Katja Pähle

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Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst begrüße ich, dass die Landesregierung mit dieser Regierungserklärung ernst damit macht, den Landtag frühzeitig in Entscheidungen zur Bekämpfung der Covid-19Pandemie einzubinden.
Schließlich geht es in diesen Tagen auch nicht um irgendeine Veränderung der Eindämmungsverordnung, sondern um eine schwerwiegende Richtungsentscheidung, die den Bürgerinnen und Bürgern viel abverlangt. Ich bin froh, dass die Beteiligten den Mut hatten, diese Entscheidung zu treffen.
Ein Shutdown zu diesem Zeitpunkt greift massiv in das Leben der Menschen ein. Das dürfen wir nicht kleinreden. Das betrifft die Vorbereitungen auf das Weihnachtsfest, das betrifft die Rahmenbedingungen für Feiern mit der Familie, das betrifft die Möglichkeiten für Gottesdienste und andere Begegnungen. Das betrifft und trifft den Einzelhandel, der mitten in der umsatzkräftigsten Zeit des Jahres schließen muss, und seine Beschäftigten. Das betrifft viele andere Unternehmen und Einrichtungen, die ihre Arbeit ebenfalls einstellen müssen. Das betrifft Eltern, die erneut vor dem Problem stehen, Beruf und Kinderbetreuung zu vereinbaren, wenn sie keinen Anspruch auf Notbetreuung haben. Die Aufzählung ließe sich fortsetzen.
Wie gesagt: Diese Schwierigkeiten wollen und dürfen wir nicht geringschätzen. Gerade angesichts der Belastungen, die dieser Shutdown bedeutet, ist es mir wichtig, heute eindeutig zu bekunden: Die jetzt getroffenen Entscheidungen sind richtig und notwendig. Wir unterstützen sie nachdrücklich.
Wir können nicht mit ansehen, dass sich immer mehr Menschen infizieren und die Pandemie außer Kontrolle gerät. Zu Herrn Farle sage ich später noch etwas.
Wir können nicht mit ansehen, dass das Gesundheitssystem an seine Grenzen stößt und auf Krankenhausfluren improvisierte Intensivbetten eingerichtet werden müssen. Wir können vor allen Dingen nicht mit ansehen, dass die Todesrate steigt und immer mehr Menschen aus unserer Mitte gerissen werden - und das keineswegs nur aus den immer genannten Risikogruppen. Ich sage persönlich ganz deutlich: Ich halte die Zuordnung von Menschen zu Risikogruppen ohnehin für sehr gefährlich; denn sie suggeriert, dass der Tod dieser Menschen quasi unvermeidbar wäre, und den anderen gaukelt sie falsche Sicherheit vor.
Meine Damen und Herren! Angesichts der aktuellen Entwicklungen ist die Beurteilung der Lage eindeutig. Die Wirkung der bisherigen Maßnahmen hat nicht ausgereicht. Wir können also nicht weitermachen wie bisher. Die harten Einschnitte sind jetzt notwendig. Jetzt haben wir alle gemeinsam die Chance, für dreieinhalb Wochen auf eine konsequente Vermeidung von Kontakten zu set
zen. Manches davon ist über die Feiertage und den Jahreswechsel sogar einfacher zu realisieren als zu anderen Zeiten des Jahres.
Meine Damen und Herren! Es war ein wichtiges Signal. Am Sonntag ging die Vorstellung der Maßnahmen gegen die Pandemie einher mit der Ankündigung einer verbesserten Überbrückungshilfe durch Bundesfinanzminister Olaf Scholz. Die Bundesregierung setzt keinen neuen Shutdown an, ohne zugleich Maßnahmen gegen die wirtschaftlichen Folgen anzupacken. Hieran zeigt sich, warum Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten immer die Notwendigkeit eines starken und aktiven Staates betonen. Es sind keine Kleckerbeträge, über die wir sprechen. Auf 11,2 Milliarden € beziffert die Bundesregierung die Kosten für jeden Monat, für den Unternehmensschließungen angeordnet werden.
Und dennoch: Wir müssen uns darauf einstellen, dass das nicht reicht. Denn an vielen Stellen werden Unternehmen jetzt in ihrer Existenz bedroht und Arbeitsplätze gefährdet. Das gehört zur Wahrheit dazu. Deshalb kommt es jetzt auf jeden an, auch auf das Engagement der Länder.
Wir haben uns zuletzt im Zusammenhang mit dem November-Shutdown über eine zusätzliche Unterstützung für unsere heimischen Betriebe durch das Land Sachsen-Anhalt unterhalten, wie sie Armin Willingmann vorgeschlagen hatte. Wir müssen das jetzt erneut tun. Denn die Sicherung von Arbeitsplätzen ist ebenso wichtig wie der Erhalt unternehmerischer Strukturen, die wir nach der Krise für den Wiederaufschwung brauchen.
Deshalb plädieren wir für eine kritische Bestandsaufnahme, wo das Land genau helfen sollte, wo es Lücken in der Bundeshilfe gibt - wie es zum Beispiel bei der Überbrückungshilfe I gewesen ist - oder wo bestimmte Härten zusätzlich ausgeglichen werden müssen. Ich erwähne hierbei nur die Situation der Soloselbstständigen, wie zum Beispiel der Kunst- und Kulturschaffenden. Wir als Landtag haben dann die Verantwortung, im Zweifelsfall zusätzliche Mittel bereitzustellen - zusätzlich zu der notwendigen Verstärkung der Bundeshilfen, die wir mit unserem Alternativantrag zur Unterstützung des Einzelhandels fordern. Aber dazu später mehr.
Meine Damen und Herren! Zu den schwierigsten Aufgaben, die in der Pandemie zu bewältigen sind, gehört zweifellos die Aufrechterhaltung des Schulunterrichts. Nicht nur die Lehrkräfte an unseren Schulen erbringen dabei eine wichtige Leistung, auch die Schülerinnen und Schüler müssen unter oft schwierigen Umständen lernen und sich immer neu auf die sich verändernden Bedingungen einstellen. Hut ab vor diesen Leistungen.
Die vor uns liegenden drei Tage bis zu den Ferien sind ein interessanter Praxistest dafür, ob unsere Schulen jetzt besser auf den digitalen Distanzunterricht vorbereitet sind als bei der Schulschließung im Frühjahr. Ich bin darauf sehr gespannt. Denn es ist nicht ausgemacht, dass dies das letzte Mal ist, dass Schülerinnen und Schüler im Zuge der Bekämpfung der Pandemie von zu Hause aus lernen müssen. Deshalb kann die Fähigkeit zum Hybridunterricht entscheidend dafür werden, ob dieses Schuljahr in Sachsen-Anhalt erfolgreich abgeschlossen wird.
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte gern auf die Anträge eingehen, die Ihnen zu diesem Tagesordnungspunkt vorliegen. Zum Thema Einzelhandel haben Ihnen die Koalitionsfraktionen einen Alternativantrag vorgelegt, mit dem sie sich dafür stark machen, dass der Bund im Rahmen der bestehenden Instrumente auch für die Unternehmen und Geschäfte, die aufgrund der neuen Maßnahmen schließen müssen, Umsatzausfälle erstattet, analog zu der Novemberhilfe. Dazu bitte ich um Ihre Zustimmung.
Den Antrag der Fraktion DIE LINKE zum Thema „(Kinder-)Armut in der Coronakrise“ schlagen wir für eine Überweisung in den Sozialausschuss vor. Jedenfalls für meine Partei kann ich sagen: Auch wir beobachten eine Verschärfung der sozialen Gegensätze unter den Bedingungen der Krise.
Während manche ihren Reichtum in der Pandemie noch vergrößern können, haben viele Menschen am anderen Ende der Einkommensskala kaum Möglichkeiten, die Folgen der Krise abzufangen.
Es ist bitter, wenn Kinder das besonders hart trifft. Wir sollten deshalb im Ausschuss weiter über den Antrag beraten.
Für eine Überweisung plädieren wir auch bei dem Antrag der Fraktion DIE LINKE „Abschiebungen vor dem Hintergrund der Covid-19-Pandemie aussetzen“.
Meine Damen und Herren! Auf einen Antrag möchte ich gern etwas ausführlicher eingehen. Es ist der Antrag der AfD-Fraktion zum Thema Impfstrategie. Denn die Chance auf den baldigen Beginn der Impfkampagne, die auch bei uns in Sachsen-Anhalt zum Jahreswechsel starten wird, ist die positive Nachricht des Tages. Es ist die Perspektive auf wirksame Impfungen und damit auf eine Immunisierung unserer Gesellschaft und
aller Gesellschaften weltweit - eine Immunisierung gegen das Coronavirus, die es uns allen leichter macht, Einschränkungen von ungewisser Dauer auf uns zu nehmen.
Es ist richtig und notwendig, dass es jetzt eine gesellschaftliche Debatte über die Impfstrategie und die Reihenfolge der zu Impfenden gibt. Die Vorbereitung auf die größte Impfkampagne der Geschichte gehört zu den wichtigsten staatlichen Aufgaben derzeit. In Sachsen-Anhalt stärken wir für diese Aufgabe Petra Grimm-Benne, allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gesundheitsbehörden sowie allen, die an der praktischen Umsetzung beteiligt sind, den Rücken und danken ihnen schon im Voraus.
Die AfD-Fraktion tut genau das Gegenteil. Das hat die Rede von Herrn Farle wirklich wieder ausdrücklich dokumentiert.
Schon Ihr Antrag hat eine fatale Tendenz, weil er den Eindruck erweckt, es gebe geheime Pläne für eine Impfpflicht. Jetzt einmal abgesehen von Ihren Fake News, die Sie hier vorn verbreitet haben:
Ihr Eindruck, es gebe einen großen Plan zur Impfpflicht, begründen Sie mit der Buchungspraxis einer australischen Fluglinie und mit Andeutungen. Nichts davon ist tatsächlich belegbar. Aber es ist nicht nur dieser Antrag. Es ist auch das, was Sie gestern Abend auf dem Domplatz über die Umprogrammierung verbreitet haben. - Übrigens habe ich eines vermisst, Herr Farle: Bei den Äußerungen über den Eingriff in die DNA fehlte mir der Hinweis, dass Bill Gates dahintersteckt und wir alle irgendwie umprogrammiert werden sollen.
Wahrscheinlich reichte dafür die Zeit nicht. - All das führt tief, tief in den Sumpf der Verschwörungstheorien. Das ist der verantwortungslose Umgang der AfD mit der Pandemie. Sie feiern eine Coronaparty nach der anderen - ob in Berlin oder bei Ihrem geplanten Parteitag hier in Magdeburg.
Wir werden ja sehen, was dabei passiert. Sie paktieren mit Verschwörungsideologien aller Art.
Sie verteufeln die Lösung. Jetzt komme ich zu dem Punkt, den Herr Farle gerade ausführlich dargestellt hat. Sie verharmlosen wiederholt die Gefahr. - Herr Farle, beim Lagebericht - ich entschuldige mich schon vorher - sollten Sie nicht nur auf die Bildchen schauen, sondern vielleicht auch mal auf die Zahlen.
Ich kann Ihnen sagen, dass die Inzidenz im Vergleich der 49. Kalenderwoche mit der 50. Kalenderwoche von 124,1 auf 162,1 gestiegen ist. Die Entwicklung ist nicht rückläufig. Ich kann Ihnen auch sagen, dass gemäß der Meldung vom gestrigen Tag, 15:30 Uhr, 290 Todesfälle in Sachsen-Anhalt registriert wurden und damit mehr als am Tag vorher: 290 Väter, Mütter, Brüder, Schwestern, Freunde, Freundinnen. Das ist Ergebnis Ihrer Verharmlosung. S i e tragen dazu bei, dass die Leute verunsichert sind. S i e tragen mit dazu bei, dass die Zahlen steigen, weil Sie den Menschen falsche Nachrichten übermitteln.
Ich sage Ihnen ganz deutlich: Wenn Sie die neue Veröffentlichung des Statistischen Bundesamtes zur Übersterblichkeit in Verbindung mit Corona lesen, dann lesen Sie dort, dass wir in der Zeit von März bis Mai dieses Jahres im Vergleich zu vier Jahren zuvor eine Übersterblichkeit im Zusammenhang mit Corona von 10 % hatten, und von Oktober bis zur ersten Hälfte im November, bevor die Zahlen explodiert sind, von 8 %.
Lügen Sie die Leute nicht an! Dieses Virus tötet.
An dieser Stelle ganz deutlich: Schauen Sie in die Statistik! Schauen Sie nicht nur die Bildchen an. Das Statistische Bundesamt hat die Zahlen auch mit dem grippeintensiven Jahr 2018 verglichen. Trotzdem sind die Zahlen zu Corona, was die Sterblichkeit betrifft, höher.
Wenn Sie den statischen Zahlen des Bundesamtes für Statistik nicht glauben, kann ich Ihnen auch nicht mehr helfen.
Die AfD ist mit ihren Behauptungen heute die größte politische Bedrohung des Gesundheitswesens und der Gesundheit unseres Volkes.
Am Ende zu dem Antrag: Wir bitten deshalb um Annahme des Alternativantrages der Koalitionsfraktionen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Herr Farle, ich habe mich zu Impffolgen und den Studienergebnissen zur Testung des Impfstoffes überhaupt nicht geäußert. Gar nicht.
- Nein, das ist nicht egal. - Ich bewundere die vielfältige Einsatzfähigkeit des Abg. Farle. Abgesehen von Strafrecht, Steuerrecht, Wirtschaftsprüfung, virologischen Erkenntnissen haben wir hier auch einen absoluten Impfkenner. Das finde ich großartig.
Ich verlasse mich, zum Beispiel auch bei der Zulassung von Impfungen, auf die Einschätzung der dafür zuständigen Stellen, die auch die Überprüfung des Impfstoffes sichergestellt haben.
Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich meine mich zu erinnern an eine Debatte, bei der aus Ihrer Fraktion, als in Russland die ersten Impfungen stattgefunden haben, sofort der Ruf kam: Wir müssen diesen Impfstoff aus Russland übernehmen und wir müssen anfangen zu impfen.
Ich bin mir manchmal nicht ganz sicher, an welcher Stelle Sie in Ihrer Argumentation tatsächlich stehen. Impfschäden gibt es bei jeder Impfung und sie stellen immer ein Risiko dar. Dieses darf man nicht verschweigen.
Aber die Umprogrammierung über einen Impfstoff etc., diese Verschwörungstheorien gehören tatsächlich ins Märchenbuch. Sie haben mit feststellbaren Impffolgen nichts zu tun.
An dieser Stelle, wie gesagt, will ich dem nicht widersprechen. Aber es gibt eine Abwägung. Die wird von Medizinern getätigt. An diese Abwägung halte ich mich.
Vielen Dank. - Herr Rausch, erste Bemerkung - das habe ich in meiner Rede schon ausgeführt -: Ich halte diese Fokussierung auf „es betrifft ja nur Risikogruppen“ für fatal. Nicht alle 74-Jährigen oder älteren Menschen leben in Heimen. Meine Eltern sind deutlich über 70 Jahre alt, auch über 74 Jahre, und leben nicht im Heim. Sie gehen einkaufen, sie gehen zum Arzt, sie gehen auch einmal privat weg, sie gehen essen. Die treffen Sie nicht im Altenheim.
- Sie können sich selber schützen. Genau.
Das Problem ist nur: Sie mögen recht haben mit Ihrer Todeszahl. Damit mögen Sie vielleicht recht haben. Ich bezweifele das, weil mittlerweile berichtet wird, dass es auch junge Menschen trifft, dass es Menschen mitten im Leben trifft und eben nicht nur die Generation. Das zeugt davon, dass die Ansteckungen im Alltag passieren.
Wir haben allen Menschen deutlich gemacht - außer Ihnen -: Diese Mund-Nase-Bedeckungen schützen. Sie schützen vor der Weitergabe von Infektionen und sie schützen einen persönlich.
Und dennoch - und dennoch! - haben wir steigende Zahlen. Es sind bei Weitem nicht nur die Alten- und Pflegeheime. Es ist vielmehr der Alltag der Menschen. Die Gruppe, die Sie schützen wollen, ist hoch gefährdet. Wir schränken das öffentliche Leben ein, um allen Menschen Sicherheit zu gewähren.
Ich halte es für fatal, auch gegenüber der älteren Bevölkerung, so zu tun, als wäre es eine Gruppe nach dem Motto: Die haben ihr Leben gelebt; dann ist es halt so. Ich halte das für absolut menschenverachtend.
Vielen Dank. - Herr Rausch, erstens. Ich habe nicht gesagt, dass ich das Leben der älteren Generation gefährde, sondern Sie mit Ihrem Spruch: Es sind ja nur die Älteren. Das haben Sie eben am Rednerpult gesagt. Das möchte ich gern hervorheben.
Zweite Bemerkung. Noch einmal: Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht. Das ist ja Ihr Ansatz. Der funktioniert in einer Pandemie nicht, einfach deshalb nicht, weil wir bei den Infektionszahlen, die wir verbuchen, in den Gesundheitsämtern nicht in der Lage sind, die Infektionsketten nachzuverfolgen.
Veranstaltungen, Herr Kirchner, wie die von den Abgeordneten Ihrer Fraktion draußen auf dem Domplatz tragen dazu bei, dass wir die Infektionszahlen nicht rekonstruieren können, weil Leute sich zusammenfinden, ohne Mund-Nase-Bedeckung nah beieinanderstehen und dadurch das Virus weitergegeben wird.
Leider haben wir feststellen müssen - wir haben als erstes versucht, über die Schließung der Gastronomie die Bewegung der Menschen einzugrenzen, auch mit dem Signal verbunden, sie mögen sich bitte auch in ihren privaten Kontakten einschränken -, dass diese Maßnahme nicht ausreichend ist.
Weil sie nicht ausreichend ist, kommt jetzt der nächste, ein sehr harter Schritt, nämlich zu sagen: Es werden andere Einrichtungen, zum Beispiel die Einrichtungen des Einzelhandels geschlossen, um die Bewegung der Menschen zu minimieren, um ihnen keinen Anlass zu geben, sich ohne triftigen Grund in der Öffentlichkeit zu bewegen.
Ich weiß nicht, ob Sie schon einmal kurz vor Weihnachten - ich rede nicht von Lebensmittelmärkten - zum Beispiel in großen Mediencentern
einkaufen waren. Mit anderen Worten: Es ist vergleichbar mit einem amerikanischen Footballspiel. Da wird getackelt und sie werden im Zweifelsfall umgerissen. Das sage ich Ihnen ganz deutlich.
Um das zu verhindern, ist die Schließung der Einzelhandelsläden der richtige Schritt, um den Leuten zu signalisieren: Bleibt zu Hause.
Bleibt zu Hause! Minimiert eure Kontakte! - Genau diesen Schritt brauchen wir jetzt an dieser Stelle.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Hohes Haus! Wir diskutieren heute über einen außergewöhnlichen Vorgang, wie es ihn selbst in den turbulenten viereinhalb Jahren dieser Koalition noch nicht gegeben hat. Der Ministerpräsident hat einen Gesetzentwurf zurückgezogen, weil es dafür im Landtag keine Mehrheit der Koalition gab, einen Gesetzentwurf, der im Kabinett einstimmig beschlossen worden war.
Ich will an dieser Stelle für die SPD-Fraktion noch einmal zwei Dinge betonen. Erstens. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk braucht strukturelle Reformen auch, aber nicht nur, um den Rundfunkbeitrag in vertretbaren Grenzen zu halten. Zweitens. Die Verweigerung einer Ratifizierung des Medienrechtsänderungsstaatsvertrages ist ein absolut untaugliches Mittel, um einen solchen Reformprozess anzustoßen, und damit ist sie auch das falsche Mittel, um das im Koalitionsvertrag festgeschriebene Ziel der Beitragsstabilität zu erreichen.
Warum ist das so? - Weil die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstal
ten ihre Berechnungen nicht auf der Grundlage von Wunschlisten der Intendantinnen und Intendanten anstellt, sondern auf der Grundlage der in Staatsverträgen - wohlgemerkt, anderen Staatsverträgen - vereinbarten Sendestrukturen. Diese Verträge, ob es der Staatsvertrag über den MDR ist oder der über das ZDF oder welcher auch immer, sind es, die die Kosten verursachen.
Der Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag, um den es aktuell geht, ist lediglich der, mit dem die Rechnung präsentiert wird. Alle diese Verträge - daran darf ich vielleicht erinnern - werden seit mehr als 18 Jahren für Sachsen-Anhalt unter der Federführung von CDU-Ministerpräsidenten und CDU-Staatsministern verhandelt und wurden stets mit der Zustimmung der CDU hier im Landtag beschlossen.
Es liegt also auf der Hand, dass es kein sinnvoller Ansatz ist, all diese Leistungen zu bestellen und dann bei der Bezahlung nein zu sagen, oder wie es Kollege Meister formuliert hat: erst im Geschäft den Einkaufswagen vollpacken und sich dann an der Kasse schreiend auf den Boden werfen. Das wird nicht funktionieren.
Ich bin in großer Sorge, dass durch die fehlende Ratifizierung des Vertrages durch Sachsen-Anhalt sogar Türen zugeschlagen werden, Türen, die sich durch den intensiven Dialog mit den Vertreterinnen und Vertretern der Sendeanstalten hier im Landtag und bei anderen Gelegenheiten ein gutes Stück geöffnet hatten. Das war ein Erfolg der CDU und des Ministerpräsidenten.
Wie viele andere Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieser Runden hatte ich den Eindruck, dass bei den Verantwortlichen der Sendeanstalten das Verständnis für die Kritikpunkte wächst, die hier im Haus - das will ich betonen - fraktionsübergreifend in den letzten Jahren immer wieder geäußert wurden, beispielsweise mit Blick auf die fehlende Berücksichtigung ostdeutscher Themen und ostdeutscher Interessen, auf vermeidbare Doppel- und Dreifachstrukturen und auf Intendantengehälter, deren Höhe keine Akzeptanz mehr findet.
All diese Punkte hatten wir als SPD auch für einen Entschließungsantrag des Landtages vorgeschlagen, der zusammen mit dem Zustimmungsgesetz hätte angenommen werden können. Und warum?
Nun stehen wir vor der Situation, dass die Politik aus dem Geschehen erst einmal ganz raus ist und dass die Frage vor dem Bundesverfassungsgericht geklärt wird. Wenn die öffentlich-rechtlichen Sender vor Gericht obsiegen, wenn womöglich sogar eine Eilentscheidung gegen das Land Sachsen-Anhalt wegen der Nichtratifizierung ergeht, dann haben wir zwar ohne Zweifel Klarheit, aber ohne dass es dafür einen politischen Konsens gab.
Es ist zu befürchten, dass das Land SachsenAnhalt im Kreis der medienpolitischen Entscheider in Deutschland in den nächsten Jahren deshalb eher kleinere Brötchen backen muss und dass Reformdiskussionen, wenn überhaupt, von anderen angestoßen werden.
Meine Damen und Herren! Ich will die Konflikte der vergangenen Wochen noch in einem anderen Kontext betrachten. Es ging nicht nur um die Zustimmung oder die Ablehnung bei einem von der Regierung ausgehandelten Staatsvertrag. Es ging immer auch um die grundsätzliche Frage, wie man in einer Koalition zusammenarbeitet, und es ging und geht natürlich auch künftig darum, wie man sich in der Debatte über den öffentlichrechtlichen Rundfunk von denen absetzt, die keinen unabhängig finanzierten Rundfunk wollen und denen Pressefreiheit und auch sonst alles, was sich darum dreht, ein Dorn im Auge ist.
Koalitionen brauchen Verlässlichkeit. Sie beruhen auf der gegenseitigen Zusage, dass sich niemand Mehrheiten außerhalb des Regierungsbündnisses sucht, auch nicht, wenn es um die Auslegung des Koalitionsvertrages geht. Wer mit wechselnden Mehrheiten liebäugelt, der braucht keine Koalition. An manchen Stellen erschwert es unser politisches Handeln als SPD, an manchen Stellen das Handeln der GRÜNEN und an manchen auch das Handeln der CDU.
Meine Damen und Herren! Es ist eine generelle Voraussetzung für die Zusammenarbeit in der Koalition, dass man sich aufeinander verlassen kann. Umso mehr verbietet sich die auch punktuelle Zusammenarbeit, das gemeinsame Abstimmen, um eine Mehrheit jenseits der Koalition zu finden, mit einer Partei wie der AfD, insbesondere da dort eine ganz andere Agenda verfolgt wird. Die AfD lehnt einen unabhängigen Journalismus ab,
der auch die Gefahr beleuchtet, die unserer Demokratie von rechts droht. Sie stempelt auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anderer Medien als Lügenpresse ab und überzieht sie im Netz mit Hass und Hetze,
sie beteiligt sich ohne Skrupel an Demonstrationen, bei denen Journalistinnen und Journalisten bedroht, angepöbelt und attackiert werden.
Es war deshalb von grundlegender Bedeutung für die weitere Arbeit dieser Regierungskoalition bis zum Juni des nächsten Jahres, dass Ministerpräsident Haseloff im Zuge der Ereignisse unmissverständlich klargemacht hat, dass er das Modell
einer Minderheitsregierung, die von der AfD abhängt, strikt ausschließt.
Meine Damen und Herren! Ich habe am Anfang meiner Ausführungen gesagt, der öffentlich-rechtliche Rundfunk braucht Reformen. Ich will abschließend noch einmal betonen: Was er nicht braucht, ist Einmischung. Jeder Versuch von staatlicher Seite, ob Exekutive oder Legislative, Einfluss auf die redaktionelle Arbeit zu nehmen oder kritische Berichterstattungen zu unterbinden, verbietet sich. Ob bissige Satire oder Kommentare mit klarem Standpunkt, die nicht jedem gefallen müssen, das sind nicht die Kollateralschäden eines staatsfernen Rundfunks, sondern das ist sein Wesen.
Wer Strukturdiskussionen benutzen will, um bei den Sendern eine gewünschte politische Ausrichtung durchzusetzen, muss scheitern, muss auf Widerstand stoßen; denn die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist ebenso fest verankert wie die anderen Bestandteile unserer demokratischen Staatsordnung. Und das ist gut so.
Ich hoffe sehr, dass sich der aktuelle Artikel im „Spiegel“, der gerade durch das Netz geht, wonach es in der Formulierung des CDU-Bundeswahlprogramms wohl eine Passage zur Privatisierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks geben soll, tatsächlich als Falschmeldung darstellt; denn eines ist klar: In diesen Zeiten kann man auf vieles verzichten, aber nicht auf einen unabhängigen öffentlichen Rundfunk. - Vielen Dank.
Ich höre sie mir erst einmal an.
Vielen Dank. - Herr Raue, ganz ehrlich, ich bedanke mich bei Ihnen für diese Frage. Denn sie macht deutlich, dass man sich bei diesen Entscheidungen nicht auf das Gefühl verlassen sollte, sondern wirklich einmal auf Statistiken und Erhebungen schauen sollte. Es gibt Erhebungen des MDR wie der ARD, die deutlich belegen, dass insbesondere Vertreter Ihrer Partei seit dem Einzug in den Bundestag überdurchschnittlich stark in Diskussionsrunden vertreten waren und dass bei der Berichterstattung auch hier aus dem Parlament oftmals eher die Oppositionsfraktionen als die regierungstragenden Fraktionen in der Berichterstattung berücksichtigt werden.
Mit anderen Worten: Ihren Eindruck empfinde ich nicht. Ich sehe das anders. Lassen Sie uns an der Stelle nicht über Gefühle streiten, sondern schauen wir in die Statistik. Dann werden wir möglicherweise anders auf das Empfinden schauen.
Vielen Dank. - Herr Siegmund, ich zitiere Ihnen die Passage aus meiner Rede: Der Ministerpräsident hat einen Gesetzentwurf zurückgezogen, weil es dafür im Landtag keine Mehrheit der Koalition gab. - Das ist das, was ich gesagt habe. Das ist etwas anderes, als Sie dargestellt haben.
Am Montagabend gab es ein Gespräch, zu dem die Fraktionsvorsitzenden und die parlamentarischen Geschäftsführer eingeladen waren und in dem wir die unterschiedlichen Positionen zum Staatsvertrag noch einmal intensiv - intensiv! - und kritisch miteinander bewertet haben. Ich glaube, ich plaudere nicht aus dem Nähkästchen, wenn ich sage, dass wir uns in der wirklich straff gestrickten Woche der Diskussion als Koalition inhaltlich überhaupt nichts geschenkt haben.
Nach diesem Ergebnis wurde festgestellt, dass wir alle drei zusammen keine Mehrheit der Koalition für diesen Vertrag sehen. Das hat den Ministerpräsidenten dazu bewogen, den Staatsvertrag zurückzuziehen. Über seine Entscheidung hat er das Kabinett am nächsten Tag informiert. Ob Sie das als „Sie haben es gewusst; Sie haben mitgemacht“ interpretieren, das liegt bei Ihnen. Ich habe Ihnen dargestellt, wie die Abläufe am Montag und am Dienstag waren.
Vielen Dank. - Herr Kollege Gürth, ich denke, das ist ein ganz schwieriges Thema. Denn natürlich ist
der Einfluss eines einzelnen Bundeslandes sehr, sehr begrenzt. Staatsminister Robra hat dargestellt, dass man auch in verschiedenen Reformdiskussionen eigentlich schon ein Stück weiter war und das dann in anderen Parlamenten wieder gekippt wurde, von einer Partei, die, wie er sagte, hier nicht vertreten ist.
Ich mache einen ganz konkreten Vorschlag. Lassen Sie uns doch zum Beispiel beim MDRStaatsvertrag mit der Deckelung der Intendantengehälter anfangen.
Das wäre eine Möglichkeit gewesen. Es sind drei Bundesländer. Möglicherweise hätte man einfacher gemeinsam mit Sachsen und Thüringen eine Verständigung erreicht, als wenn man zum Beispiel sofort auf das ZDF schaut. Ich halte es persönlich für schwierig, aus Sachsen-Anhalt heraus dem Stadtstaat Bremen zu signalisieren: Schließt eure eigene Rundfunkanstalt. Aber die Diskussion - -
Ja, das ist richtig. Es war nur gerade so schön still. Daher war das ein bisschen irritierend.
Mit anderen Worten: Ich würde dafür plädieren und habe auch dafür plädiert, über einen Entschließungsantrag den Reformbedarf klar zu signalisieren, um in den weiteren Verhandlungen zu dem nächsten Staatsvertrag auch den Verhandlern, nämlich der Staatskanzlei, eine Linie vorzugeben. Gleichzeitig hätte ich vorgeschlagen, mit dem für uns wirklich zutreffenden Vertrag anzufangen und Reformen in diesem kleinen beschränkten Rahmen anzustoßen. Gelegentlich muss man einen langen Weg einfach mit dem ersten Schritt beginnen, Herr Gürth.
Darf ich?
Herr Gebhardt, der Ministerpräsident hat seine Entscheidung dem Kabinett zur Kenntnis gegeben und das Kabinett hat diese zur Kenntnis genommen. Das wertet die Staatskanzlei wie auch an anderen Stellen als einen Beschluss des Kabinetts. Dem kann ich nicht widersprechen. Aber es gab keine Abstimmung darüber. Inwieweit die Staatskanzlei einschätzt, dass es dafür eine Mehrheit gegeben hätte, dazu habe ich jetzt nichts gesagt. Ich gehe davon aus, wenn man die Ministerinnen und Minister der Regierung durchzählt, dann kann man sich das möglicherweise allein schon aufgrund der Fraktionszugehörigkeit erschließen. Das ist jetzt aber reine Spekulation. Ich kann Ihnen nur sagen, wie die Situation im Kabinett war.
Herr Siegmund, ich schätze ja Ihre Art, Sachen so zuzuspitzen, dass Sie es gut über FacebookVideos verbreiten können.
Ich habe nicht gesagt, dass Herr Raue Quatsch gesagt hat. Ich habe gesagt: Gefühle sind immer etwas anderes. Ich habe gesagt, ich begebe mich dazu gern noch einmal in die Recherche. Ich erinnere mich an andere Auflistungen. Es kann vielleicht daran liegen, dass es eine aus dem Jahr 2019 ist und nicht von 2018. Ich gehe dem gern nach. Wenn meine Erinnerung an der Stelle getrogen hat, dann gebe ich das auch so zu. Geben Sie mir aber die Chance, das nicht hier am Rednerpult zu beantworten, sondern mir das einmal anzuschauen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich habe zwei sehr unterschiedliche Fragen und möchte fragen, ob ich sie hintereinanderstellen kann.
Ich habe auch die Präsidentin gefragt.
Das schaffe ich, glaube ich. - Herr Minister, vielen Dank für Ihre Ausführungen. Ich habe tatsächlich zwei unterschiedliche Fragen. Die eine bezieht sich auf den Umgang mit den Landesbildungszentren, insbesondere auch - wir alle haben es in der Zeitung lesen können - auf den Umgang mit Coronainfektionen am Landesbildungszentrum für Körperbehinderte in Halle. An dieser Stelle trifft es
tatsächlich eine hoch vulnerable Gruppe. Gibt es in Ihrem Haus, im Landesschulamt, Überlegungen dazu, wie insbesondere diese Gruppen an den Landesbildungszentren extra geschützt werden können?
Die zweite Frage. Herr Minister, Sie haben an vielen Stellen darauf hingewiesen, dass es eine besondere Verantwortung auch der Schulträger gibt, was ja im Wesentlichen die Landkreise betrifft. Mir ist ein Schreiben zur Kenntnis gelangt, in dem das Landesschulamt hinsichtlich einer Verordnung des Burgenlandkreises zum Tragen von Masken im Unterricht nach den Herbstferien deutlich gemacht hat, dass diese Entscheidung nicht in der Zuständigkeit des Schulträgers liegt und dass deshalb die Maskenpflicht aufzuheben ist. An der Stelle frage ich Sie, wie das etwa mit der Eigenständigkeit der Entscheidungen der Schulträger wie auch der Schulleitungen zu verbinden ist. Wie stehen Sie dazu?
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Minister, wenn ich jetzt beide Antworten von Ihnen übereinanderlege, können Sie mir dann den Eindruck bestätigen, dass die Schulleitungen eigentlich eigenverantwortlich sind in der Aufstellung und Einhaltung von Hygieneplänen; es sei denn, sie verpflichten Schüler und Lehrer zum Masketragen? Das wäre dann der Punkt, an dem das Landesschulamt eingreift? - Denn genau an dieser Stelle sind wir jetzt. Eigentlich ist jeder eigenverantwortlich, aber an dieser Stelle gibt es ein Schreiben des Landesschulamtes nach dem Motto: Das ist aber nicht gedeckt. Wie kriege ich das zusammen?
Ich möchte nur nicht, dass die Antwort in die verkehrte Richtung geht.
Mir geht es nicht darum - das habe ich verstanden -, wer eine Anordnung trifft. Wenn es das Gesundheitsamt macht, dann gibt es Gespräche. Das ist richtig. Was passiert aber, wenn ein Schulleiter für seine Schule sagt: Ich möchte in Ab
stimmung mit allen, dass hier an der Schule permanent Maske getragen wird?
Genau das ist der Punkt. Die Schulleiter sind eigenverantwortlich, haben aber die Erfahrung gemacht, dass die Maskenpflicht nicht gilt. Könnte ein Schulleiter das veranlassen? Oder ist das nicht von Ihren Überlegungen gedeckt?
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Im Umgang mit der Covid-19-Pandemie gibt es zwei grundlegend unterschiedliche Herangehensweisen. Man kann mit offenen Karten spielen und sagen: Wir gemeinsam - Regierung, Parlament, Wissenschaft und wir alle als Gesellschaft - haben keine Erfahrungen mit einer solchen Pandemie. Sie ist etwas vollkommen Neues, und wir müssen gemeinsam lernen, wie der Virus zu besiegen ist. Oder man kann den Leuten etwas vorgaukeln und so tun, als hätte man einen raffinierten Plan.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der LINKEN, Sie wissen, dass ich nicht zu denen gehöre, die immer wieder Verbindungen in die Vergangenheit ziehen. So etwas werden Sie von mir auch nicht hören. Aber ich finde schon, dass in Ihrem Antrag eine alte Vorstellung durchschlägt: Man könne alles im Leben in den Griff bekommen, wenn man es in eine langfristige Planung packt.
Das können wir nämlich im Umgang mit der Pandemie nicht und das wollen wir auch nicht; denn mit allen Maßnahmen greifen wir zum Teil erheblich in die Grundrechte der Menschen ein. Diese Eingriffe dürfen nicht langfristig angelegt sein, sondern müssen - im Gegenteil - eng begrenzt und zeitlich auf das absolut Notwendigste befristet sein.
Und sie müssen dem regionalen und lokalen Infektionsgeschehen angepasst sein. Das ist im Übrigen auch die Logik des veränderten Infektionsschutzgesetzes, das Bundestag und Bundesrat gestern beschlossen haben. Ich begrüße es sehr, dass Sachsen-Anhalt diesem modernen Infektionsschutzgesetz im Bundesrat zugestimmt hat.
An Ihrem Antrag irritiert mich aber besonders, dass Sie unter Punkt 3 - Schwerpunkte der Handlungsstrategie, die Sie einfordern - eine Handlungsstrategie nicht erwähnen, nämlich die, dass es darauf ankommt, die Kontakte zu reduzieren. Bund und Länder haben sich gerade darauf verständigt, dass es Vorrang vor allen anderen Maßnahmen haben muss, Kontakte zu reduzieren. Dass Sie diesen Fakt einfach unter den Tisch fallen lassen, hat für mich ein leichtes Geschmäckle von „Ausstieg light“ aus der gemeinsamen Bekämpfung der Pandemie und auch aus den hier im Parlament im breiten Konsens diskutierten Maßnahmen.
Meine Damen und Herren! Auch wenn es schwerfällt - lassen Sie uns auch unter diesen schwierigen Bedingungen über Chancen reden. Wir haben die Chance, diese Krise durch Solidarität zu überwinden. Die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes nehmen die gegenwärtigen Belastungen mit großer Disziplin auf.
Das aktuelle Ziel muss es sein, bei den Beratungen in der nächsten Woche einerseits die notwendigen Maßnahmen, regional differenziert, fortzuführen und andererseits über die Weihnachtszeit eine Entspannung zu erreichen. Ich setze darauf, dass Bund und Länder in dieser Frage beisammenbleiben. Profilierungskämpfe von Regionalfürsten und Bewerbern um den CDU-Vorsitz helfen niemandem weiter,
vor allen Dingen nicht, weil beide Ministerpräsidenten einfach nicht in der Lage waren, das Infektionsgeschehen in ihren Ländern durch geeignete Maßnahmen rechtzeitig in den Griff zu bekommen.
Wir haben die Chance, das Virus durch eine effektive und solidarisch angelegte Impfstrategie zu überwinden. Die jüngsten großen Erfolge bei der Entwicklung von Impfstoffen machen Hoffnung. Auf die Gesundheitsbehörden kommt jetzt die allergrößte Verantwortung zu und auf unsere Ministerin Petra Grimm-Benne eine weitere große Aufgabe. Ich weiß, sie ist bei ihr in guten Händen.
Wir haben die Chance, den von der Krise besonders Betroffenen gezielt zu helfen. Dabei ist aus
schlaggebend, dass sich in der Bundesregierung die klare Haltung von Bundesfinanzminister Olaf Scholz durchgesetzt hat, bei der Überbrückungshilfe nicht zu kleckern, sondern zu klotzen.
Etwas von diesem mutigen Handeln wünschte ich mir auch von der Finanzpolitik in SachsenAnhalt. Aber dazu wird morgen mehr zu diskutieren sein.
Wir werden heute mit dem Antrag der Koalitionsfraktionen die pandemische Lage nach § 161 Abs. 2 Satz 2 KVG bekannt geben, um den Kommunen die Möglichkeit zu geben, auch unter den pandemischen Bedingungen zu handeln. Ich hoffe sehr, dass die Verordnung des Innenministeriums rechtzeitig noch in diesem Jahr erlassen wird, die es den Kommunen auch erlaubt, haushalterisch unter den Bedingungen von Corona anders zu handeln, und dass wir nicht bis Ende des Jahres erleben müssen, wie die Kommunalaufsicht notwendige haushalterische Entscheidungen infrage stellt.
Ich möchte an dieser Stelle auch deutlich machen - das haben wir heute gehört -, dass mit dieser Feststellung des KVG-Bezugs alle Verschwörungstheorien wieder Konjunktur haben - auch hier in den Landtagsdebatten.
Nein, es geht nicht um die Vorbereitung einer landesweiten Briefwahl. Ich sage aber auch deutlich, dass wir in der Koalition noch einmal darüber sprechen müssen, wie wir auch in diesem Bezug eine regionale Differenzierung stattfinden lassen und möglicherweise - das habe ich von den Kollegen der CDU-Fraktion gehört - zeitlich auch einen anderen Vorlauf festlegen. Darüber werden wir diskutieren.
Meine Damen und Herren! Für die Bekämpfung der Pandemie
- letzter Satz -
brauchen wir einen langen Atem. Ich weiß, dass unsere Bürgerinnen und Bürger ihn haben, selbst wenn sie Maske tragen müssen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Werte Kollegin Frau von Angern, die Frage ist ja, wann man einen Plan aufstellt. Es gibt das Sprichwort: Wie bringt man Gott zum Lachen? - Erklär ihm deine Pläne.
Das Leben funktioniert manchmal halt anders. Sind Sie mit mir der Auffassung, hätten wir im Frühjahr, als auch die Wissenschaftler aber der Meinung waren, dass insbesondere Kinder als Superspreader fungieren, weniger Erkrankungen bei Kindern auftreten, diese aber die Verbreitung des Virus fördern, eine langfristige Planung aufgestellt, würden wir heute noch daran festhalten, Kindergärten und Schulen geschlossen zu halten? Sehen Sie das genauso? Oder zeigt das vielmehr, dass Pläne tatsächlich immer nur auf dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse formuliert werden können?
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was der Ministerpräsident hier heute ausgeführt hat, kann man in der Sache nur unterschreiben. Ich frage mich allerdings manchmal, ob die nüchtern-trockene Schilderung von Sachverhalten, Entscheidungsprozessen und Maßnahmen noch der Entwicklung dieser Pandemie gerecht wird. Ich frage mich das umso mehr, wenn ich Auftritte wie eben den des AfDRedners erlebe, der gegen jede wissenschaftliche Evidenz und gegen die für alle offen sichtbaren Folgen der Pandemie das Coronavirus verharmlost.
Man muss es anscheinend leider immer wieder sagen: Covid-19 tötet. Das zeigen nicht nur die Bilder aus Spanien, Frankreich und Italien.
Die Dramatik zeigt sich genauso beim Blick auf die Lage in Deutschland, zum Beispiel in jedem Lagebericht des Robert-Koch-Institutes. Die sind informativer als n-tv. Allein 19 382 Beschäftigte des Gesundheitswesens wurden bislang positiv auf das Coronavirus getestet. 768 von ihnen wurden hospitalisiert. 24 sind gestorben. Weitere 13 096 Beschäftigte in Pflegeeinrichtungen und ähnlichen Gemeinschaftsunterkünften sind betroffen.
520 wurden hospitalisiert. 44 sind gestorben.
Das sind die Beschäftigten; das sind Ärztinnen und Ärzte, Pflegerinnen und Pfleger, nicht immer die beschworene vulnerable Gruppe. Von denen starben in den genannten Einrichtungen weitere fast 4 700 Menschen. Allein diese Zahlen aus dem aktuellen RKI-Bericht machen augenfällig deutlich, warum die Strategie zur Bekämpfung der Pandemie von Beginn an vor allen Dingen ein Ziel verfolgt hat, nämlich unser Gesundheitssystem leistungsfähig zu erhalten - das ist das Ziel vor allen anderen -
und eine Überforderung durch die große Anzahl von Pandemieopfern zu verhindern. Pflegende, Medizinerinnen und Mediziner sollen bewahrt werden vor der Entscheidung über die Frage: Wen kann ich behandeln und wen weise ich ab? Eine Entscheidung, die vielleicht auch einmal die eigene Mutter, den eigenen Vater, die eigene Tante, die eigene Oma betreffen kann. Diese Entscheidung ist hart, insbesondere für die, die sie treffen müssen. Unsere Aufgabe muss es
sein, diese Menschen vor dieser Entscheidung zu bewahren.
Über die Behandlung von Covid-19-Fällen hinaus geht es dabei immer auch darum, dass unsere Krankenhäuser für alle handlungsfähig bleiben; denn Herzinfarkte, Krebserkrankungen, Infektionen und Unfälle machen keine Pause, bis wir über einen Coronaimpfstoff verfügen. Es geht also auch, aber längst nicht nur um Solidarität mit besonders gefährdeten Gruppen. Es geht um die Funktionsfähigkeit der Gesellschaft als Ganzes.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Angesichts der zuletzt rasant angestiegenen Infektionszahlen haben der Bund und alle 16 Länder das einzig Richtige getan. Weil Hygieneregeln, Abstand und Sicherheitskonzepte offenkundig nicht mehr ausreichen, weil die Zahlen steigen und weil sich die Infektionswege zu gut 75 % nicht mehr nachvollziehen lassen, haben Bund und Länder verabredet, vorübergehend wieder Kontaktbeschränkungen einzuführen, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Diese Einschränkungen sind richtig, notwendig, angemessen und maßvoll.
Es ist insbesondere richtig, dass die Maßnahmen von allen Bundesländern getroffen werden und bundesweit greifen. Nur einheitliches Handeln ist in dieser Situation schnelles Handeln und darauf kommt es an. Ich bin überzeugt, dass das auch die Bürgerinnen und Bürger so sehen. Dafür sprechen die ersten Umfragen und dafür spricht auch das einsichtsvolle Verhalten der allermeisten. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Meine Damen und Herren! Damit dieses Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Richtigkeit staatlicher Entscheidungen erhalten bleibt, müssen die politisch Verantwortlichen allerdings auch zu diesen Maßnahmen stehen. Wer jeden Morgen eine neue Sau durchs Coronadorf treibt und am Mittag gleich die nächste, der gefährdet die notwendige Akzeptanz.
Verlässlichkeit und Standhaftigkeit sowie die Fähigkeit, Mut zu machen, sind jetzt gefragt. Deshalb kann ich nicht verstehen, warum der Chef der Unionsfraktion im Bundestag Ralph Brinkhaus noch vor dem Inkrafttreten der neuen Maßnahmen am Sonntagabend im ZDF in Zweifel zog, dass die zum Dezember angestrebte Besserung der Lage erreicht werden kann. Genauso wenig ist zu verstehen, dass der Bundesgesundheitsminister Jens Spahn am selben Abend „Monate der Einschränkungen und des Verzichts“ herauf
beschwor. Eines ist klar: Mut macht man mit solchen Sprüchen nicht. Im Gegenteil: Die verabredete Zielstellung, durch eine gemeinsame Anstrengung im November die Vorweihnachtszeit wieder annähernd normal zu gestalten, wird so in Zweifel gezogen.
Meine Damen und Herren! Ich habe genauso wenig Verständnis dafür, dass DIE LINKE heute einen Antrag vorlegt, in dem man sich faktisch von dem Konsens abseilen will, der in der vorigen Woche über Parteigrenzen hinweg gefunden wurde und den zum Beispiel auch Bodo Ramelow für Thüringen mitgetragen hat. Denn mit der Forderung nach einer Öffnung von Gastronomiebetrieben und nach der Zulassung von Kulturveranstaltungen stellen Sie den Novemberkompromiss substanziell infrage. Dann setzen Sie noch einen obendrauf und fordern in der Pressemitteilung zu Ihrem Antrag, in Arbeits- und Wirtschaftsleben dieselben strengen Kontaktbeschränkungen einzuführen wie im Freizeit- und Kulturbereich.
Das, was Sie damit versuchen, nennt man: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass. Verantwortung übernehmen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der LINKEN, sieht anders aus.
Aus sozialdemokratischer Sicht ist es ausdrücklich richtig, dass der weit überwiegende Teil unserer Wirtschaft möglichst unbeeinträchtigt weiterläuft, natürlich unter Nutzung von Homeoffice und Vermeidung überflüssiger Kontakte sowie unter Einhaltung der Hygieneregeln. Alles andere würde ökonomische und soziale Kosten verursachen, die Sie mit keinem Nachtragshaushalt dieser Welt und mit keiner Reichensteuer jemals aufbringen könnten.
Meine Damen und Herren! Natürlich reicht es nicht aus, jetzt nur die Maßnahmen umzusetzen, die zwischen Bund und Ländern verabredet wurden. Weitere energische Schritte sind gefordert, auch in Sachsen-Anhalt.
Erstens. Die Gesundheitsbehörden müssen zügig gestärkt werden. Dass drei Viertel aller Covid-19Infektionen nicht eindeutig einem Infektionsort zugeordnet werden können, ist für die Pandemiebekämpfung kein hinnehmbarer Zustand. Auch und gerade bei steigenden Zahlen muss es unser Ziel sein, die Infektionswege effektiv nachzuverfolgen. Auch der Einsatz von Bundeswehrsoldaten, die die Kommunen hierbei in hervorragender Weise unterstützen, reicht für diese Arbeit auf Dauer nicht aus. Die Landkreise müssen hierbei ihre Pflicht tun.
Aber: Ich begrüße außerdem, dass Petra GrimmBenne sich in der Landesverwaltung für die Ab
ordnung weiterer Kräfte in die Gesundheitsämter starkgemacht hat. Wie es aussieht, ist dieses Vorhaben auf einem guten Weg.
Dass man sich bei der Abordnung von Beamtinnen und Beamten wirklich nur darauf verlassen sollte, dass sich Freiwillige melden, wie es die CDU-Fraktion gestern gefordert hat, das wage ich allerdings zu bezweifeln. Irgendwann muss der Dienstherr auch einmal sagen, wo es langgeht. Wann, wenn nicht in einer Krisensituation?
Zweitens. Wir müssen an den wirtschaftlichen Folgen dranbleiben, die durch den erneuten TeilShutdown ausgelöst werden. Die 75-prozentige Erstattung von Einnahmeausfällen der Gastronomie im November 2020, die Bundesfinanzminister Olaf Scholz angekündigt hat, ist eine sehr gute Lösung. Wichtig ist es, angesichts der großen Schwierigkeiten, in denen sich die Branche schon vorher befunden hat, dass diese Hilfen schnell und unbürokratisch fließen. Ich halte es deshalb für unabdingbar, dass diese Erstattung nicht mit Einnahmen aus dem weiterlaufenden Außerhausgeschäft verrechnet wird.
Ein solches Prozedere würde dringend benötigte Zahlungen viel zu lange hinauszögern. Wir sollten uns aber nicht darauf verlassen, dass die Hilfezahlungen aus Berlin so schnell fließen, wie wir und die Betroffenen es erwarten. Vielleicht können wir es schaffen, dass das Land SachsenAnhalt hierbei schneller und unbürokratischer agiert als der Bund.
Im Interesse einer schnellen Hilfe für die aktuell besonders Betroffenen plädiere ich daher nachdrücklich für ein Härtefallprogramm, für das sich Armin Willingmann seit Langem einsetzt, um insbesondere Klubs, Diskotheken und Veranstalter vor Insolvenzen zu bewahren und Arbeitsplätze zu erhalten.
Diese Branche und viele Kulturschaffende sind bei den bisherigen Hilfsprogrammen allzu oft durch den Rost gefallen. An dieser Stelle muss dringend nachgesteuert werden. Teil eines solchen Härtefallprogramms muss auch ein Unternehmerlohn sein. Diese Leistung sollte aus meiner Sicht auch für Härtefälle aus der Gastronomie offenstehen. Es geht aber nicht nur um die Unternehmen. Es geht auch und vor allen Dingen um die Beschäftigten. Insbesondere im Gastronomiebereich verbinden wir mit der schnellen Hilfe für die Unternehmen die Hoffnung, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht im Regen stehen gelassen werden.
Dass der Finanzminister hier im Land immer noch auf der Bremse steht, um dies alles anzugehen, ist umso unverständlicher, weil ein solches Härtefallprogramm durchaus aus den Mitteln zu stemmen wäre, die der Landtag mit dem Nachtragshaushalt für genau solche Zwecke zur Verfügung gestellt hat.
Selbst wenn das nicht der Fall sein sollte: Die SPD-Fraktion steht jederzeit für Gespräche über einen weiteren Nachtragshaushalt bereit.
Unser Land hat sich schließlich im Vergleich zu anderen bisher finanziell stark zurückgehalten.
Drittens. In kaum einem anderen Bereich dürfte der Umgang mit den Risiken der Pandemie im Alltag so heikel sein wie in der Schule. Wir können nicht die Augen davor verschließen, dass weder die räumliche Situation noch die Organisation des Unterrichts den Schutz bietet, den wir, Eltern wie Lehrkräfte, erwarten müssen. Lokale Ausbrüche von Covid-19 an Schulen überall im Bundesgebiet zeigen, welche Risiken dort, unabhängig von dem Infektionsgeschehen insgesamt, bestehen. Deshalb müssen unsere Schulen dringend darauf vorbereitet werden, kurzfristig auf hybride Unterrichtskonzepte umstellen zu können, im Ernstfall auch auf die komplette Digitalisierung des Unterrichts. Plattformen wie Moodle stehen bereit. Mit mangelnder Vorbereitungszeit kann sich jetzt niemand mehr herausreden.
Und wir erwarten vom Bildungsministerium, dass den Schulen einheitliche Hygienekonzepte entsprechend den Empfehlungen des Robert-KochInstitutes an die Hand gegeben werden. Denn heute ist die Situation so, dass die Schulleitungen den Eindruck haben, sie würden mit den Aufgaben im Umgang mit der Pandemie allein gelassen. Damit muss Schluss sein.
Das, Herr Minister Tullner, sind die Aufgaben, deren Erledigung Eltern, Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler jetzt von Ihrem Haus erwarten, und nicht Gespräche über einen Schulfrieden, irgendwann und irgendwie.
Viertens. Wir wissen schon heute, dass die Coronakrise tiefe Spuren in den kommunalen Haushalten hinterlassen wird. Wir wissen nur noch nicht, wie tief und anhaltend sie sein werden. Die Hilfsprogramme von Bund und Land scheinen zunächst das Schlimmste verhindert zu haben.
In der letzten Landtagssitzung haben wir die Kommunalverfassung pandemiefest gemacht, auch finanziell. Denn wir wollen nicht, dass Kommunen
sich in Zeiten der Pandemie mit der Kommunalaufsichtsbehörde darüber herumärgern müssen, ob denn nun das Haushaltskonsolidierungskonzept rechtmäßig ist oder ob die pandemiebedingten überplanmäßigen Mehrausgaben durch Einsparungen an anderer Stelle gedeckt werden. Deshalb wird die Koalition in der nächsten Landtagssitzung einen Antrag einbringen, der die Feststellung einer landesweiten pandemischen Lage beinhaltet, um den Kommunen hierfür Handlungsspielräume zu geben.
Meine Damen und Herren! So weit zu den Schritten, die aus meiner Sicht jetzt erforderlich sind. Ich möchte abschließend auf die Forderung eingehen, den Landtag und die Parlamente insgesamt bei der Bekämpfung der Pandemie stärker einzubeziehen. Dazu liegen heute Anträge vor und weitere Vorschläge stehen im Raum.
Debatten wie heute sind richtig und notwendig. Erst recht notwendig ist die enge parlamentarische Kontrolle und Begleitung des Verwaltungshandelns in der Pandemie in den Ausschüssen des Landtages. Etwas, das wir aber nicht brauchen, ist eine Verwischung zwischen exekutiven und legislativen Aufgaben bei der Anwendung des Infektionsschutzgesetzes.
Wenn der Bundestag über eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes spricht und dort auch Regelungen festlegt, ist das seine Aufgabe. Der Bund muss hierbei einheitliches Vorgehen vorgeben und es auch in den Ländern absichern. Denn - seien wir einmal ehrlich - unser Land hat doch weiß Gott schon genug Hobbyvirologen, die auf Twitter, auf Facebook und im schlimmsten Fall auf Telegram die Welt erklären. Das haben wir auch heute wieder gemerkt. Darin sollten wir als Abgeordnete uns nicht noch einreihen.
Parlamentsausschüsse, die politisch um Verordnungen feilschen, oder Abgeordnete, die sich als Laien an der Auswertung von Infektionsstatistiken versuchen, braucht meiner Meinung nach kein Mensch.
Die Eindämmungsverordnung schreibt auch Ministerin Frau Petra Grimm-Benne nicht am Küchentisch und nicht Kraft ihrer Wassersuppe, sondern sie entsteht auf der Basis fachlicher Beurteilungen und wissenschaftlich belastbarer Prognosemodelle sowie in Auswertung der Erfahrungen von Gesundheitsbehörden im ganzen Land. Wer unterstellt, dass dies kraft Wassersuppe geschieht,
der fügt dem Handeln hier im Land einen schweren Schaden zu.
Gerade weil es hierbei um Eingriffe in Grundrechte von Menschen geht, müssen sich die Einschränkungen auf fachliche Expertise stützen, und nicht auf politische Setzungen. In Grundrechte darf aus diesem Grund nur aufgrund eines Gesetzes eingegriffen werden, aber nicht operativ durch das Parlament. Die Grundlage ist das Bundesinfektionsschutzgesetz. Diese klare Zuweisung von Verantwortung können und sollten wir nicht antasten.
Meine Damen und Herren! Ich möchte abschließend namens der Koalitionsfraktionen eine Überweisung der beiden Anträge inklusive des Alternativantrages beantragen. Der Antrag in der Drs. 7/6786 soll in den Ältestenrat überwiesen werden,
der Antrag in der Drs. 7/6787 zur federführenden Beratung in den Sozialausschuss und zur Mitberatung in die Ausschüsse für Wirtschaft, für Inneres, für Bildung und für Finanzen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Erste Vorbemerkung: Das, was Sie dem Ministerpräsidenten gerade in den Mund legen, hat er so nicht gesagt.
- Nein, hat er nicht. Er hat darauf hingewiesen - - Ich glaube, an dieser Stelle sitzen Sie einem Irrglauben auf. Es geht nicht darum zu sagen, weil in der Gastronomie und in den Fitnessstudios nicht die Ausbruchsherde auszumachen sind, muss man sie nicht schließen. In dieser Beurteilung will ich Ihnen gern recht geben. Es geht um den Grundtatbestand, dass unnötige Bewegungen von Menschen und Kontakte von Gruppen, die ansonsten nicht miteinander in Kontakt geraten, verhindert werden sollen.
Das ist die Überschrift über all den Beschränkungen. Aus diesem Grund wurde übrigens auch die Kontaktbeschränkung auf maximal zehn Personen und aus nur zwei Haushalten eingeführt.
Wenn Sie - ganz exemplarisch - ein berufstätiger Mensch sind und - gehen wir einmal davon aus - einen Bürojob haben, ist die Anzahl der Menschen, denen Sie jeden Tag begegnen, überschaubar. Sie treffen Ihre Kollegen, Sie gehen in die Kantine, Sie gehen vielleicht zum Bäcker um die Ecke. Das sind Kontakte, die Sie jeden Tag haben. Wenn Sie infiziert sind und das Gesundheitsamt Sie anruft und fragt, wo Sie waren, dann sind Sie in der Lage zu sagen: Ich sitze mit meinem Kollegen Herrn Meier im Büro, ich gehe in diesen Bäckerladen und ich gehe in diese Kantine. Das schafft Nachvollziehbarkeit.
Wenn Sie allerdings zum Sport gehen und zum Beispiel Fußball mit elf anderen spielen - oder mit noch mehr; denn ansonsten kann man nicht vernünftig Fußball spielen -, dann erhöht sich die Anzahl. Wo Ihre Teamkollegen gespielt haben und wo sie hinterher unterwegs waren, ist für das Gesundheitsamt nicht mehr nachvollziehbar. Das ist das Grundproblem.
- Das hat nichts mit Überwachung zu tun, Herr Poggenburg. Sie müssten bei Ihrem Großvater vielleicht noch einmal nachfragen, was Überwachung beim MfS tatsächlich bedeutet hat.
Sie wissen ja genau, worüber Sie reden. Das hat nichts mit Überwachung zu tun,
sondern das hat etwas mit Nachvollziehbarkeit zu tun.
Genauso ist es in der Gastronomie. Es geht um die Einschränkung von Kontakten. Deshalb - so leid es mir tut - sind diese Bereiche eingeschränkt worden.
Ich sage Ihnen einmal, was meine oberste Priorität bei der Abgrenzung von wirklich absolut relevanten Bereichen ist. Meine oberste Priorität ist, dass wir es schaffen, die Schulen und Kitas offen zu halten. Denn ich weiß, dass Mütter und Väter eben nicht nur Mütter und Väter sind, die sich Sorgen um ihre Kinder machen, die mit der Doppelbelastung durch Homeoffice und Homeschooling nachvollziehbarerweise an ihre Grenzen geraten, sondern dass sie zum Beispiel in unseren Krankenhäusern und in unseren Pflegeeinrichtungen und an vielen, vielen anderen Stellen fehlen würden. Deshalb ist es wichtig, das Primat auf Kitas und Schulen zu legen.
Zu Herrn Lauterbach. Herr Büttner, ich weiß, dass Ihre Fraktion und auch Sie individuell viel Spaß haben an der Verbreitung von Falschnachrichten und Fake News. Sie wissen genau, dass dieses Zitat, wie es Herrn Lauterbach unterstellt wird, nicht stimmt. Sie wissen genau, wenn Sie dem Herrn Ministerpräsidenten zugehört haben, dass der private Bereich unverletzlich ist.
Vorhin spielte die Frage eine Rolle, wie ich mich sozialkonform verhalten und sozialkonform handeln kann. Das ist kein Aufruf zur Bespitzelung. Ganz ehrlich, bei einer Feier mit mehr als 100 Personen, wie sie hier in Magdeburg stattgefunden hat, kann mir niemand erzählen, dass man aus Versehen dort hineingerät, dass man von der Straße eingefangen wird und in diesen Zusammenhang gesetzt wird. Es sagt einem der ge
sunde Menschenverstand, dass man unter den Bedingungen, die wir gerade haben, auf solche Zusammenkünfte verzichten und an dieser Stelle einfach sagen muss: Meine Gesundheit und die Gesundheit meiner Liebsten sind es mir wert, an diesem Abend nicht feiern zu gehen. Darum geht es.
Auf die Frage zu Alkohol und Tabak gehe ich gern ein. Ganz ehrlich, Herr Büttner, ich persönlich finde, Tabakwerbung gehört verboten.
Ganz krass. Das sage ich Ihnen ganz deutlich. Tabak und Alkohol sind die größten Volksdrogen, die wir hier in der Bundesrepublik haben.
Ich habe gesagt - -
Es macht gerade so viel Spaß.
Doch.
Aber natürlich.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Danke für die Frage, Herr Rausch; denn das gibt mir die Möglichkeit, noch einmal auf das einzugehen, was Herr Büttner falsch wiederholt hat. Ich habe nicht gesagt, Tabak sollte verboten werden. Ich habe von der Tabakwerbung gesprochen; ganz deutlich. Ich ahne, wie schnell das durch Facebook läuft.
Zwei Bemerkungen zu Ihren Fragen. Zunächst zu der Frage, wie die Gesundheitsämter mit positiven Fällen umgehen. Ich wünsche mir an dieser Stelle ganz deutlich ein einheitliches Vorgehen. Ich weiß, dass die Gesundheitsämter unterschiedlich agieren. An dieser Stelle stellt sich die Frage, ob das aktuell der Fall ist, weil es die Landkreise per Allgemeinverfügung regeln, oder ob es an dieser Stelle wieder angebracht wäre, die Gesundheitsämter auf dem Verordnungsweg tatsächlich dem Land zu unterstellen. Meine Präferenz liegt auf der zweiten Variante, damit wir ein einheitliches Vorgehen haben.
Testen. Bei allem Respekt und auch bei allem Verständnis für erhöhtes Testgebaren, was Ihre Fraktion im Übrigen ablehnt und kritisiert - wir lernen über diesen Virus immer wieder aufs Neue.
Weil Sie von einer echten pandemischen Lage gesprochen haben: Nicht in meinem familiären Kreis, aber in dem Kreis von Personen, die ich kenne, mit denen ich schon Kontakt hatte und von denen ich weiß, wo sie einzuordnen sind, die ich
also tatsächlich kenne, gibt es aktuell drei Personen, die Covid-19-positiv sind, zwei davon mit Krankheitsverläufen.
Was sagt das? - Das sagt uns zum Beispiel, dass das, was Sie proklamieren, nämlich dass niemand Betroffene kenne, sich ändert, weil eine solche Situation jetzt immer näher rückt.
Das ist übrigens auch so eine Theorie von Ihnen: Wenn man keine Symptome hat, ist man nicht ansteckend.
Ich mache jetzt einmal einen Vergleich und bitte Sie, darüber in aller Ruhe in Ihrem Kämmerlein nachzudenken.
Denken Sie einmal an andere Infektionskrankheiten, zum Beispiel an HIV. Wie viele können das Virus verbreiten, bevor sie selbst Symptome einer Erkrankung zeigen? Genau bei diesem Fall sehen Sie das Problem: Die Weitergabe des Virus ist möglich, bei Corona genauso wie bei HIV, ohne dass ich selbst Symptome zeige. Genau das ist das Gefährliche. Denn jeder, der den Virus verbreitet, ist in der Lage, jemanden anzustecken, der dann keinen leichten Verlauf hat. Das sind dann die Fälle, die in den Krankenhäusern zur Beatmung etc. anlanden.
Zu der Bewegung „Ärzte für Aufklärung“. Herr Rausch, es gibt unterschiedliche Gruppen und Gruppierungen, die sich mit Meinungen an die Öffentlichkeit und an die Bürgerinnen und Bürger wenden - -
Ich schaffe es in einem Satz.
Meine Präferenz liegt an dieser Stelle auf den wissenschaftlichen Institutionen der Bundesrepublik. Das sind die großen Forschungsgemeinschaften, das ist die Leopoldina, nicht aber Zusammenschlüsse dieser Art. - Vielen Dank.
Immer doch.
Ich fange mit dem zweiten Teil an. Herr Siegmund, Sie wissen, dass die Öffnung für den Profisport - ich verweise nur auf die Diskussion über die dritte Liga - auch hier im Land sehr umstritten war. Nach meinem Dafürhalten hätten wir das nicht gebraucht. Es gab aber Verständigungen, auch mit dem DFB, an dieser Stelle so vorzugehen. Wir erleben an dieser Stelle ein knallhartes Containment. Die Spieler werden vor den Spielen getestet. Es wird genau nachverfolgt und im Zweifelsfall wird der Kontakt zu einer anderen Mannschaft durch Absage des Spiels unterbrochen.