DB Station und Service AG und den Ländern einvernehmlich erfolgte Strategie eines flächendeckenden Ausbaus der Verkehrsstationen auf 55 cm Bahnsteighöhe einseitig aufgekündigt.
staat Sachsen und dem Land Thüringen an einer im Sinne der Barrierefreiheit akzeptablen Lösung mit der DB Station und Service AG. Diese Lösungsfindung dauert noch an. Sie erfolgt im Spannungsfeld zwischen der bisher verfolgten Strategie eines Ausbaus auf 55 cm Bahnsteighöhe und der darauf abgestimmten mindestens mittelfristig eingesetzten Fahrzeugflotte und dem durchaus verständlichen Wunsch nach einer einheitlichen bundesweiten Bahnsteighöhe.
Konsens zwischen der DB Station und Service AG und dem Land Sachsen-Anhalt ist unterdessen, dass eine Migration auf eine Bahnsteighöhe von 76 cm nur in einem langfristigen, auf die adäquate Entwicklung der Fahrzeugflotte abgestellten Prozess erfolgen kann. So werden auf den einzelnen Strecken, die jetzt schon einen Ausbauanteil von 76 cm hohen Bahnsteigen ausweisen, bei anstehenden Erneuerungen die heute sehr niedrigen Bahnsteige auf eine Höhe von 76 cm gebracht. Auf Strecken von jetzt schon mehrheitlich 55 cm hohen Bahnsteigen wird bei kurz- oder mittelfristig anstehendem Erneuerungsbedarf weiterhin eine Bahnsteighöhe von 55 cm angewendet. Eine spätere nachträgliche Aufhöhung wird dabei natürlich beachtet. Auf die Einzelheiten dieser Problematik wird in der Antwort auf die Große Anfrage näher eingegangen. Ich verzichte daher auf eine weitere Vertiefung.
Barrierefreiheit im ÖPNV heißt nicht nur stufenfreie Infrastruktur. Die Landesregierung versteht darunter auch den barrierefreien Zugang zu Oberflächen des Auskunftssystems INSA und des Mobilitätsportals Mitteldeutschland. Die Landesregierung bereitet derzeit eine Erweiterung der Auskunftssysteme INSA und Mobilitätsportal Mitteldeutschland um eine Funktionserweiterung zur Routenplanung für barrierefreie Reiseketten vor. Die Inbetriebnahme und Veröffentlichung wird wahrscheinlich Ende dieses Jahres erfolgen.
Für die Onlineangebote des ÖPNV werden derzeit Texte in einfache Sprache übersetzt, um den Nutzern wichtige Informationen zum Nahverkehrsangebot im Land auch in leichter Sprache bereitstellen zu können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema Barrierefreiheit des ÖPNV ist teilweise eine sehr kleinteilige Aufgabe. Noch kleinteiliger wird es, wenn man auf die kommunale Ebene geht. Hier haben wir leider keinen genauen Überblick über den tatsächlichen Stand. Die Kommunen sind nicht verpflichtet, der Landesregierung und dem Landtag gegenüber in Angelegenheiten der kommunalen Selbstverwaltung Auskünfte zu erteilen. So kennen wir nur die Projekte, die von uns unmittelbar gefördert wurden. Maßnahmen,