Protokoll der Sitzung vom 03.03.2017

Abgesehen davon, dass das eine Milchmädchenrechnung ist, oder wie es in einem Kinderlied heißt: Zwei mal drei macht vier, widewidewitt und drei macht neune - in Wahrheit richtet sich doch die gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit der AfD genauso gegen Einheimische wie gegen Migrantinnen und Migranten.

(Zustimmung bei der SPD - Ha, ha! bei der AfD)

Ich erinnere nur daran, wie in der Debatte über die Zukunft der Schulsozialarbeit von der AfD der gesamte Ansatz als links-grüner Politquatsch abgetan wurde, verbunden mit der Botschaft, Schülerinnen und Schüler, deren Lernerfolg bedroht ist, sollen sich halt anstrengen. Die von Ihnen vorgelegten Änderungsanträge Ä 20 und Ä 21 besagen genau das. Sie wollen das nicht. Sie wollen Kindern und Jugendlichen, denen es schwerfällt, keine Chance bieten. Sie sind Ihnen einfach piepegal. Das zeigt sich hier wieder.

(Beifall bei der SPD und bei der LINKEN - Zuruf von Robert Farle, AfD)

Sie wissen anscheinend nicht so gut wie wir, dass diese Kinder oft aus Familien kommen, in denen sie nicht vermittelt bekommen, dass Anstrengung sich lohnt und Lernen belohnt wird.

Der Unterschied zwischen Ihnen und uns ist, diese Menschen können noch so deutsch sein, Sie sind Ihnen vollkommen egal, Sie haben sie längst aufgegeben.

(Zuruf von der AfD)

Wir tun das nicht. Wir wollen jeden mitnehmen. Jeder und jede gehört dazu.

(Zurufe von der AfD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will die Gelegenheit nutzen, noch ein wenig in die finanzpolitische Zukunft zu blicken. Da ist zum einen ein Merkposten für die laufenden Haushaltsperioden, den wir nicht aus den Augen verlieren dürfen. Der Landtag hat im September letzten Jahres beschlossen, dass die Mittel aus dem gescheiterten Betreuungsgeld des Bundes auch 2018, wie schon in den Jahren 2016 und 2017, für die Entlastung der Eltern bei den Kita-Beiträgen eingesetzt werden sollen.

Der Haushalt berücksichtigt das für das Jahr 2018 noch nicht, weil das Ergebnis der laufenden Evaluation des KiFöG noch nicht vorliegt und Konsequenzen für die zukünftige Finanzierung noch nicht bekannt sind, ebenso wenig wie mögliche Anforderungen des Bundesverfassungsgerichtes aus dem laufenden Verfahren. Wir sollten nur darauf achten, dass der Schutz der Eltern vor übermäßigen Beiträgen auch für 2018 auf der Tagesordnung steht.

Für die weitere Finanzplanung und für künftige Haushalte dieser Koalition möchte ich gern drei Ziele formulieren, nicht zuletzt im Interesse der Glaubwürdigkeit der Politik.

Erstens. Leitfaden für die Aufstellung künftiger Haushalte ist die Gesamtheit der von der Koalition vereinbarten Vorhaben. Die Geschäftsgrundlage ist nicht: Verwirklicht werden ein paar Prioritäten und der Rest wird zugunsten der Haushaltskonsolidierung geschreddert. Unser Ziel muss es vielmehr sein, für alle Vorhaben eine solide finanzielle Basis zu erarbeiten.

Zweitens. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir alle Möglichkeiten ausschöpfen, um künftige Haushaltsüberschüsse so weit wie möglich nutzbar zu machen, damit wir mehr finanziellen Spielraum erhalten. Das eingesparte Geld nur zu einem Bruchteil im Folgejahr investieren zu können, ist Bürgerinnen und Bürgern kaum zu vermitteln.

Um ein Beispiel zu nennen: 80 zusätzliche Lehrerinnen und Lehrer sind nur ein Bruchteil dessen, was wir brauchen, um das vereinbarte Ziel von insgesamt 16 400 Vollzeitstellen an den Schulen und eine tatsächliche Unterrichtsversorgung von 103 % zu erreichen.

Ich verspreche, dass meine Fraktion an dem Thema dauerhaft so hartnäckig dran bleiben wird wie während der Haushaltsberatungen.

Drittens. Wir sollten alle Möglichkeiten ausschöpfen, um künftige neue Finanzierungshilfen des Bundes für unser Land nutzbar zu machen. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass die Bundesregierung eine gesetzliche Initiative zur Qualitätssteigerung der frühkindlichen Bildung unternehmen wird. Ich gehe davon aus, dass dazu auch finanzielle An

reize geschaffen werden, die wir uns nicht entgehen lassen sollten.

Wir sollten uns darüber hinaus für weitere Lockerungen des Kooperationsverbotes stark machen. Ein Beispiel. Ich hatte in der vergangenen Woche die Gelegenheit, dem SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz vorzustellen, wie sich die Hochschulpolitiker meiner Partei eine Zusammenarbeit von Bund und Land bei der zukünftigen Finanzierung der Hochschulmedizin vorstellen. Hier liegen Potenziale, um das Land wirksam zu entlasten und Innovation voranzubringen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte nach anstrengenden Haushaltsberatungen namens meiner Fraktion unseren Dank aussprechen, den Dank an alle, die von außerhalb des Landtages auf Verbesserungen am Haushaltsplanentwurf gedrängt haben, ob das nun die demonstrierenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Unikliniken waren oder zahlreiche Vereine und Verbände, die Träger zivilgesellschaftlicher Kultur in unserem Land sind.

Ich danke besonders all denen in den Ministerien, die mitgeholfen haben, die Probleme des Übergangs zu meistern und dafür zu sorgen, dass während der vorläufigen Haushaltsführung laufende Projekte fortgeführt werden konnten.

(Zustimmung bei der SPD)

Ich danke den Abgeordneten aller demokratischen Parteien, die sich mit konstruktiven Vorschlägen in die Haushaltsberatungen eingebracht haben, aber insbesondere auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Finanzministeriums und der anderen Ministerien, der Ausschüsse des Landtages, der Landtagsverwaltung und den demokratischen Fraktionen des Hauses. Kein Haushalt würde je ohne die Leistung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zustande kommen. Das gehört zur Ehrlichkeit dazu.

(Beifall bei der SPD)

Ich danke ganz persönlich auch dem Finanzminister für seine kollegiale Gesprächsführung und für seine unaufgeregte Art. Sie können sicher sein, gerade die SPD-Fraktion weiß, was der Unterschied ist.

(Heiterkeit bei der SPD und bei den GRÜ- NEN - Zuruf von Siegfried Borgwardt, CDU)

An diesen Finanzminister habe ich zum Schluss eine Bitte. Bei Günther Jauch gilt: Gewinn ist Gewinn. Niemand sagt am Ende der Sendung: Jetzt warten wir ein Vierteljahr, bis wir den Auszahlungserlass fertig haben.

Lieber André Schröder, bitte sorgen Sie mit Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dafür, dass der Entwurf des Haushaltsführungserlasses

so schnell wie möglich vorliegt und tatsächlich Geld ausgegeben werden kann. Das Geld, die Projekte müssen unter die Leute, die Projekte müssen an den Start. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und von der Regierungsbank)

Vielen Dank, Frau Dr. Pähle. Ich sehe keine Anfragen. - Somit kommen wir zur nächsten Debattenrednerin. Das ist die Abg. Frau Heiß für die Fraktion DIE LINKE. Sie haben das Wort, Frau Abgeordnete.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Willkommen im Doppelhaushalt 2017/2018 - der Haushalt, bei dem sich die Koalitionspartner Wünsche erfüllen, aber keine Prioritäten setzen, ein Haushalt, der nur funktioniert, weil man alle Sparschweine schlachtet und trotzdem eine globale Minderausgabe braucht, ein Haushalt, in dem man überall ein bisschen macht, aber nirgendwo ausreichend. Trotzdem findet der Finanzminister alles gut und wunderbar. Aber lassen Sie uns die rosarote Kenia-Brille abnehmen und realistisch auf das vorgelegte Papier schauen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was ist das Wichtigste im Leben? - Es ist nicht das Geld, um das es hier geht, sondern es ist die Gesundheit. Gesundheit weiß man erst zu schätzen, wenn man selbst krank ist, eine Operation braucht oder vielleicht eine Therapie.

Das Netz der Krankenhäuser im Land hat sich seit 1989 sehr verändert. Es sind weniger Krankenhäuser geworden, Schwerpunkte haben sich verlagert und aus ehemals kommunalen sind private Krankenhäuser geworden.

Im Land gibt es unterschiedliche Arten von Krankenhäusern: die frei-gemeinnützigen, die privaten und die kommunalen. Die kommunalen Krankenhäuser spielen in diesem Haushalt eine ganz besondere Rolle. Sie sollen künftig nicht mehr aus dem Einzelplan des Sozialministeriums gefördert werden, sondern aus dem Einzelplan 13. Das ist der Einzelplan für die allgemeine Finanzverwaltung.

Ich ahne, dass dahinter keine fachlichen Gründe stehen, sondern politische. Die Landesregierung hat den Kommunen nämlich mehr Geld für Investitionen versprochen. Doch statt mehr Geld zur Verfügung zu stellen, nimmt sie das Geld einfach aus den Einzelplänen heraus.

Die Krankenhäuser bekommen unter anderem Geld vom Land für Baumaßnahmen und Investitionen in moderne Geräte. Bisher gab es für die

se Förderung zwei verschiedene Titel im Einzelplan 05, eines für öffentliche Krankenhäuser und eines für frei-gemeinnützige und private Krankenhäuser.

Sehr geehrte Frau Abgeordnete, darf ich kurz unterbrechen? - Ich bitte um zwei Dinge: einmal darum, dass Sie vielleicht etwas lauter sprechen, denn die Abgeordneten können Sie nicht richtig verstehen. Weiterhin bitte ich darum, dass bei den Abgeordneten der Geräuschpegel abgesenkt wird. Dann haben wir alle etwas davon. - Vielen Dank.

(Zustimmung von Frank Scheurell, CDU)

Die beiden genannten Titel waren untereinander deckungsfähig. Wenn aus einem Titel also weniger Geld abgeflossen ist, konnte der andere Titel davon profitieren. Diese sogenannte Deckungsfähigkeit fällt nun weg. Sollten die öffentlichen Krankenhäuser mehr Geld benötigen, haben sie ein Problem. Aus unserer Sicht ist das eine klare Benachteiligung der öffentlichen Krankenhäuser.

(Beifall bei der LINKEN)

Anders als private Krankenhäuser können kommunale nicht einfach Geld zum Ausgleich von ihrem Mutterkonzern bekommen. Man kann dort nicht einfach von einem gewinnbringenden auf ein defizitäres Krankenhaus umschichten. Jedes

kommunale Krankenhaus steht für sich allein. Außerdem sind die kommunalen Krankenhäuser immer auf den Willen der Kommune angewiesen. Dort bestimmt der Stadtrat, wie mit dem Krankenhaus weiter verfahren wird.

Was kann also passieren? - Die kommunalen Krankenhäuser könnten in einen Modernisierungsrückstand geraten. Sie könnten nicht mehr alle Behandlungen durchführen oder defizitär werden. Vielleicht muss das eine oder andere Krankenhaus geschlossen werden oder es wird vielleicht von einem privaten Träger übernommen.

Die Frage ist, ob die Landesregierung das bei ihrer Verschiebung in den Einzelplänen bedacht hat und, wenn ja, mit welcher Intention. Dazu muss man wissen, dass im Land weiter Betten abgebaut, Konzentrationen und Spezialisierungen vorgenommen werden sollen. Für diesen Prozess gibt es sogar ein neu aufgelegtes Förderprogramm des Bundes. Kommt es da vielleicht gelegen, wenn das ein oder andere Krankenhaus vielleicht von ganz allein kleiner wird, weil man ihm keine andere Wahl lässt? - Dagegen verwahren wir uns.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir wollen, dass die Förderung der öffentlichen Krankenhäuser wieder zurück in den Einzelplan des Sozialministeriums wandert und dass die Deckungsfähigkeit gegeben ist. Wir fordern, dass die Krankenhäuser mehr finanzielle Mittel zur Verfügung haben.

Die kommunalen Krankenhäuser sind das Rückgrat der Krankenversorgung im Land. Sie übernehmen dort Leistungen, wo sich private Krankenhausträger schon längst zurückgezogen haben, zum Beispiel bei der Geburtshilfe. Sie sind eine wichtige und elementare Grundversorgung im ländlichen Raum.

Verehrte Landesregierung, Sie spielen hier mit einer der wichtigsten Säulen der Daseinsvorsorge. Krankenhäuser sind aber kein Spielball.

(Beifall bei der LINKEN)