Protokoll der Sitzung vom 15.12.2020

Ziel unserer weitreichenden Maßnahmen ist es aber, die Zahl der Infektionen auf die wieder nachverfolgbare Größenordnung von unter 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in einer Woche zu senken. Eine fortdauernde Dynamik der aktuellen Situation würde die Intensivmedizin in wenigen Wochen überfordern. Meine Tochter hat das Vergnügen, in Thüringen als Ärztin zu arbeiten; sie bestätigt mir das ausdrücklich.

Meine Damen und Herren! Diese Situation betrifft uns alle. Die CDU-Fraktion ist unserem Ministerpräsidenten Dr. Haseloff ausdrücklich dafür dankbar, dass er kurzfristig unserer und der Bitte der Koalition heute nachgekommen ist, den Stand der Coronapandemie und die entsprechenden Maßnahmen in einer Regierungserklärung zu thematisieren.

Nur eine öffentliche Debatte über die gravierenden Einschränkungen kann Akzeptanz schaffen und stärkt die parlamentarische Demokratie. Zudem gibt sie allen die Möglichkeit - das haben wir heute ausdrücklich gesehen -, sich noch vor dem Inkrafttreten der Maßnahmen zu äußern.

Die CDU-Fraktion trägt den Beschluss der Bundeskanzlerin sowie der Regierungschefinnen und der Regierungschefs der Länder ausdrücklich

mit. Der vom Ministerpräsidenten und auch von meiner Fraktion befürwortete Sachsen-AnhaltPlan oder -Weg ist leider in große Ferne gerückt. Vor dem Hintergrund des derzeitigen Infektionsrisikos bringt ein länderübergreifendes abgestimmtes Maßnahmenpaket den größten Nutzen.

Wir verstehen den Frust und die Verzweiflung aller Betroffenen. Die Gastronomiebetreiber haben auf der Basis von Hygienekonzepten durch massive Investitionen in Sicherheitstechnik, Plexiglasscheiben - Sie kennen das alles - sehr viel Geld aufgewendet.

Die Maßnahmen ab dem morgigen Tag führen dazu, dass einige Wirtschaftsbereiche auch im kommenden Jahr weiterhin erhebliche Einschränkungen ihres Geschäftsbetriebes hinnehmen müssen. Daher ist es unbedingt notwendig, dass der Bund die betroffenen Unternehmen, Soloselbstständigen und selbstständigen Angehörigen der freien Berufe auch weiterhin finanziell unterstützt. Dafür steht die verbesserte Überbrückungshilfe III bereit, die Zuschüsse zu den Fixkosten vorsieht.

Mit verbesserten Konditionen, insbesondere einem höheren monatlichen Zuschuss von 200 000 €, in Ausnahmefällen von 500 000 € für die indirekt und direkt von den Schließungen betroffenen Unternehmen werden Unternehmen und Beschäftigung gesichert. Antragsberechtigt sind Unternehmen mit einem jährlichen Umsatz von bis zu 500 Millionen €. - Ich streiche jetzt die weiteren Ausführungen auch an dieser Stelle.

Das Programm ergänzt die November- und die Dezemberhilfen des Bundes. Mit diesen Hilfen konnte bereits der Umsatzausfall in Höhe von 75 % des entsprechenden Umsatzes des jeweiligen Monats im Jahr 2019 erstattet werden.

Parallel zur Novemberhilfe hat die Bundesregierung ein umfangreiches Rettungs- und Zukunftsprogramm für das kulturelle Leben in Deutschland ins Leben gerufen. Für das Programm „Neustart Kultur“ ist rund 1 Milliarde € eingeplant. Im Fokus stehen dabei vor allem Kultureinrichtungen, die überwiegend privat finanziert werden.

Das ist ein weiterer wichtiger Schritt, um die Auswirkungen dieser Pandemie zumindest ein wenig einzudämmen. Nur so kann es uns letztlich gelingen, Arbeitsplätze und Existenzen zu retten, meine Damen und Herren.

Glauben sie mir, wenn es mildere Mittel gäbe, um die Infektionszahlen zu reduzieren - in dieser Frage bin ich mit Frau Lüddemann ausdrücklich einig -, würden ich und meine Fraktion diese ausdrücklich befürworten. Aber derzeit gibt es sie einfach nicht.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Ende Oktober die damaligen Maßnahmen als geeignet, notwen

dig und verhältnismäßig bezeichnet. Das war schon im Hinblick auf die zu erwartende Klage logischerweise so formuliert.

Das sind sie auch jetzt wieder; das ist unsere Auffassung. Wir befinden uns in einer außerordentlichen Lage, einer Lage, die niemand kennt und die niemand vorher in dieser Weise bewältigen musste. Mit jeder neuen Verordnung musste jeder Einzelne sein privates und berufliches Leben an die neuen Bedingungen anpassen. Das wird auch mit der neuen Verordnung der Fall sein. Dass das nicht leichtfällt, können wir völlig nachvollziehen.

Bisher können wir stolz auf die Menschen in unserem Land sein. Wirtschaft und Gesellschaft haben im Frühjahr bewiesen, dass sie die Vorgaben der Bundes- und der Landesregierung einhalten. Nunmehr nehmen die Zahlen wieder zu, auch in unserem Bundesland rapide. Daher ist es ein bemerkenswerter und zu lobender Schritt, dass alle Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder diese Verordnung mittragen. Nur gemeinsam können wir diese Pandemie besiegen.

In den kommenden Wochen und Monaten müssen wir wieder um das Verständnis unserer Bürgerinnen und Bürger werben. Jeder Mensch ist jetzt dazu aufgerufen, aktiv daran mitzuwirken, das Virus in den Griff zu bekommen. Nur dann kann es möglich sein, dass sich die Bundeskanzlerin und die Regierungschefs der Länder am 5. Januar 2021 über eventuelle Lockerungen ab dem 11. Januar 2021 unterhalten.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich kurz einige Bemerkungen zu den mit dieser Regierungserklärung verbundenen Anträgen sagen. Zu TOP 1 b - Coronaschutzimpfung muss freiwillig bleiben -: Die Landesregierung, meine Damen und Herren, hat in Zusammenarbeit mit der Kassenärztlichen Vereinigung eine Impfstrategie entwickelt, verabschiedet und veröffentlicht. Diese stellt eine ausgezeichnete Grundlage für die anstehenden Schutzimpfungen der Bevölkerung dar. Vor dem Hintergrund des knappen Impfstoffes muss eine Priorisierung der Anspruchsberechtigten erfolgen. Aus der Sicht der CDU-Fraktion muss eine Impfung ausdrücklich freiwillig sein; so haben wir es auch in unserem Alternativantrag festgeschrieben.

Zu TOP 1 c - Verschärfung der Kinderarmut in der Krise verhindern -, ein Antrag der Fraktion DIE LINKE. Zwangsläufig hat sich die Lebenssituation aller Menschen in Sachsen-Anhalt, in Deutschland und auf der Welt mit Corona deutlich verändert. Viele Menschen befinden sich in Kurzarbeit oder haben sogar ihren Job verloren. DIE LINKE hat in ihrem Antrag einen Forderungskatalog diesbezüglich aufgestellt. Diesen werden wir, weil wir einige Dinge davon durchaus teilen,

in den zuständigen Sozialausschuss überweisen, damit wir dort weiterreden können. Denn die Krise wird nicht so schnell vorbei sein; davon bin ich felsenfest überzeugt.

Zu TOP 1 d - Innenstadtleben retten. In unserem Alternativantrag bitten wir die Landesregierung, sich für eine zügige Auszahlung der Mittel an die Betroffenen einzusetzen. Das wichtige, weil umsatzstarke Weihnachtsgeschäft fällt für den Einzelhandel zu einem nicht unwesentlichen Teil weg. Darum müssen wir helfen. Daher werbe ich für den Alternativantrag der Koalitionsfraktionen.

Zu TOP 1 e - Abschiebungen vor dem Hintergrund von Covid-19 aussetzen. Die grundsätzliche Position meiner Fraktion in der Asyl- und Flüchtlingspolitik ist, dass diejenigen zurückzuführen sind, die kein Bleiberecht in Deutschland haben. Daran hat sich generell nichts geändert.

(Zuruf: Na, macht es doch!)

Das unterscheidet uns diametral. Dazu haben wir schon eine lange und breite Diskussion geführt; damit brauchen wir heute nicht noch einmal anzufangen. Das unterscheidet uns diametral von Ihnen, liebe Kollegen von der LINKEN, da Sie bekanntlich ein Bleiberecht für alle fordern, was durch den uns vorliegenden Antrag deutlich wird.

(Zuruf)

Keine Frage, die aktuelle - das ist das Besondere -, die bestehende Coronapandemie hat in den letzten Monaten dazu geführt, dass Rückführungen aus Sachsen-Anhalt nur beschränkt oder gar nicht mehr durchgeführt wurden. Die Verhängung eines generellen Abschiebestopps aufgrund der aktuellen Pandemie lehnen wir jedoch ab. Wir halten uns an Recht und Gesetz und überweisen den Antrag in den zuständigen Innenausschuss.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um auf zwei Dinge einzugehen. Die sehr geehrte Frau von Angern - sie ist nicht anwesend - hat gesagt: Pandemierat und keine Abnickrunden. Ich kann Ihnen sagen: Die Kabinettsrunden dauern nicht deshalb länger, weil uns der kalte Raum freut oder die paar Früchte, die es dort gibt, sondern weil wir es eben nicht abnicken, sondern sehr lange darüber diskutieren, meine Damen und Herren. Auch über die Auslegung des Berliner Modells - ich rede jetzt von dem Modell mit fünf Personen - oder Ähnliches gibt es unter uns durchaus auch - ich sage es einmal so - befruchtende Kontroversen. Nicht alles, wo unterschiedliche Meinungen bestehen, ist immer nur Streit, obwohl das manche Medien gern so hochstilisieren.

Es ist wichtig, dass man sich darüber austauscht und auch eine unterschiedliche Sicht darauf hat. Im Endeffekt kann ich mich an keine Runde erinnern, wo wir nicht geeint, sondern im Dissens

auseinandergegangen sind - das muss ich deutlich sagen -, zumindest was die Pandemieproblematik betrifft.

Dann noch ein Wort zu Herrn Poggenburg. Ich weiß nicht, woher Sie nehmen, dass die DDRBevölkerung ein überwiegendes Vertrauen in ihre Regierung hatte.

(Heiterkeit - André Poggenburg, fraktions- los: Beim Thema Impfen! - Weitere Zurufe)

Das sehen wahrscheinlich nur Sie so. Ich kenne es genau andersherum. Der Unterschied war lediglich: Man hat Impfstrategien gar nicht hinterfragt, weil es keine Demokratie war. Im Kindergarten wurden alle geimpft und es wurden auch alle auf den Topf gesetzt. Meine Frau sagt, das war vielleicht sogar besser; denn weil sie alle draufgesetzt worden sind, waren sie eher aus den Windeln heraus. Heute macht man das nicht mehr so. Aber ich habe heute zum Glück keine kleinen Kinder mehr. Ich habe meine Lebensplanung abgeschlossen, vermute ich zumindest.

(Heiterkeit - Zurufe)

- Was den Nachwuchs betrifft, liebe Kollegen.

(Heiterkeit und Zustimmung)

Aber es ist ein absoluter Irrglaube - - Auch der Sachsen-Anhalt-Monitor macht sehr deutlich, wo mehr Vertrauen besteht. In Diktaturen oder in Demokratien?

(Zuruf von André Poggenburg, fraktionslos)

Meine Damen und Herren! Ich will auch die Gelegenheit nehmen - da dies die letzte Sitzung vor dem Fest ist, das ist in diesem Jahr etwas anders -, mich trotz der mitunter schwer zu ertragenden demokratischen Spielchen bei allen zu bedanken. Ich möchte Ihnen Gesundheit wünschen, auf dass Sie auch im kommenden Jahr diesen Prozess weiter demokratisch befruchten, meine Damen und Herren. - Herzlichen Dank.

(Beifall)

Vielen Dank, Herr Abg. Borgwardt. Es gibt eine Kurzintervention von dem Abg. Herrn Farle und eine Wortmeldung von Frau Quade. - Herr Farle, Sie haben jetzt das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Borchert.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Borgwardt! So viel Zeit muss sein! - Heiterkeit)

- Gut. Ganz in Ihrem Sinne. - Wann ist ein Impfstoff sicher? - Antwort: Wenn Langzeitstudien im

wissenschaftlichen Bereich das bestätigt haben. Eine Langzeitstudie dauert Jahre; das wissen alle, die sich damit beschäftigen. Und eine solche gibt es nicht. Das heißt, der Impfstoff, der jetzt als Notfallzulassung kommen soll, ist mit Sicherheit eines nicht, nämlich sicher.

Warum werden die Verträge über die Impfdosen im Geheimen geschlossen? 100 Millionen sind bestellt. Darin ist die Haftungsfreistellung für die Hersteller enthalten, die kein Mensch kennt. Dann bleibt für Schadenersatzklagen am Ende nur die Regierung übrig. Das heißt, Verluste und Schäden werden der Gemeinschaft oktroyiert, aber die Gewinne soll die Pharmaindustrie kassieren.

Die AfD fordert eine umfassende Aufklärung in öffentlichen Diskussionen, damit die Menschen sich selbst frei entscheiden können. Eine freie Entscheidung kann es aber nur geben, wenn ich alle Meinungen kennengelernt habe. Dazu gehört auch die Meinung der Impfkritiker wie Dr. Wodarg, Prof. Sucharit Bhakdi, Prof. John Ioannidis,

(Zuruf)

Michael Yeadon, der bei Pfizer früher in der Vorstandsetage war, und „Ärzte für Aufklärung“. Meine Bitte an die CDU ist: Kümmern Sie sich darum, dass eine solche öffentliche freie und anständige Debatte geführt wird, bevor mit dem Impfen begonnen wird. - Vielen Dank.

Das war dieses Mal eine Punktlandung, Herr Farle. - Herr Borgwardt, Sie können jetzt erwidern.

Ich will nur so viel dazu sagen: Ich kenne kein Land der Erde, in dem die Pharmaindustrie nicht Impfstoffe herstellt. Das ist auch in Deutschland so. Das ist nichts Neues. Und dass sie daran verdienen, ist auch klar. Ich glaube, das bestreitet hier auch niemand; das hat auch niemand gesagt.

Die Frage ist - darin bin ich mir ziemlich sicher -, dass es immer - und ganz besonders auch in der Bundesrepublik Deutschland - Impfkampagnen und Aufklärung gab. Die gab es immer. Die gab es bei Kinderlähmung, die gab es bei jedem Fall. Man ist gut beraten, wenn man dies auch jetzt tut, um eben nicht irgendwelchen Scharlatanen aufzusitzen.