Protokoll der Sitzung vom 03.02.2017

(André Poggenburg, AfD: Leider!)

Aber eigentlich wollen Sie, Herr Poggenburg, und die Kollegen von der AfD sich wieder einmal als Opfer stilisieren, und dazu inszenierten Sie einen parteipolitischen Auftritt an der Otto-von-GuerickeUniversität.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Artikel 5 Abs. 3 des Grundgesetzes sagt unmissverständlich: Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Schauen wir unter diesem Vorzeichen, das ja wohl unstrittig ist, einmal auf die Ereignisse in der Universität. Ging es der „Campus Alternative“ tatsächlich um eine rein studentische Veranstaltung? Ging es der „Campus Alternative“ um eine rein wissenschaftliche Veranstaltung und um einen rein wissenschaftlichen Gedankenaustausch?

(Robert Farle, AfD: Genau!)

Nach allem, was man weiß, was man sich im Internet ansehen kann: Nein.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN - Zuruf von Jan Wenzel Schmidt, AfD)

Es war keine Veranstaltung der „Campus Alternative“ aus sich selbst heraus, sondern parteipolitisch aufgeladen durch den geplanten Auftritt des Partei- und Fraktionsvorsitzenden Poggenburg.

(Robert Farle, AfD: Und von Prof. Wolf!)

- Dazu komme ich noch. - Damit hat die Veranstaltung das Recht auf Regeln des wissenschaftlichen Diskurses verwirkt. Prof. Wolf wurde bewusst zu der kruden These, die Förderung eines männlichen Gehirns sei mehr wert als die eines weiblichen, eingeladen. Bewusst wurde kein wissenschaftlicher Austausch angekündigt, sondern ein Vortrag. Wer aber solche Thesen einseitig stehen lässt, bietet keinen Raum für Diskussion und Austausch.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Er lässt dem Publikum nur die Möglichkeit, im Rahmen freier Meinungsäußerung einen Gegenpart einzunehmen.

Somit war die Veranstaltung von Anfang an auf Polarisierung ausgerichtet und parteipolitisch

fokussiert.

(André Poggenburg, AfD: Selber schuld!)

Der wissenschaftliche Raum Hochschule wurde bewusst für politische Zwecke missbraucht.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der LINKEN und bei der SPD)

Durch die Werbung mit kruden Thesen wurde die Basis eines faktenbasierten wissenschaftlichen Diskurses bewusst verlassen. Dass Gleichberechtigung von Frau und Mann aufgrund gravierender baulicher Unterschiede beider Gehirne nicht möglich sei, entspricht ganz klar nicht den Werten unseres Grundgesetzes, darf deshalb nicht die Wissenschaftsfreiheit nach Artikel 5 in Anspruch nehmen und darf deshalb auch nicht unwidersprochen bleiben.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN und bei der SPD)

Sie darf insbesondere deswegen nicht unwidersprochen bleiben, weil es eben nicht nur um eine reine Vortragsveranstaltung ging; das führte ich eben aus. Das ist der Kern, um den es hierbei geht.

(André Poggenburg, AfD: Meinen Sie!)

So krude das auch immer ist: Prof. Wolf ist kein Unbekannte in dieser Stadt - das wurde ausgeführt -, er ist emeritierter Professor und hat seine Thesen an eben dieser Universität bereits mehrfach zu Gehör bringen können. Dass es in diesem Jahr zum ersten Mal zu solchen Protesten kam, hat nichts damit zu tun, dass sich Menschen gegen freie Meinungsäußerung artikulieren.

(André Poggenburg, AfD: Doch, doch!)

- Nein, sie haben sich mittels freier Meinungsäußerung gegen parteipolitische Vereinnahmungen durch die AfD artikuliert.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN - Zustimmung bei der SPD - André Poggenburg, AfD: Mit Gewalt!)

Das ist an einer Hochschule nicht zulässig. Auch dazu komme ich noch. Für parteipolitische Veranstaltungen gelten andere Regeln als für wissenschaftliche.

(André Poggenburg, AfD, lacht - Zurufe von der AfD)

Hier hat die rechte AfD eindeutig eine Grenze überschritten. Das darf nicht noch einmal geschehen. Ich stimme - der Minister hat das erwähnt - mit dem Senat der Universität überein, dass künftig klare Regeln für Veranstaltungen festgelegt werden müssen.

(Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)

Es gehört in den Kanon, in dem wir uns seit einem Jahr bewegen, dass Selbstverständlichkeiten offensichtlich immer schriftlich neu festgelegt werden müssen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wissenschaftlicher Diskurs ist der Kern unserer Universität. Deshalb ist es notwendig, gegen alle Angriffe auf diesen Kern die Stimme zu erheben und friedlich Meinungsäußerung zu betreiben.

(André Poggenburg, AfD: Friedlich!)

Genau das haben am Abend des 12. Januar rund 400 Menschen in hervorragender Weise getan.

(André Poggenburg, AfD: Friedlich! - Robert Farle, AfD: Mit Böllern!)

Sie waren bunt. Sie waren aufmerksam und wissenschaftlich interessiert. Ich bin dafür dankbar, dass der Studierendenrat gemeinsam mit der Gleichstellungsbeauftragten, Frau Tiefel, mit der Veranstaltung im Vorfeld gezeigt hat, wie eine offene, faktenbasierte und diskursive Veranstaltung an einer Hochschule ablaufen sollte.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN - Zuruf von Robert Farle, AfD)

Diese zeigt in der guten Tradition des grundgesetzlichen Auftrages einer wissenschaftlichen Einrichtung, wie faktenbasierte Erkenntnisgewinnung funktionieren soll, und zwar unabhängig von politischer oder parteipolitischer Vereinnahmung. Denn das ist der Kern des Anstoßes.

Was die „Campus Alternative“ gemacht hat, ist genau das Gegenteil davon. Eine vorgeblich wissenschaftliche Veranstaltung wurde von vornherein als parteipolitische Veranstaltung konzipiert. Die „Campus Alternative“ hat wie jede andere Studierendengruppierung auch selbstverständlich das Recht, Veranstaltungen an einer Hochschule durchzuführen. Sie hat aber auch dieselben Pflichten wie alle anderen Gruppierungen an Hochschulen auch: die Bewahrung des Prinzips der wissenschaftlichen Neutralität sowie die Einhaltung der Grundprinzipien des Rechtsstaates. Aber - das haben wir in anderen Debatten bereits

gehört - den wollen einige im Hohen Haus ohnehin abschaffen.

(Zuruf von Robert Farle, AfD)

Ich sage für meine Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ganz klar: Die Nutzung des Raumes Hochschule zur Verbreitung von politischer Propaganda ist unzulässig, noch vermengt mit kruden wissenschaftlich nicht fundierten, Menschen verletzenden Thesen.

(Robert Farle, AfD: Das entscheiden Sie! - Daniel Roi, AfD: Das entscheiden Sie!)

Wer Meinungsfreiheit propagiert, muss die Gegenmeinung zulassen und aushalten.

(Zuruf von Robert Farle, AfD)

Aber ich sage auch ganz klar: Meinungsfreiheit endet dort, wo andere Werte des Grundgesetzes missachtet werden, wo andere Werte des Grundgesetzes mit Füßen getreten werden.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN - Zurufe von der AfD)

Das Grundgesetz ist unser Bezugsrahmen und diesen Bezugsrahmen werden wir uns von Ihnen nicht verrücken lassen.

(Zuruf von Alexander Raue, AfD)

Gegen die parteipolitische Vereinnahmung Flagge zu zeigen war das Ziel von rund 400 Personen. Ich habe es erlebt, indem ich mir die Videos angeguckt habe,

(André Poggenburg, AfD: Ich war dabei!)