Aber vielleicht noch einige Erläuterungen: Einkünfte aus Kapitalvermögen sind nicht nur die Zinsen auf Omas Sparbuch. Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören vor allem Dividenden, Gewinnanteile, Investmenterträge sowie Zinsen aller Art, nachzulesen in § 20 des Einkommensteuergesetzes. Als Einkünfte aus Kapitalvermögen gelten dabei nur solche Einnahmen, die einem Privatvermögen zuzuordnen sind. Sobald diese Einnahmen zu einem Betriebsvermögen gehören, sind sie dort zu erfassen und mit dem für das Unternehmen zutreffenden Steuersatz zu versteuern.
Einschlägig wäre hier das Teileinkünfteverfahren, zu dem viel zu sagen wäre, das aber nicht Gegenstand des Antrags im Bundesrat ist. Von dem Antrag erfasst sind also nicht Unternehmen, sondern ausschließlich private Einkünfte, Privatvermögen.
Wer jetzt wieder an Omas Sparbuch denkt, den kann ich beruhigen. Nach § 20 Abs. 9 des Einkommensteuergesetzes gibt es dafür einen sogenannten Sparer-Pauschbetrag von 801 € für Alleinstehende und 1 602 € für Ehegatten.
Da aber der größte Teil der Steuerbürger keine Zinseinnahmen von mehr als 800 € hat, ist von der im Antrag genannten Regelung der überwiegende Teil der Bevölkerung nicht erfasst. Ausweislich der Einkommensteuerstatistik des Bundes 2012 wurden 9,8 Milliarden € Einkünfte aus Kapitalvermögen von 2,2 Millionen Steuerpflichtigen erfasst. Das waren je Steuerpflichtigem Durchschnittseinkünfte aus Kapitalvermögen von 4 402 €, der Median lag bei 1 533 €. Diese Einkünfte wollen wir künftig wieder mit einem individuellen Steuersatz erfassen.
Für alle, die meinen, das führe zu einem aufwendigeren Verfahren, denen sei gesagt, am Steuerabzugsverfahren an der Quelle ändert sich durch diese Regelung nichts. Auch künftig werden die Banken eine Zinsabschlagsteuer abführen und bescheinigen, so wie jetzt auch. Auch im Veranlagungsverfahren ändert sich nicht viel, dank elek
tronischer Übermittlungsverfahren. Auch das Argument der mangelnden Kontrolle dieser Einkünfte trägt nicht mehr.
Mit dem Gesetz zum automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten in Steuersachen - so heißt das Gesetz - wird die Grundlage für eine effektive Besteuerung auch ausländischen Kapitals geschaffen. Künftig findet ein Austausch zwischen den Mitgliedstaaten der EU und zahlreichen OECD-Ländern statt. Die Koalition von CDU und SPD in Berlin berät zurzeit das Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz - das heißt wirklich so -, das die Streichung des § 30a der Abgabenordnung zum Gegenstand hat. Für alle, die ihn nicht kennen: Das ist das Bankgeheimnis.
Auch sollen nach dem Gesetzentwurf zahlreiche Anzeige- und Mitteilungspflichten für Banken neu begründet werden. Man muss also künftig nicht mehr aus Angst vor Steuerflüchtlingen Steuergeschenke verteilen. Das Gesetz soll am 28. April, übrigens vom Bundestag, verabschiedet werden.
Wichtig ist auch, die in der Bundesratsinitiative geforderte Schaffung von Rechtsformneutralität bei der Besteuerung von Kapitalerträgen zwischen Kapitalgesellschaften, Personengesell
schaften und Einzelpersonen herzustellen. Auch die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen muss gleichgestellt werden, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.
In den Ausschüssen des Bundesrates fand die Initiative aus Brandenburg eine Mehrheit. Der Finanzausschuss des Bundesrates empfiehlt zudem, die Prüfung der Auswirkung auf das Steueraufkommen im Gesetzgebungsverfahren zu berücksichtigen.
Meine Fraktion denkt, dass sich unsere Landesregierung dem Anliegen nicht verschließen sollte, und beantragt hiermit, sich der guten Initiative Brandenburgs anzuschließen. Ich hörte, meine Damen und Herren von der Koalition, Sie wollen den Antrag überweisen. Der Finanzausschuss ist dafür, denke ich, ein guter Ort.
Dort kann das Finanzministerium dann ausführlich über die Beratungen und die Auswirkungen eines solchen Gesetzes berichten. - Vielen Dank.
Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich dem Abg. Knöchel für die Ausführungen. - Für die Landesregierung spricht jetzt Minister Herr Schröder. Herr Minister, Sie haben das Wort.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Antrag soll die Landesregierung aufgefordert werden, sich der Bundesratsinitiative des Landes Brandenburg anzuschließen - Herr Kollege Knöchel hat darauf hingewiesen - und damit auch zur progressiven Besteuerung bei Kapitaleinkünften zurückzukehren.
Um es vorweg zu nehmen: Der Antrag mag wieder mal ein legitimer Belastungstest für die Einigkeit der Kenia-Koalition sein, aber ich möchte doch aus meiner Sicht sagen, in der Pauschalität zum jetzigen Zeitpunkt abzuschaffen ist aus meiner Sicht nicht unterstützenswert.
Dabei will ich gar nicht verkennen, dass die Frage des Fortbestandes der Abgeltungsteuer durchaus diskutabel ist. Auch eine Evaluierung von gesetzlichen Bestimmungen kann sinnvoll und unterstützenswert sein. Warum halte ich die pauschale Abschaffung zum jetzigen Zeitpunkt für falsch?
Die Einführung der Abgeltungsteuer hatte drei Gründe. Erstens: Vereinfachung. Zweitens: Vermeidung von Kapitalflucht. Drittens: Stärkung des Finanzstandortes Deutschland. Ich gebe Ihnen recht, dass mit der intensiven Ausweitung des grenzüberschreitenden automatischen Informationsaustausches das Argument der Vermeidung der Kapitalflucht an Bedeutung verloren hat. Das ist nur einer der Gründe der Abgeltungsteuer.
Vielmehr hat die Finanzverwaltung, wenn diese Instrumente funktionieren, neue Möglichkeiten zur Vermeidung der Steuerflucht und Aufklärung von Steuerhinterziehung geschaffen.
In diesem Zusammenhang ist aber zu berücksichtigen, dass der grenzüberschreitende automatische Informationsaustausch überhaupt jetzt erst Fahrt aufnimmt. Auf Erfahrungen, meine sehr verehrten Damen und Herren, können wir noch gar nicht zurückgreifen.
Von den gegenwärtig 100 Ländern, die bereits ihre Teilnahme erklärt haben, erfüllen nach derzeitigem Stand erst 54 Länder die Voraussetzungen, 2017 tatsächlich Daten liefern zu können. Die in diesem Zusammenhang nicht ganz unbedeutende Schweiz hat erklärt, dies erst 2018 tun zu können. Es nehmen also noch längst nicht alle Länder weltweit am Informationsaustausch teil.
Außerdem steckt die Weiterleitung der eingehenden Informationen an die Finanzämter technisch gesehen noch in den Kinderschuhen und wird voraussichtlich erst ab 2019 möglich sein, sodass auch ab 2019 erst mit der Auswertung begonnen werden kann.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt verbindlich festzulegen, dass eine Abschaffung der Abgeltungssteuer erfolgen soll - so zumindest sieht es ja die Bundesratsinitiative Brandenburgs vor -, halte ich eindeutig für verfrüht, zumal auch keinerlei Festlegungen zu den Rahmenbedingungen existieren.
Außerdem steckt die Weiterleitung der eingehenden Informationen an die Finanzämter technisch gesehen noch in den Kinderschuhen und wird voraussichtlich erst ab 2019 möglich sein, sodass auch ab 2019 erst mit der Auswertung wirklich begonnen werden kann.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt verbindlich festzulegen, dass eine Abschaffung der Abgeltungssteuer erfolgen soll - so zumindest sieht es ja die Bundesratsinitiative Brandenburgs vor -, halte ich eindeutig für verfrüht, zumal auch keinerlei Festlegungen zu den Rahmenbedingungen existieren. Erst wenn der grenzüberschreitende automatische Informationsaustausch umfassend installiert ist und problemlos funktioniert, sollte die Frage der Abschaffung der Abgeltungssteuer tatsächlich auf den Prüfstand gestellt werden.
Die Einführung der Abgeltungssteuer war auch mit einem einschneidenden Systemwechsel verbunden, der von verschiedensten weiteren Maßnahmen begleitet worden ist. So wurden beispielsweise der Werbungskostenabzug bei Kapitaleinkünften und die sogenannte Spekulationsfrist abgeschafft. Auch haben die Banken erhebliche technische Anpassungen vornehmen müssen.
Ich bitte deswegen um Verständnis dafür, dass vor diesem Hintergrund eine Entscheidung darüber, ob die Abgeltungssteuer beibehalten oder abgeschafft werden soll, zumindest nicht vorschnell getroffen werden sollte. Damit meine ich nicht, dass man über eine Neukonzeption nicht nachdenken kann. Jedoch sollten dafür auch konkrete inhaltliche Festlegungen vorliegen.
Des Weiteren muss die Frage gestattet sein, wie das zur Einführung einer Abgeltungssteuer angeführte Argument der Stärkung des Finanzstandortes Deutschland im internationalen Vergleich dasteht.
Zumindest darf man doch sagen, dass sich ständig, andauernd ändernde deutsche Steuervorschriften nicht günstig auf den Finanzstandort Deutschland auswirken würden.
Unter Punkt 1 des Antrages wird darauf verwiesen, dass Einkünfte aus Kapitalvermögen gegenüber Löhnen privilegiert seien. In diesem Zusammenhang wird - das Argument kommt immer wie
der - völlig verkannt, dass - ich bringe einmal ein Beispiel - Dividenden aufgrund ihrer Vorbelastung auf Unternehmensebene bereits jetzt mit ca. 47,5 % - darin ist der Soli noch gar nicht berücksichtigt - besteuert werden. Kapital wird also keineswegs grundsätzlich niedriger besteuert.
Auch wenn wir uns in Anbetracht der gegenwärtig anhaltenden Niedrigzinsphase über Zinsen momentan kaum zu unterhalten brauchen, muss zumindest angesprochen werden, dass die Abschaffung der Abgeltungssteuer keineswegs nur Bezieherinnen und Bezieher hoher Kapitaleinkünfte treffen würde, sondern auch diejenigen kleiner und mittlerer Einkommen.
So ist bereits bei Alleinstehenden mit einem zu versteuernden Einkommen von 16 000 € die Abgeltungssteuer günstiger. Bei Ehegatten verdoppelt sich der Betrag. Auch aus diesen zuletzt genannten Aspekten ist eine Vorabfestlegung auf eine pauschale Abschaffung zumindest zum jetzigen Zeitpunkt falsch. Eine Abschaffung der Abgeltungssteuer bedarf vielmehr einer eingehenden Prüfung, die insbesondere die Funktion einer Abgeltungssteuer im Steuersystem untersuchen muss.
In diesem Zusammenhang wäre auch die Aussage der Wirtschaftsweisen in ihrem Jahresgutachten zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung des Jahres 2016/2017 zu würdigen, der zufolge die Abgeltungssteuer als ein richtig eingeschlagener Weg ausdrücklich gewürdigt wird. Also: Prüfen, was sie bringt, statt sie vor einer wirklichen Auswertungschance abzuschaffen. Das ist im Wesentlichen das Credo, mit dem wir die Ausschussüberweisung abwarten und die Diskussionen in den Ausschüssen vertiefen wollen. - Herzlichen Dank.
Sie haben gesagt, die Abschaffung der Abgeltungssteuer hätte bei niedrigen Einkommen eine Auswirkung. Ich habe das nicht verstanden.
Heute ist es ja aufgrund des § 32d Abs. 6 so: Wenn ich mit meinem persönlichen, individuellen Steuersatz unter den 25 % liege, dann wird eine Günstigkeitsprüfung gemacht und die Versteuerung erfolgt mit dem individuellen Steuersatz. Was weiß ich: Ich bin bei 19 %. Dann zahle ich auch auf die Kapitaleinkünfte die entsprechenden 19 %.
Wenn wir die Kappung abschaffen, heißt das eigentlich nur, dass es nach oben mehr wird als 25 %, wenn ich mit meinem individuellen Steuersatz über 25 % liege. Ich habe das nicht verstanden; das ist wirklich eine Verständnisfrage. Wo sind die Auswirkungen auf die geringeren Einkünfte? - Das hat sich mir nicht erschlossen.