Protokoll der Sitzung vom 03.03.2017

(Beifall bei der LINKEN)

Werte Kolleginnen und Kollegen! Probleme haben wir im Land aber nicht nur bei den kommunalen Krankenhäusern, sondern auch bei den beiden landeseigenen Universitätskliniken.

Im Oktober 2016 haben zahlreiche Studentinnen und Studenten hier vor dem Landtag für eine bessere Finanzausstattung der Unikliniken protestiert. Alle Fraktionen haben sich von diesem Pult aus stark gemacht für eine bessere Finanzausstattung der Unikliniken und haben sich zu deren Rolle als Maximalversorger bekannt.

In den Haushaltsberatungen hat DIE LINKE sich von Beginn an für eine angemessene Finanzierung der Unikliniken eingesetzt, wie auch in den vergangenen Jahren.

Denn dieses Thema ist nicht neu. Auch der Landesrechnungshof hat sich mit dem Finanzierungsproblem der Universitätskliniken befasst; das war bereits im Jahr 2013.

Laut Rechnungshofbericht bestanden schon vor vier Jahren für beide Universitätskliniken bestandsgefährdende Risiken. Dazu gehören die Investitionsfinanzierung, die Tarifentwicklung und die sinkende Liquidität. Diese Probleme können die Unikliniken nicht aus eigener Kraft bewältigen. Die zu geringen Investitionszuschüsse haben in den vergangenen Jahren zu einem Investitionsstau geführt, dem dringend entgegengewirkt werden muss.

Wir halten es für unbedingt erforderlich, dass das Land eine kontinuierliche Finanzierung auf hohem Niveau stellt.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Universitätskliniken leisten nicht nur ambulante und stationäre Versorgung, sondern sie behandeln auch Not- und Spezialfälle. Um eine dauerhafte Betriebsfähigkeit der beiden Unikliniken sicherzustellen und entsprechende Investitionen

tätigen zu können, sind grundsätzlich 3 % des Gesamtumsatzes der Universitätskliniken notwendig. Das sind 7,2 Millionen € je Uniklinik pro Jahr.

In der Bereinigungssitzung haben die Koalitionsfraktionen einen Antrag vorgelegt, der höhere Investitionszuschüsse ermöglichen soll. Insgesamt steigt dadurch die Förderung auf 4,2 Millionen € je Klinik pro Jahr.

Die Erhöhung wäre durchaus löblich, würden Sie nicht „linke Tasche, rechte Tasche“ mit den Universitäten und den Studierenden spielen. Denn, so die neue Regelung aus dem Last-MinuteAntrag der Koalitionsfraktionen: Wenn das Geld für Investitionen nicht reicht, greifen Sie noch einmal in die BAföG-Mittel.

Dabei wissen Sie doch heute schon, dass die Investitionsmittel nicht reichen. Sie wissen heute schon, dass Sie den Universitäten in die Tasche greifen werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Den Universitäten haben Sie Geld für die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, für Maßnahmen zur Inklusion und Internationalisierung versprochen. Diese Mittel nutzen Sie nun, um den Krankenhausbetrieb aufrechtzuerhalten.

Diesen Etikettenschwindel wollen wir verhindern; auch dazu liegt Ihnen ein Änderungsantrag vor. Er sichert die BAföG-Mittel für den versprochenen Zweck; er sichert die Investitionen für die Unikliniken.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es gibt noch ein weiteres grundsätzliches Thema, das uns umtreibt. Auch bei diesem Themenbereich wird die vom Land vorhergesehene Unterstützung nicht reichen, um die bestehenden Probleme in den Griff zu bekommen. Wir begeben uns in den Dunstkreis des Bildungsministeriums. Dort fühlt man sich mitunter wie auf einem Basar. Der eine will 250, der andere bietet 150 und zum Schluss einigt man sich auf 80. Dass wir eigentlich sogar mehr als 350 Lehrer pro Jahr benötigen, um eine Unterrichtsversorgung von 103 % zu gewährleisten, spielte auf dem Lehrerbasar offensichtlich keine Rolle.

(Beifall bei der LINKEN)

Natürlich könnte man jetzt sagen, dass die Landesregierung diese Probleme nur geerbt hat. Aber wenn ich mir den einen oder anderen Koalitionspartner so anschaue, würde ich sagen, die Erben kommen mir doch seltsam bekannt vor.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Landesregierung konnte auf eine Anfrage meiner Fraktion im Bildungsausschuss ziemlich genau sagen, wie viele zusätzliche Stellen nötig wären, um eine Unterrichtsversorgung von 103 %

zu erreichen, nämlich 372 mehr im Jahr 2017 und 257 mehr im Jahr 2018. Wohl gemerkt, das sind die Zahlen der Landesregierung, nicht unsere.

Aber es tauchte während der Haushaltsverhandlungen ein Hoffnungsschimmer auf. Die SPDFraktion sah nach einem Fachgespräch offenbar ein, dass der Koalitionsansatz nicht reicht, und forderte 250 zusätzliche Lehrkräfte im Jahr 2017.

Wir halten das nach wie vor für zu wenig, erkennen aber einen Schritt in die richtige Richtung an, den wir unterstützen. Diesen können wir mit unseren Deckungsvorschlägen auch gegenfinanzieren. Wenn Sie Ihr inhaltlich begründetes Ziel ernst nehmen, stimmen Sie unserem Antrag zu. 80 Lehrer mehr im Jahr 2017 bringen uns nicht weit.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Problem der mangelnden Unterrichtsversorgung ist damit nicht gelöst. Auch in diesem und im kommenden Schuljahr wird unnötig viel Unterricht ausfallen, werden Schülerinnen und Schüler im Lehrstoff hinterher hängen und es wird vielleicht sogar Schulen geben, in denen einige Fächer gar nicht angeboten werden können.

All den Eltern, deren Kinder aktuell zur Schule gehen, kann ich nur sagen: Gehen Sie zu Ihren Abgeordneten vor Ort, beschweren Sie sich, machen Sie Druck. Auch Ihr Kind hat eine gute Bildung verdient, aber diese Landesregierung setzt sie aufs Spiel. Lassen Sie sich das nicht gefallen.

(Beifall bei der LINKEN)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Während auf der einen Seite des Haushaltes Geld fehlt, weiß man auf der anderen Seite nicht, wie man das Geld unter die Leute bringen soll. Dazu möchte ich Ihnen ein kleines Beispiel aus dem Arbeitsmarktbereich bringen. Das Oberthema heißt „soziale Innovation“.

Wir sind ganz bei Ihnen, dass uns technische Innovationen allein nicht weit bringen. Allein mit dem E-Auto oder mit dem WLAN-fähigen Treppenlift werden wir unsere gesellschaftlichen Herausforderungen nicht meistern. Wir brauchen dringend mehr soziale Innovationen, andere Formen des Zusammenlebens, andere Formen des Konsums und nachhaltige Lebensweisen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich halte der Landesregierung zugute, dass auch sie das mittlerweile erkannt hat und soziale Innovationen fördern will. Aber warum in aller Welt brauchen wir dafür 24 neue Stellen bei der Investitionsbank? Warum in aller Welt vergeben Sie den Zuschlag dafür zwischen Weihnachten und Neujahr 2016? Und warum erzählen Sie dem Finanzausschuss erst im Frühjahr 2017 davon?

In den Haushaltsberatungen haben Sie uns erzählt, das Ganze sei ein Experiment, mit dem Sachsen-Anhalt eine Vorreiterrolle bei sozialen Innovationen einnehmen würde. Nur fünf Minuten Recherche und Sie hätten gesehen, wie viele Kompetenzzentren, Forschungsinstitute und Vereine für soziale Innovation es bereits gibt; diese leisten schon lange gute Arbeit und ihre Erkenntnisse stellen sie sicher auch der Landesregierung frei und unentgeltlich zur Verfügung. Unser Kompetenzzentrum kostet übrigens 5 Millionen €.

Kann es sein, dass die Landesregierung vielleicht gar kein Informations- und Erkenntnisproblem hat, welches sie mit einem Dutzend neuer Stellen für ihre teuren Investitionsbanker lösen muss? Sie hat vielleicht eher das Problem, dass die ESFMittel nicht abfließen, nämlich nur 60 % im vergangenen Jahr. Offensichtlich wollen Sie den Abfluss der Gelder mit diesem Kompetenzzentrum beschleunigen. Von den insgesamt 5 Millionen €, die das Zentrum kostet, kommen 4 Millionen € von der EU.

Wir befürchten, dass Sachsen-Anhalt lediglich eine Vorreiterrolle beim Geld-zum-Fenster-Hinauswerfen einnehmen wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Das wollen wir verhindern und darum liegt Ihnen ein Änderungsantrag zu diesem Haushaltstitel vor.

Aber wir wollen ja nicht nur meckern, sondern auch konstruktive Vorschläge machen.

(Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff: Zu- stimmen!)

Daher hier eine Idee, wie Sie die ESF-Mittel, die sie nicht loswerden, besser einsetzen können. Im Wirtschaftsministerium haben Sie die Innovationsassistenten bisher aus ESF-Mitteln gefördert. Nun stellen Sie aber Landesmittel in Höhe von 2 Millionen € bei diesem Haushaltstitel ein. Die Begründung lautet, die ESF-Mittel reichten nicht aus und es ließe sich nichts aus anderen Häusern umstrukturieren.

Fassen wir zusammen: Die ESF-Mittel fließen in allen Bereichen schlecht ab. Daher müssen wir EU-Mittel in Höhe von mehr als 100 Millionen € zurückzahlen. Um das in der neuen Förderperiode zu verhindern, wollen Sie das Geld nun für teure Experimente zum Fenster hinauswerfen. Für die bewährten Innovationsassistenten ist nun aber kein Geld mehr da. Wem wollen Sie das bitte erzählen?

(Zustimmung bei der LINKEN)

Das ist eine Konzeptlosigkeit im Umgang mit den EU-Förderprogrammen, die nicht nur EU-Gelder in Millionenhöhe kostet. Sie kostet gleichzeitig

noch Millionen an Landesmitteln, die wir an anderen Stellen viel dringender benötigen. Das überzeugt uns alles nicht; daher haben wir auch dazu einen Änderungsvorschlag vorgelegt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie uns vom Wirtschaftsministerium aus nun einen Blick Richtung Elbe werfen. Dort findet sich das wohl größte Sparschwein dieses Landeshaushaltes, das Ministerium unseres Verkehrsministers. Hier ist es schon so weit gekommen, dass man sogar Joey Kelly einladen muss, um das Sparschwein etwas schlanker zu machen. Aber dazu komme ich gleich noch.

(Zustimmung bei der LINKEN - Zuruf von Frank Scheurell, CDU)

Schon seit Jahren haben Sie Probleme, die Regionalisierungsmittel auszugeben. Eine Bugwelle von 64 Millionen € an Ausgaberesten haben Sie bereits aus den vorherigen Haushaltsjahren mitgebracht. Mittlerweile haben Sie einen dreistelligen Millionenbetrag auf der hohen Kante liegen.

(Zuruf von Frank Scheurell, CDU)

Sie verdienen sogar Zinsen mit dem Geld, welches Sie nicht für den eigentlichen Zweck einsetzen. Der Zweck ist, den Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land einen attraktiven Schienenpersonenverkehr zur Verfügung zu stellen. Sie haben noch viel Luft nach oben, um die Bemühungen zu verstärken.

(Zustimmung von Frank Scheurell, CDU)

Zu Joey Kelly. Herr Minister, es ist schön, dass Sie heute da sind. Sie sind der einzige Minister, der bei den Haushaltsberatungen in Finanzausschuss nicht anwesend war. Aber ich denke, wir sehen uns bald, schließlich wollen Sie vom Finanzausschuss eine Freigabe für Ihre Luxuskonferenz. Die sogenannte Hafenhinterlandkonferenz war eines der Highlights dieser Haushaltsberatungen.