Protokoll der Sitzung vom 02.03.2017

Zudem wird der Netzausbau auf dem Rücken der hier lebenden Menschen vorangetrieben, während diejenigen, die sich den Strom über Hunderte Kilometer Übertragungsnetz liefern lassen, finanziell längst nicht so tief in die Tasche greifen müssen. Das ist sozial ungerecht und verantwortungslos. Die Folgen - auch in Anbetracht der demografischen Entwicklung hier in Sachsen-Anhalt - in Form weiterer explosionsartig ansteigender Energiekosten pro Kopf der Bevölkerung wären katastrophal und haben mit einer Gleichheit der Lebensverhältnisse nichts zu tun.

Deshalb lautet unsere Forderung: Wer vom Netzausbau profitiert, soll auch dafür zahlen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Umsetzung der Forderung nach einer Entlastung Ostdeutschlands bei den Netzentgelten ist somit längst überfällig. Dabei sind auch die bisher erbrachten Leistungen beim Ausbau der Netzinfrastruktur zu berücksichtigen. Das bedeutet jedoch auch, dass sich der Ausbau der Verteilnetze ebenfalls in den Netzentgelten widerspiegeln muss. Darüber hinaus ist die Praxis aller möglichen Befreiungen von Netzentgeltzahlungen, die insbesondere Großverbraucher besserstellt, abzuschaffen.

(Beifall bei der LINKEN)

Hinsichtlich der Abschaffung der vermiedenen Netzentgelte für volatil einspeisende Anlagen bleibt abzuwarten - das habe ich im September schon gesagt -, inwieweit die Forderung tatsächlich einen positiven Effekt hat. Aber auch meine Fraktion sieht demgegenüber die dringende Notwendigkeit, für Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen die vermiedenen Netzentgelte so beizubehalten wie in der Forderung der Koalition.

Die bisherige Politik der Netzentgelte stellt die erneuerbaren Energien als Preistreiber der Stromkosten hin. Dabei ersetzen gerade sie Energieträger, die viel höhere Folgekosten für den Steuerzahler und die Gesellschaft verursachen. Darauf will ich an dieser Stelle noch einmal mit aller Deutlichkeit hinweisen. Dazu gehören auch Umwelt- und Klimafolgekosten, die durch Anpassungsmaßnahmen, eintretende Katastrophen, Ernteausfälle und andere verursacht werden.

Wir begrüßen es daher, dass Thüringen und Schleswig-Holstein eine entsprechende Gesetzesinitiative zur Angleichung der Übertragungsnetzentgelte in den Bundesrat eingebracht haben. In diesem Sinne schließt sich die Fraktion DIE LINKE dem Antrag der Koalitionsfraktionen an. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Eisenreich. Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. - Die nächste Debattenrednerin ist Frau Schindler für die SPDFraktion. Sie haben das Wort, Frau Schindler.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, Frau Eisenreich und Herr Raue, wir haben im Herbst erst den Beschluss gefasst. Dem Beschluss und dem Inhalt des Beschlusses ist nichts hinzuzufügen. Zu den Inhalten dieses Beschlusses stehen wir. Sie haben deutlich ge

macht, dass die Landesregierung diesen Beschluss ernst nimmt und versucht, ihn umzusetzen und durchzusetzen.

Ich unterstreiche noch einmal deutlich unsere Unterstützung der Regierung und lobe die Initiativen des Ministerpräsidenten, im Bundesrat und auf anderen Ebenen, in der Ministerpräsidentenkonferenz entsprechend tätig zu werden.

Zu den fachlichen Hintergründen dieses Antrags bzw. zu den fachlichen Hintergründen der Abschaffung von vermiedenen Netzentgelten, der Abwälzung der Netzentgelte und der einheitlichen Umlage ist bereits viel gesagt worden, im September und auch jetzt von Frau Frederking und der Ministerin. Das möchte ich an dieser Stelle nicht noch einmal wiederholen.

Ich begrüße aber ausdrücklich, und nicht etwa weil die GRÜNEN die Initiative zu diesem Antrag ergriffen haben, das Bekenntnis des Landtags zu den vorliegenden Initiativen, die zur Änderung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung führen sollen. Wir als SPD in Sachsen-Anhalt unterstützen diese Bemühungen ausdrücklich, damit hier nicht irgendwelche fadenscheinigen Begründungen genannt werden, die dahin gehen, dass irgendwelche Parteipolitik eine Rolle spielte. Aus der Sicht des Landes Sachsen-Anhalt bleiben wir bei diesem Antrag. Wir unterstützen mit dem Antrag die Bemühungen der Landesregierung, zu Gesetzesänderungen zu kommen.

Der vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung - das ist schon ausgeführt worden - befasst sich bisher nur mit der Abschaffung der vermiedenen Netzentgelte. Das ist gut und richtig. Das loben wir ausdrücklich; denn wie es auch in der Begründung des Gesetzentwurfes ausgewiesen wird, ist es speziell für uns, in unseren Gebieten wichtig, dass diese vermiedenen Netzentgelte abgeschafft werden. Dadurch kann es zu einer Entlastung der Stromkunden in diesen Gebieten kommen, nämlich zu einer Entlastung um bis zu zwei Cent pro Kilowattstunde.

Der Anteil der Entlastung, der damit generiert würde, ist wesentlich höher als der Anteil, der durch die einheitliche Umlage der Netzentgelte erzielt würde. Deshalb begrüßen wir diesen Gesetzentwurf ausdrücklich. Er ist weiterzuverfolgen, aber eben zusätzlich zur Abschaffung der vermiedenen Netzentgelte um die einheitliche Umlage der Netzentgelte zu ergänzen. Diese Forderung halten wir aufrecht. Das ist uns besonders wichtig.

Ich danke Frau Eisenreich für den Hinweis, dass es hierbei natürlich nicht nur um die ostdeutschen Bundesländer, sondern auch um eine Allianz von weiteren Bundesländern geht. Diese Frage der höheren Netzentgelte ist eine Frage der Auseinandersetzung zwischen den Gebieten im Nord

osten und im Südwesten der Bundesrepublik. Deshalb auch die Initiative im Bundesrat zusammen mit dem Land Schleswig Holstein. Ich denke, wir können auch die Hamburger und die Niedersachsen mit auf unsere Seite ziehen, sodass es vielleicht zu einer Mehrheit im Bundesrat kommt und eine Gesetzesänderung erfolgen kann.

So möchte ich unseren Antrag verstanden wissen: noch einmal das deutliche Bekenntnis zu den Bemühungen und die Unterstützung der Bemühungen der Landesregierung. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD - Siegfried Borgwardt, CDU: Sehr gut!)

Vielen Dank, Frau Schindler. Es gibt eine - -

(Silke Schindler, SPD: Nein!)

- Okay. - Als letzte Debattenrednerin hat Frau Frederking für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN noch einmal das Wort. Frau Abgeordnete, Sie dürfen sprechen. Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Saal füllt sich wieder.

(Ulrich Thomas, CDU: Wir wollen Ihnen gern zuhören!)

Ich sehe, die erste Gruppe ist vom Mittagessen zurück. Für all diejenigen, die jetzt etwas verpasst haben, noch einmal.

(Heiterkeit bei der CDU - Ulrich Thomas, CDU: Klasse! Wie auf dem GRÜNEN- Parteitag! Es wird noch einmal wiederholt!)

Die Höhe der Netzentgelte ist bundesweit extrem unterschiedlich. Ziel unseres Antrags ist es, Benachteiligungen zu beseitigen.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Machen wir doch!)

Frau Eisenreich, Herr Raue, ja, Sie haben recht. Wir hatten im letzten Jahr bereits eine eindeutige Beschlusslage zur Angleichung der Netznutzungsentgelte, aber wir haben jetzt ganz aktuell eine Dynamik im Bundesrat, die wir positiv nutzen müssen, weil bei diesem Thema jetzt gerade viel passiert.

Als wir im letzten Jahr den Beschluss gefasst hatten, gab es die Zusagen der Bundesregierung, entsprechend zu handeln. Diese Zusage wurde aber ganz aktuell, nämlich am 26. Januar 2017, vom Bundeskabinett zurückgenommen. Mit unserem Antrag weisen wir nicht nur auf die hohe Bedeutung dieses Themas hin, sondern vor dem Hintergrund dieser aktuellen Ereignisse machen

wir auch Druck, damit die bundesweite Angleichung endlich umgesetzt wird.

Es darf nicht sein, dass diejenigen durch hohe Netzentgelte belastet werden, die mit der Installation von erneuerbaren Energien vorangegangen sind; im Gegenteil: Sie haben eine ganz wichtige Klimaschutzaufgabe für die Gesellschaft wahrgenommen. Dafür gebührt ihnen Dank, Anerkennung, aber eben auch unser Einsatz, damit sie von unfairen Lasten befreit werden. Das schafft Akzeptanz für die Energiewende und sichert die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen.

Bundesweite Solidarität war lange angekündigt worden. Was die Bundesregierung mit der schrittweisen Abschaffung der vermiedenen Netznutzungsentgelte im Netzentgeltmodernisierungs

gesetz auf den Weg bringen wollte, war aber mehr als halbherzig und längst nicht ausreichend. In der Tat liegt die Vermutung nahe, dass der ehemalige Wirtschaftsminister Gabriel hiermit noch eine Wahlkampfunterstützung für das SPDLand Nordrhein-Westfalen organisieren wollte.

Unsere Forderungen lassen in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, dem Saarland und BadenWürttemberg mit Sicherheit keine Jubelstürme ausbrechen; denn diese Bundesländer müssen in Zukunft mehr als heute zahlen. Trotzdem ist kein Bedauern angesagt. Laut dem wissenschaftlichen Dienst des Bundestages ist zu erwarten, dass sie zwar mehr zahlen müssen als heute, aber immer noch weniger als in den anderen Bundesländern; denn mit unseren Forderungen wird es bei den Netzentgelten keine absolute Gleichheit geben, sondern eine Annäherung und eben eine Angleichung, weil die regionalen Unterschiede auf der Verteilnetzebene bestehen bleiben. Das ist eine Baustelle, die in einem weiteren Schritt angegangen werden muss. Wir als GRÜNE haben dazu im Jahr 2014 eine Studie durchgeführt und sind darin auf diese Netzebene schon eingegangen.

Auf der Bundesratsebene gibt es jetzt gerade diese vielfältigen Initiativen, um diejenigen bei den Netzentgelten zu entlasten, die bis jetzt über Gebühr bezahlen müssen. Ein bundesweites solidarisches Handeln eröffnet ein erhebliches Einsparpotenzial bei den Stromkosten in Sachsen-Anhalt. Wir bitten die Landesregierung deshalb, solchen Initiativen über den Bundesrat zuzustimmen, die unseren bereits im September des letzten Jahres formulierten Zielstellungen entsprechen.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Endlich!)

Wir müssen endlich - endlich; darauf kommt es nämlich an, Herr Borgwardt - - Endlich geht es gleich auch zum Mittagessen,

(Ulrich Thomas, CDU: Nur vegan!)

wenn ich noch einmal betont habe, dass wir diese bundesweite Angleichung brauchen und durch

setzen werden und standortbezogene Nachteile beseitigen müssen. Das ist gerecht. Deshalb bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag und wünsche dann allen einen guten Appetit.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Frederking, aber das können Sie noch nicht machen; denn wir sind noch nicht ganz fertig, meine liebe Kollegin.

(Heiterkeit)

Jetzt gibt es erst einmal eine Nachfrage. Sind Sie bereit, eine Nachfrage zu beantworten?

(Siegfried Borgwardt, CDU: Nein!)

Ja oder nein?