Protokoll der Sitzung vom 16.10.2020

Ich will aber auch einmal Folgendes sagen, um noch einmal Missverständnisse auszuräumen, liebe Frau Frederking: Es geht nicht darum, dass sich durch die Übernachtung eines Hotelgastes

aus einem Hotspot das Virus über das Bettlaken verteilt. Vielmehr geht eine solche Übernachtung mit einem Gesamtpaket eines Angebots einher, nämlich damit, dass man von einem Hotspot, in dem man nicht feiern kann, die Personengruppen, die woanders nicht zusammenkommen können, zu uns verlegt und dadurch die Infektionsquoten von dort mitgebracht werden. Darum geht es.

Es geht nicht darum, dass ein Bettlaken das Problem ist. Es geht um das Gesamtpaket, um das Format und darum, dass letztlich Personen aus einem Risikogebiet, in dem es nicht möglich ist, transferiert werden und die Übertragungen dann aber im Prinzip woanders stattfinden.

Wir hatten aufgrund unterschiedlicher zeitlicher Abläufe schon einmal die Situation, dass im Prinzip ein Tourismus stattgefunden hat, um bestimmte Sachen im eigenen Lande zu umgehen und sie woanders hereinzutragen. Das kann es nicht geben.

Deswegen brauchen wir eine einheitliche 16 : 0Regelung, wie wir das in den Hotspots klären und es nicht außerhalb reguliert werden muss. Dass ich mich als MP hierherstellen und Maßnahmen ergreifen muss, weil Laschet, Söder, Müller und wie sie alle heißen, ihre Hotspots momentan nicht im Griff haben.

(Zustimmung)

Das ist kein Vorwurf. Es ist eine ganz schwierige Geschichte, in einem Ballungszentrum mit Großstädten oder in Berlin mit der entsprechenden Soziostruktur usw. etwas hinzubekommen. Das ist überhaupt kein Fingerzeig.

(Zuruf)

Ich will nur sagen, dass das Problem aber trotzdem nicht nach außen verlagert werden kann. Jeder bekommt seinen Hotspot nur dann in den Griff, wenn er in dem Hotspot versucht, die Quoten zu reduzieren.

Sie möchten eine kurze Nachfrage stellen? - Bitte nur kurz.

Eine ganz kurze Anmerkung: Dann könnte man ja das mit den Feiern regeln.

Die Nachfrage lautet: Ich nehme in keiner Weise wahr, dass eine Sensibilisierung hinsichtlich des Erfordernisses des Lüftens vorhanden ist. Ich komme in Arztpraxen; dort sitzen die Leute dicht auf den Warteflächen. Ich komme in den Landtag in den Raum A2 41 - der Raum ist nicht zwangsbelüftet - und die Leute sitzen dicht nebeneinander. Die Frau Präsidentin war dabei. Es musste erst eine Aufforderung geben.

Es gibt diese Sensibilisierung nicht. Das ist wirklich kein Vorwurf. Vielmehr bitte ich Sie als Ministerpräsident und Sie, Frau Grimm-Benne: Kommunizieren Sie das, tragen Sie das in die Breite. Das wird uns helfen.

Danke schön, Frau Frederking. - Diesen Appell mit allem Drum und Dran werden wir noch einmal aufnehmen.

Ich will aber noch einmal etwas zu dem sagen, was Sie vorher in einem Nebensatz nicht mit einer Frage verbunden gesagt haben. Es geht eben nicht um die Feiern. Warum sollten angesichts unserer Quoten, bei denen Feiern möglich sind, diese bei uns in der Bevölkerung eingestellt werden, nur weil in Köln nicht gefeiert werden kann und zu befürchten ist, dass man die Feier hierher verlegt?

(Beifall)

Die Menschen bei uns haben hart dafür gearbeitet und benehmen sich jeden Tag auch so, dass ich stolz auf die Bürgerinnen und Bürger bin. Warum soll ich sie jetzt bestrafen, nur weil es woanders nicht so stringent gehandhabt wurde? Ich sage das, ohne jetzt einen Vorwurf zu erheben. Man kann Sachsen-Anhalt nicht mit Baden-Württemberg oder mit wem auch immer vergleichen.

Ich will nur sagen: Es muss fair sein und jeder muss erst einmal die Aufgabe bei sich erledigen. Wenn das unabweisbar nicht geht - da ist noch viel Luft -, dann sind wir ohnehin solidarisch alle in einem Boot. Deswegen habe ich gesagt, wir werden, wenn sie das nicht in den Griff bekommen, unsere Quoten nicht auf Dauer halten können. Irgendwann diffundiert das zu uns hinein und dann haben wir wieder einen partiellen, vielleicht sogar einen totalen Shutdown.

Auch der letzte Verweigerer - leider laufen sie noch überall in der Gesellschaft herum - sollte sich bewusst überlegen, ob er an Weihnachten zu Hause sitzen will, niemanden mehr besuchen kann und nicht mehr ins Altenheim gehen kann, weil nichts mehr geht, oder ob er verantwortungsbewusst handelt, und zwar so, wie wir das bisher zumindest bei uns in Sachsen-Anhalt getan haben.

(Beifall)

Wir haben noch weitere Fragen. - Herr Gebhardt, Sie dürfen jetzt Ihre Frage stellen.

Frau Präsidentin! Ich habe eine Nachfrage zum Beherbergungsverbot, was der Ministerpräsident

eben noch mal erläutert hat. Er sprach bei den Mund-Nasen-Schutz-Sanktionen davon, dass

man beim Gesamtpaket der Coronamaßnahmen und auch bei den Sanktionsmaßnahmen auf Akzeptanz in der Bevölkerung setzt und dass es keine Maßnahmen geben dürfe, die in der Bevölkerung auf zu geringe Akzeptanz stoßen.

Nun zeigen allerdings alle Umfragen und alle Statistiken, dass gerade das Beherbergungsverbot das Verbot ist, das am wenigsten auf Akzeptanz stößt, weil es am umstrittensten ist. Es ist auch nicht zu erklären, dass die Leute - wie es schon gesagt wurde - zum Arbeiten in ein Land kommen dürfen, aber nicht zum Übernachten.

Im Übrigen steht die Aussage des Ministerpräsidenten zur Lage der Hotels in Sachsen-Anhalt im krassen Widerspruch zu der Überschrift gestern in der „Mitteldeutschen Zeitung“, nämlich dass das Beherbergungsverbot erneut für starke Umsatzeinbrüche gesorgt hat.

Die Frage, die ich also habe, ist: Wie wollen Sie denn künftig auf Akzeptanz bei den Gesamtmaßnahmen setzen, wenn Sie als Ministerpräsident an dem Verbot festhalten, das in der Bevölkerung nachweislich am umstrittensten ist?

Die zweite Frage in der Hinsicht: Herr Ministerpräsident, Sie haben eben gesagt, Sachsen-Anhalt sollte sich nicht isolieren. Das war darauf bezogen, dass Sie jetzt entschieden haben, Diskotheken und Klubs nicht wieder zu öffnen.

Nun sind Sie in der Vergangenheit dafür bekannt gewesen, dass Sie den mitteldeutschen Raum immer als einen Raum betrachtet haben. Gestern ist in Sachsen die Entscheidung gefallen, dass das Beherbergungsverbot gekippt wird. Und in Thüringen hat es das nie gegeben. Jetzt ist Sachsen-Anhalt in Mitteldeutschland das einzige Bundesland, welches noch dieses Beherbergungsverbot aufrechterhält.

Meine Frage ist: Haben Sie sich dazu mit Ihren Amtskollegen in Sachsen und Thüringen abgestimmt und betrachten Sie hierbei eine Isolation Sachsen-Anhalts als zielführend?

Herr Ministerpräsident. Oder Sie übernehmen jetzt? - Okay, Frau Grimm-Benne. Dann müssen wir einen kleinen Moment warten. Ich habe nicht säubern lassen, weil ich nicht wusste, ob der Ministerpräsident noch einmal das Wort nimmt.

Zu Ihrer Information: Die Zeit wird nicht von der Gesamtzeit abgezogen, sondern wir haben gestoppt. - So, jetzt dürfen Sie das Wort nehmen, Frau Grimm-Benne.

Gestatten Sie mir, Herr Gebhardt, noch einmal etwas in die Historie zum Beherbergungsverbot in Sachsen-Anhalt zu gehen. Wir haben uns am 2. Juli 2020, zu Beginn der Sommerferien in Nordrhein-Westfalen, dazu entschlossen, im Übrigen auf eine dringende Bitte des Dehoga im Harz, ein Beherbergungsverbot einzurichten.

Was war der Hintergrund? - Der Hintergrund war, dass wir zum ersten Mal in Deutschland einen Hotspot hatten, und zwar der Tönnies-Ausbruch in Rheda-Wiedenbrück und im gesamten Landkreis Gütersloh. Das hat dann noch in den Nachbarlandkreis ausgestrahlt.

Der Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen sah sich außerstande, auf die Bitten von anderen Ländern, insbesondere von Schleswig-Holstein,

Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen hin zu sagen, ich mache keine Begrenzung, ich schotte mich nicht ab. Dann gab es, wie es jetzt an 50 anderen Stellen ist, Testschlangen, weil Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig

Holstein Personen aus Gütersloh nicht mehr zugelassen haben. Die Ostsee und die Nordsee waren zum Urlaubsbeginn zu und es wurde gesagt, ihr könnt nur noch dann kommen, wenn ihr einen höchstens 48 Stunden alten Test vorlegt.

Als herauskam, dass Nord- und Ostsee zu waren, hat es verstärkt Anfragen aus der Region Gütersloh gegeben, in den Harz zu kommen. Daraufhin hatte die Branche gesagt, wir wollen die nicht hier haben, weil sie unseren guten Ruf kaputtmachen. Wir wollen Beherbergung und wir wollen einen sicheren Tourismus haben.

Deswegen haben wir abgewogen und entschieden, das zu machen. Seitdem steht es in der Verordnung. Damit Gerichtsentscheidungen nicht immer nur so einseitig benutzt werden, folgt jetzt die Begründung. Die Begründung dafür, dass wir das damals gemacht haben, ist, dass zum Beispiel das Gericht in Schleswig den Eilantrag gegen das Beherbergungsverbot in SchleswigHolstein abgelehnt hat.

Als Grund gab das Oberverwaltungsgericht die stark gestiegene Zahl an Coronaneuinfektionen an. Ich meine, sie sind heute noch mal angestiegen, jetzt sind es über 7 000 Fälle. Reisten Touristen aus Risikogebieten an, gefährdet das das öffentliche Gesundheitswesen in Schleswig

Holstein. Das ist übrigens die einzige Begründung, die wir haben.

Ich habe als Gesundheitsministerin die Aufgabe, die Infektionszahlen gering zu halten. Warum habe ich das? - Ich habe die Aufgabe, weil ich dem Gesundheitsschutz und dem Schutz der Bevölkerung verpflichtet bin. Ich habe gleichzeitig dafür

Sorge zu tragen - das war auch die Begründung nicht nur in Schleswig-Holstein, sondern insbesondere in Mecklenburg-Vorpommern -, dass das Gesundheitswesen und insbesondere die Krankenhäuser nicht überfordert sind hinsichtlich der Aufnahme von Infizierten.

Das ist auch der Grund dafür, dass sich im Augenblick Länder abschotten. Weil sich große Bundesländer weigern, ihre eigentlichen Hotspots abzuschotten, schotten sich die anderen Länder ab, um das Risiko nicht in ihre Länder zu tragen.

Da ja immer wieder Lüneburg zitiert wird: Lüneburg gibt uns auf - Niedersachsen hat eine ähnliche Formulierung gefasst -, nicht mehr zwischen Tourismus, Familie und Arbeit zu unterscheiden. Wenn der Schutz der Bevölkerung zu hoch ist, dann muss man alles verbieten.

(Wulf Gallert, DIE LINKE: Oder nichts!)

- Oder nichts.

(Wulf Gallert, DIE LINKE: Genau!)

Wir haben gesagt, von der Anzahl der Personen her, die einreisen, ist die Gruppe derjenigen, die im Bereich Tourismus reinkommen, am größten. Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt: Der Tourismus ist der Bereich

(Zuruf)