Protokoll der Sitzung vom 02.03.2017

eine -, die kirchlich genutzt werden, die sozusagen wirklich in der kirchlichen Nutzung sind, die wir bezahlen, um das einmal kurz zusammenzufassen.

Das kann man gut oder schlecht finden, zumal wir in der letzten Zeit immer mehr bezahlen. Aber das ist so, und das würde sich auch nicht ändern, wenn wir diese Kirche in Wittenberg in unserem Eigentum behalten würden.

Jetzt haben wir die ausgesprochen seltene Situation - das darf ich dann doch vielleicht einmal mit einer kurzen spitzen Bemerkung loslassen -, dass die Evangelische Kirche Deutschlands sich bereiterklärt hat, für eine Immobilie, die sie nutzt, in Zukunft auch noch selber aufzukommen.

Ich gehe jetzt mal von dem kulturellen Erbe weg, nehme die Perspektive des Finanzministers ein und sage: Wir wären ja mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn wir diese Variante nicht wahrnehmen würden. Das ist doch klar.

(Zustimmung von Frank Scheurell, CDU)

Wenn die sagt - ich glaube, die EKD hat gesagt, das wäre die einzige Kirche, die sie selbst in Besitz nimmt -, dass sie diese Last auf sich nimmt - die EKD ist nicht so arm, dass sie das nicht machen könnte -, dann ist das eine Geschichte, um die sie sich gefälligst kümmern soll.

Deswegen ist gegen diese Eigentumsübertragung überhaupt nichts zu sagen. Das sage ich auch mit aller Deutlichkeit vor dem Hintergrund, dass ansonsten die Evangelische Kirche Deutschlands nicht überall in der Lage ist, finanziell für das kirchlich-kulturelle Erbe aufzukommen.

Das hat einfach damit zu tun, dass der Anteil von Christen in den Jahrhunderten, als die Kirchen gebaut worden sind, höher war als heute. Deswegen ist es unser gemeinsames Erbe.

Deswegen hat übrigens mein Kollege Frank Thiel, der vorhin auch einmal da gewesen ist als ehemaliger Abgeordneter, als ausgesprochener Atheist in seinem Heimatdorf damals die Kirche als Vorsitzender des Kirchenrettungsvereins gerettet, und die ist sozusagen wieder - ich weiß nicht, wie man in der Kirche sagt - geweiht worden. Der Bischof war da und hat sie eingeweiht. Es ging los. Das ist unser gemeinsames Erbe.

(Minister Marco Tullner: Tätige Reue!)

Ausgleich für die Nichtzahlung von Steuermitteln für die Kirche oder was Herr Tullner sagt: Nein, das war es nicht. Es war ehrliches kulturelles Interesse für sein Dorf. Das ist etwas, was wir in dem kleinen Dorf machen können, und das ist das, was wir auch machen können.

Es gibt ein anderes Thema, das an dieser Stelle überhaupt nicht angeklungen ist. Das ist die Frage des Verhältnisses von Kirche und Staat im Osten Deutschlands, auch übrigens die finanzielle Frage von Kirchen und Staat. Ich habe gehört, dass der Fraktionsvorsitzende der CDUFraktion im Pressegespräch in Vorbereitung heute dies problematisiert hat. Das erfreut mich nun wiederum. Denn jeder, der weiß, was in der letzten Legislaturperiode stattgefunden hat, weiß, dass es dazu eine Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE gegeben hat. Dazu waren übrigens auch die Reaktionen aus der CDU noch anders.

Das sind Dinge, die wir in Zukunft wirklich einmal bereden sollten. Da kommen wir tatsächlich zu dem Punkt, dass wir bei all diesen Debatten auch die Akzeptanz in der Bevölkerung, die mehrheitlich atheistisch ist in diesem Land Sachsen-Anhalt, beachten müssen, um nicht zu einem Konflikt zu kommen, der weder uns noch den Kirchen gerecht wird.

Wer jetzt nicht genau weiß, was ich meine, der gucke bitte in die gestrige oder vorgestrige Aufgabe der „Mitteldeutschen Zeitung“ oder der „Volksstimme“. Dort gibt es ein Zitat des GdPChefs zur Ausstattung der Polizisten und zur Mittelverwendung von Steuergeldern.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Das war sel- ten dämlich!)

Dazu sage ich, Herr Striegel, das können Sie so beurteilen, aber darin steckt eine Gefahr. Sie können nicht alle Leute, die in einer Art und Weise die Ausgaben miteinander vergleichen - dazu gehört offensichtlich auch Herr Borgwardt -, als dämlich bezeichnen. Sie können vielleicht diese Aussage als dämlich bezeichnen.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Das Zitat war dämlich!)

Aber das Problem, Herr Striegel, sollten wir nicht so arrogant wegwischen. Ich glaube,

(Zustimmung bei der LINKEN und bei der AfD)

deswegen sollten wir in Zukunft an dieser Stelle auch wirklich ein Problembewusstsein entwickeln. Hier bei der Schlosskirche brauchen wir es nicht. - Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Da es keine Fragen gibt, danke ich Herrn Gallert für seine Ausführungen. - Wir fahren in der Debatte fort. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Herr Meister. Herr Meister, Sie haben das Wort.

Danke schön.

(Minister Marco Tullner: Das war das Was- ser von Herrn Gallert!)

- Ich glaube, das kriegen wir hin. - Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben an dieser Stelle schon des Öfteren diskutiert: Was ist im Landesinteresse und welche Aufgaben muss das Land in Eigenregie erfüllen?

Wir haben ein säkulares Staatswesen. Sie wissen, die Durchführung von Gottesdiensten und die kirchliche Ausbildung ist keine Aufgabe des Landes Sachsen-Anhalt. Im Grundsatz muss es dafür auch keine Gebäude vorhalten. Die historische Entwicklung hat aber dazu geführt, dass die Kirchen nicht immer Eigentümer der von ihnen genutzten Gebäude sind. Das ist bei tatsächlich religiös genutzten Gebäuden und natürlich bei einem kirchlich so herausgehobenen Gebäude wie der Schlosskirche nicht wirklich sinnvoll.

Fiskalisch besteht das Problem - meine Vorredner sind in diversen Punkten schon darauf eingegangen -, dass es erhebliche Erhaltungsaufwendungen gibt. Das Geschenk - in Anführungszeichen - wird von den Finanzpolitikern, zumindest denen der Koalition, gerade unter finanziellen Gesichtspunkten befürwortet, weil wir durch das Geschenk zukünftig Geld sparen.

Die EKD trägt zukünftig die Kosten für die Unterhaltung und Erhaltung. Insofern geht die im Antrag enthaltene Kritik deutlich fehl. Gewinn lässt sich mit einem Kirchengebäude und auch mit diesem Kirchengebäude nicht erzielen. Einen Verkaufserlös für die Kirche zu erhoffen, da kann ich mir nicht vorstellen, dass man das in der Verhandlung hätte erreichen können. Das erscheint mir unrealistisch.

Herr Lieschke hat länglich, wenn auch nicht ganz rechtskonform, aus dem Ausschuss zitiert. Ich glaube, was deutlich wurde, war, dass der Ausschuss sich tatsächlich intensiv mit den Fragestellungen befasst hat und in keiner Weise leichtfertig und unkritisch Eigentum des Landes aus der Hand gibt. Ich glaube, das wurde dort tatsächlich deutlich. Das ärgert mich so an dem Antrag, weil das natürlich die Unterstellung ist, die darin mitschwingt. Das haben wir nicht gemacht.

Die AfD-Fraktion stellt in Ihrem Antrag dann auch die Behauptung auf, die Landesregierung hätte die Schlosskirche kostenträchtig restauriert und anschließend festgestellt - so schreiben Sie es -, sie sei nicht in der Lage, dieses Gebäude zu unterhalten.

Das ist natürlich grober Unsinn, das wissen Sie auch. Der Rahmenvertrag zur Eigentumsübertragung wurde schon 2009 geschlossen - Sie haben

es selber zitiert -, also vor der ab 2012 erfolgten Sanierung. Dazu gab es überhaupt keine überraschenden Erkenntnisse.

Die eigentliche Frage, die Sie aufwerfen, ist, ob das Land, von der geplanten Übertragung wissend - das ist ja klar -, die Restaurierung durchführen durfte. Ich finde, der Vorschlag der AfDFraktion, die Reparaturen auf das Notwendigste zu beschränken, hat etwas Skurriles.

Meinen Sie das ernst? - Wir unternehmen alles, um aus der ganzen Welt möglichst viele Besucherinnen und Besucher zum 500. Jahrestag des Thesenanschlags in die Lutherstadt nach Wittenberg zu locken und empfangen sie dann in einer unsanierten Schlosskirche. Das ist letztlich die Quintessenz Ihres Vorschlags.

Das Reformationsjubiläum mit seiner weit über theologische Fragen hinausgehenden weltweiten Bedeutung - Dr. Schmidt ist in vielen Punkten darauf eingegangen - ist für Sachsen-Anhalt eine große Chance, aber auch Aufgabe.

Die Begehung des Jubiläums ist aufgrund dieses besonderen kulturellen geschichtlichen Gewichts und - das muss man auch sagen - ganz profanen Auswirkungen auf das Land, Wirtschaft, Marketing, Tourismus, eine nicht rein innerkirchliche Angelegenheit.

Nein, es war aus unserem eigenen Landesinteresse heraus wichtig, dass sich auch der säkulare Staat engagiert und in erheblichem Umfang nicht nur in die Feierlichkeiten, sondern auch in die baulichen Anlagen investierte.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dieses Engagement für die fraglichen Kulturdenkmale in unserem Land kann doch dann aber im Anschluss nicht dazu führen, dass wir jetzt nach Abschluss der Sanierungsarbeiten die finanzpolitische Vernunft ausschalten und nun auch noch zukünftig die Unterhaltungskosten für die Schlosskirche tragen, wenn sich dies vermeiden lässt. Genau das tun wir.

Unser Fazit: Die Eigentumsübertragung der Schlosskirche ist im Einklang mit den Gesetzen unseres Landes erfolgt und war fiskalisch sinnvoll. Mit der Sanierung der Schlosskirche und weiterer Gebäude in der Lutherstadt Wittenberg hat das Land einen wichtigen Grundstein für das Willkommen im Kernland der Reformation gelegt.

Die Fragestellungen, die mein Vorredner noch aufgeworfen hat, gehen weit über das hinaus, was wir heute zu besprechen haben. Ich finde sie aber durchaus interessant und diskussionswürdig. - Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es gibt auch hier keine Fragen. Ich danke für Ihre Ausführungen, Herr Meister. - Für die CDU spricht jetzt der Abg. Herr Scheurell.

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Abg. Scheurell, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Jede Fraktion hat auf ihre ganz eigene Art und Weise diesen Antrag der AfD interpretiert, den ich, wie folgt, mit einem Zitat von König Friedrich Wilhelm III. von Preußen beschreiben möchte:

„Bei einfältigen, gutmeinenden Leuten kann man sich so Etwas erklären und entschuldigen, und diese wollen mit zarter Schonung behandelt sein.“

(Zustimmung von Swen Knöchel, DIE LIN- KE)

So gehe ich mit Ihnen um. - Übrigens, Friedrich Wilhelm III. hat sehr viel Gutes für unser Land gemacht. Hier ist er. - Ich zeige Ihnen das ganz absichtlich einmal.

(Zuruf von André Poggenburg, AfD)