Aber Fakt ist eines: Es gibt definitiv kein Verbot. Man kann jeden Tag auch aus Risikogebieten nach Sachsen-Anhalt kommen; das kann keiner
verhindern. Man kann in Sachsen-Anhalt in privaten Angeboten übernachten und man kann in Hotels und Pensionen übernachten, wenn man einen aus dem Risikogebiet stammenden entsprechenden Nachweis bringt, dass man negativ getestet ist.
Das ist eine ganz normale Sache, die wir seit Monaten aufrechterhalten. Wir wissen, dass das schon damals durchgängig in ganz Deutschland keine Ideallösung war und auch jetzt nicht ist. Deswegen haben wir uns, weil wir uns eben nicht verständigen konnten, neben Maßnahmen in den Hotspots dahin gehend verständigt, dass nach den Herbstferien dazu ein belastbares Konzept her muss, das die entsprechende Rechtslast nicht in den Ländern belässt, in denen die Infektionen und die Hotspots mehr oder weniger gar nicht vorzufinden sind. Ein solches Konzept muss auch zum Inhalt haben, dass diejenigen dort in die Verantwortung genommen werden, wo diese Hotspots aufgewachsen sind. Dort müssen dann Maßnahmen sehr eingegrenzter Natur ergriffen werden, logischerweise mit Blick auf den unmittelbaren Personenkreis in der Kommune, in der Einrichtung, wie auch immer, damit aus diesen Hotspots heraus keine Herausstreuung in das Umland nach Deutschland und Europa hinein erfolgen kann, weil wir ansonsten keine Chance haben, diese Hotspots jemals in den Griff zu bekommen.
Und wer sich die Tageszahlen des Anwachsens ansieht, der weiß, dass wir gut beraten bleiben, wenn wir genau diese Vorsicht weiter walten lassen. Wir wissen, dass wir in der jetzigen Phase in der Exekutierung des Infektionsschutzgesetzes des Bundes sind, dass vieles über die Verordnung der Länder realisiert werden muss und dass in diesem Zusammenhang logischerweise auch die Zuständigkeit der Länder gegeben ist, übrigens eben nicht der Parlamente, weil es sich um die Exekutierung der Bundesgesetzgebung handelt.
Die Einzigen, die im Prinzip die Verordnungen an bestimmten Stellen korrigieren können, sind Verwaltungsgerichte. Das tun sie, wenn es notwendig ist, und das haben sie auch schon in Sachsen-Anhalt getan. Wir werden sehen, wie das dann auf der rechtlichen Seite aussieht, falls es hier zu einer entsprechenden Antragsstellung oder zu einem Prozess bzw. zu einer Entscheidung durch ein Gericht kommt.
Politisch sind wir in der Landesregierung aber auf jeden Fall der Meinung, dass wir, solange es Anfang oder Mitte November keine bundeseinheitliche Alternative gibt, an unserer im Mai in Gang gesetzten Verordnung festhalten sollten.
Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. Sie können gleich hier vorn bleiben. Ich habe nämlich inzwischen sechs Wortmeldungen. Wir fangen mit Herrn Abg. Gallert an. - Sie haben das Wort, Herr Gallert.
Herr Haseloff, ich versuche, eine Logik in das hineinzukriegen, was Sie gesagt haben. Erstens haben Sie gesagt: „Es gibt eine Korelation. Je höher das Bußgeld, umso höher die Infektion.“ Sie haben zweitens gesagt, dass wir in Sachsen-Anhalt überhaupt keine Probleme haben. Deswegen brauchen wir auch kein Bußgeld für Maskenverweigerer. Aber alle anderen sollen bitte knallhart und stringent alles durchziehen, um zu vermeiden, dass es zu weiteren Hotspots kommt. Das bedeutet doch im Endeffekt: Alle Sachsen-Anhalter sind supervernünftig und gesund, aber alle anderen kriegen es nicht in Griff.
Ich will jetzt nur noch eines sagen: In dieser Logik, die Sie soeben vorgebracht haben, haben Sie gerade begründet, warum das Beherbergungsverbot völliger Blödsinn ist. Die Leute können aus den Hotspots hier jeden Tag einreisen. Sie können in Gaststätten gehen. Sie dürfen hier arbeiten. Wenn sie hier arbeiten, dürfen sie hier übrigens auch übernachten.
Da hat gerade das niedersächsische Oberlandesgericht gesagt: Genau das ist der Grund, warum ein Beherbergungsverbot für touristische Zwecke völlig sachfremd ist und deswegen aufgehoben werden muss.
Wie erklären Sie bitte den Leuten, dass jemand, der aus Berlin hier herkommt und arbeitet, natürlich hier im Hotel übernachten darf. Wenn er sich aber hier in Magdeburg den Dom anguckt, dann darf er nicht übernachten, dann ist er ein Infektionsherd. Wenn er allerdings arbeitet, dann stellt er keinen Infektionsherd dar.
Wie wollen Sie das den Leuten in den Hotels, in den Übernachtungsbereichen erklären, die die stringentesten Hygienekonzepte auflegen mussten und das eigentlich viel, viel besser beherrschen als jede Regionalbahn und jede S-Bahn, weil man darin keine Maske aufsetzen muss, wenn man ein Bußgeld nicht zu befürchten braucht? Versuchen Sie mal, das zu erklären.
Ich habe erstens nicht gesagt, dass bei uns alles zu 100 % gut läuft, sondern ich habe gesagt, dass wir bei uns, weil wir das eben mit dem Bürger zu organisieren versuchen, und zwar mit dem Verständnis der Bürger, mit dem Einleuchten unserer Maßnahmen am besten gefahren sind und eine wesentlich höhere Akzeptanz haben als in anderen Bereichen, in denen zum Beispiel nach dem Champions-League-Sieg trotz hoher Bußgeldbeträge auf dem Marienplatz in München 15 000 Leute rechtswidrig nach der Verordnung gefeiert haben und die Polizei im Sinne der Deeskalationsstrategie nicht eingreifen konnte. Was ist das für ein Staat, der sich so vorführen lässt?
Da sage ich, das wird es bei uns zum jetzigen Zeitpunkt nicht geben, weil wir klar sagen: Wir brauchen als Staat immer noch weitere Eskalationsstufen, wenn es wirklich einmal kritisch wird. - Das ist das Erste. Das meinte ich ja mit der rein empirischen Auf-den-ersten-Blick-Korrelation.
Zweitens ist letztendlich damit die Botschaft verbunden, dass wir auf jeden Fall sicherstellen wollen, dass die Menschen an unserer Seite bleiben und nicht jeder Bürger einen Polizisten dahinter gestellt bekommen muss, der als Einziger im Prinzip das mit einer Ordnungskraft einer Kommune exekutieren kann. Personal in der Menge steht auch gar nicht zur Verfügung, um
2,2 Millionen Menschen, die es nicht verstehen, gewaltsam zur Einhaltung der entsprechenden Vorgaben zu führen.
Übrigens gibt es in Sachsen-Anhalt keinen sanktionsfreien Raum. Es ist ja nicht so, dass wir nicht genau in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens bezüglich der Notwendigkeit von MundNasen-Schutz usw. usf. klare Festlegungen haben. Es geht um die Form der Exekutierung, ob ich das über Polizei und Ordnungsamt und Zuführung mache bis hin zu Anhörung, Widerspruch und Amtsgericht oder ob ich das im Prinzip im Sinne von Hausrecht und anderen Dingen mache, wo ich sage, man ist gewissermaßen von der Leistung ausgeschlossen, wenn man diesen Mund-Nasen-Schutz nicht trägt. Es geht hier um die Form, wie wir im Rahmen unserer Ressourcen die Sanktionen, die wir verhängen, als Staat durchzusetzen in der Lage sind.
hören, dann sagen die: „Es ist, um das durchzusetzen, eine Summe von 1 Milliarde € notwendig; denn es sollen private Sicherheitsdienste der Ordnungsämter in Uniform mit der Übertragung von hoheitlichen Aufgaben vor der Gesetzesänderung in Gang gesetzt werden.“
Die dafür benötigte Summe würde sich bei uns übrigens auf umgerechnet 25 Millionen € belaufen, um möglicherweise 1 000 Leute zusätzlich zum Einsatz bringen. Da muss ich sagen: Bezüglich unserer Infektionszahlen ist das alles nicht gerechtfertigt. Wenn Sachsen-Anhalt ein Hotspot ist - damit das auch klar ist -, dann werden wir auch zu anderen Maßnahmen kommen. Die müssen wir dann genau überlegen, damit sie zielführend umgesetzt werden.
Sie können sich übrigens zunächst hinsetzen, weil ich mindestens noch zehn Minuten lang über dieses Thema sprechen werde. Sie können aber natürlich auch stehen bleiben. Ich will nur sagen: Es dauert noch ein Weilchen, bis ich zu all Ihren Fragen Stellung genommen haben werde. Sie haben diese Thematik so komplex in die Debatte geworfen, dass ich das zumindest vorsorglich sagen muss.
Nächster Punkt. In der Ministerpräsidentenkonferenz, Herr Gallert, ging es nicht um das aktuelle Regime der im normalen Modus befindlichen Bundesländer wie Sachsen-Anhalt, dass wir also mit Infektionszahlen, die deutlich unter 35 und deutlich unter 50 liegen, konfrontiert wurden, sondern es ging um die Frage, was wir mit den vielen Hotspots machen, die wir inzwischen haben, die deutlich jenseits der 50, deutlich jenseits der 100 und in Berlin deutlich jenseits der 150 stehen. Das heißt, es ging um die Hotspot-Behandlung.
Das heißt, wenn wir in bestimmten Bundesländern diese Hotspots haben, dann stellt sich die Frage, welche Maßnahmen dann dort ergriffen werden müssen, damit das nicht bundesweit in die Fläche hineinstreut. Deswegen sind diese Festlegungen auch durch mich mitgetragen worden, denn wenn wir solch einen Hotspot hätten, würden wir nach den gleichen Verfahren handeln, ganz klar: Kontaktbeschränkungen runter auf maximal zwei Hausstände usw. usf., damit wir - das will ich noch mal sagen - die Kontaktdichte um 50 % reduzieren. Was ist eigentlich der Hintergrund dabei?
Deswegen ist das auch der Querverweis auf das, was momentan unsere Beherbergungsverordnung für uns darstellt. Wir wollen eben nicht, dass wir wieder zu einem wirtschaftlichen Shutdown kommen, durch den faktisch eine gesamte Volkswirtschaft, unser gesamtes sozialstaatliches und sonstiges System infrage gestellt wird, weil wir durch mehrere Monate volkswirtschaftlicher
Die Wirtschaft muss weiterlaufen. Der ganz normale Dienstbetrieb in all den gesellschaftlichen Bereichen muss weiterlaufen. Wir haben nur die Möglichkeit, die notwendigen Anteile an Kontaktbeschränkungen runterzufahren, wenn wir in das Private hineingehen.
Und wenn wir uns die Entstehung dieser Hotspots ansehen, dann wissen Sie ganz genau, unter welchen illegalen, trotz Bußgeld dort nicht exekutierbaren Rahmenbedingungen diese Dinge aufgewachsen sind, die zu massiven Infektionen und Ausbreitungen geführt haben, denen man schlicht und einfach nur durch ein komplettes Schließen bestimmter Dinge Einhalt bieten kann. Das muss auch im Interesse der zuständigen Kollegen in den betroffenen Bundesländern geschehen, die wirklich Schweißperlen auf der Stirn haben, weil sie in diesen Bereichen eine Entwicklung sehen, die auch über einen längeren Zeitraum hinweg zu einer fatalen Gesamtentwicklung führen kann.
Dann müssen Sie uns in der Landesregierung verstehen, wenn es darum geht, dass wir Hotspots mit hohen Infektionsraten haben, in denen logischerweise nach den Vereinbarungen von vorgestern keine Zusammenkünfte, keine Feiern usw. mehr durchgeführt werden dürfen. Jetzt gibt es aber Bundesländer, in die man sich begeben kann. Man chartert für die Familie, die man - was weiß ich - für eine Familienfeier eingeladen hat, einen Bus und bringt dieses Infektionsproblem in ein anderes Bundesland, das noch niedrige Infektionsquoten hat, was sich dieses Bundesland hart erarbeitet hat, auch durch die Disziplin unserer Bürgerinnen und Bürger.
Da muss ich sagen: Das ist einfach ein unfaires Verfahren. Deswegen brauchen wir an dieser Stelle ein System, das in den Hotspots ansetzt. Das heißt, das, was man sozusagen bei uns abzusetzen versucht, muss in den Hotspots durch Festlegungen dort papierbezogen, straßenzugbezogen, stadtteilbezogen, kommunenbezogen, von mir aus landkreisbezogen, regional bezogen, je nach Größe und Fläche dieses Hotspots, festgelegt werden. Dort muss man sozusagen die Kontaktdichte reduzieren. Dort muss man im Prinzip auch sagen dürfen: Ja, Dienstreise ist für den wirtschaftlichen Verkehr notwendig. Aber ist es jetzt wirklich notwendig, dass ich in den Herbstferien trotz aller Entwicklungen, die sich hier europaweit vollziehen - überall ist es rot um uns -, unbedingt verreise?
Ist es wirklich notwendig, dass man trotz aller Entwicklungen europaweit - überall um uns herum ist es rot und bei uns wird es jeden Tag röter - Risi
ken streut und in den Herbstferien verreist, obwohl man auch einmal zu Hause bleiben kann, um diese ganz schwierigen Monate gemeinsam zu überstehen?
Ich frage mich, wo soll denn Solidarität in einer Gesellschaft noch ansetzen, wenn nicht an dem Verständnis, dass das jetzt momentan das Sahnehäubchen und nicht existenziell ist, wie Dienstgeschäfte, damit eine Volkswirtschaft läuft usw. Ich denke, diese Abstufung zwischen dem, was notwendig ist, und dem, was nicht notwendig ist, muss man auch politisch erklären können, unabhängig davon, wie wir das nachher rechtlich durchsteuern.
Ich sehe das Signal von Herrn Gallert - deswegen steht er auch -, dass er eine kurze Nachfrage stellen möchte. - Bitte, Herr Gallert.
Die Frage, ob touristische Reisen eine existenzielle Bedeutung haben, sehen die Leute, die eine Pension haben, etwas anders als Sie. Aber darüber brauchen wir jetzt nicht diskutieren.
Ich habe ein anderes Problem; das ist schon seit längerer Zeit deutlich geworden. Es gibt das Argument - das haben Sie heute nicht das erste Mal angeführt -, wir könnten Bußgelder beim Verstoß gegen die Maskenpflicht sowieso nicht durchsetzen, weil wir das Ordnungspersonal dafür nicht hätten. Sie sagen aber im zweiten Satz, aber das bedeute nicht, dass es sanktionsfrei sei.
Wenn die Leute zum Beispiel in Beförderungseinrichtungen, wie Straßenbahn oder Bus, keine Masken aufsetzten, dann könnten sie von der Beförderungsleistung ausgeschlossen werden.
Ich frage mich nur immer: Woher soll denn das Ordnungspersonal kommen, das die Leute aus einer Straßenbahn, aus einem Personenzug oder aus der S-Bahn schmeißt, wenn wir nicht einmal das Personal haben, um einen Bußgeldbescheid zu erstellen? Diese Frage müssen Sie mir einmal beantworten.
Wenn Sie sagen, wir bräuchten das nicht, weil wir nicht sanktionsfrei seien und die Betreffenden von der Beförderung ausschließen könnten, dann folgt das dem Motto „Schraps, du hast den Hut verloren.“ Ich brauche dafür keine eigenen Leute; darum sollen sich die Beförderungsbetriebe kümmern. Das ist eine Art und Weise, wie ich mit dieser Krise nicht umgehen kann, Herr Haseloff.