Protokoll der Sitzung vom 15.12.2020

(Zurufe)

Herr Farle, jetzt ist gut! - Ich sehe keine Wortmeldungen. Damit ist Ihr Redebeitrag beendet. Wir kommen zum nächsten Debattenbeitrag.

(Robert Farle, AfD: Das ist die Demokra- tie?)

- Herr Farle, ich kann niemanden dazu zwingen, Ihnen eine Frage zu stellen. Das ist nun einmal so.

(Heiterkeit - Zustimmung)

Die nächste Debattenrednerin wird für die SPDFraktion die Abg. Frau Dr. Pähle sein. - Herr Farle, bevor ich das Wort Frau Dr. Pähle gebe, vielleicht eine Anmerkung. Sie haben gesagt, manche glaubten an den Kindergarten. Ich persönlich glaube an den Kindergarten; denn der Kindergarten ist für die Familie eine wirklich notwendige Einrichtung. Weil ich aus diesem Bereich komme, glaube ich an den Kindergarten und daran, dass er eine gute Einrichtung ist. Sie haben das Beispiel vorhin genannt.

(Zustimmung)

Jetzt hat aber Frau Dr. Pähle das Wort. Bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst begrüße ich, dass die Landesregierung mit dieser Regierungserklärung ernst damit macht, den Landtag frühzeitig in Entscheidungen zur Bekämpfung der Covid-19Pandemie einzubinden.

(Zuruf: Ha!)

Schließlich geht es in diesen Tagen auch nicht um irgendeine Veränderung der Eindämmungsverordnung, sondern um eine schwerwiegende Richtungsentscheidung, die den Bürgerinnen und Bürgern viel abverlangt. Ich bin froh, dass die Beteiligten den Mut hatten, diese Entscheidung zu treffen.

Ein Shutdown zu diesem Zeitpunkt greift massiv in das Leben der Menschen ein. Das dürfen wir nicht kleinreden. Das betrifft die Vorbereitungen auf das Weihnachtsfest, das betrifft die Rahmenbedingungen für Feiern mit der Familie, das betrifft die Möglichkeiten für Gottesdienste und andere Begegnungen. Das betrifft und trifft den Einzelhandel, der mitten in der umsatzkräftigsten Zeit des Jahres schließen muss, und seine Beschäftigten. Das betrifft viele andere Unternehmen und Einrichtungen, die ihre Arbeit ebenfalls einstellen müssen. Das betrifft Eltern, die erneut vor dem Problem stehen, Beruf und Kinderbetreuung zu vereinbaren, wenn sie keinen Anspruch auf Notbetreuung haben. Die Aufzählung ließe sich fortsetzen.

Wie gesagt: Diese Schwierigkeiten wollen und dürfen wir nicht geringschätzen. Gerade angesichts der Belastungen, die dieser Shutdown bedeutet, ist es mir wichtig, heute eindeutig zu bekunden: Die jetzt getroffenen Entscheidungen sind richtig und notwendig. Wir unterstützen sie nachdrücklich.

(Zustimmung)

Wir können nicht mit ansehen, dass sich immer mehr Menschen infizieren und die Pandemie außer Kontrolle gerät. Zu Herrn Farle sage ich später noch etwas.

(Zuruf: Oh nein!)

Wir können nicht mit ansehen, dass das Gesundheitssystem an seine Grenzen stößt und auf Krankenhausfluren improvisierte Intensivbetten eingerichtet werden müssen. Wir können vor allen Dingen nicht mit ansehen, dass die Todesrate steigt und immer mehr Menschen aus unserer Mitte gerissen werden - und das keineswegs nur aus den immer genannten Risikogruppen. Ich sage persönlich ganz deutlich: Ich halte die Zuordnung von Menschen zu Risikogruppen ohnehin für sehr gefährlich; denn sie suggeriert, dass der Tod dieser Menschen quasi unvermeidbar wäre, und den anderen gaukelt sie falsche Sicherheit vor.

Meine Damen und Herren! Angesichts der aktuellen Entwicklungen ist die Beurteilung der Lage eindeutig. Die Wirkung der bisherigen Maßnahmen hat nicht ausgereicht. Wir können also nicht weitermachen wie bisher. Die harten Einschnitte sind jetzt notwendig. Jetzt haben wir alle gemeinsam die Chance, für dreieinhalb Wochen auf eine konsequente Vermeidung von Kontakten zu set

zen. Manches davon ist über die Feiertage und den Jahreswechsel sogar einfacher zu realisieren als zu anderen Zeiten des Jahres.

Meine Damen und Herren! Es war ein wichtiges Signal. Am Sonntag ging die Vorstellung der Maßnahmen gegen die Pandemie einher mit der Ankündigung einer verbesserten Überbrückungshilfe durch Bundesfinanzminister Olaf Scholz. Die Bundesregierung setzt keinen neuen Shutdown an, ohne zugleich Maßnahmen gegen die wirtschaftlichen Folgen anzupacken. Hieran zeigt sich, warum Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten immer die Notwendigkeit eines starken und aktiven Staates betonen. Es sind keine Kleckerbeträge, über die wir sprechen. Auf 11,2 Milliarden € beziffert die Bundesregierung die Kosten für jeden Monat, für den Unternehmensschließungen angeordnet werden.

Und dennoch: Wir müssen uns darauf einstellen, dass das nicht reicht. Denn an vielen Stellen werden Unternehmen jetzt in ihrer Existenz bedroht und Arbeitsplätze gefährdet. Das gehört zur Wahrheit dazu. Deshalb kommt es jetzt auf jeden an, auch auf das Engagement der Länder.

Wir haben uns zuletzt im Zusammenhang mit dem November-Shutdown über eine zusätzliche Unterstützung für unsere heimischen Betriebe durch das Land Sachsen-Anhalt unterhalten, wie sie Armin Willingmann vorgeschlagen hatte. Wir müssen das jetzt erneut tun. Denn die Sicherung von Arbeitsplätzen ist ebenso wichtig wie der Erhalt unternehmerischer Strukturen, die wir nach der Krise für den Wiederaufschwung brauchen.

Deshalb plädieren wir für eine kritische Bestandsaufnahme, wo das Land genau helfen sollte, wo es Lücken in der Bundeshilfe gibt - wie es zum Beispiel bei der Überbrückungshilfe I gewesen ist - oder wo bestimmte Härten zusätzlich ausgeglichen werden müssen. Ich erwähne hierbei nur die Situation der Soloselbstständigen, wie zum Beispiel der Kunst- und Kulturschaffenden. Wir als Landtag haben dann die Verantwortung, im Zweifelsfall zusätzliche Mittel bereitzustellen - zusätzlich zu der notwendigen Verstärkung der Bundeshilfen, die wir mit unserem Alternativantrag zur Unterstützung des Einzelhandels fordern. Aber dazu später mehr.

Meine Damen und Herren! Zu den schwierigsten Aufgaben, die in der Pandemie zu bewältigen sind, gehört zweifellos die Aufrechterhaltung des Schulunterrichts. Nicht nur die Lehrkräfte an unseren Schulen erbringen dabei eine wichtige Leistung, auch die Schülerinnen und Schüler müssen unter oft schwierigen Umständen lernen und sich immer neu auf die sich verändernden Bedingungen einstellen. Hut ab vor diesen Leistungen.

Die vor uns liegenden drei Tage bis zu den Ferien sind ein interessanter Praxistest dafür, ob unsere Schulen jetzt besser auf den digitalen Distanzunterricht vorbereitet sind als bei der Schulschließung im Frühjahr. Ich bin darauf sehr gespannt. Denn es ist nicht ausgemacht, dass dies das letzte Mal ist, dass Schülerinnen und Schüler im Zuge der Bekämpfung der Pandemie von zu Hause aus lernen müssen. Deshalb kann die Fähigkeit zum Hybridunterricht entscheidend dafür werden, ob dieses Schuljahr in Sachsen-Anhalt erfolgreich abgeschlossen wird.

(Zustimmung)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte gern auf die Anträge eingehen, die Ihnen zu diesem Tagesordnungspunkt vorliegen. Zum Thema Einzelhandel haben Ihnen die Koalitionsfraktionen einen Alternativantrag vorgelegt, mit dem sie sich dafür stark machen, dass der Bund im Rahmen der bestehenden Instrumente auch für die Unternehmen und Geschäfte, die aufgrund der neuen Maßnahmen schließen müssen, Umsatzausfälle erstattet, analog zu der Novemberhilfe. Dazu bitte ich um Ihre Zustimmung.

(Zustimmung)

Den Antrag der Fraktion DIE LINKE zum Thema „(Kinder-)Armut in der Coronakrise“ schlagen wir für eine Überweisung in den Sozialausschuss vor. Jedenfalls für meine Partei kann ich sagen: Auch wir beobachten eine Verschärfung der sozialen Gegensätze unter den Bedingungen der Krise.

(Zuruf: Oh!)

Während manche ihren Reichtum in der Pandemie noch vergrößern können, haben viele Menschen am anderen Ende der Einkommensskala kaum Möglichkeiten, die Folgen der Krise abzufangen.

(Zustimmung)

Es ist bitter, wenn Kinder das besonders hart trifft. Wir sollten deshalb im Ausschuss weiter über den Antrag beraten.

Für eine Überweisung plädieren wir auch bei dem Antrag der Fraktion DIE LINKE „Abschiebungen vor dem Hintergrund der Covid-19-Pandemie aussetzen“.

Meine Damen und Herren! Auf einen Antrag möchte ich gern etwas ausführlicher eingehen. Es ist der Antrag der AfD-Fraktion zum Thema Impfstrategie. Denn die Chance auf den baldigen Beginn der Impfkampagne, die auch bei uns in Sachsen-Anhalt zum Jahreswechsel starten wird, ist die positive Nachricht des Tages. Es ist die Perspektive auf wirksame Impfungen und damit auf eine Immunisierung unserer Gesellschaft und

aller Gesellschaften weltweit - eine Immunisierung gegen das Coronavirus, die es uns allen leichter macht, Einschränkungen von ungewisser Dauer auf uns zu nehmen.

Es ist richtig und notwendig, dass es jetzt eine gesellschaftliche Debatte über die Impfstrategie und die Reihenfolge der zu Impfenden gibt. Die Vorbereitung auf die größte Impfkampagne der Geschichte gehört zu den wichtigsten staatlichen Aufgaben derzeit. In Sachsen-Anhalt stärken wir für diese Aufgabe Petra Grimm-Benne, allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gesundheitsbehörden sowie allen, die an der praktischen Umsetzung beteiligt sind, den Rücken und danken ihnen schon im Voraus.

(Zustimmung)

Die AfD-Fraktion tut genau das Gegenteil. Das hat die Rede von Herrn Farle wirklich wieder ausdrücklich dokumentiert.

(Zuruf: Oh!)

Schon Ihr Antrag hat eine fatale Tendenz, weil er den Eindruck erweckt, es gebe geheime Pläne für eine Impfpflicht. Jetzt einmal abgesehen von Ihren Fake News, die Sie hier vorn verbreitet haben:

(Zuruf: Wenn es mal nur Fake News wä- ren!)

Ihr Eindruck, es gebe einen großen Plan zur Impfpflicht, begründen Sie mit der Buchungspraxis einer australischen Fluglinie und mit Andeutungen. Nichts davon ist tatsächlich belegbar. Aber es ist nicht nur dieser Antrag. Es ist auch das, was Sie gestern Abend auf dem Domplatz über die Umprogrammierung verbreitet haben. - Übrigens habe ich eines vermisst, Herr Farle: Bei den Äußerungen über den Eingriff in die DNA fehlte mir der Hinweis, dass Bill Gates dahintersteckt und wir alle irgendwie umprogrammiert werden sollen.

(André Poggenburg, fraktionslos: Das ist bei Ihnen doch schon passiert! - Zuruf: Ge- nau! - Heiterkeit - Weitere Zurufe)

Wahrscheinlich reichte dafür die Zeit nicht. - All das führt tief, tief in den Sumpf der Verschwörungstheorien. Das ist der verantwortungslose Umgang der AfD mit der Pandemie. Sie feiern eine Coronaparty nach der anderen - ob in Berlin oder bei Ihrem geplanten Parteitag hier in Magdeburg.

(Zurufe: Was ist denn mit der LINKEN und der CDU? - Weitere Zurufe)

Wir werden ja sehen, was dabei passiert. Sie paktieren mit Verschwörungsideologien aller Art.

(Zuruf: Ja, ja!)

Sie verteufeln die Lösung. Jetzt komme ich zu dem Punkt, den Herr Farle gerade ausführlich dargestellt hat. Sie verharmlosen wiederholt die Gefahr. - Herr Farle, beim Lagebericht - ich entschuldige mich schon vorher - sollten Sie nicht nur auf die Bildchen schauen, sondern vielleicht auch mal auf die Zahlen.

(Zuruf)