Protokoll der Sitzung vom 14.12.2016

Es wurde auch ignoriert, dass die Anzahl der Sprachförderlehrkräfte in den zurückliegenden Monaten trotz aller Bemühungen der Schulbehörden nie ausreichend gewesen ist. Erst seit dem letzten Jahr werden überhaupt Sprachlehrkräfte eingesetzt, aber auch diese konnten nicht einmal die Hälfte des Bedarfs abdecken; den Rest haben die Regelschullehrkräfte übernommen.

Schließlich wurde verdrängt, dass das Arbeitsvolumen der Sprachlehrkräfte vollständig auf die normale Unterrichtsversorgung der Schulen angerechnet wird, und zwar völlig unabhängig davon, in welchem Umfang sie tatsächlich Sprachförderunterricht oder Regelunterricht erteilen.

Ausnahmslos alle Reaktionen von außen auf unsere Beratungen, ob nun von Schulleitungen, Schulkollegien, Eltern, Vormündern oder Kommunalpolitikern, weisen darauf hin, dass derzeit an keiner einzigen Stelle auf die Arbeit der Sprachlehrkräfte verzichtet werden kann, ohne den Bildungserfolg nachhaltig zu beeinträchtigen.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist eine eklatante Missachtung des besonderen Engagements der Akteure vor Ort und der von ihnen mit viel Mühe aufgebauten Strukturen, wenn diese Lehrkräfte jetzt einfach abgezogen werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Besonders kritisch zu sehen ist in diesem Zusammenhang auch die verfügte Entlassung von Schulamtsdirektor Klieme,

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von Holger Hövelmann, SPD)

der ganz persönlich und zusammen mit den Mitarbeitern im Landesschulamt einen großen Anteil an diesem Stück erfolgreicher Bildungsgesichte in Sachsen-Anhalt hat. Ich möchte ihm dafür von hier aus ausdrücklich danken.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Weigerung von Minister Tullner, die Sprachlehrkräfte mindestens bis zum Ende des Schul

jahres weiterzubeschäftigen, ist und bleibt eine klare Fehlentscheidung.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Folgen für die Schulen und alle Betroffenen werden nach dem Jahreswechsel ganz unmittelbar zu spüren sein. Das Vertrauen in die Kompetenz und die Handlungsfähigkeit der Koalition und des Ministers wird bei allen Betroffenen nachhaltig erschüttert werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es wird auch keine neun Monate dauern, bis der Minister und die Koalition diese Entscheidung bereuen werden. Denn spätestens in der ersten Sitzung des Landtags nach der Sommerpause, wenn wir die Personalausstattung und die Unterrichtsversorgung im nächsten Schuljahr zur Kenntnis nehmen müssen, werden sich alle wünschen, wir hätten diese Kolleginnen und Kollegen noch.

Es besteht jetzt die letzte Möglichkeit, den Rausschmiss dieser Lehrkräfte noch abzuwenden und der Vernunft eine Chance zu geben.

(Beifall bei der LINKEN)

Dazu haben wir einen Änderungsantrag vorgelegt, der die unzureichende Beschlussempfehlung aus dem Ausschuss für Bildung und Kultur korrigieren soll.

Ich wünschte mir hierzu Redebeiträge der Koalition, wie wir sie vorhin etwa zum Wachpolizeidienstgesetz gehört haben; hierzu gibt es nämlich gewisse Parallelen.

Der weitaus größte Teil dieser Lehrkräfte hat sich bereits in unseren Schulen bewährt und hat dabei eine hohe Motivation, großes Engagement und auch Flexibilität unter Beweis gestellt. Auf solche Kolleginnen und Kollegen jetzt einfach zu verzichten, lässt erhebliche Zweifel aufkommen, ob im Bildungsministerium tatsächlich planvoll an der mittel- und langfristigen Entwicklung des Personals gearbeitet wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich fordere deshalb die Koalitionsfraktionen auf, unserem Änderungsantrag zuzustimmen und den drohenden Schaden von den Schulen doch noch abzuwenden. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Lippmann. - Als nächstem Debattenredner erteile ich Herrn Aldag von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. Sie haben das Wort, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Seit September dieses Jahres reden wir über die Sprachlehrkräfte

und ich bin sicher, dass wir auch 2017 nach wie vor darüber diskutieren werden, ja darüber diskutieren müssen, um Lösungswege zu finden, wie wir den Sprachunterricht an Schulen optimal organisieren und personell ausstatten wollen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hätte mir gewünscht, wir wären bereits früher an dem Punkt angelangt, an dem wir heute sind, wir hätten früher Klarheit für die Schulen, für die Sprachlehrkräfte und für die Kinder schaffen können.

Mit der vorliegenden Beschlussempfehlung haben wir nun die Landesregierung gebeten, auf der Grundlage des ermittelten Bedarfes an Sprachunterricht diesen bis zum Schuljahrjahresende 2016/2017 sicherzustellen. Das ist gut, aber vielleicht nicht gut genug; denn auch wir befürchten, dass es im Januar an vielen Schulen zu Engpässen kommen wird, zu Engpässen, die vermutlich nicht nur im Bereich des Sprachunterrichts entstehen werden, sondern auch beim Regelunterricht. Aufgrund der dort fehlenden Lehrkräfte haben viele Sprachlehrkräfte den Regelunterricht mit abgedeckt und Aufgaben wahrgenommen, die eigentlich gar nicht in ihren Aufgabenbereich gehören sollen.

Aus meiner Sicht müssen wir klar trennen, wer für welche Aufgaben zuständig ist. Hierfür müssen wir das System auch einmal wieder ordnen, auch wenn mir bewusst ist, dass in der Praxis unterschiedliche Lehrkräfte im Unterricht unterschiedlich eingesetzt werden bzw. diese in unterschiedlichen Fällen für ihre Kolleginnen und Kollegen einspringen, ja einspringen müssen.

Um Ordnung in das System zu bringen, war es richtig, 50 Sprachlehrkräfte, die auch für den Regelunterricht entsprechend qualifiziert sind, unbefristet einzustellen und nun dauerhaft im System zu halten.

(Zustimmung von Angela Gorr, CDU)

Ebenso ist es richtig, dass es uns, wenn auch nach langer und mühsamer Diskussion, gelungen ist, 75 Vollzeitzeitäquivalente festzuschreiben. Damit kann 88 Personen eine Weiterbeschäftigung als Sprachlehrkräfte bis zum Schuljahresende angeboten werden.

(Zustimmung von Angela Gorr, CDU)

Trotz aller teils berechtigten Kritik: Das Positive an der ganzen Sache ist doch, dass durch diese 75 Vollzeitzeitäquivalente aus dem Pool der vorhandenen Sprachlehrkräfte eine gewisse Sicherheit im Sprachunterricht bis zum Schuljahresende gegeben sein wird.

Zusätzlich erhalten wir mit der Beschlussempfehlung die Perspektive für Sprachlehrkräfte mit Zusatzqualifikation und Unterrichtserlaubnis als Sei

ten- und Quereinsteiger und -einsteigerinnen. Die Öffnung der Stellen für Seiten- und Quereinsteigerinnen und -einsteiger ist ein Vorhaben der Koalition. Meine Damen und Herren! Dieses Vorhaben setzen wir gerade um und werden es auch in Zukunft umsetzen.

(Zustimmung von Angela Gorr, CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktion DIE LINKE, in der Begründung Ihres Änderungsantrages wollen Sie die Sprachlehrkräfte zu einem späteren Zeitpunkt auch im Regelunterricht einsetzen; so habe ich das zumindest gelesen. Das ist eine charmante Vorstellung, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen vorausgesetzt. Lassen Sie uns aber derzeit das eigentliche Ziel nicht aus den Augen verlieren, nämlich die Sicherung der Sprachförderung. Wenn wir jetzt wieder anfangen, zwei verschiedene Sachverhalte miteinander zu vermischen, dann besteht wieder die Gefahr des Durcheinanders.

(Zustimmung von Angela Gorr, CDU)

Ich persönlich habe Bauchschmerzen damit, auf Biegen und Brechen möglichst viele Personen in das System aufzunehmen, ohne eine Priorisierung hinsichtlich der Qualität der Ausbildung und der klaren Aufgabenbestimmung vorzunehmen. An dieser Stelle bin ich ganz nah bei Minister Tullner: Auch ich bin froh, wenn wir allen Referendaren, die den Vorbereitungsdienst verlassen, also allen Menschen, die wir im Land ausbilden, eine offene Stelle und damit eine Perspektive bieten können, hier bei uns in Sachsen-Anhalt zu arbeiten und zu leben.

Meine Damen und Herren! Aus unserer Sicht ist die gefundene Lösung, die die Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses vorsieht, ein erster Schritt. Das ist in etwa das, was wir auf der Grundlage der vorliegenden Bedarfsermittlung des Bildungsministeriums und der Haushaltssituation erreichen konnten. Immerhin wurden für die zusätzlichen 75 Vollzeitzeitäquivalente 2,1 Millionen € im Haushalt bereitgestellt.

(Zustimmung von Angela Gorr, CDU)

Die ersten Schulen melden, dass ihnen die Sprachlehrkräfte erhalten bleiben. Das heißt, die Umsetzung läuft und kommt an. Ebenso erreichen uns aber auch Meldungen von Schulen, die ab dem 1. Januar 2017 keine Sprachlehrkräfte mehr haben und auch nicht erhalten werden. An dieser Stelle müssen wir genauer hinschauen. Gibt es Defizite, müssen wir entschieden, schnell und gezielt gegensteuern. Deswegen haben wir in unserer Beschlussempfehlung eine Berichterstattung in der Januarsitzung des Ausschusses für Bildung und Kultur festgeschrieben, damit wir über die Gesamtsituation im Bilde sind.

Für das Schuljahr 2017/2018 sollten wir rechtzeitig und zeitnah das Thema Sprachlehrkräfte im Ausschuss zur Sprache bringen. Die Sicherung des Sprachunterrichts darf nicht wieder zur Hängepartie für die Schulen werden. Diese brauchen frühzeitige Planungssicherheit, nicht nur bei Sprachlehrkräften, sondern vor allem bei der Unterrichtsversorgung insgesamt. Die Voraussetzungen dafür müssen wir schaffen. Das ist nicht nur Aufgabe eines Einzelnen oder von uns Bildungspolitikern, sondern es ist die Aufgabe von uns allen. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Aldag. - Für die CDU-Fraktion spricht die Abg. Frau Gorr.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben als Koalitionsfraktionen mit unserer Beschlussempfehlung zur Weiterbeschäftigung von Sprachlehrkräften aus dem Ausschuss für Bildung und Kultur genau diese Weiterbeschäftigung über den 31. Dezember 2016 hinaus in den Blick genommen und bitten mit der Beschlussempfehlung die Landesregierung darum, dafür Sorge zu tragen, den Sprachunterricht auf der Grundlage des vom Bildungsministerium ermittelten Bedarfs bis zum Ende des Schuljahres sicherzustellen.

Dass das Ministerium dafür längst Sorge trägt, ist interessanterweise gerade dem Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE zu entnehmen. Dort wird unter Punkt 1 darauf hingewiesen, dass das Landesschulamt bereits am 21. November 2016 eine Abfrage gestartet hat, mit der die befristet eingestellten Sprachlehrerinnen und Sprachlehrer ihr Interesse äußern konnten, ihre Arbeitsverträge bis zum Ende des Schuljahres 2016/2017 zu verlängern. Das wäre der Punkt 1 unserer Beschlussempfehlung.

An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass das Ende einer befristeten Anstellung, eines Vertrages, den jemand unterschrieben hat, nicht mit einem Rausschmiss gleichzusetzen ist!

Der Punkt 2 Ihres Änderungsantrages ist für mich etwas unverständlich. Denn welche anderen Bewerber mit gleichem Ausbildungsniveau und gleicher Eignung sollen es denn sein, die bei der Bewerbung hintangestellt werden sollen? - Denn diese besonderen Bedingungen erfüllen derzeit unsere Sprachlehrkräfte.

Ansonsten würden auch - das haben Sie ganz richtig gesehen, aber nicht so deutlich in Ihrem Antrag formuliert - ausgebildete Referendarinnen