Protokoll der Sitzung vom 05.04.2017

Kleine Anfragen für die Fragestunde zur 12. Sitzungsperiode des Landtages von Sachsen-Anhalt

Fragestunde für mehrere Abgeordnete - Drs. 7/1202

Gemäß § 45 der Geschäftsordnung des Landtages findet in jeder im Terminplan festgelegten Sitzungsperiode eine Fragestunde statt.

Es liegen Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, in der Drs. 7/1202 15 Kleine Anfragen für die Fragestunde vor.

Ich rufe als ersten Fragesteller den Abg. Oliver Kirchner von der AfD-Fraktion auf.

Ich rufe die

Frage 1 Ausstattung Personalisierungsinfrastrukturkomponente

auf. Sie haben das Wort.

Laut Information des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) können derzeit mehr als 90 % der Ausländerbehörden in Deutschland aufgrund fehlender Personalisierungsinfrastrukturkomponenten keine Fingerabdrücke von Asylsuchenden vergleichen. Die Personalisierungsinfrastrukturkomponente ist notwendig, um Fingerabdrücke abzunehmen und zu vergleichen. Missbräuchliche Mehrfachregistrierungen sind

demnach weiterhin möglich (welt.de, 07.02.2017).

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie viel Prozent der Ausländerbehörden in

Sachsen-Anhalt nutzen bis dato eine Personalisierungsinfrastrukturkomponente?

2. Welche Maßnahmen zur Unterstützung der

Kommunen zur Umsetzung eines flächendeckenden Einsatzes von Personalisierungsinfrastrukturkomponenten hat die Landesregierung ergriffen?

Der Innenminister Herr Stahlknecht hat für die Landesregierung das Wort.

Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich beantworte die Anfrage im Namen der Landesregierung wie folgt.

In der Ministerpräsidentenkonferenz am 9. Februar dieses Jahres wurde mit Blick auf die Ertüchtigung des Ausländerzentralregisters unter anderem die Ausstattung der Ausländerbehörden mit Personalisierungsinfrastrukturkomponenten - abgekürzt PIK - erörtert.

Die Ausländerbehörden sind zur Erstregistrierung einschließlich einer ID-Behandlung mit Fingerabdrücken verpflichtet, wenn Asylsuchende dort zuerst vorsprechen, was in der Praxis allerdings höchst selten vorkommt.

Der Bund beabsichtigt die Ausstattung der Ausländerbehörde mit PIK-Geräten, damit diese ihrer gesetzlichen Verpflichtung nachkommen können. Wir wissen aber auch, dass einige Länder andere Lösungen favorisieren und statt der PIK-Geräte vorzugsweise auf Schnittstellen für ihre jeweiligen Fachverfahren bauen und lediglich ergänzende Hardware beschaffen wollen.

Die PIK-Geräte, die Datensätze im AZR anlegen und Ankunftsnachweise ausdrucken, sind für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und die Erstaufnahmeeinrichtungen in den Ländern konzipiert. Sie unterstützten im Moment keine Prozesse auf kommunaler Ebene, die die Kommunen in die Lage versetzen, Aufgaben effizienter zu lösen. Deshalb sind die Ausländerbehörden in Sachsen-Anhalt derzeit auch nicht mit PIK-Geräten ausgestattet.

Vielmehr sind auf der kommunalen Ebene vorrangig Prozesse zur Identitätsfeststellung sowie zur Identitäts- und Dokumentenprüfung umzusetzen. Diese müssen individuell betrachtet und jeweils mit geeigneten Werkzeugen technisch unterstützt werden. Hierzu können gegebenenfalls auch Teile der in der PIK enthaltenen Peripheriegeräte bei sinnvoller Einbindung in bestehende Fachverfahren verwendet werden.

Selbst wenn die PIK-Ausstattung bundesweit vorgenommen werden sollte, fehlt es aktuell an Aussagen des Bundes zum Verfahrensablauf, zur Koordinierung, zur Schulung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ausländerbehörden und zum Support.

Um am integrierten Identitätsmanagement und der Datenpflege im Kerndatensystem teilnehmen zu können, müssen zunächst die technischen Voraussetzungen in den kommunalen Ausländerbehörden geschaffen werden. Dazu finden derzeit die erforderlichen Abstimmungen konkreter Handlungsbedarfe und prozessualer Herangehensweisen zwischen den beteiligten Behörden statt. Erste Schätzungen gehen von einem Haushaltsmittelbedarf von ca. 200 000 € in unserem Bundesland aus.

Die Bundeskanzlerin hat allerdings in der Ministerpräsidentenkonferenz eine Kostenübernahme durch den Bund für die technische Ausstattung der Ausländer- und Sozialbehörden auf kommunaler Ebene und auf Landesebene zugesagt. Das Vorsitzland hatte daraufhin um eine Mitteilung zum weiteren Vorgehen bei der Umsetzung des Vorhabens gebeten.

Eine zeitnahe Positionierung des Bundes ist dringend erforderlich, um die weiteren Planungen zur Ermöglichung zum einen einer gesetzeskonformen Erfassung von Asylbegehren und zum anderen der bis Jahresende geplanten Erfassung von unerlaubt eingereisten Ausländern und unbegleiteten minderjährigen Ausländern sowie zur medienbruchfreien Kommunikation aller Verfahrensbeteiligten voranbringen zu können.

Die Finanzierung der Beschaffung von Hardware sowie die Entwicklung entsprechender Software für die Anwendung des eigenen Fachverfahrens außerhalb der Nutzung von PIC-Geräten spielt für die Umsetzung der Maßnahme eine wesentliche Rolle. Weitergehende Ausführungen des Bundes zur finanziellen Unterstützung würden hierfür die erforderliche Planungssicherheit geben.

In der 7. Sitzung des Koordinierungsprojektes „Digitalisierung des Asylverfahrens“ am 16. Februar 2017 in Berlin hatte das Bundesministerium des Innern vor dem Hintergrund der Absprachen bei der Ministerpräsidentenkonferenz am 9. Februar 2017 bezüglich der Ausstattung von Ausländerbehörden sogar empfohlen, zunächst abzuwarten.

Gleichwohl befindet sich die Ausstattung der Behörden in Sachsen-Anhalt auf einem guten Wege. Dabei betrachten wir nicht nur die Ausländerbehörden; denn die Digitalisierung des Asylverfahrens betrifft zugleich die Sozialämter und die Jugendämter. Auch die Anbindung der Gesundheitsämter erscheint in diesem Zusammenhang etwa zum Austausch von Gesundheitsdaten im Rahmen von Erst- und Folgeuntersuchungen sinnvoll. - Vielen Dank.

Danke. Ich sehe keine Nachfragen.

Dann kommen wir nun zur

Frage 2 Auflösung des Beirates des Landesprogramms für ein geschlechtergerechtes Sachsen-Anhalt

Sie wird vom Abg. Sebastian Striegel gestellt. Herr Striegel, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, vielen herzlichen Dank. - In der sechsten Wahlperiode beschloss der Landtag das Landesprogramm für ein geschlechtergerechtes Sachsen-Anhalt. Im Koalitionsvertrag findet sich dazu Folgendes:

„Das 'Landesprogramm für ein geschlechtergerechtes Sachsen-Anhalt' ist […] ein gutes und geeignetes Instrument. Unter Nutzung neuer Strategien und der Einbin

dung aller Ressorts setzen wir die Maßnahmen konsequent um und entwickeln qualitative Kriterien und bis Ende 2017 eine Zeitschiene zur Weiterentwicklung des Programms.“

Ich frage die Landesregierung:

1. Warum und mit welchem Ziel wurde der Beirat

aufgelöst?

2. Welche gesellschaftlichen Organisationen sol

len nach welchem Zeitplan die Fortführung des Landesprogramms begleiten?

Danke. - Es antwortet Ministerin Frau Keding.

Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Striegel! Für die Landesregierung beantworte ich die Frage des Herrn Abg. Striegel wie folgt.

Das Landesprogramm für ein geschlechtergerechtes Sachsen-Anhalt wurde in einem breit angelegten und dialogorientierten Prozess unter Einbindung einer Vielzahl von Akteurinnen und Akteuren erarbeitet. Die Arbeitsgruppen umfassten mehr als 200 Vertreter von Vereinen und Verbänden, aber auch Behörden. Auf Vorschlag der Projektlenkungsgruppe wurde dann ein Beirat unter Vorsitz des Staatssekretärs gegründet, um die Umsetzung des erarbeiteten Landesprogramms zu begleiten und die zuständige Ministerin in wissenschaftlichen und fachlichen Sachverhalten zum Landesprogramm zu beraten und zu unterstützen.

Die Landtagswahl im Jahr 2016 führte zu einer Neubesetzung des Amtes der Ministerin für Justiz und Gleichstellung, wie man sehen kann. Daraus resultiert eine Neuberufung des die Ministerin beratenden Beirates. Dazu war zunächst der Rahmen zu klären, was Bestellung, Kompetenzen, Verfahren etc. angeht. Weiterhin ist eine Geschäftsordnung entwickelt worden, die dieses abbildet. Nachdem wir das abgeschlossen hatten, wurden die bisherigen Mitglieder des Beirats informiert und wurde ihnen für ihre bisherige Tätigkeit im Beirat gedankt.

In enger Anlehnung an die Handlungsfelder des Landesprogramms und dessen inhaltliche Breitenwirkung wurden Organisationen und Verbände um die Benennung von Kandidaten für diesen neu zu konstituierenden Beirat gebeten. Der neu zu konstituierende Beirat soll aus maximal 20 Personen bestehen, die von den gleich aufgeführten Organisationen vorgeschlagen werden und aus deren Reihen stammen sollten.

Dabei ist vorgesehen, dass Nichtregierungsorganisationen bis zu zehn Personen vorschlagen können, der Landesfrauenrat drei Personen, der Lesben- und Schwulenpolitische Runde Tisch drei Personen, die Kirchen und religiösen Gemeinschaften zwei Personen und die zuständige Ministerin zwei Personen.

Bei den Nichtregierungsorganisationen wurden angeschrieben die Landesrektorenkonferenz, das Institut für Hochschulforschung Halle-Wittenberg, die Koordinierungsstelle Genderforschung und Chancengleichheit, das Kompetenzzentrum geschlechtergerechte Kinder- und Jugendhilfe Sachsen-Anhalt e. V., die Industrie- und Handelskammern sowie die Handwerkskammern, die Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände in Sachsen-Anhalt AWSA e. V., der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Landesvereinigung für Gesundheit, der Deutsche Familienverband Sachsen-Anhalt und die Stelle für Landesintervention und -koordination bei häuslicher Gewalt und Stalking, LIKO e. V.

Die Organisationen haben sich teilweise schon zurückgemeldet. Etwa die Hälfte hat Personen benannt. Sobald sich alle gemeldet haben bzw. der Endtermin erreicht worden ist, wird eine Benennung dieser Personen erfolgen und eine Konstituierung des Beirates vorgenommen.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Sehr gut!)

Danke. Ich sehe keine Nachfragen.