Protokoll der Sitzung vom 15.10.2020

Heute dürfen wir eine Debatte über einen Antrag der AfD-Fraktion führen, eine Kehrtwende durch einen sofortigen Aufnahmestopp einzuleiten, um die so wörtlich „perverse Sogwirkung des deutschen Sozialsystems“ zu beenden.

(Oliver Kirchner, AfD: Ja!)

Ich empfehle zunächst jedem den Blick auf die nackten Zahlen, um den Blick auf die Realität ein wenig zu schärfen.

(Oliver Kirchner, AfD: Vergessen Sie den Familiennachzug nicht!)

Seit dem Jahr 2016 ist die Zahl der Asylanträge in Deutschland stark rückgängig. Im Jahr 2016 waren es 750 000 Asylanträge und im Jahr 2019 nur noch 165 000 Asylanträge, mit fallender Tendenz für das Jahr 2020.

(Volker Olenicak, AfD: Das ist Augen- wischerei!)

Seit dem Jahr 2017 sind auch die Ankunftszahlen in Europa insgesamt kontinuierlich gesunken. Der Bundesinnenminister hat zu Recht darauf hingewiesen, dass wir in den vergangenen Jahren sehr viel für Steuerung und Ordnung getan haben. Es ist klar, dass kein Land der Welt unbegrenzt Schutzsuchende aufnehmen kann.

Wenn Ordnung und Steuerung bestehen und funktionieren, dann kann man sich auch Humanität für tatsächlich Schutzbedürftige leisten, so auch die Aufnahme der 1 553 Menschen aus 408 Familien von den griechischen Inseln, für die das Anerkennungsverfahren als Flüchtlinge bereits abgeschlossen ist. Wenn der Fluchtgrund weggefallen ist, dann müssen sie auch wieder in ihr Heimatland zurückkehren.

(Robert Farle, AfD: Genau! - Zuruf von Oli- ver Kirchner, AfD)

Meine Fraktion steht für Ordnung, aber auch zu unserer rechtlichen und humanitären Verpflichtung. Wir als CDU halten fest an dem Asylgrundrecht und an dem Flüchtlingsschutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention.

(Zustimmung)

Wir wollen auch weiterhin als Teil der internationalen Gemeinschaft die Ursachen für Flucht und illegale Migration bekämpfen. Wir werden die illegale Migration nach Europa weiter eindämmen, Schlepperbanden das Handwerk legen und hier

für die Zusammenarbeit mit den Transitstaaten ausbauen.

Wir setzen uns in der EU für ein krisenfestes und solidarisches gemeinsames Asylrecht sowie für schnelle und rechtssichere Asylverfahren ein und natürlich auch für die faire Verteilung von Schutzsuchenden und für die zügige Rückführung von nicht Schutzbedürftigen. Das unterscheidet uns von der Grundposition der LINKEN und auch von der Grundposition der AfD. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab. - Herzlichen Dank.

(Beifall - Volker Olenicak, AfD: Ihr versucht die Quadratur des Kreises!)

Vielen Dank, Herr Abg. Schulenburg. Auch hierzu sehe ich keine Wortmeldung. - Für die AfD-Fraktion kann gleich noch einmal Herr Kirchner sprechen. Sie haben jetzt das Wort. Bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Werte Abgeordnete! Hohes Haus! Es ist schon spannend zu sehen, wie man versucht, sich aus der Lage herauszuwinden und mit Flüchtlingskosten in Deutschland von 48 Milliarden € pro Jahr klarzukommen. Es ist schon sehr beeindruckend, wie Sie versuchen, sich herauszuwinden. Es sind Summen, bei denen ich gar nicht darüber nachdenken möchte, welche vernünftigen Sachen man damit machen könnte, wenn man von Geldleistung auf Sachleistung umstellen würde.

(Beifall)

Das wäre eine ganz einfache Sache. Dann würden sich 70 % der Leute, die hier sind, weil wir nämlich das beste Sozialsystem Europas haben, auf den Nachhauseweg begeben. Ganz unproblematisch und kompromisslos würden sie einfach das Feld räumen und wieder nach Hause gehen, wenn es hier nicht das beste Sozialsystem Europas geben würde.

Wenn ich den Herrn Innenminister höre, dass es alles völkerrechtswidrig sei - in Österreich hat man auch darüber gesprochen, das Asylrecht auszusetzen. Wenn sie darüber sprechen - und das hätten sie auch durchgesetzt, wenn die FPÖ noch mit am Ruder gewesen wäre -, dann wäre es auch irgendwie gegangen. Selbst in Städten in unserem schönen Deutschland gibt es Aufnahmestopps für Migranten. Das wäre dann auch alles völkerrechtswidrig, wenn man Ihre Aussage so stehen lassen würde.

Ich kann es schwer verstehen, wenn sich Herr Schulenburg hierhin stellt und sagt, wir werden es alles eindämmen. Sie sind diejenigen, die in Ihrem Haushalt 325 Millionen € für die Caritas aus

geben, damit die Caritas die Flüchtlinge rechtlich berät. Dann stellt sich ein Innenminister hier vorn hin und sagt, ich würde sie alle gern abschieben, aber sie sind ja alle so wunderbar rechtlich beraten. Das ist Ihr Haushalt, den Sie mit zu verantworten haben. Das ist das, was Sie tun, um einzudämmen. Sie dämmen nicht ein, Sie holen durch diese Aussagen immer noch mehr hierher.

Zu den dümmlichen Aussagen von Frau Quade, Herrn Erben und Herrn Striegel: Herr Striegel, Frau Quade und Herr Erben, ich bin selbst mit einer Ausländerin verheiratet. Wissen Sie, was uns Moldawier, Polen, Russen, Rumänen oder Ungarn sagen?

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Das alte Ar- gument von „Ich kenne auch einen Juden, ich kann gar nicht judenfeindlich sein“!)

Sie sagen, macht weiter so, weil wir es genauso wie ihr sehen. Das ist das Problem, das diese Leute in diesem Land auch haben: Sie werden nämlich mit solchen Leuten,

(Beifall)

die unsere Menschen hier vergewaltigen und niederstechen, auf eine Stufe gestellt, und das wollen sie nicht. Darüber sollten Sie einmal nachdenken, aber nicht über diesen Quatsch, den Sie hier von Ausländer raus erzählen, Herr Striegel. - Auf Wiedersehen.

(Beifall - Zurufe: Wiedersehen! - Hoffentlich geht er! - Weitere Zurufe)

Wir sind damit am Ende der Debatte, weil ich auch keinerlei Wortmeldungen mehr gesehen habe.

Wir steigen in das Abstimmungsverfahren zur Drs. 7/6652 ein. Wer diesem Antrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um das Kartenzeichen. - Das ist die AfD-Fraktion. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion DIE LINKE. Gibt es Stimmenthaltungen? - Gibt es nicht. Damit ist der Antrag abgelehnt worden.

Wir kommen zum

Tagesordnungspunkt 24

Beratung

Lehramtsstudenten fördern, Lehrermangel bekämpfen!

Antrag Fraktion AfD - Drs. 7/6653

Alternativantrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 7/6721

Der Einbringer für den Antrag der AfD-Fraktion, der Abg. Herr Dr. Tillschneider, steht schon hier vorn. Sie bekommen auch gleich das Wort. Bitte.

Frau Präsidentin! Hier liegen gebrauchte Stifte.

Ich habe das schon gesehen. Sie brauchen Sie nicht zu nehmen. Wir werden sie nachher entfernen.

Aber sie bedeuten ein gewisses Infektionsrisiko.

Das kann schon sein. Deswegen werden wir sie auch gleich entfernen.

Also. - Frau Präsidentin! Werte Kollegen! Wir alle wissen, wie schwer Sachsen-Anhalt unter Lehrermangel leidet. Wir alle wissen auch, dass sich dieser Mangel noch verschärfen wird. Der Handlungsdruck, unter dem wir stehen, ist enorm. Angesichts dieses Umstands wundert es mich doch, wie fantasielos und unkreativ die Regierung und die Opposition mit dem Lehrermangel umgehen.

Die LINKE kann nichts, außer mehr Lehrer zu fordern, ohne zu sagen, woher diese Lehrer kommen sollen. Das ist eine Forderung auf dem Niveau des Ich-will-aber eines Dreijährigen.

(Beifall)

Sie sind zu allem Überfluss mit Ihrer Infantilität auch noch hausieren gegangen und haben zur Durchsetzung Ihrer tumben Forderung nach mehr Lehrern ein Volksbegehren gestartet, das nun Gott sei Dank kläglich gescheitert ist. Statt der erforderlichen 164 000 Unterschriften haben Sie lediglich knapp 77 000 Unterschriften zusammenbekommen, weniger als die Hälfte des Quorums. Das ist peinlich, aber auch gut so; denn das Volk hat sich von Ihnen nicht hinter das Licht führen lassen und Ihnen für Ihren, mit Verlaub, saudummen Populismus die Quittung erteilt.

(Beifall)

Aber auch die Regierung ist mit ihrem Latein am Ende. Ihr jüngster Vorschlag war, glaube ich, den Unterricht in den Kernfächern Deutsch und Mathematik und in den naturwissenschaftlichen Fächern zu reduzieren. Sie reagieren darauf, dass es an Lehrern mangelt, indem Sie einfach Unterricht aus dem Lehrplan streichen und immer „Heilige Einfalt!“ ausrufen. - Herr Minister,

das ist keine politische Maßnahme, das ist eine Bankrotterklärung.

Angesichts der grassierenden Ideenarmut und angesichts der Notlage, in der wir uns befinden, gehe ich nun aber davon aus, dass Sie den vorliegenden Antrag der AfD-Fraktion dankbar annehmen werden; denn wir haben einen Vorschlag einzubringen, der, wenn Sie ihn annehmen würden, den Lehrermangel in Sachsen-Anhalt nicht sofort, aber in den nächsten Jahren spürbar abmildern würde.

Anders als DIE LINKE fordern wir nicht nur mehr Lehrer, sondern wir sagen auch ganz genau, woher wir mehr Lehrer für Sachsen-Anhalt nehmen wollen. Wir setzen bei dem Befund an, dass der Lehrermangel speziell in Sachsen-Anhalt vor allem auch darauf zurückgeht, dass zu viele von denen, die in Sachsen-Anhalt auf Lehramt studieren, nach ihrem Studium in anderen Bundesländern in den Schuldienst eintreten. Ein Studium in einer lebendigen Universitätsstadt wie Halle erscheint nun einmal vielen attraktiver als das Lehrerdasein an einer Sekundarschule im Harz.

(Angela Gorr, CDU: Na, na!)