Protokoll der Sitzung vom 03.03.2017

(Beifall bei der AfD)

Herr Aldag, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident, dass ich die notwendige Aufmerksamkeit bekomme. - Mir gefällt es ja, wenn die Fraktion DIE LINKE aktiv mitspielt und uns mit einem Steilpass bedient. Wir nehmen den Ball gern auf. Wir können ihn aufnehmen. Wir können ihn weiter im Spiel halten und wir können jetzt zum entscheidenden Pass in Richtung Tor ansetzen.

(Minister Marco Tullner: Ah!)

Meine Damen und Herren! Im Klartext heißt das: Die LINKE hat einen guten Antrag gestellt. Wir gehen mit unserem Änderungsantrag noch etwas über diese Forderung hinaus. Erlauben Sie mir den Zusatz: Das ist längst überfällig und auch gut so.

Lassen Sie mich wieder zu den Anträgen kommen. Wir hatten in den vergangenen Reden global über das Thema gesprochen. Die einzelnen Punkte, die in dem Änderungsantrag über den Ursprungsantrag hinausgehen, möchte ich erläutern.

Zum einen wollen wir zukünftig den angehenden Lehrkräften in Sachsen-Anhalt bereits während der Ausbildung in Gesprächen vorvertragliche Vereinbarungen anbieten. Der Sinn dieses Angebotes soll sein, den jungen Lehramtsanwärterinnen und -anwärtern eine Perspektive zu bieten, nach dem Abschluss für den Vorbereitungsdienst und darüber hinaus in Sachsen-Anhalt zu bleiben.

Sehr wichtig hierbei ist, dass bei diesen Angeboten sowie späteren Einstellungen der Aspekt der Schulträgerschaft mit berücksichtigt wird. So ist die gleichberechtigte Behandlung der Schulen in freier Trägerschaft ebenfalls in den Blick zu nehmen.

Zum Zweiten kann ein Teil der befristet eingestellten Sprachlehrkräfte ab 1. Juli 2017 ein unbefristetes Einstellungsangebot im Schuldienst bekommen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hatte sich bereits in den vergangenen Monaten für die

Übernahme aller Sprachlehrkräfte starkgemacht. Dies durchzusetzen ist uns leider nicht vollständig gelungen, dennoch freuen wir uns, dass nun einige von ihnen zeitnah diese Chance erhalten.

(Zustimmung von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)

Drittens ist die Berücksichtigung von Seiteneinstieg in den Schuldienst und Quereinstieg in den Vorbereitungsdienst bei Lehrkräften sowie Unterrichtsversorgung eine wichtige und notwendige Maßnahme.

Die im Alternativantrag genannte Vereinbarung der Kultusministerkonferenz gibt hierfür einen Rahmen und die Bundesländer haben einen Gestaltungsspielraum. Im Sinne dieser Vereinbarung, aber auch des Koalitionsvertrages werden wir diesen Spielraum zukünftig nutzen. Ein Konzept seitens des Ministeriums hierzu liegt seit Ende Januar vor. Dieses werden wir in unseren Arbeitsgruppen und im Ausschuss für Bildung eruieren.

Zusätzlich zu den bereits genannten Punkten wollen wir, die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, uns zusammen mit den Koalitionspartnern die Kriterien für die Einstellung im Schuldienst in Sachsen-Anhalt in den nächsten Monaten genauer anschauen und bei Bedarf anpassen. Auch dieser Schritt wird zu einer Verbesserung des Lehrkräftebestandes insgesamt führen. - So weit zu dem Antrag.

Schauen wir noch einmal zurück: Die letzten Monate und vor allem die letzten Wochen haben an den Kräften gezehrt. Die Haushaltsverhandlungen waren anstrengend, aber fast jede Anstrengung hat sich gelohnt. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat sich in den letzten Monaten für Sprachlehrkräfte, pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Mehrarbeitsvergütungen, kleinere und größere Projekte im Bildungsbereich mit einem nicht ganz zufriedenstellenden Erfolg stark eingesetzt.

Auch innerhalb der Koalition war es nicht immer einfach, mit dem Ministerium einen gemeinsamen Nenner zu finden. In den Haushaltsverhandlungen haben wir Abgeordnete, Herr Minister, Ihren Kopf aus der Schlinge gezogen. Das hat enorm viel Kraft gekostet und zeitweise das Vertrauensverhältnis gestört.

Nun aber sind die Rahmenbedingungen klar. Wir haben heute den Haushalt verabschiedet. Das Ziel der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist nun, neben den Neueinstellungen möglichst alle Lehrkräfte, die als Sprachlehrkräfte, Quer- und Seiteneinsteigerinnen und -einsteiger eingestellt worden sind, im System zu halten. Diese Menschen sind als Lehrkräfte eingestellt worden, gerade weil sie eine Einstellungsmindestvorausset

zung mitgebracht haben. Deshalb spricht nichts gegen eine unbefristete Einstellung.

Herr Minister, die Unzufriedenheit bei den Menschen ist ziemlich groß. Das war in den letzten Monaten und ist auch gegenwärtig eindeutig spürbar. Mit diesem Antrag und mit den in den vergangenen Monaten gefassten Beschlüssen haben wir als Legislative unsere Aufgaben wahr- und ernst genommen. Jetzt sind Sie an der Reihe. Sie müssen handeln. Sie müssen Wege finden und Konzepte entwickeln, wie die politischen Maßnahmen möglichst schnell umgesetzt werden können. Wir stehen Ihnen dabei natürlich zur Seite. Die Situation draußen erfordert einen klaren Plan, klares Handeln und eine klare Handlung.

Herr Minister, der Ball liegt nun in Ihrem Spielfeld; genauer gesagt, er liegt genau auf dem Elfmeterpunkt. Sie müssen ihn nur noch verwandeln. Bitte, Herr Minister, das Tor ist leer, niemand wehrt den Ball ab, bitte schießen Sie nicht daneben; denn einen Nachschuss haben Sie nicht.

(Zuruf von Minister Marco Tullner)

In diesem Sinne, Herr Minister, nehmen Sie schon einmal Anlauf. Meine Damen und Herren, stimmen Sie dem Alternativantrag der Koalition zu. - Vielen Dank.

(Zustimmung von Ulrich Thomas, CDU)

Für die Fraktion der CDU hat die Abg. Frau Gorr das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Zunächst könnte man meinen, der Antrag der Fraktion DIE LINKE und insbesondere seine Überschrift seien allgemeiner Konsens in diesem Hohen Haus und verlangten schon allein deshalb nichts als Zustimmung. Bei einem zweiten, etwas eingehenderen Blick auf die im Antrag geforderte Handlungsmaxime muss man jedoch zu einem etwas differenzierteren Urteil kommen.

Lassen Sie mich zunächst die positiven Seiten hervorheben, die die Koalitionsfraktionen in ihrem Alternativantrag formuliert haben. Sie, Herr Lippmann, haben bereits auf diese positiven Ansätze in unserem Antrag hingewiesen. Schönen Dank dafür!

Die erste Feststellung, die ich treffe, lautet: Die Sicherung der Unterrichtsversorgung an unseren Schulen hat für uns als Koalition in dieser Wahlperiode höchste Priorität und steht damit an erster Stelle aller bildungspolitischen Bemühungen. Unsere Debatte zum Haushalt hat gezeigt, dass die

haushalterische Verankerung im Landeshaushalt allerdings nicht immer alle Wünsche umsetzen lässt.

Die zweite Feststellung und Zielsetzung, die es zu erreichen gilt, lautet: Wir müssen alle machbaren Wege beschreiten, um junge Menschen für den Lehrerberuf zu gewinnen; wir hörten es schon. Dies ist angesichts des Konkurrenzkampfes auf dem Lehrermarkt, den sich die 16 Bundesländer liefern, nicht einfach zu bewerkstelligen.

An diesem Punkt kommt auch schon der erste einschränkende Hinweis: Wir dürfen nicht allein die Quantität der Stellenzahl im Blick haben, wir müssen mindestens gleichzeitig auch die Qualität der Ausbildung unserer Bewerberinnen und Bewerber betrachten. Ich komme dabei zwangsläufig zu dem Schluss, dass eine grundständige Lehramtsausbildung für die Aufnahme in den Lehrerberuf an erster Stelle stehen muss.

Noch anders ausgedrückt: Es darf nicht die Regel werden, Bewerbern und Bewerberinnen, die keine pädagogische Vollausbildung vorweisen können, den Vorzug vor anderen Vollbewerbern zu geben. Dennoch sind wir zurzeit in einer schwierigen Situation; ich erwähnte dies schon.

Die Koalitionsfraktionen wollen in ihrem Alternativantrag an diesem Punkt daher eine Ausnahme von der eben beschriebenen Regel zulassen, indem sie den noch im Dienst befindlichen Sprachlehrkräften, deren Verträge Ende Juni 2017 auslaufen, die Möglichkeit eröffnen, nach Absolvierung einer Qualifizierungsmaßnahme und bei Bedarf von Fächern der Stundentafel ab dem 1. Juli 2017 eine unbefristete Tätigkeit im Schuldienst des Landes Sachsen-Anhalt aufzunehmen. Damit kommen wir Ihrem Anliegen, verehrte Kolleginnen und Kollegen der Fraktion DIE LINKE, entgegen. Dieses Anliegen haben wir gemeinsam.

Ein weiteres Feld für unkonventionelle Maßnahmen eröffnet sich, wenn wir die Betrachtung auf die sogenannten Seiten- und Quereinsteiger ausdehnen. Die Landesregierung kann dabei auf eine Konzeption verweisen, die sie bereits in den Ausschuss für Bildung und Kultur eingespeist hat; sie geht zurück auf eine Vereinbarung der Kultusministerkonferenz, die dies bereits vorausschauend als Option vereinbart hat.

Wie ich schon sagte, uns allen in diesem Haus ist die Problematik hinlänglich bekannt und unsere Lösungsvorschläge decken sich in einigen Punkten. Ich kann aber nicht verhehlen, dass mir das Betrachten der reinen Statistik der Stellenangebote etwas zu kurz greift; mindestens genauso wichtig ist der Qualitätsaspekt in der Ausbildung und natürlich an erster Stelle die tatsächliche Besetzung der Stellen; denn ansonsten nützen uns Stellen im Schulbetrieb nichts.

Zum Schluss noch ein Satz zu den Referendaren. Wir haben die Notwendigkeit erkannt, Absolventinnen und Absolventen ausnahmsweise zum 1. April 2017 Stellen anzubieten, um so bereits vorhandene Lücken in der Lehrerversorgung zu schließen, bevor diese jungen Menschen unter Umständen in andere Bundesländer abwandern. An dieser Stelle gilt das Prinzip des Handelns vor dem Grundsatz der Termingebundenheit; auch dafür gibt es gute Gründe und vielen Dank dafür.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Nach der gerade erfolgten Zustimmung zum Doppelhaushalt 2017/2018, der im Gegensatz zu den zurückliegenden Jahren klare Akzente zur Verbesserung der Unterrichtsversorgung setzt, möchte ich mich bei allen bedanken, die in dieser Wahlperiode und bei den Haushaltsberatungen an vorderster Front für die Verbesserung gekämpft haben. Vielen, vielen Dank dafür.

Ich wünsche mir, dass die Lehrerinnen und Lehrer in diesem Land dies als Wertschätzung ihrer Arbeit empfinden. Besser könnte es immer sein, aber wir setzen mit diesem Haushalt ein deutliches Zeichen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Zum Abschluss der Debatte hat der Abg. Herr Lippmann noch einmal das Wort. Bitte sehr.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will die Erwiderung nutzen, um noch ein paar Ergänzungen zu machen, will aber vorher auf die Vorbemerkungen des Ministers, zu denen ich Sie provoziert habe, eingehen.

(Minister Marco Tullner: Eingeladen!)

Die Intensität und Nachdrücklichkeit bei den Themen Unterrichtsversorgung und pädagogische Mitarbeiter - das bitte ich zu akzeptieren -, wenn es also um das Personal an den Schulen geht, sind natürlich in einem unmittelbaren Zusammenhang zur Intensität und Nachdrücklichkeit der Probleme zu sehen, die in den Schulen bestehen. Auch das wiederholte Aufrufen des Themas steht natürlich in einem unmittelbaren Zusammenhang zur Intensität und Nachdrücklichkeit dieser Probleme.

Diese Probleme denken wir uns nicht aus; sie bestehen und sie müssen gelöst werden. Darauf, dass sie schwer zu lösen sind und ob dabei alles richtig gemacht wird, gehe ich noch einmal ein.

Es wurde auch angesprochen, dass wir uns immer auf politische Konstellationen fokussieren würden. An den Stellen, an denen es bei Schul

strukturfragen um ideologische Aspekte geht, ist das zweifellos so. Aber wenn es um Personalfragen geht, hat es mit den Ergebnissen dessen zu tun, was konkret handelnde Personen in konkreten Konstellationen zustande bringen. Das geht gar nicht anders.

Es ist auf jeden Fall nicht ideologisch, sondern das kann man durchdeklinieren und es gibt dabei auch Wahrheiten. Bei der Schulstruktur gibt es nicht unbedingt Wahrheiten, bei diesem Thema aber schon.

Wahr ist auch, dass zu verschiedenen Zeiten in verschiedenen Konstellationen Fehler gemacht werden. Ich sage noch einmal, dass ich seit 15 Jahren - das können einige bestätigen - unterwegs bin und das nie anders gemacht habe.

(Zustimmung von Hendrik Lange, DIE LIN- KE)

Das habe ich bei Herrn Olbertz nicht anders gemacht. Das habe ich bei Stefan Dorgerloh nicht anders gemacht und das mache ich bei Ihnen auch nicht anders. Die Fehler werden dann benannt, wenn sie gemacht werden.

(Zustimmung bei der LINKEN)