Protokoll der Sitzung vom 27.10.2016

Wir sehen auch, dass Frauen stärker von Befristung und Teilzeit betroffen sind als Männer. Das ist eine Erkenntnis, die aus der Antwort auf die damalige Anfrage hervorgeht. Das hat sich auch nicht wesentlich geändert. Wir meinen, dass gerade an staatlichen Institutionen genau diesem

gesellschaftlichen Negativtrend entgegengewirkt werden muss. Deswegen stellen wir den Antrag.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir möchten, dass in der Regel tatsächlich in Vollzeit beschäftigt wird. Wenn es zu Teilzeitbeschäftigung kommt, dann sollte der Stellenanteil nicht unter 75 % liegen. Ich hoffe, dass das Unwesen der Drittelstellen an den Hochschulen ein Ende findet. Wir werden das sicherlich noch einmal abfragen, inwieweit das immer noch der Fall ist. Aber in der Regel sollten Teilzeitstellen nicht unter 75 % vergeben werden.

Wir möchten die schrittweise Reduzierung der befristeten Arbeitsverhältnisse. Wir verschließen natürlich nicht die Augen vor der Notwendigkeit, bei Qualifikationen oder Vertretungen flexibel zu handeln. Das ist völlig klar. Aber wir möchten, dass die Daueraufgaben von Menschen bearbeitet werden, die auch dauerhaft an den Hochschulen beschäftigt sind. Das ist längst nicht mehr der Fall.

Meine Damen und Herren! Wenn Projektmittel bewilligt werden, dann sollten die an den Projekten Beteiligten auch für die gesamte Projektdauer beschäftigt werden. Es muss noch einmal geprüft werden, wie durch kluges Poolen von Forschungsmitteln dauerhafte Beschäftigung ermöglicht werden kann.

Oft stehen die Stellenpläne und die starre Handhabung der Stellenpläne praktikablen Lösungen vor Ort im Wege. In den Haushaltsverhandlungen sollten wir das Wirken von Budgetierung auf der einen Seite und von Stellenplänen auf der anderen Seite noch einmal besprechen und uns darüber verständigen, wie man eine gute Lösung hinbekommt.

Meine Damen und Herren! Einiges ist auch einfach in den Abläufen der Hochschulen zu verbessern. Beispielsweise sollte es Qualifizierungsvereinbarungen geben, die die Betreuung absichern. Die Qualifizierungsvereinbarungen können auch dafür sorgen, dass man weiß, was man voneinander erwarten kann. Dazu gehört auch, dass man rechtzeitig Bescheid gibt, ob ein Arbeitsvertrag verlängert oder auch nicht verlängert wird.

Meine Damen und Herren! Die Anfrage hat damals ergeben, dass Lehrbeauftragte Arbeiten erledigen, die Kosten in Höhe von 13 Millionen € verursachen würden, wenn sie von regulär angestellten Beschäftigten erbracht würden. Das geht so nicht.

Oftmals - das muss man so sagen - ist der Lehrauftrag eine Form der Ausbeutung auf höchstem Niveau. Meist sind die Honorare recht niedrig. Eigentlich ist der Lehrauftrag ein Ausnahmefall. Er ist nach Hochschulgesetz beschränkt auf die künstlerische Ausbildung oder er soll externes

Wissen in die Hochschulen hineinholen und ein zusätzliches Lehrangebot sein.

Aber ich habe schon zu Senatszeiten in Halle erlebt, dass der Lehrauftrag zum Regelfall wurde. Das ist vom Hochschulgesetz nicht gedeckt. Ich finde das skandalös. Wenn man schon Lehraufträge vergibt, dann muss man die Lehrbeauftragten auch anständig bezahlen. Deswegen fordern wir an dieser Stelle ein Mindesthonorar.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren! Einiges von dem, was wir aufgeschrieben haben, ist ein alter Hut, weil wir es hier schon des Öfteren besprochen haben.

Tenure-Track soll genutzt werden; das ist nicht neu. Es gibt einen, wie ich finde, recht guten Gesetzentwurf, den damals noch Frau Prof. Dalbert eingebracht hat. Ich bin gespannt, in welcher Form das im Hochschulgesetz auftaucht. Vielleicht finden wir dafür eine vernünftige Lösung.

Über das Kaskadenmodell oder das Projekt Kaskade plus haben wir in der letzten Debatte schon gesprochen. Ich weise noch einmal darauf hin, dass sehr viele Professuren frei werden, sodass wir tatsächlich die Möglichkeit haben, an den Hochschulen für mehr Gleichstellung zu sorgen.

Meine Damen und Herren! Über die Eingruppierung der Lehrkräfte für besondere Aufgaben in die Entgeltgruppe 13 haben wir in der letzten Legislaturperiode auch schon debattiert. Hiervon sind insbesondere die Hochschulen für angewandte Forschung betroffen, bei denen die Entgeltgruppe 13 noch nicht zur Anwendung kommt.

Das sollte unbedingt geändert werden. Zu finanzieren ist diese Maßnahme aus den Mitteln, die für die Grundversorgung der Hochschulen zur Verfügung gestellt werden. Das müssen allerdings auch genügend Mittel sein.

Meine Damen und Herren! Zum Thema Kinderbetreuung. Ist das eine Aufgabe der Hochschulen? - Ich sage ja, aber sie soll nicht von den Hochschulen selbst erledigt werden. Ich glaube, dass gute Hochschulen ein sehr großes Interesse daran haben, ihrem Personal die Möglichkeit zu geben, eine anständige Kinderbetreuung zu organisieren.

Das geht beispielsweise über die Studentenwerke - es gibt Kindergärten der Studentenwerke -, aber auch über freie Träger. Hier muss dafür gesorgt werden, dass die Betreuung an den Wissenschaftsbetrieb angepasst wird. Das muss realisiert werden. Einige Hochschulen machen das bereits. Besser wäre es, wenn sich alle dafür verantwortlich fühlten und entsprechende Vereinbarungen mit Trägern abschlössen.

Ich komme kurz zu dem Alternativantrag der Koalitionsfraktionen. Darin ist von einem Dialogver

fahren die Rede. Ich habe nichts gegen ein Dialogverfahren. Ich finde es sogar gut, dass man auf die Hochschulen zugeht und miteinander ins Gespräch darüber kommt, wie man das umsetzt. Das ist ein gangbarer Weg.

Aber ich sage auch: Über das Dialogverfahren haben wir an dieser Stelle schon Ende 2014 gesprochen. Ich habe noch einmal in die Protokolle geschaut; das war damals die Abschlussdebatte. Wir hatten damals einen etwas uninteressierteren Minister im Amt. Wir kennen ihn. Wir werden sehen, wie das heute gemacht wird. Ich hoffe, dass unser Minister, den wir jetzt haben, ein wenig ambitionierter - - Zumindest der Staatssekretär macht mir an dieser Stelle Hoffnung.

(Heiterkeit)

Für Vorschusslorbeeren, Herr Minister, ist es noch zu früh. Das kommt dann, wenn das hier anständig umgesetzt worden ist.

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Taten wollen wir sehen! Taten!)

Meine Damen und Herren! Ich komme zum Schluss. Wir brauchen eine bessere institutionelle Förderung, weg von der Projekteritis.

(Beifall bei der LINKEN)

Denn dann können wir auch bessere Beschäftigung organisieren. Wir möchten, dass Dauerstellen für Daueraufgaben geschaffen werden, und wir möchten dafür sorgen, dass kluge Menschen im Land gehalten werden; denn das bringt Sachsen-Anhalt voran. - Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich danke dem Abg. Herrn Lange. - Ich sehe keine Fragen. Dann fahren wir fort. Ich bitte jetzt Herrn Minister Felgner von der Landesregierung ans Mikrofon.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrte Abgeordnete! Mit ihrer Koalitionsvereinbarung haben sich die drei regierungstragenden Fraktionen unmissverständlich dazu bekannt, die vom Wissenschaftsrat attestierte leistungsfähige Wissen

schaftslandschaft mit profilierten Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen zu festigen und weiterzuentwickeln.

Ziel ist es, dass die Hochschulen die Profilierung ihrer Angebote fortsetzen und kompetente Partner für Wirtschaft, Verwaltung und Forschungseinrichtungen bleiben. Um dieses Ziel zu erreichen, haben sich die Koalitionspartner dazu bekannt, die für den Wissenschaftsbereich relevanten Gesetze, das Hochschulgesetz sowie das Hochschul

medizingesetz, zu überarbeiten und an die Anforderungen einer modernen und zukunftsorientierten Hochschullandschaft anzupassen.

Entscheidend wird dabei sein, dass die Änderungen nicht einseitig erarbeitet werden, sondern im konstruktiven Dialog mit den Hochschulen. Der Koalitionsvertrag hat hierzu bereits die wesentlichen Eckpunkte der beabsichtigten Veränderungen benannt.

Neben der vollständigen Übertragung des Berufungsrechts auf die Hochschulen und der damit beabsichtigten weiteren Stärkung der Autonomie der Hochschulen des Landes ist ein weiterer Schwerpunkt die Verbesserung der Arbeitsbedingungen des hauptberuflichen wissenschaftlichen und künstlerischen Personals, des sogenannten akademischen Mittelbaus.

Das Ziel hierbei ist, Rahmenbedingungen für stabile Beschäftigungsverhältnisse, berechenbare Karrierewege und hervorragende Qualifizierungs-, Fort- und Weiterbildungsbedingungen für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu schaffen.

Zugleich wollen wir atypische und prekäre Beschäftigungsverhältnisse überwinden, selbst wenn der prozentuale Anteil unbefristeter Beschäftigungsverhältnisse hauptberuflicher wissenschaftlicher und künstlerischer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Sachsen-Anhalt im Vergleich zu anderen Ländern höher ist.

Gleiches gilt für die im Vergleich zunehmende Vollbeschäftigtenquote. Das bedeutet aber nicht, dass es keinen Veränderungsbedarf gibt. Dieser besteht durchaus noch. Ihn festzustellen und herauszuarbeiten, Lösungswege zu finden, um Defizite auf diesem Gebiet zu beseitigen, wird die Aufgabe in dieser Legislaturperiode sein.

Als ein erster Schritt kann die Verbesserung der Bezahlung der an den Hochschulen des Landes tätigen Lehrkräfte für besondere Aufgaben mit abgeschlossener wissenschaftlicher Hochschulbildung genannt werden. Sie haben es gerade selbst erwähnt.

Die Hochschulen des Landes sind sich zudem ihrer Verantwortung im Umgang mit der gesetzlich vorgegebenen Befristungspraxis im Wissen

schaftsbereich sehr wohl bewusst. Da die Karriereplanung des wissenschaftlichen Nachwuchses insbesondere den Bereich der Universitäten betrifft, haben diese bereits in der Vergangenheit durch einschlägige Leitlinien ihrer Senate intern bindende Voraussetzungen geschaffen, um insbesondere die Promotionsphase für den Einzelnen nachvollziehbar und transparent zu machen.

Mit der Änderung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes im Frühjahr 2016 sind die gesetzlichen Rahmenbedingungen für das Sonderbefristungsrecht im Wissenschaftsbereich auf eine neue

Grundlage gestellt worden. Neben der Verbesserung von Anrechnungstatbeständen bei der Verlängerung von Qualifizierungsstellen aufgrund von Krankheit, Kinderbetreuung oder Schwerbehinderung sind auch die Vorgaben für eine rechtswirksame Befristung solcher Stellen im Interesse der Beschäftigten verbessert worden.

Sehr geehrte Abgeordnete! Mit der vom Bund übernommenen BAföG-Finanzierung geht eine finanzielle Entlastung des Landeshaushaltes einher. Davon fließen ab 2017 Mittel in Höhe von 15 Millionen € in die Grundfinanzierung der Hochschulen. Es ist der erklärte Wille der Koalition, dass die Hälfte dieser Mittel in Höhe von 15 Millionen € für personalwirtschaftliche Maßnahmen eingesetzt wird. Mit den Hochschulen ist vereinbart worden, dass diese zusätzlichen Mittel für die Umwandlung von befristeten in unbefristete Arbeitsverhältnisse genutzt werden können, auch für Daueraufgaben im Wissenschaftsmanagementbereich.

Die Hochschulen des Landes sind bestrebt, die Vereinbarkeit von Beruf, Wissenschaft und Familie sicherzustellen. Vier Hochschulen - Sie wissen es - haben sich bereits dem Zertifizierungsverfahren „Beruf und Familie“ gestellt und das Qualitätssiegel verliehen bekommen. Die OvGU hat sogar die „Charta für Familie in der Hochschule“ unterzeichnet.

Meine Ausführungen sollen aber - das möchte ich abschließend sagen - keinesfalls den Eindruck erwecken, dass die Beschäftigungssituation des hauptberuflichen wissenschaftlichen Personals an den Hochschulen des Landes nicht weiter verbessert werden könnte. Dies soll und muss Ziel einer zukunftsorientierten Hochschulpolitik im Land sein. Denn nur mit interessanten und wettbewerbsfähigen Angeboten auch in der Beschäftigungspolitik wird es möglich sein, den Hochschulstandort Sachsen-Anhalt attraktiv zu machen und weiter zu stärken.

Insoweit freue ich mich auf den konstruktiven Austausch mit allen Beteiligten, die für eine zukunftsgewandte und erfolgreiche Hochschullandschaft in unserem Land eintreten. Über den Fortgang dieser Bemühungen wird die Landesregierung das Hohe Haus regelmäßig unterrichten, nicht zuletzt im Zusammenhang mit den beabsichtigten Novellierungen des Hochschulgesetzes und des Hochschulmedizingesetzes. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Da niemand eine Frage an den Herrn Minister hat, danke ich dem Herrn Minister für die Ausführungen. Wir fahren in der Debatte fort. Für jede Fraktion ist eine Redezeit von fünf Minuten vorgese