Protokoll der Sitzung vom 06.04.2017

Aufklärung darüber, wie wichtig der Motor Mittelstand für unsere Wirtschaft hier in Sachsen-Anhalt ist.

(Zustimmung von Gabriele Brakebusch, CDU)

In diesem Sinne gilt es Aufklärungsarbeit zu leisten. Auch dafür fühlen sich dieses Haus und dieses Ministerium zuständig.

Die bisherigen Unterstützungsbereiche sollen dabei nicht wegfallen. Investitions- und Innovationstätigkeit sind dabei ein wichtiger Schwerpunkt. Wir werden an dieser Stelle zeigen - deshalb hatte ich erwähnt, wie das Ministerium früher hieß und wie es heute heißt -, dass es klug ist, Wirtschaft und Wissenschaft zusammenzufassen und in einem Haus über die weitere Entwicklung dieser Bereiche zu befinden. Wir werden nämlich bei der Investitions- und Innovationstätigkeit deutliche Impulse setzen für die Vernetzung von Hochschulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen und der Wirtschaft hier im Land.

Ein letztes Wort zum Bürokratieabbau. Das Thema ist ja bereits Gegenstand eines anderen Landtagsantrages geworden. Wir alle, die wir in der Wirtschaftspolitik unterwegs sind, kennen diese Klagen aus der Wirtschaft über zu viel Bürokratie. Nicht alle, aber zahlreiche Beschwerden sind sehr wohl berechtigt.

Wir werden bei allem, was wir tun, ob im Bereich der Gesetzgebung, der Verordnungen oder auch der Richtlinien, die wir erlassen, darauf achten müssen, dass die Verfahren, die damit einhergehen und damit ausgelöst werden, weiterhin keine zusätzliche Bürokratie erzeugen. Nein, wir wollen sie sogar abbauen. Das setzt voraus, dass wir versuchen, an den entscheidenden Stellen auch das bisherige Instrumentarium, die bisherigen Regelungen einer kritischen Durchleuchtung zu unterziehen.

Daher sind die Vorschläge in dem Antrag der Koalitionsfraktionen oder die Ergänzungen, die nunmehr aus dem Antrag der Fraktion DIE LINKE übernommen wurden, durchweg sinnvoll. Sie werden Eingang finden in unsere Novellierung des Mittelstandsförderungsgesetzes, das dann ein zeitgemäßes und flexibles Instrument für unser Land Sachsen-Anhalt werden soll. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD - Zu- stimmung bei den GRÜNEN - Alexander Raue, AfD, meldet sich zu Wort)

Herr Minister, Herr Raue von der AfD-Fraktion hat eine Frage. - Herr Raue, Sie haben das Wort.

Herr Willingmann, Sie sagten zu Beginn Ihrer Rede, dass man nicht so auf die Zahlen zum Wirtschaftswachstum achten sollte und dass diese häufig nach zwei Jahren nach oben korrigiert würden. Ich wollte fragen: Wann ist das in Sachsen-Anhalt eigentlich der Fall gewesen - mir ist es nicht bekannt - und in welchem Bereich lag die Korrektur?

Herr Minister, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. - Ich will es Ihnen gern erklären. Sie konnten es den Medien und in der vorigen Woche auch den beiden Zeitungen hier im Land entnehmen, wenn ich mich richtig erinnere. Und zwar wurden die Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt, die man für das Land Sachsen-Anhalt ermittelt hatte, korrigiert. Es wurde festgestellt, dass wir im Jahr 2016 ein Wachstum um einen Prozentpunkt hatten. Dieses 1 % wurde in Relation gestellt zu anderen Bundesländern. Es wurde zu Recht gesagt: Dieses 1 %, das ist etwas mehr als im Saarland und es weniger als in anderen Bundesländern. Wir waren also auf Platz 15; das darf man ganz offen einräumen.

In dem gleichen Zusammenhang wurde die bisherige Berechnung des Bruttoinlandsprodukts für das Jahr 2015 korrigiert. Für das Jahr 2015 wurde seinerzeit ein Wert von 0,1 % Wachstum ermittelt und jetzt korrigiert auf 1,6 %.

Meine Damen und Herren! Bei so einer Form von Abweichung muss man deutlich sagen: Da lag man ziemlich daneben. Schon die damalige Landesregierung musste versuchen, 0,1 % als Wachstum zu erklären. 1,6 % hätten sich sehr viel leichter erklären lassen. Das ist der reale Wert.

Ich will damit gar nichts gegen Statistik sagen. Um Gottes Himmels Willen, das liegt mir doch völlig fern. Aber ich will damit auf etwas aufmerksam machen: Wir sollten uns nicht durch jede Zahl und durch jeden Prozentwert und durch jeden Hinweis darauf, wo wir im Ranking der Bundesländer stehen, jedes Mal verunsichern lassen. SachsenAnhalt geht es im Moment gut und wir sind auf einem noch viel besseren Weg. - Schönen Dank.

Herr Minister, der Abg. Gallert möchte eine Frage oder eine Intervention an Sie richten.

Herr Willingmann, ich kenne diese Argumentation; sie gleicht der Ihrer Vorgänger. Ich will aber zu

mindest sagen, dass wir bei all diesen Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt, zur Entwicklung von Arbeitsplätzen usw. nicht das Problem haben, dass wir uns aller halben Jahre erschrecken müssen. Aber die langfristige Entwicklung SachsenAnhalts über einen Zeitraum von zehn Jahren im Verhältnis zu den anderen ostdeutschen Flächenländern ist alarmierend und besorgniserregend. Auch in Ihrer neuen Funktion, Herr Prof. Willingmann, sollten Sie diesen Fakt nicht wegdiskutieren wollen.

Ich danke Herrn Gallert für die Ausführungen. - Herr Minister, Sie haben noch einmal das Wort.

Ich erwidere darauf gern, weil ich es nicht wegdiskutieren will. Ich würde nur ungern schnell in eine Alarmierungskultur hineinfallen. Gestatten Sie mir auch eine gewisse nüchterne Distanz zu dem Ganzen.

Sie haben völlig Recht: Die Entwicklung SachsenAnhalts weicht von der anderer Bundesländer durchaus ab. Sie ist langsamer. Es wurde heute schon sehr vernünftig erklärt, warum das von den Startbedingungen her so war. Diese Startbedingungen wirken sich auch 20 Jahre später noch aus. Wir haben hier keinen Dornröschenschlaf hinter uns, aus dem wir jetzt erweckt wurden, und auf einmal verändert sich das alles. Wir kämpfen vielmehr immer noch mit diesen unterschiedlichen Rahmenbedingungen.

Ob die Begründungen früherer Minister ähnlich oder nicht ähnlich waren: sie waren vermutlich richtig.

Da es keine weiteren Fragen gibt, danke ich dem Minister für die Ausführungen.

Ich habe weiterhin die ehrenvolle Aufgabe, Schüler und Schülerinnen des Luther-Gymnasiums Eisleben im unserem Hohen Haus begrüßen zu dürfen. Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Wir steigen jetzt in die Debatte ein. Für jede Fraktion sind fünf Minuten Redezeit vorgesehen worden. Für die AfD spricht jetzt der Abg. Herr Siegmund. Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

Vielen Dank! Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es waren nicht die steuervermeidenden Konzerne, die unser Land groß gemacht haben. Nein, es war unser

deutscher Mittelstand. Wir sehen in einem gesunden Mittelstand die Grundlage einer leistungsfähigen und erfolgreichen Wirtschaft.

Grundsätzlich begrüßen wir daher das Ansinnen dieses vorliegenden Antrages. Der Mittelstand steht für uns als Synonym für Fleiß, für Innovation, für Pioniersinn und für Mut sowie für ein tiefes Verantwortungsgefühl. Nicht zuletzt ist es nicht selten auch ein Bekenntnis zu unserer Heimat; denn es gibt Regionen in Deutschland, die einen Start für ein Unternehmen einfacher machen als Sachsen-Anhalt. Das nicht unerhebliche Risiko einer solchen unternehmerischen Tätigkeit muss auch hier bei uns zu wagen sein.

Der Antrag führt es aus: Mittelständische Unternehmen sind der größte Arbeitgeber in unserem Land. Sie gehören zweifelsfrei und in besonderem Maße in den Mittelpunkt der politischen Fürsorge gerückt. Diese Fürsorge haben wir beispielsweise nicht erkannt, als es um das Thema RusslandSanktionen ging.

(Lebhafter Beifall bei der AfD)

Es gibt viele Unternehmen in Sachsen-Anhalt, die bis zu 40 % Handelsvolumen in Richtung Osten einbüßen mussten. An dieser Stelle haben wir die politische Fürsorge Sachsen-Anhalts für die Unternehmen und die Unternehmer völlig vermisst.

(Zustimmung bei der AfD - André Poggen- burg, AfD: So ist es!)

Ich möchte kurz auf die geäußerten Punkte eingehen. Der Mittelstand leistet einen besonderen Beitrag im Bereich Innovation. Wir begrüßen daher die Forderung, kleine und mittlere Unternehmen in ihrer Investitions- und Innovationstätigkeit zu unterstützen.

Wir legen allerdings Wert darauf, dass dies im Sinne einer gesunden Wertschöpfung erfolgt. Nicht jedes Projekt ist pauschal zu unterstützen; denn auch bei der Risikokapitalabwicklung oder für auch Unternehmenstätigkeiten, die mit extremer Spekulation, wie es nicht selten passiert, im Zusammenhang stehen, braucht man besondere Regeln.

Insbesondere in unserem Flächenland berührt der Punkt Infrastruktur einen Kernbereich. Die Stichpunkte sind hierbei insbesondere der Ausbau einer zeitgemäßen und schnellen Internet-Verbindung sowie der Ausbau der Mobilfunknetze. Nur eine optimale infrastrukturelle Anbindung jeder Art gibt Unternehmern den Mut, zu gründen, und schafft die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Zukunft unseres Mittelstandes.

Hier möchte ich ein weiteres Beispiel anführen. Jeden Tag, wenn ich auf der Bundesstraße 189, auf dieser Todesstrecke, quasi das Leben riskiere - es ist katastrophal, wie die Berufspendler dort

rasen müssen oder den Anspruch haben, es zu müssen; ich kann es nicht nachvollziehen -, wird mir das Beispiel A 14 bewusst. Es ist ein katastrophales Beispiel dafür, wie für überflüssige Themen wie „Das ist die grünste Autobahn in Europa“ und „Das ist eine perfekte Planung“ Kapazitäten gebunden wurden. Sie wurde jahrzehntelang von grüner Seite blockiert. Das ist ein Paradebeispiel dafür, wie man es nicht machen sollte.

(Beifall bei der AfD - Zuruf von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)

- Ja, nach 20 Jahren. Das ist natürlich eine ganz schnelle Lösung.

Auch vermehrte Anstrengungen bei der Unternehmensnachfolge finden die Unterstützung der AfD-Fraktion. Bei derzeit jährlich rund 400 anstehenden Unternehmensübergaben ist eine Unterstützung von Übergebenden, aber auch von potenziellen Interessenten zweckmäßig und geboten. Hier könnte beispielsweise eine weite Landschaft von Vermittlungsportalen, die in dem Zusammenhang eine wichtige Begleitung und auch die Beratung übernehmen, im Sinne einer vorausschauenden Vorbereitung helfen. Hierbei muss auch Sachsen-Anhalt mit anpacken. Das Ziel muss es doch sein, durch sinnvolle Maßnahmen so viele Unternehmen wie möglich im Land zu halten.

Absolute Zustimmung finden wir auch für die Förderung einer Unternehmerkultur für Gründer und für eine Kultur für die Selbstständigkeit. Tatendrang, Durchhaltevermögen und Ideenreichtum müssen belohnt werden. Mutige Bürger, die diesen Schritt wagen und dadurch auch nicht selten unser Land voranbringen und ein Vorbild an Fleiß darstellen, möchte auch die AfD-Fraktion auf ihrem Weg nicht nur entlasten, sondern gezielt unterstützt wissen.

Denkbar sind hierbei Entlastungen oder Befreiungen bei der Gewerbesteuer in den ersten Jahren der Selbstständigkeit oder ein vereinfachter Zugang zu Gründerkrediten und entsprechenden Förderprogrammen. Die Details besprechen wir auf jeden Fall noch im Ausschuss.

Bezüglich des leidigen, aber unumgänglichen Themas der Bürokratie plädieren wir grundsätzlich für eine Entlastung des Mittelstandes von jeder unnötigen bürokratischen Gängelung, allerdings nicht um jeden Preis. Dort, wo Steuermittel fließen, muss einem Missbrauch vorgebeugt werden. So viel Bürokratie wie nötig, aber so wenig wie möglich.

(Beifall bei der AfD)

Diskussionsfähig ist allerdings die Integration von Migranten. Meinen Sie mit der Migration eine ge

regelte Zuwanderung nach unseren Gesetzen, beispielsweise hoch qualifizierter junger Spanier, Italiener oder Chinesen, die nur zu gern einen Mehrwert in unserer Gesellschaft erbringen wollen,

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Einen haben Sie vergessen!)

oder meinen Sie die unkontrollierte, unrechtmäßige und bildungsferne Zuwanderung jenseits eines vernünftigen, zu integrierenden Maßes, welche wir in den letzten Jahren ertragen mussten? - Es muss ganz klar zwischen Einwanderung und Asyl unterschieden werden, so wie es auch unsere Gesetze vorsehen.

(Zustimmung bei der AfD - Tobias Rausch, AfD: Richtig!)

Wir glauben, 40 Jahren Integrationslüge in den alten Bundesländern sind für Sachsen-Anhalt Mahnung genug, dieses Märchen nicht als Lösung des demografischen Problems zu betrachten. Wir müssen endlich die Wahrheit erkennen, dass wir dieses Problem selbst lösen können, und zwar durch eine gesunde und nachhaltige Familienpolitik.