Erstens. Die Gesundheitsbehörden müssen zügig gestärkt werden. Dass drei Viertel aller Covid-19Infektionen nicht eindeutig einem Infektionsort zugeordnet werden können, ist für die Pandemiebekämpfung kein hinnehmbarer Zustand. Auch und gerade bei steigenden Zahlen muss es unser Ziel sein, die Infektionswege effektiv nachzuverfolgen. Auch der Einsatz von Bundeswehrsoldaten, die die Kommunen hierbei in hervorragender Weise unterstützen, reicht für diese Arbeit auf Dauer nicht aus. Die Landkreise müssen hierbei ihre Pflicht tun.
ordnung weiterer Kräfte in die Gesundheitsämter starkgemacht hat. Wie es aussieht, ist dieses Vorhaben auf einem guten Weg.
Dass man sich bei der Abordnung von Beamtinnen und Beamten wirklich nur darauf verlassen sollte, dass sich Freiwillige melden, wie es die CDU-Fraktion gestern gefordert hat, das wage ich allerdings zu bezweifeln. Irgendwann muss der Dienstherr auch einmal sagen, wo es langgeht. Wann, wenn nicht in einer Krisensituation?
Zweitens. Wir müssen an den wirtschaftlichen Folgen dranbleiben, die durch den erneuten TeilShutdown ausgelöst werden. Die 75-prozentige Erstattung von Einnahmeausfällen der Gastronomie im November 2020, die Bundesfinanzminister Olaf Scholz angekündigt hat, ist eine sehr gute Lösung. Wichtig ist es, angesichts der großen Schwierigkeiten, in denen sich die Branche schon vorher befunden hat, dass diese Hilfen schnell und unbürokratisch fließen. Ich halte es deshalb für unabdingbar, dass diese Erstattung nicht mit Einnahmen aus dem weiterlaufenden Außerhausgeschäft verrechnet wird.
Ein solches Prozedere würde dringend benötigte Zahlungen viel zu lange hinauszögern. Wir sollten uns aber nicht darauf verlassen, dass die Hilfezahlungen aus Berlin so schnell fließen, wie wir und die Betroffenen es erwarten. Vielleicht können wir es schaffen, dass das Land SachsenAnhalt hierbei schneller und unbürokratischer agiert als der Bund.
Im Interesse einer schnellen Hilfe für die aktuell besonders Betroffenen plädiere ich daher nachdrücklich für ein Härtefallprogramm, für das sich Armin Willingmann seit Langem einsetzt, um insbesondere Klubs, Diskotheken und Veranstalter vor Insolvenzen zu bewahren und Arbeitsplätze zu erhalten.
Diese Branche und viele Kulturschaffende sind bei den bisherigen Hilfsprogrammen allzu oft durch den Rost gefallen. An dieser Stelle muss dringend nachgesteuert werden. Teil eines solchen Härtefallprogramms muss auch ein Unternehmerlohn sein. Diese Leistung sollte aus meiner Sicht auch für Härtefälle aus der Gastronomie offenstehen. Es geht aber nicht nur um die Unternehmen. Es geht auch und vor allen Dingen um die Beschäftigten. Insbesondere im Gastronomiebereich verbinden wir mit der schnellen Hilfe für die Unternehmen die Hoffnung, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht im Regen stehen gelassen werden.
Dass der Finanzminister hier im Land immer noch auf der Bremse steht, um dies alles anzugehen, ist umso unverständlicher, weil ein solches Härtefallprogramm durchaus aus den Mitteln zu stemmen wäre, die der Landtag mit dem Nachtragshaushalt für genau solche Zwecke zur Verfügung gestellt hat.
Selbst wenn das nicht der Fall sein sollte: Die SPD-Fraktion steht jederzeit für Gespräche über einen weiteren Nachtragshaushalt bereit.
Drittens. In kaum einem anderen Bereich dürfte der Umgang mit den Risiken der Pandemie im Alltag so heikel sein wie in der Schule. Wir können nicht die Augen davor verschließen, dass weder die räumliche Situation noch die Organisation des Unterrichts den Schutz bietet, den wir, Eltern wie Lehrkräfte, erwarten müssen. Lokale Ausbrüche von Covid-19 an Schulen überall im Bundesgebiet zeigen, welche Risiken dort, unabhängig von dem Infektionsgeschehen insgesamt, bestehen. Deshalb müssen unsere Schulen dringend darauf vorbereitet werden, kurzfristig auf hybride Unterrichtskonzepte umstellen zu können, im Ernstfall auch auf die komplette Digitalisierung des Unterrichts. Plattformen wie Moodle stehen bereit. Mit mangelnder Vorbereitungszeit kann sich jetzt niemand mehr herausreden.
Und wir erwarten vom Bildungsministerium, dass den Schulen einheitliche Hygienekonzepte entsprechend den Empfehlungen des Robert-KochInstitutes an die Hand gegeben werden. Denn heute ist die Situation so, dass die Schulleitungen den Eindruck haben, sie würden mit den Aufgaben im Umgang mit der Pandemie allein gelassen. Damit muss Schluss sein.
Das, Herr Minister Tullner, sind die Aufgaben, deren Erledigung Eltern, Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler jetzt von Ihrem Haus erwarten, und nicht Gespräche über einen Schulfrieden, irgendwann und irgendwie.
Viertens. Wir wissen schon heute, dass die Coronakrise tiefe Spuren in den kommunalen Haushalten hinterlassen wird. Wir wissen nur noch nicht, wie tief und anhaltend sie sein werden. Die Hilfsprogramme von Bund und Land scheinen zunächst das Schlimmste verhindert zu haben.
In der letzten Landtagssitzung haben wir die Kommunalverfassung pandemiefest gemacht, auch finanziell. Denn wir wollen nicht, dass Kommunen
sich in Zeiten der Pandemie mit der Kommunalaufsichtsbehörde darüber herumärgern müssen, ob denn nun das Haushaltskonsolidierungskonzept rechtmäßig ist oder ob die pandemiebedingten überplanmäßigen Mehrausgaben durch Einsparungen an anderer Stelle gedeckt werden. Deshalb wird die Koalition in der nächsten Landtagssitzung einen Antrag einbringen, der die Feststellung einer landesweiten pandemischen Lage beinhaltet, um den Kommunen hierfür Handlungsspielräume zu geben.
Meine Damen und Herren! So weit zu den Schritten, die aus meiner Sicht jetzt erforderlich sind. Ich möchte abschließend auf die Forderung eingehen, den Landtag und die Parlamente insgesamt bei der Bekämpfung der Pandemie stärker einzubeziehen. Dazu liegen heute Anträge vor und weitere Vorschläge stehen im Raum.
Debatten wie heute sind richtig und notwendig. Erst recht notwendig ist die enge parlamentarische Kontrolle und Begleitung des Verwaltungshandelns in der Pandemie in den Ausschüssen des Landtages. Etwas, das wir aber nicht brauchen, ist eine Verwischung zwischen exekutiven und legislativen Aufgaben bei der Anwendung des Infektionsschutzgesetzes.
Wenn der Bundestag über eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes spricht und dort auch Regelungen festlegt, ist das seine Aufgabe. Der Bund muss hierbei einheitliches Vorgehen vorgeben und es auch in den Ländern absichern. Denn - seien wir einmal ehrlich - unser Land hat doch weiß Gott schon genug Hobbyvirologen, die auf Twitter, auf Facebook und im schlimmsten Fall auf Telegram die Welt erklären. Das haben wir auch heute wieder gemerkt. Darin sollten wir als Abgeordnete uns nicht noch einreihen.
Parlamentsausschüsse, die politisch um Verordnungen feilschen, oder Abgeordnete, die sich als Laien an der Auswertung von Infektionsstatistiken versuchen, braucht meiner Meinung nach kein Mensch.
Die Eindämmungsverordnung schreibt auch Ministerin Frau Petra Grimm-Benne nicht am Küchentisch und nicht Kraft ihrer Wassersuppe, sondern sie entsteht auf der Basis fachlicher Beurteilungen und wissenschaftlich belastbarer Prognosemodelle sowie in Auswertung der Erfahrungen von Gesundheitsbehörden im ganzen Land. Wer unterstellt, dass dies kraft Wassersuppe geschieht,
Gerade weil es hierbei um Eingriffe in Grundrechte von Menschen geht, müssen sich die Einschränkungen auf fachliche Expertise stützen, und nicht auf politische Setzungen. In Grundrechte darf aus diesem Grund nur aufgrund eines Gesetzes eingegriffen werden, aber nicht operativ durch das Parlament. Die Grundlage ist das Bundesinfektionsschutzgesetz. Diese klare Zuweisung von Verantwortung können und sollten wir nicht antasten.
Meine Damen und Herren! Ich möchte abschließend namens der Koalitionsfraktionen eine Überweisung der beiden Anträge inklusive des Alternativantrages beantragen. Der Antrag in der Drs. 7/6786 soll in den Ältestenrat überwiesen werden,
der Antrag in der Drs. 7/6787 zur federführenden Beratung in den Sozialausschuss und zur Mitberatung in die Ausschüsse für Wirtschaft, für Inneres, für Bildung und für Finanzen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Es gibt noch zwei Fragen. Die erste Frage ist von Herrn Büttner. Wollen Sie sie beantworten? - Dann können Sie die Frage stellen, Herr Büttner.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Sie haben in Ihrem Redebeitrag ausdrücklich auf die Ausführungen des Ministerpräsidenten hingewiesen und haben ausgeführt, dass Sie alles unterstützen können, was er sagt. Jetzt frage ich Sie: Sie sagten gerade, fachliche Expertise ist das, worauf es jetzt ankommt. Wie bewerten Sie es denn, dass das RKI in der Vergangenheit und auch jetzt sagt, dass Fitnessstudios, gastronomische Einrichtungen, eben die Einrichtungen, die jetzt geschlossen werden, nicht die wesentlichen Infektionstreiber sind, sondern hauptsächlich der private Wohnbereich, die Arbeit, Arbeitsstellen usw.? Wie bewerten Sie das?
Halten Sie es für richtig, was der Ministerpräsidenten hier ausgeführt hat? - Er hat eindeutig gesagt, dass er keine härteren Sanktionen und keine härteren Eingriffe in die Wirtschaft vornehmen möchte, weil das die Hauptsteuerzahler sind, während man das bei denjenigen, die man jetzt quasi einschränkt, gastronomische Einrichtungen und Fitnessstudios, noch verkraften kann. Also man will Einrichtungen wie Fitnessstudios und
gastronomische Einrichtungen als Bauernopfer hergeben, um keine härteren Einschränkungen vorzunehmen. Ist das so richtig?
Frage Nr. 2: Was sagen Sie zu den Ausführungen des Herrn Lauterbach, Ihres SPD-Kollegen im Bundestag, der in Privatwohnungen Kontrollen vornehmen möchte? Sind auch Sie dafür?
Ich möchte von Ihnen noch etwas Drittes wissen. An den Folgen des Rauchens sterben jährlich 121 000 Menschen. Jährlich sterben 74 000 Menschen an den Folgen des Alkoholkonsums. Das sind also bedeutend mehr. Es gibt bisher 10 000 Menschen, die mit oder an Corona gestorben sind. Was wollen Sie unternehmen, um diese Zahlen zu senken?
Vielen Dank. - Erste Vorbemerkung: Das, was Sie dem Ministerpräsidenten gerade in den Mund legen, hat er so nicht gesagt.