Protokoll der Sitzung vom 10.09.2020

Danke. - Nichts von dem, was wir erlebt haben, dürfte irgendjemanden in diesem Raum überraschen, weder die Rede noch der Zeitpunkt noch die Tonalität noch die Absurdität dessen, was Herr Farle uns heute vorgetragen hat.

(Beifall)

Deswegen habe ich übrigens überhaupt nicht mehr die Energie, mich darüber noch aufzuregen.

Wir haben die Debatte über den Recovery Fonds und die Situation der Europäischen Union ja in der vorletzten Landtagssitzung geführt. Darüber haben wir uns ausgetauscht.

Es ist völlig absurd, sich auf die Zahlenargumentation eines Herrn Farle einzulassen. Man muss sich einfach einmal die Ideologie vorstellen und noch einmal rekapitulieren, was hier vorgetragen worden ist.

Also: Merkel, Schäuble, alle durch die Bank, wollen das deutsche Volk ausbluten, wollen irgendwelche Europäer mit deutschem Steuergeld am Leben erhalten, weil sie ihre Windradideologie umsetzen wollen.

(Zuruf)

Was muss man geraucht haben, um solch ein Zeug zu glauben?

(Beifall)

Schäuble als Agent, der deutsches Steuergeld nach Frankreich und Italien bringt, derselbe Mann übrigens, der als Bundesfinanzminister für die härtesten Rezessionen und Einschnitte in Griechenland verantwortlich gewesen ist, und zwar mit einer ähnlichen Argumentation, wie sie Herr Farle heute vorgetragen hat, der Griechenland dazu gezwungen hat, für‘n Appel und‘n Ei seine Verkehrsinfrastruktur zu veräußern, unter anderem Regionalflughäfen an Fraport und den Hafen von Piräus an die Chinesen - worüber er jetzt jammert. Er ist also derjenige, der eine Ideologie entwickelt, um deutsches Steuergeld mit irgendwelchen Lügen nach Frankreich und Spanien zu transportieren?

Liebe Leute, das ist wirklich ein Horrorfilm, aber mit relativ wenig Fantasie. Das hat nichts mehr

mit politischer Debatte zu tun. Deswegen kann man dagegen auch nicht mehr argumentieren. Natürlich kann man dann irgendwelche Zahlen zurate ziehen und sagen: Den Italienern und den Spaniern geht es super und blendend, die haben großes Vermögen, und wir armen Deutschen darben und werden bis zum letzten Tag kurz vor unserer Rente nur noch für diese tätig sein.

Was sind denn das für Bilder? - Ja, man muss sich ein bisschen mit der Sache auseinandersetzen. Dass diese Vermögen dort relativ hoch sind, hat einfach damit zu tun, dass dort soziale Sicherungssysteme in einem viel geringeren Maßstab ausgestaltet sind. Es geht nämlich darum, dass du Geld auf der hohen Kante brauchst, um zum Beispiel Krankenversorgung in Anspruch zu nehmen in bestimmter Art und Weise, und natürlich auch im Rentenbereich. In diesen Ländern ist übrigens auch die Mietenquote viel niedriger als bei uns. Der Anteil von Leuten, die dort eine eigene Immobilie besitzen, ist viel, viel höher als in Deutschland. Deswegen kommen diese Unterschiede zustande.

(Unruhe)

Aber, liebe Leute, einen solchen kruden Blödsinn zu verbreiten und das auch noch als politische Handlungsalternative in diesem gemeinsamen Europa zu definieren, das ist etwas, das hier eigentlich nicht hingehört. Da kann man sich bloß noch angewidert abwenden. - Danke.

(Beifall)

Vielen Dank, Herr Abg. Gallert. Auch hierzu sehe ich keine Wortmeldungen. - Wir kommen zur nächsten Debattenrednerin. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Abg. Frau Frederking. Sie haben das Wort, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Gallert, vielen Dank für Ihre Rede. Ich lasse mich jetzt trotzdem auf diesen Antrag ein, weil ich glaube, dass ich dennoch etwas zur Europapolitik zu sagen habe. Aber im Prinzip haben Sie alles gesagt, was zu sagen war.

(Zurufe)

Wir haben jetzt den mehrjährigen Finanzrahmen, der auch dieses Wiederaufbauprogramm mit einem Volumen von 750 Milliarden € umfasst, das erstmalig aus gemeinschaftlichen Anleihen der Mitgliedstaaten finanziert wird. An dieser Stelle möchte ich auf der Sachebene sagen: Das ist ein starkes Zeichen für europäische Solidarität und für Zusammenhalt. Denn wir wissen: Am Anfang

der Coronapandemie gab es von Solidarität noch keine Spur. Dringend erforderliche Masken und Beatmungsgeräte gingen nicht nach Italien. Die Haltung der Mitgliedstaaten hat sich geändert. Und das ist gut so.

Mit dem Geld sollen die Folgen der Coronapandemie abgemildert werden und es soll zugleich dem Green Deal genügen und auf Klimaneutralität zielen, die wir allerdings weltweit schon bis zum Jahr 2035 erreicht sehen wollen. Das habe ich in meiner vorherigen Rede schon gesagt. Das EUZieljahr 2050 für die Klimaneutralität ist viel zu spät.

Das Geld muss in nachhaltige Strukturen investiert werden, um den nachfolgenden Generationen noch gute Lebensbedingungen zu ermöglichen. Es soll in die soziale und ökologische Umgestaltung der Wirtschaft fließen.

(Zuruf)

Wichtig ist auch, dass diese 750 Milliarden € nicht zulasten der anderen Töpfe, insbesondere der Strukturfonds, gehen. Sachsen-Anhalt bekommt allein für die Aufstockung des ELER Mittel in Höhe von 60 Millionen € extra aus dem EU-Wiederaufbauprogramm.

Wir sollten uns immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass die Europäische Union auf grundlegenden Werten beruht. Wenn nach den Vorschlägen der EU-Kommission und nach der Einigung des EU-Rates nun das Parlament auf die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit für die Inanspruchnahme der Coronawiederaufbauhilfen drängt, so trifft das die volle Zustimmung meiner Fraktion.

Natürlich ist es gewollt, dass diese Hilfen gerade den Ländern zugutekommen, die besonders von der Coronapandemie betroffen waren. Wenn die AfD-Fraktion das in ihrem Antrag beklagt, dann hat sie das Solidarprinzip überhaupt nicht verstanden.

Herr Gallert hat schon viel zur Absurdität gesagt. Der Antrag fordert die Rückabwicklung des mehrjährigen Finanzrahmens. Im Ergebnis würde dies zu einer handlungsunfähigen EU führen. Das lehnen wir ab.

Ich möchte an dieser Stelle noch ein Wort zu Solidarität und Menschlichkeit sagen,

Sehr geehrte Frau Abgeordnete, Ihre Redezeit ist schon abgelaufen. Ich gestehe Ihnen noch einen oder zwei Sätze zu und dann beenden Sie Ihre Rede bitte.

- ja -, weil es zu diesem Thema passt - denn davon ist dieser mehrjährige Finanzrahmen getra

gen -, und zwar an die Adresse von Bundesinnenminister Seehofer: Auch wenn es noch immer kein gemeinsames europäisches Asylsystem gibt, so bitte ich doch darum, dass Kommunen in Deutschland Flüchtlinge aus dem griechischen Lager Moria aufnehmen können.

(Zustimmung - Zurufe - Unruhe)

Die Menschen dort brauchen sofort unsere Hilfe, und zwar jetzt.

(Beifall - Zurufe)

Frau Frederking, ich sehe eine Wortmeldung. Sind Sie bereit, darauf zu antworten? - Nein. Dann können Sie - -

(Zuruf: Dann eine Intervention!)

- Nein, das geht nicht. Sie haben sich gemeldet zu einer Frage. Wir müssen uns

(Zurufe)

langsam daran gewöhnen. Auch wenn ein Abgeordneter hier vorn sagt, er ist nicht bereit zu antworten - das steht auch bei Ihnen öfter an -, dann ist das so. Das müssen wir akzeptieren.

(Zuruf: Aber ich werde doch die Frage noch stellen können! - Weitere Zurufe)

- Nein, es nützt keine Frage. Wir haben gesagt: Die Frage kann gestellt werden, wenn der jeweilige Abgeordnete auch zur Beantwortung bereit ist. Okay.

(Zurufe)

Wir kommen zu dem nächsten Debattenredner. Für die CDU-Fraktion spricht der Abg. Herr Kurze.

(Zurufe - Unruhe)

Sie haben jetzt das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Tullner hat für die Landesregierung schon vorgetragen, warum dieser Antrag den verschiedensten Dingen widerspricht. Da die meisten Argumente schon ausgetauscht worden sind, können wir uns dem am Ende nur anschließen. Deshalb lehnt die CDU-Fraktion diesen Antrag ab. - Danke.

(Beifall)

Vielen Dank, Herr Abg. Kurze. - Wir kommen jetzt zu dem letzten Redner. Für die AfD-Fraktion hat jetzt noch einmal der Abg. Herr Farle das Wort. Sie haben jetzt das Wort.

Zunächst noch einmal zurück zu Herrn