Protokoll der Sitzung vom 07.04.2017

(Beifall bei der AfD)

Zwischen 2006 und 2011 war der heutige Ministerpräsident Haseloff als Wirtschaftsminister auch Aufsichtsratsvorsitzender der eben genannten IBG. Vor dem eigens eingesetzten Unter

suchungsausschuss hat er die IBG und damit auch die Geldvernichtung unter seiner Obhut im Jahre 2015 dann auch noch als Erfolgsgeschichte bezeichnet. - Danke schön, Herr Haseloff.

Diese desaströse Bilanz bei der Vergabe von Risikokapital unter Verantwortung des heutigen Ministerpräsidenten lässt für die Förder- und Investitionspolitik kommender Jahre leider kaum Gutes ahnen.

Meine Fraktion spricht sich grundlegend für Förderung und Subventionen aus, jedoch muss jeder Entscheidung ein tiefgehender Prüfungsprozess hinsichtlich des Volks- und Wirtschaftsnutzens vorangestellt sein.

(Ulrich Thomas, CDU: Das geht bei Risiko- kapital gut!)

Ferner muss haarklein darauf geachtet werden, wer wen und wie fördert oder subventioniert. Vetternwirtschaft darf es nicht weiter geben.

Wenn unser Land Finanz-, also Steuermittel ausschüttet, dann dürfen diese letztlich nur jenen dienen, die sie auch erwirtschaftet haben, natürlich den Bürgern unseres Landes.

(Beifall bei der AfD)

Herr Abgeordneter, kommen Sie bitte zum Schluss.

Sehr geehrter Ministerpräsident, abschließend möchte ich noch kurz auf Ihre Kritik an meiner

Fraktion bezüglich unserer Position zur Übertragung der Wittenberger Schlosskirche zu sprechen kommen. Meine Fraktion hat mit keiner Silbe die in unserem Land lebenden Christen polemisch kritisiert.

(Sebastian Striegel, GRÜNE, lacht - Oh! bei der CDU - Ministerpräsident Dr. Reiner Ha- seloff: Dann lesen Sie einmal das Proto- koll!)

Unsere Kritik richtete sich an die EKD als Institution. Solange sich die EKD in politische Entscheidungsprozesse einmischt, die nichts mit Glaubensdingen zu tun haben,

(Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE)

solange sie an der Zerstörung unserer nationalen Identität aktiv mitwirkt und die Missionierung des Islam in Deutschland weiter unterstützt, werden wir diese Institution Kirche auch weiter heftig kritisieren.

(Beifall bei der AfD)

Auch wenn in absehbarer Zukunft über das grundsätzliche Verhältnis zwischen Staat und Kirche gesprochen werden muss,

(Birke Bull-Bischoff, DIE LINKE: Gender- Wahnsinn! - Olaf Meister, GRÜNE: Gender- Wahn!)

stehen wir natürlich an der Seite der Christen Sachsen-Anhalts. Wir achten das Grund- und Menschenrecht auf Religionsfreiheit, ziehen jedoch ganz klare Grenzen und fordern deshalb dazu auf, die grundsätzliche Einhaltung der Säkularisierung in unserem Land, egal um welche Religion es sich dabei handelt, einzuhalten. - Ich danke sehr für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit. Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Für die SPD spricht jetzt die Abg. Frau Dr. Pähle. Frau Dr. Pähle, Sie haben das Wort.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich habe nach solchen Reden immer das dringende Bedürfnis, mir die Hände waschen zu gehen. Bei so viel Schmutz und Dreck hat man das Gefühl, kaltes Wasser spüren zu müssen.

Aber zum Thema. Der Ministerpräsident hat die Regierungserklärung unter das Motto „Große Geschichte, gute Zukunft“ gestellt. Tatsächlich: Sachsen-Anhalt hat eine große Geschichte, und ja: Wir sollten mehr über diese Geschichte erzählen, um unser Land bekannter zu machen.

Aber dann sind viel mehr Geschichten zu erzählen als die von Luther und vom Bauhaus, die hier als einzige Beispiele genannt wurden. So sehr ich mich persönlich auch darüber freue, wie oft im Moment über die Anfänge des evangelischen Glaubens gesprochen wird - Sachsen-Anhalt ist mehr als Luther.

(Zustimmung bei der SPD und von Swen Knöchel, DIE LINKE)

Die große Geschichte Sachsen-Anhalts erzählt auch von den Taten vieler kleiner Leute. SachsenAnhalts Geschichte ist auch die Geschichte der Landarbeiterinnen und Landarbeiter, die das Rückgrat der agrarindustriellen Revolution hier in der Magdeburger Börde bildeten, und genauso die der Arbeiterinnen und Arbeiter in der Chemieindustrie, die die materielle Grundlage für diesen bis dahin unvergleichlichen Produktivitätsschub lieferten.

Unsere Geschichte erzählt auch davon, wie sich diese Arbeiterinnen und Arbeiter zusammenschlossen, weil sie erkannten, dass die kleinen Leute sich die Chance auf Teilhabe und Gestaltung erkämpfen können, wenn sie sich zusammenschließen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat vor wenigen Tagen erst in Halberstadt seine Ursprünge vor 125 Jahren gefeiert, als er sich dort 1892 als Generalkommission der Gewerkschaften gründete.

Ohne die Stärke der Arbeiterbewegung im heutigen Sachsen-Anhalt und der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, die sich diesen Namen übrigens bei einem Parteitag in Halle an der Saale 1890 nach Überwindung ihres Verbots gab, hätte es ein Neues Bauen in Magdeburg genauso wenig gegeben wie den Umzug des Bauhauses von Weimar nach Dessau.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Geschichte Sachsen-Anhalts erzählt auch davon, wie diese kleinen Leute teils verführt, teils geknechtet und missbraucht wurden für die Vorbereitung eines brutalen Vernichtungskrieges, der viele von ihnen selbst das Leben kosten sollte. Was das bedeutet, dafür finden wir die Zeugnisse heute an der Feldscheune Isenschnibbe bei Gardelegen, in der Gedenkstätte für die Opfer der NS-Euthanasie auf dem Gelände der Fachklinik Bernburg und an vielen anderen Stellen im Land, wo meist Ehrenamtliche die Erinnerung auch an diesen Teil unserer Geschichte wachhalten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die große Geschichte Sachsen-Anhalts ist auch die Geschichte von Frauen, und zwar nicht nur die von Katharina von Bora. Es ist ebenso die Geschichte der einflussreichen, reichsunmittelbaren Äbtissinnen von Quedlinburg und die von Minna Bollmann aus Halberstadt, die 1919 nach Erkämpfung des Frauenwahlrechts in die Weimarer

Nationalversammlung gewählt wurde, um nur zwei Beispiele zu nennen.

Es war eine gute Idee, im Jahr 2000 mit dem Projekt „FrauenOrte“ an diese Frauen und ihre Wirkungsstätten überall in Sachsen-Anhalt zu erinnern,

(Zustimmung bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

und ich würde mich freuen, wenn wir spätestens nach Ende des Luther-Jahres wieder über die ganze Vielfalt unserer Geschichte sprechen würden. Ein reines Hopping von einem Großevent zum nächsten tut dem geschichtlichen Verständnis nicht gut.

(Zustimmung von Rüdiger Erben, SPD)

Ich habe diesen etwas längeren Blick in die Geschichte deshalb getan, weil ich meine, auch im Blick auf die Herausforderungen von Gegenwart und Zukunft steht es politisch Verantwortlichen gut an, die Perspektive der kleinen Leute einzunehmen.

Denn nach der Landtagswahl 2016 haben alle demokratischen Parteien bekundet: Wir wollen Vertrauen zurückgewinnen. Ich bin überzeugt: Das werden wir nicht schaffen, indem wir bloß Rechenschaft ablegen, wie viel Fördermittel wir über das Land ausgeschüttet haben. Vielmehr müssen wir handfest nachvollziehbar machen, was Politik konkret für die Menschen bewegt.

Zum Beispiel: Was hat eigentlich der Handwerker von der Wirtschaftsförderung? - Sehr viel. Wenn der jetzt eingeschlagene Weg weiter gegangen wird, sich konsequent an den Bedürfnissen kleiner und mittelständischer Unternehmen zu orientieren, beispielsweise mit der Meistergründungsprämie, den Hilfen bei der Unternehmensnachfolge, dem erleichterten Zugang zu Fördermitteln, dann sind das praktische Fortschritte für die kleinen und mittleren Unternehmen, die unsere Wirtschaftsstruktur prägen.

(Zustimmung bei der SPD)

Oder: Was hat eigentlich ein Arbeitnehmer von Spitzenforschung? - Eine Menge, wenn wir es schaffen, dass der Spin-off in der Region wirksam wird und nicht von Großunternehmen aus der Rhein-Main-Region abgefischt wird, wenn er zu Ausgründungen aus den Universitäten, zu Startups und zu Kooperationen mit Unternehmen aus dem Land führt und damit die regionale Wettbewerbsfähigkeit voranbringt und Arbeitsplätze

schafft.

Genau diese Chancen will Armin Willingmann mit den Maßnahmen stärken, die im Hochschulrecht jetzt auf den Weg gebracht werden.

Oder: Was hat eigentlich die Oma im Jerichower Land von einem 50-Mbit-Zugang? - Ganz viel,

wenn er ihrem Enkel ermöglicht, nach dem Studium mit seiner Geschäftsidee aufs flache Land zurückzukehren, weil er diese Idee mit einer anständigen Datenleitung auch von Altenklitsche aus realisieren kann.

(Zustimmung von Silke Schindler, SPD)

Oder: Was hat eigentlich die Alleinerziehende von der frühkindlichen Bildung in der Kita? - Eher nichts, wenn die Gebühren dafür durch die Decke schießen oder wenn jemand auf die Idee käme, die Betreuungszeiten so zu verkürzen, dass eine Vollzeittätigkeit nicht mehr abgedeckt würde; denn dann guckt die Alleinerziehende oder der Alleinerziehende in die Röhre.

Deshalb haben wir die finanziellen Möglichkeiten der Kommunen in der Kinderbetreuung schon im vergangenen Jahr stark verbessert. Petra GrimmBenne arbeitet an der Auswertung der Daten aus dem ganzen Land, um mit einem neuen KiFöG frühkindliche Bildung mit hoher Qualität und zu Bedingungen sicherzustellen, die für alle Beteiligten finanziell tragbar sind.

(Zustimmung bei der SPD)

Oder: Was hat eigentlich der Langzeitarbeitslose von Maßnahmen, die ihm nicht helfen, jemals wieder selber am Arbeitsleben teilzuhaben? - Nichts. Wir können und wollen uns aber nicht damit abfinden, dass manche Menschen bislang faktisch von Teilhabe an Arbeitsleben ausgeschlossen sind, weil sie völlig den Anschluss verloren haben oder noch nie Anschluss hatten.