Protokoll der Sitzung vom 19.11.2020

(Zuruf: Was? - Weitere Zurufe - Unruhe)

was gespielt wird,

(Zurufe)

wer Intendant wird und wer nicht.

(Zurufe - Unruhe)

Deshalb werfen Sie uns das vor.

(Zustimmung - Zuruf)

Vielen Dank. Es gibt keine weiteren Wortmeldungen.

(Unruhe)

Jetzt kann sich der nächste Redner, Herr Gebhardt, vorbereiten.

(Unruhe - Zurufe)

- Ich denke, wir atmen jetzt alle ganz tief durch und geben dem nächsten Redner die Möglichkeit, seine Rede zu halten. - Bitte, Sie haben das Wort, Herr Gebhardt.

(Unruhe)

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Staatsminister Robra, als wir gehört haben, dass es eine Regierungserklärung unter der Überschrift „SOS - Kulturland Sachsen-Anhalt“ gibt, waren wir alle - zumindest in meiner Fraktion - fest der Auffassung, Sie würden die heutige Regierungserklärung dazu nutzen - das hätte ja zur Überschrift gepasst -, das eine oder andere Hilfsprogramm hier konkret zu benennen, das das Land demnächst startet. Sie haben nicht eines genannt. Insofern kann ich Ihre Regierungserklärung nur als enttäuschend bezeichnen.

(Beifall)

Die Lage der Kunst- und Kulturschaffenden ist bundesweit und auch in unserem Land SachsenAnhalt mehr als kritisch. Die Kulturbranche gehört zu den Branchen, die am meisten von der Epidemie und den Maßnahmen betroffen sind. Mit anderen Worten: Die Vielfalt der Kulturlandschaft ist bedroht, und das auch im von uns so oft zitierten Kulturland Sachsen-Anhalt.

Bekanntermaßen kämpfen insbesondere Soloselbstständige um ihre berufliche Existenz und um ihre Zukunft. Um es gleich zu Beginn zu sagen: Nicht die Verordnung und die Einschränkungen tragen die Schuld an der Situation; denn für die Maßnahmen - auch für die Schließung der Einrichtungen - gab es Verständnis in der Kultur

szene. Schuld sind die Bundes- und die Landesregierung, um es klar zu sagen, wegen unterlassener Hilfeleistung.

(Beifall)

Nachdem zu Beginn der Pandemie die dramatische Lage noch verharmlost wurde, entstanden auf der Bundesebene und schließlich in SachsenAnhalt, ich würde sagen, sehr zaghafte Versuche einer finanziellen Unterstützung für die Künstlerinnen und Künstler. Eine finanzielle Soforthilfe, die den Kulturschaffenden laut Minister Robra „unkompliziert und unbürokratisch“ angeboten werden sollte, wurde vom Land in Höhe von 400 € gewährt.

Meine Damen und Herren! Das zählt dann wohl eher zu den Peinlichkeiten, die wir in der letzten Zeit hier erleben durften. Nicht nur, dass 400 € ein Tropfen auf den heißen Stein sind, auch der Umstand, dass sich am Ende herausgestellt hat, dass die Mitgliedschaft in der Künstlersozialkasse eine Voraussetzung für die Beantragung der Mittel ist, zeugte von völliger Unkenntnis des Fachministeriums, wie die Kunst- und Kulturszene in Sachsen-Anhalt aufgebaut ist.

Am Ende wurden gerade einmal 360 000 € ausgegeben - im Vergleich zu Soforthilfeprogrammen anderer Bundesländer für die Kunst- und Kulturschaffenden ein eher kläglicher Hilfesatz. Immer begleitet wurden diese Szenarien mit dem Hinweis des Ministers: Geht doch auf Grundsicherung! Steigt doch mal um! - Eine Frechheit, ein Schlag ins Gesicht ist das.

(Zustimmung)

Deutlicher kann man wohl seine Geringschätzung gegenüber Künstlerinnen und Künstlern nicht zum Ausdruck bringen; denn Kunst- und Kulturschaffende werden damit automatisch zum Sozialfall.

Auch wenn einige diese Möglichkeiten wahrgenommen haben, mussten sie schmerzhaft erfahren, dass die Jobcenter der vom Bund zugesagten vereinfachten Antragstellung in vielen Fällen nicht folgten. Uns sind mehrere Fälle bekannt, wo Soforthilfezahlungen als Einnahmen angerechnet wurden, obwohl die Verfahrensvorschriften dies eigentlich ausgeschlossen haben.

Auch an dieser Stelle hat der Kulturminister nicht gerade Fingerspitzengefühl, geschweige denn ein Herz für die Betroffenen gezeigt. Auch hier entzog sich ihm wohl die reale Problematik, mit der die Künstlerinnen unk Künstler konfrontiert wurden.

Ich zitiere Staatsminister Herrn Robra im MDR vom 12. Oktober dieses Jahres:

„Es ist also wirklich eine völlig unkonditionierte Grundsicherung. Ich hätte mir gewünscht, dass diejenigen, denen das an

geboten wird, mal über diesen Schatten springen und tatsächlich den Anspruch annehmen. Wer es nicht getan hat, da muss man sagen, der muss sich dann ein Stück weit an seine eigene Nase fassen. Wir wissen, dass es einige nicht in Anspruch genommen haben, weil ihre Existenz eben doch nicht so gefährdet ist wegen des berühmten Zweitjobs, den viele sowieso immer haben.“

Mehrfach sprach Minister Robra davon, dass er mit Künstlerinnen gesprochen hätte, die eine dreimonatige Pause mal ganz schön fänden, um in Ruhe zu arbeiten. Ehrlich: Ich finde es interessant, was Sie für Künstlerinnen und Künstler kennen. Wir kennen solche Aussagen nicht.

(Beifall)

Auch in dem kürzlich erschienenen YouTubeVideo erklärte der Minister - ich zitiere -: Die Arbeit geht weiter. - Alles klar, Herr Robra, natürlich geht die Arbeit weiter, für den einen als gut bezahlten Minister, für den anderen künftig als Sozialhilfeempfänger. So ist die Situation. Ihre Aussagen, Herr Minister, sind gewaltige Ohrfeigen für die Kunst- und Kulturszene im Land.

Meine Damen und Herren! Im Juni dieses Jahres war dann doch wohl dem Letzten klar: Es braucht ein eigenes Landesprogramm, um für das Kulturland den allergrößten Schaden abzuwenden. So entstand das Programm mit dem etwas merkwürdigen Namen „Kultur ans Netz“ mit Mitteln in Höhe von etwa 6 Millionen €.

Davon sind allerdings nur 25 % abgeflossen. Der Grund für diese schlechte Inanspruchnahme liegt auf der Hand. Neben den Rahmenbedingungen, die nicht der Arbeitsrealität der Kunst- und Kulturschaffenden entsprachen, gab es eine miserable Kommunikation. Das ganze Programm zielte eben nicht auf die Unterstützung in der gegenwärtigen Situation. So war die Förderung wieder an konkrete Konzepte für Projekte gebunden. Damit hat auch dieses Programm nicht das eigentliche Problem der Kulturschaffenden aufgegriffen und das ist nun einmal die Begleichung ihrer Unterhaltskosten. Das leisten die Programme auf der Bundesebene aber auch nicht.

Dass die Künstlerinnen und Künstler das Programm nicht wahrgenommen haben, zeigt deutlich, dass im Moment, in der Pandemie, keine Stipendienprogramme, sondern vielmehr echte Hilfsprogramme benötigt werden, die die Situation der Kulturschaffenden anerkennen.

Ich will betonen: Die Kunst- und Kulturschaffenden haben die Maßnahmen von Anfang an mitgetragen. Sie haben unter schwierigen Bedingungen und in dem Wissen um die wirtschaftlichen

Risiken, die sie damit eingehen, im Sommer ihre Einrichtungen wieder geöffnet. Trotzdem wurden ihnen mangelhafte Kooperation und fehlende Eigeninitiative vorgeworfen.

Ich zitiere Staatsminister Herrn Robra vom 12. Oktober 2020 ebenfalls bei „MDR Sachsen-Anhalt“ wie folgt:

„Am Anfang hatte ich den Eindruck, dass zum Beispiel [der] Dehoga wesentlich mehr eigene Initiativen entfaltet hat als zum Beispiel die Kunst- und Kulturlandschaft in Deutschland. Da war oft viel Gejammer und vergleichsweise wenig eigene Initiative, mal eine Konzeption zu entwickeln. Corona trifft uns alle gleichermaßen.“

Herr Minister, nachdem ich von Herr Tillschneider eben das gleiche Vokabular gehört habe, sage ich: Schämen Sie sich, Herr Minister!

(Beifall)

Diese Äußerungen sind nicht nur bedauerlich, sondern sie sind vor allen Dingen respektlos und schlicht falsch; denn in den Sommermonaten wurden Hygienekonzepte entwickelt, und zwar unter wirtschaftlich desaströsen Bedingungen.

(Unruhe)

Es wurden Kulturveranstaltungen durchgeführt, um eben einen kulturellen Beitrag zu leisten, und das in dem Wissen darum, dass man damit nicht groß etwas verdienen kann und im Endeffekt der Kühlschrank wieder leer bleibt. Das ist die Realität.

Die Landesregierung verwies in den letzten Tagen darauf, dass zunächst die Ausgestaltung der Bundeshilfen abgewartet werden müsse, um dann eigene Programme neu zu stricken. Schaut man sich den aktuellen Stand der Bundesprogramme an, dann kann man wohl sagen: Es kommt etwas. Was genau, für wen genau, wie viel genau, wann genau - das sind Fragen, die uns auch niemand aus der Landesregierung beantworten kann. Man fragt sich in dem Moment, wie es den Betroffenen geht.

Wenn mit dem Hilfsprogramm „Neustart“ des Bundes, insbesondere für Soloselbstständige, die keine Fixkosten geltend machen können, Hilfeleistungen angedacht sind, wäre das ein vernünftiger und richtiger Schritt; denn diese Selbstständigen in der Kultur- und Veranstaltungsbranche, die ganz besonders hart von den Beschränkungen betroffen sind, waren bisher von den Hilfen weitestgehend ausgeschlossen.

Es ist aber auch ein Programm, also das Programm „Neustart“, dessen Laufzeit von Dezember 2020 bis Juni 2021 gehen soll und das ab dem 1. Januar 2021 gelten soll und bei dem

die Anträge aufgrund der nötigen Programmierung und Abstimmung mit den Ländern und der EU-Kommission einige Wochen nach Programmstart im neuen Jahr gestellt werden können.

Ein Programm, das einmalig einen Betriebskostenzuschuss gewährt, der aber als Lebenshaltungskosten geltend gemacht werden kann, und ein Programm, dessen Höchstsatz bei 5 000 € liegt, aber nur dann, wenn man einen durchschnittlichen Monatsumsatz in Höhe von 2 850 € im Jahr 2019 nachweisen konnte.

Real haben soloselbstständige Künstlerinnen und Künstler im Land Sachsen-Anhalt einen Jahresumsatz von ca. 12 000 €; das ist die offizielle Angabe der Künstlersozialkasse. Damit erhalten die Künstlerinnen über die Neustarthilfe des Bundes einen einmaligen Zuschuss in Höhe von 1 458 € von Dezember bis Juni. Das ergibt eine monatliche Fördersumme in Höhe von 208 €. - Meine Damen und Herren! Das ist doch bürokratischer Irrsinn.

(Hendrik Lange, DIE LINKE: Ja! - Eva von Angern, DIE LINKE: Ja!)