Es geht um die Reduzierung der Kontakte. Das heißt, nicht das Arbeitsteam, in dem man ständig in der gleichen Kohorte unterwegs ist, ist das Problem. Das Problem ist vielmehr, dass man sich im Freizeitbereich und im Bereich der Touristik sowie der entsprechenden Bewegungen innerhalb Deutschlands und Europas ständig auf einem Terrain bewegt, das mit hohen Infektions
zahlen verbunden ist. Wenn Sie Sachsen-Anhalt verlassen, dann gelangen Sie überall automatisch in Regionen mit höheren Infektionszahlen; es sei denn, Sie springen über Brandenburg gleich nach Mecklenburg-Vorpommern. Ansonsten sind Sie überall in Bereichen unterwegs, in denen das Risiko so groß ist, dass dadurch schlicht und einfach unsere aktuelle Entwicklung negativ beeinflusst wird.
Es geht darum, dass man die Kontaktdichte in den Bereichen, die volkswirtschaftlich nicht systemrelevant sind, sondern die die Freizeit und freiwillige Aktivitäten betreffen und mit freiwilligen Entscheidungen der Bürgerinnen und Bürger verbunden sind, herunterfährt, vor allen Dingen im privaten Bereich, und dass man Wege findet, damit man sich im privaten Bereich nicht ansteckt. Es geht darum, dass man die Regelungen zur Zahl der Hausstände und zur maximalen Anzahl von zehn Personen, die wir festgelegt haben, auch im Privaten wirklich einhält. Darum geht es.
Wenn wir das schaffen, dann haben wir eine Chance, im System sozusagen Luft zu bekommen. Damit bin ich bei den Intensivbetten. Wir haben in jeder Kabinettssitzung und darüber hinaus fast täglich Analysen dazu vorliegen, was zur Verfügung steht, wie das in Konkurrenz zu den anderen Versorgungsstrukturen der Krankenhäuser zu sehen ist, was wir für Corona vorhalten müssen usw. Das haben wir ständig auf dem Schirm. Der limitierende Faktor sind nicht die Betten und die Beatmungsgeräte, sondern das Personal.
- Lassen Sie sich einmal von dem Europaabgeordneten, der vor Ort zusieht, berichten, wie es in Belgien zurzeit aussieht: Dort sind infizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gesundheitswesens gezwungen weiterzuarbeiten, weil dort schlicht und einfach die Ressourcen völlig aufgebraucht sind. Unabhängig davon sollten Sie sich vielleicht einmal informieren, wie die Situation in anderen europäischen Staaten um uns herum aussieht. Ich kann Ihnen sagen: Das ist nicht ansatzweise das, was ich mir für dieses Land vorstellen oder wünschen kann, nämlich dass man bestimmte Sachen laufen lässt, dass der Staat nicht interveniert, dass man bestimmte Situationen mehr oder weniger sehenden Auges auf sich zukommen lässt. Es geht darum, genau das zu verhindern,
Vielmehr geht es darum, dass jeder Mensch die gleiche Würde hat, dass darum gekämpft werden muss, ihn mit den maximalen Möglichkeiten zu versorgen. Das ist unser Ziel und das können wir noch erreichen. Deswegen machen wir das Ganze.
Ich habe auch Verständnis für die betroffenen Branchen. Aber wie gesagt: Wir hätten nicht zugestimmt - das ist ein klarer Vertrag mit der Bundesregierung -, wenn wir nicht glauben würden, dass wir das mit dem Gesamttableau, das wir finanziell in Aussicht gestellt haben und das wir - so hoffen wir - in den nächsten Tagen unbürokratisch auf den Weg bekommen, einfangen können.
Nachdem wir auch mit den Spitzenvertretern dieser Branchen gesprochen haben, ist letztlich ein Einsehen vorhanden. Denn was hülfe es, wenn wir all das nicht gemacht hätten? - Wir hätten uns sozusagen aus dem 16er-Kordon herausbewegt und hätten im Prinzip einfach so weitergemacht wie bisher. Sie denken doch nicht im Ernst, dass bei geöffneten Hotels und Gaststätten usw. - gut, Gaststätten betreffen auch den Individualverbrauch innerhalb der Kommune - von irgendwoher ein Gast kommen würde, dessen Heimatort eine dunkelrote Farbe in der Statistik aufweist, der schlicht und einfach seinen Ort gar nicht verlassen darf?
Wir sind doch letztlich alle in dieser Situation gefangen und miteinander verbunden. Entweder kommen wir als Deutschland gemeinsam durch oder auch nicht. Darüber können wir uns stundenlang unterhalten. Wir haben das gut bewertet.
Um einer Anmerkung gleich zuvorzukommen, vielleicht ein letzter Aspekt. Wir stützen uns nicht auf einen Einzelnen oder ein einzelnes Institut - weil Herr Drosten oder wer auch immer ständig namentlich genannt wird -, sondern wir holen uns eine breite politische Beratung aus den Fachinstituten und von den Fachleuten ein.
Die Leopoldina als Bündelungsbehörde oder, besser gesagt, als Bündelungsakademie - sie hat mit ihren Mitgliedschaften auch Behördenstrukturen im Hintergrund - sichert uns auch eine breite Beratung. Wenn sie für uns letztlich eine solche klare Empfehlung zur Kontaktbeschränkung formuliert, dann sind wir gut beraten - wenn wir nicht grob fahrlässig und strafrechtsrelevant handeln wollen -, diesen Empfehlungen auch zu folgen. Das kann ich Ihnen an dieser Stelle nur sagen. Wir haben uns das sehr, sehr gut überlegt.
Es tut mir leid, Herr Büttner. Sie haben Ihre Fragestellung schon so weit ausgeweitet, dass es nicht mehr nur eine Frage war. Es liegt noch eine Reihe von Wortmeldungen vor. Ich kann das verstehen, Sie könnten es immer weiter ausweiten. Aber Sie haben Ihr Fragerecht an dieser Stelle ausgeschöpft.
Wir kommen zu dem nächsten Fragesteller, Herrn Loth. Danach kann sich Frau Frederking fertigmachen und zum Mikrofon gehen. - Herr Loth, Sie haben etwas vergessen. Bitte benutzen Sie auf Ihrem Weg zum Mikrofon die Maske.
- Jawohl. Jetzt haben Sie den Weg doppelt genommen. Sie hatten die Verpackung noch nicht einmal geöffnet.
Danke schön, sehr geehrte Frau Präsidentin. - Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, ich glaube, in demselben Artikel, den mein Kollege Herr Rausch vorhin angesprochen hat, wird auch Herr Ministerpräsident Reiner Haseloff zitiert. In dem Artikel heißt es: Das gilt auch für Treffen in der Öffentlichkeit, ebenso für Wohnungen; in Letzteren sind allerdings Kontrollen nicht möglich. Ministerpräsident Reiner Haseloff, CDU, sagte: Bei der gegenseitigen Sozialkontrolle sei jetzt jeder Einzelne in der Pflicht.
Was bitte ist gegenseitige Sozialkontrolle? Und welche Pflicht hat der Einzelne? Ist es Ihr Ernst, dass ich, wenn mein Nachbar eines seiner Kinder und die Enkelkinder zu Besuch hat und vielleicht noch seine zweite Tochter hinzukommt, beim Amt anrufe und sage: Kollegen, kommt vorbei, ihr müsst jemanden abholen?
Schauen Sie unsere Verordnung. Darin wird im Prinzip genau geklärt, was von jedem Bürger und von jeder Bürgerin an Mitwirkungspflichten und entsprechenden Dingen einzuhalten ist. Das ist ganz klar. Es war nie - weder im Kabinett noch
Aber Sie können mir doch nicht sagen, dass es nicht aufgefallen ist, wenn Veranstaltungen wie hier in Magdeburg mitten im öffentlichen Raum stattfinden, die in dieser Form als private Veranstaltung nicht regulär mit allem Drum und Dran angemeldet und genehmigt worden ist, und dass so etwas von Bürgerinnen und Bürgern nicht zur Kenntnis genommen werden kann. Das ist das, was ich an dieser Stelle mit einer klaren Abgrenzung zur Privatsphäre, in die wir als Staat nicht hineingehören, in Bezug auf jeden Bürger und auf offene Augen im öffentlichen Raum auch bei privaten Aktivitäten sagen muss.
Wollen wir zu einer Wegsehgesellschaft werden, wenn irgendwo ein Schaufenster eingeschlagen wird, wenn jemand geschlagen wird, wenn jemand massakriert wird?
Sollen wir schlicht und einfach nicht unsere ganz normale Verantwortung auch im Sinne der sozialen Kontakte wahrnehmen? Sollen wir, wenn jemand die Maske nicht richtig aufgesetzt hat, nicht sagen: Bitte setzen Sie zu meinem Schutz und zum Schutz anderer, aber auch zu Ihrem eigenen Schutz die Maske auf? Wollen wir uns nur noch als Individuum, völlig abgekoppelt von der Gesamtgesellschaft um uns herum, durch diese Gesellschaft bewegen und uns anschließend darüber wundern, dass es kaum noch Zusammenhalt gibt, dass kaum noch eine gewisse soziale Bindung vorhanden ist, dass man kaum noch Verantwortung füreinander übernimmt?
Wir führen teilweise Diskussionen, die für mich schlicht und einfach nicht mehr nachvollziehbar sind.
Das ist damit gemeint. Wir haben eine soziale Verantwortung. Wir sind soziale Wesen. Deswegen halten wir die Schulen geöffnet. Denn wir wissen, dass die Kinder, wenn sie jetzt zu Hause bleiben müssen, nach Wochen und Monaten schlicht und einfach eine ganz schwierige Entwicklung nehmen, dass Familien in Stresssituationen geraten und möglicherweise zerbrechen. Es geht darum, dass wir die Bürger als soziale Wesen mit sozialer Verantwortung füreinander in dieser Gesellschaft aktiv werden lassen.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, vielen Dank für Ihre Ausführungen. Ziel des neuen Lockdowns ist es, die Kontakte einzuschränken, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen und die Infektionsrate zu reduzieren.
Dieser Ansatz ist richtig. Aber ich denke, er ist noch nicht ausreichend und noch nicht zielgenau genug. Es gibt aus meiner Sicht noch Verbesserungspotenzial. Denn es fehlen noch immer strenge Grundregeln, die eigentlich überall angewendet werden müssten, wenn Menschen zusammenkommen. Wir haben ja noch Kontakte. Wir sind hier zusammen, die Menschen an den Arbeitsplätzen oder auch in den Warteräumen ärztlicher Praxen sind es.