Protokoll der Sitzung vom 06.04.2017

Herr Knöchel, lassen Sie uns die Diskussion im Ausschuss fortsetzen. Ich war auch überrascht; das sage ich auch in der Vorbereitung.

Im Übrigen will ich das richtigstellen. Ich habe nicht gesagt: Die Abschaffung der Abgeltungssteuer trifft niedrige Einkommen. Ich habe gesagt, sie würde schon bei mittleren Einkommen tatsächlich günstiger sein. Das ist bei Alleinstehenden bei einem zu versteuernden Einkommen ab 16 000 € bereits der Fall. Es sind also nicht die Kleinverdiener, aber schon die mittleren Verdiener, für die eine Abgeltungssteuer im Einzelfall günstiger sein könnte. Wie gesagt, wir können die Diskussion darüber im Ausschuss gern fortsetzen.

Insofern ist es keinesfalls so, dass man hier sozusagen den Herrn im schwarzen Zylinder trifft, sondern es ist auch etwas, was hinsichtlich seiner Auswirkungen im Gesamtsteuersystem, das durchaus komplex zu betrachten ist, eine Rolle spielt und nicht einfach nur mit einer schnellen Abschaffung getan wäre. Darauf wollte ich hinweisen. Den Rest, denke ich, können wir im Ausschuss in der Diskussion behandeln. - Danke schön.

Herr Minister, Herr Gallert hat noch eine Frage. - Herr Gallert, Sie haben das Wort.

Herr Schröder, das Beispiel, das Sie angeführt haben, würde nicht unbedingt auf den Mann mit dem schwarzen Hut zutreffen, aber auf jeden Fall auf jemanden - -

Schwarzen Zylinder.

Schwarzen Zylinder, okay. - Aber es würde auf jeden Fall auf jemanden zutreffen, der ein extrem hohes Kaptalvermögen und ein extrem geringes Arbeitseinkommen hat. Für diese Personengruppe wäre das so. Dann frage ich Sie aber trotzdem: Aus welchem gottverdammten Grund soll in einer - davon gehen Sie wahrscheinlich aus - leistungsorientierten Gesellschaft Kapitalbesteuerung günstiger sein als die Besteuerung von Arbeitseinkommen?

Auch mit dieser Legende wollte ich in meiner kurzen Rede ein wenig aufräumen. Denn es wird immer wieder wiederholt, dass die Versteuerung von Kapitalvermögen quasi privilegiert sei gegenüber dem, was aus Arbeit kommt.

Ja, gut 25 %.

Dazu muss ich sagen: Ich habe Ihnen das Beispiel Dividende genannt. Da ist die Hälfte durch eine steuerliche Vorbelastung von mehr als 47 %, bevor überhaupt die Abgeltungssteuer draufkommt, schon abgeschöpft. Das heißt, Sie können natürlich da nicht bei Null anfangen und die Abgeltungssteuer einfach ansetzen. Man muss vielmehr berücksichtigen, dass beispielsweise auch Einnahmen da sind, die aus bereits steuerlich vorbelasteten Unternehmensgewinnen kommen. Das gehört zum Gesamtblick dazu

Es gibt eine duale Form der Besteuerung; das ist so. Aber dass sich aus einer unterschiedlichen Besteuerung automatisch eine Privilegierung der Kapitaleinkünfte ergibt, ist mit Vorsicht zu genießen; so will ich es ganz diplomatisch ausdrücken. Auf jeden Fall reicht da die ideologische Keule nicht.

Ich habe das Thema bewusst angesprochen.

Ja. - Bei der Bekämpfung von Steuerflucht sind wir uns übrigens sehr einig, auch bei der Bekämpfung von Steuerhinterziehung; das will ich auch noch ausdrücklich sagen.

Ich will, damit das als Botschaft nicht runterfällt, sagen: Über die Abgeltungssteuer als System generell zu diskutieren, auch diese gesetzlichen Bestimmungen auf den Prüfstand zu stellen, halte ich für sinnvoll. Aber wir müssen auch eine Auswertungschance haben.

Zum jetzigen Stand der eingeleiteten Verfahren, bezüglich deren wir hoffen, sie technisch 2019 ins Laufen zu bringen, kann man jetzt unmöglich pauschal sagen: Wir schaffen die jetzt schon vorbehaltlich ab, weil wir die sowieso nie wollten. Das ist keine Logik, die zu einem guten Finanzstandort Deutschland passt. - Danke schön.

Herr Minister, Sie sind weiterhin gefragt. Herr Farle hat noch eine Frage.

(Zuruf von Robert Farle, AfD)

Eine Kurzintervention. Gut.

Ich wollte gern hören, ob Sie darauf noch einmal reagieren.

Aus Respekt bleibe ich stehen.

Ich wollte eigentlich nur zum Ausdruck bringen, dass ich das eine sehr gute - -

(Zurufe)

- Das Mikrofon geht immer aus.

(Zurufe)

Mit drei Fingern funktioniert es. - Ich wollte eigentlich nur meinen Respekt zum Ausdruck bringen, dass der Herr Finanzminister die gesamte Komplexität dargestellt hat. Deswegen brauche ich dazu gar nichts sagen.

Aber einen Punkt will ich noch zusätzlich einführen, nämlich: Man muss auch die Rechtsformen betrachten. Das Problem der mehrfachen steuerlichen Belastungen haben wir bei den GmbHs. Denn da ist vorher schon die Gewerbesteuer, die abgeht. Dann geht da noch die Körperschaftsteuer ab. Zusammen sind das über 30 %. Der Soli geht im Übrigen auch noch ab. Was dann übrig bleibt, wird dann noch mit einer Abgeltungssteuer belegt für die Gewinne, die entnommen werden.

(Zuruf)

- Nee, das brauchen wir nicht. Das ist einfach nur Sachaufklärung für die geschätzten Herren hier bei den LINKEN.

Auch wenn er mal vom Finanzamt kam. Da weiß vielleicht die eine Abteilung, die sich mit Einzelunternehmen beschäftigt, nicht, was die GmbHs machen. Aber das will ich nicht pauschal unterstellen. Da muss man die Rechtsform sehen;

denn bei dem Einzelunternehmer wiederum gibt es ja nur die Gewerbesteuer und die Einkommensteuer.

Es geschah zur Stärkung des Standorts Deutschland, dass man Investoren hier die Möglichkeit verschaffen wollte, mit dieser Zweifachversteuerung auch Gewinne im Unternehmen zu thesaurieren, was das Wachstum der Unternehmen stärker beflügelt und ermöglicht, und nur die Gewinne, die entnommen werden, wieder auf eine Besteuerung zurückzuführen, die in der Gesamtschau etwa bei über 40 % liegt. Das rechne ich Ihnen jetzt nicht vor. Aber tatsächlich ist es so: Am Ende sind die Gewinne aus der GmbH bei dieser pauschalen Abgeltungssteuer mit über 40 % versteuert.

Ich beende das. Ich wollte nur sagen, ich fand es sehr gut, dass Sie diese drei Aspekte genannt haben. Ich freue mich auf die Diskussion im Finanzausschuss.

(Beifall bei der AfD)

Danke, Herr Minister. Ich sehe keine weiteren Anfragen. - Wir fahren jetzt in der Debatte fort. Es sind drei Minuten Redezeit je Fraktion vorgesehen. Ich möchte noch bemerken, dass Minister Schröder seine Redezeit um ca. dreieinhalb Minuten überzogen hat. - Als nächsten Redner bitte ich den Abg. Herrn Dr. Schmidt nach vorne. Herr Dr. Schmidt, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass ich ein bisschen mehr Zeit habe; das gibt mir die Gelegenheit, einen Ausflug in die Geschichte dieser Steuer zu machen. Bis zum Jahr 1988 waren in der Bundesrepublik Kapitalerträge als privates Einkommen einfach Teil der Einkommensteuer und waren der Progression unterworfen. Der Spitzensteuersatz lag bei über 50 %; den zahlte allerdings niemand.

Das war so evident, dass der Finanzminister Stoltenberg 1988 sagte: Lieber 10 % als Quellensteuer nehmen, als gar nichts zu kriegen, weil alles in Form von Steuerflucht ins Ausland fließt. Das war dann einer der Sargnägel, einer der letzten seiner Karriere als Bundesfinanzminister.

Theo Waigel nach ihm schaffte das dann erstmal ab. Danach wurde das zum Stolperstein seiner Karriere.

Dann wurde eine Kapitalertragsteuer als Abgeltungssteuer für die meisten Einkommensarten mit 30 % wieder eingeführt. Im Jahr 2009 lag dieser Stein immer noch in der Gegend. Auch da galt die Frage, lieber ein bisschen was nehmen, als

ganz wenig oder gar nichts zu kriegen, weil die Steuerflucht immer noch groß war. Damals hat der Herr Finanzminister Steinbrück eine Veränderung eingebracht, die zu der 25-%-Quote führte.

DIE LINKE hat darin Recht, dass die Voraussetzungen für jedenfalls einen dieser Gründe - der Minister hat es erwähnt - inzwischen entfallen sind. Es ist viel schwerer, sich der Steuer auf Kapitaleinkünfte zu entziehen, was der Lohnempfänger nie konnte, weil da der Fiskus böserweise gleich an der Quelle zugreift. Das ist auch jetzt für den, der Kapitaleinkünfte empfängt, gar nicht so einfach, das zu machen. Deswegen hat die SPD das auch in der großen Koalition vorangetrieben.

Im Jahr 2015 waren wir fast so weit, dass man diese Steuer als Abgeltungssteuer abschaffte und die Kapitalerträge wieder in den normalen Einkommensteuertarif eingliederte. Der Bundesfinanzminister war zunächst ganz glücklich, das machen zu können, weil er da auf nicht unerhebliche Einnahmen hoffte. Dann sollte oder durfte er es nicht mehr machen.

Deswegen ist es ganz gut, wenn wir darüber reden. Es ist gar kein Belastungstest für die Koalition, weil das nämlich in Magdeburg gar nicht entschieden wird und - das weiß auch DIE LINKE - auch nicht im Rahmen von Bundesratsinitiativen entschieden wird, sondern nach der Bundestagswahl. Wir haben heute schon gehört, wie ein Kanzler Schulz diese Frage vorantreiben wird.

(Oh! bei der AfD - Heiterkeit und Unruhe)

- Das werden wir sehen.

(Zurufe)

Ich will einen Aspekt hinzufügen, den der Minister nicht genannt hat, aber der ihn sicher dazu bringt, dass er sich ganz gerade hinsetzt.

Kehrten wir zurück zu den 30 %, die in der Zeit vor 2009 üblich waren, wären das Mehreinnahmen von 110 Millionen €, für die wir dann dieses steuersystematische Problem schlucken müssten, dass bei den Unternehmen schon einmal darauf zugegriffen worden ist. Gliederte man die Kapitalerträge wieder in den normalen Einkommensteuertarif ein und ließe diesen ungefähr so, wie er jetzt ist, wäre das in etwa die doppelte Summe an Mehreinnahmen für das Land Sachsen-Anhalt. Die globale Minderausgabe wäre gelöst. Das ist, finde ich, zumindest auch ein Argument, das in die Beratungen des Finanzausschusses einfließen sollte. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD)

Es gibt keine Fragen. - Dann bitte ich für die AfDFraktion den Abg. Herrn Büttner nach vorn. Herr Büttner, Sie haben das Wort.

Danke. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! 25 % von X sind mehr als 42 % von nichts. Mit diesem Satz hat einst der SPD-Finanzminister Peer Steinbrück für die Einführung der Kapitalertragsabgeltungsteuer geworben - wie wir wissen, mit Erfolg. Er wollte Steuerflucht vermeiden und vielleicht sogar den einen oder anderen zurück nach Deutschland locken, auch wenn Deutschland bei der Abgeltungssteuer mit einem Steuersatz von 25 % im oberen Drittel in Europa liegt. Darüber liegen nur die Skandinavier. In Finnland müssen Anleger 28 % und in Schweden 30 % zahlen. In Luxemburg beträgt die Abgeltungssteuer hingegen pauschal nur 10 % und in Irland 20 %.

Um von der Kapitalertragsteuer betroffen zu sein, müssen die Bürger unseres Landes normalerweise erst einmal eines tun, nämlich sparen.