Protokoll der Sitzung vom 04.05.2017

(Zustimmung bei der CDU)

Gleichzeitig wird von der gleichen Person behauptet, dass die Reallöhne in Deutschland nicht steigen. Hierzu stellt der DGB in seiner Publikation „Klartext“ 6/2017 vom 10. Februar 2017 in einem Artikel mit der Überschrift „2016 - Rekordüberschüsse und Reallohnzuwächse“ andere Fakten fest.

Das Statistische Bundesamt veröffentlichte am 6. Februar 2017 eine Pressemitteilung, in der ausgeführt wird, dass der Reallohnindex im Jahr 2016 um 1,8 % gestiegen ist. In Sachsen-Anhalt sind die Bruttomonatsverdienste im Jahr 2016 um ganze 2 % gestiegen, siehe Pressemitteilung des Statistischen Landesamtes vom 20. April 2017.

Daran hat der gesetzliche Mindestlohn, der sich als gesetzliche Lohnuntergrenze auch in der Programmatik der Union findet, sicherlich seinen Anteil. - Wir sehen: Auch diese Aussage von Martin Schulz ist leider falsch.

Natürlich kennen wir die unterschiedliche Einkommenssituation. Der Zustand, dass das jährliche Durchschnittseinkommen in den alten Bundesländern bei ca. 43 000 € liegt und in den neuen Bundesländern bei lediglich 34 000 €, ist unbefriedigend. Unser politisches Ziel ist und bleibt es, diese Einkommenslücke zu schließen.

Also: guter Lohn für gute Arbeit. Aber auch dieser muss von den Unternehmen erst einmal erwirtschaftet werden. Wir alle in diesem Saal sollten so realistisch sein zu erkennen: Eine absolute Angleichung wird es nur schwerlich geben, und zwar nicht bezogen auf die Himmelsrichtungen, sondern bezogen auf strukturstärkere und strukturschwächere Regionen in unserem Land.

Ich könnte jetzt noch diverse andere Falschaussagen des SPD-Kanzlerkandidaten - etwa: gute Ausbildung führt nicht mehr zu mehr Arbeitsplatzsicherheit; oder: zunehmende Abstiegsängste - aufgreifen, aber ich möchte jetzt wieder auf wesentliche Aspekte des Arbeitsmarktes in SachsenAnhalt zurückkommen.

(Eva Feußner, CDU: Er nimmt sich doch der Sorgen an, mit seinem Gehalt!)

Wie stellt sich die Situation in Sachsen-Anhalt eigentlich dar? - Wir haben derzeit eine Arbeitslosenquote von 8,6 % zu verzeichnen, im Vorjahresmonat lag sie bei 9,9 %.

Es zeigt sich: Der Arbeitsmarkt in Sachsen-Anhalt entwickelt sich in die richtige Richtung. Man kann immer besser werden, zweifelsohne. Die Vollbeschäftigung bleibt für die CDU weiterhin ein politisches Ziel.

Bezüglich der Arbeitslosenzahlen lohnt sich aber auch einmal ein Blick auf die regionale Ebene. Die Unterschiede in Sachsen-Anhalt sind sehr groß: Der Landkreis Börde, der Spitzenreiter, weist eine Arbeitslosenquote von 6,1 % auf, der Landkreis Mansfeld-Südharz hingegen von 11,4 %. Diese Tatsache macht deutlich, dass wir mit unserer Arbeitsmarktpolitik zusammen mit unseren Partnern wie der Bundesagentur für Arbeit, den Kammern und den Kommunen sehr auf lokale Rahmenbedingungen achten müssen, wenn wir entsprechende Maßnahmen einleiten.

Die Arbeitslosenquote ist aber nur ein Aspekt, den man betrachten muss. Es geht auch um die Unterbeschäftigung; das ist nämlich der Fachbegriff, Herr Poggenburg, den Sie vorhin etwas zu umschreiben versucht haben. In dieser Quote sind neben den registrierten Arbeitslosen auch diejenigen Personen erfasst, die nicht als arbeitslos

registriert sind, weil sie an Maßnahmen der Arbeitsmarktpolitik teilnehmen, einen arbeitsmarktbedingten Sonderstatus haben oder zum Zeitpunkt der Erstellung der Statistik wegen Erkrankung arbeitsunfähig waren. Auch hierbei ist übrigens ein positiver Trend zu verzeichnen: Im April 2017 lag diese Quote bei 12,2 %, im Vorjahresmonat bei 13 %.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine besondere arbeitsmarktpolitische Herausforderung bilden natürlich die Langzeitarbeitslosen. Ich werde hierzu unter dem Stichwort „Sozialer Arbeitsmarkt“ gleich noch einige Ausführungen machen. Vorher möchte ich klarstellen, dass wir als CDU nichts von einer Verlängerung des ALG-I-Bezugs halten, der von einigen ins Spiel gebracht wurde.

(Beifall bei der CDU)

Aus der Sicht der CDU-Landtagsfraktion reichen die bestehenden Regelungen aus. Wir wollen keinen Verschiebebahnhof, bei dem Arbeitslose in möglichst viele Weiterbildungsmaßnahmen gesteckt werden; wir wollen vielmehr, dass die Menschen schnellstmöglich wieder in Beschäftigung kommen.

(Beifall bei der CDU)

Aus- und Weiterbildungen, die dieses Ziel unterstützen, haben natürlich auch unsere volle Unterstützung.

Der Landtag und die Landesregierung haben das Landesprogramm „Sozialer Arbeitsmarkt“ auf den Weg gebracht. Für die Integration von Langzeitarbeitslosen in den ersten Arbeitsmarkt gibt es bei uns folgende Zielstellungen:

 ein an der Einzelperson und dem Förderbedarf orientiertes Betreuungsangebot für Langzeitarbeitslose, bei dem der Gedanke der Integration in den ersten Arbeitsmarkt vorrangig ist,

 der Einsatz verschiedener Instrumente, um Menschen mit besonderem Förderbedarf wieder in den Arbeitsmarkt einzugliedern; gefördert werden dabei Qualifizierungsmaßnahmen und auch Eingliederungszuschüsse für Arbeitgeber, wobei Mitnahmeeffekte natürlich zu verhindern sind,

 die Möglichkeiten des Bundesteilhabegesetzes zur Schaffung von Arbeitsplätzen für Menschen mit Behinderung, zum Beispiel in Integrationsbetrieben, konsequent zu nutzen und

 einen sozialen Arbeitsmarkt für Personen zu schaffen, die kurz- und mittelfristig mit nur wenig Aussicht auf Erfolg in den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln sind.

Dabei sind die Arbeitsplätze der sozialen Arbeitsmärkte so auszurichten, dass sie nicht in Konkurrenz zu denen in der freien Wirtschaft treten. Viel

mehr sollen der Bevölkerung Angebote in sozialen, kulturellen, sportlichen und anderen Bereichen zur Verfügung gestellt werden, die sonst nicht hätten unterbreitet werden können.

Unser Fokus liegt auch auf dem im Koalitionsvertrag fixierten Ziel, sich für einen Passiv-AktivTransfer einzusetzen und dies modellhaft auch in unserem Land zu praktizieren.

Es gilt auch bei diesem Landesprogramm, die ergriffenen Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen und entsprechende Evaluationsergebnisse aufzunehmen, sie umzusetzen und in dem Programm gezielt weiterzuentwickeln.

Das Programm ergänzt damit sinnvoll bereits bestehende Programme wie das aus Mitteln des ESF finanzierte Landesprogramm „Familien stärken - Perspektiven öffnen“, das sich in besonderem Maße der Alleinerziehenden annimmt, das aus Mitteln des ESF finanzierte Landesprogramm „Gesellschaftliche Teilhabe - Jobperspektive 58+“, das Bundesprogramm „Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt“, SOTA, und die Förderung von Integrationsbetrieben.

Gerade die Förderung von Integrationsbetrieben scheint uns ein zielführendes Instrument für die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen zu sein. Das neue Bundesteilhabegesetz und das darin verankerte Budget für Arbeit eröffnen hierbei neue Perspektiven für die Bürgerinnen und Bürger außerhalb der Werkstätten für Menschen mit Behinderungen. Dabei stellen wir die Werkstätten selbstverständlich nicht als Arbeitsmöglichkeiten in einer besonders geschützten Atmosphäre infrage.

Zum Thema Integrationsbetriebe gab es übrigens eine sehr interessante Tagung, die vom Land durchgeführt worden ist. Leider habe ich dort keinen AfD-Vertreter gesehen. Anderenfalls könnten Sie zu diesem Thema vielleicht ein bisschen mehr konsequent und auch fachsprachlich korrekt mitreden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt möchte ich zu dem Thema der Aus- und Weiterbildung kommen. Die Ministerin hat in ihrer Rede bereits Aspekte zum Übergang von der Schule in das Arbeitsleben geschildert. Stichworte sind das Landesberufsorientierungsprogramm BRAFO und die Landesinitiative RÜMSA, Regionales Übergangsmanagement Sachsen-Anhalt. Wir verstehen dabei die Kommunen, Kammern und weitere Wirtschaftsverbände sowie die Agentur für Arbeit als unsere natürlichen Verbündeten bei der Gewinnung unseres Fachkräftenachwuchses.

Zur dualen Berufsausbildung. Wenn sie nicht schon eine lange Tradition in Deutschland hätte, müsste man sie glatt erfinden. Ihre Existenz ist wohl der entscheidende Grund dafür, dass die

Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland sehr deutlich unter dem europäischen Schnitt liegt.

Die Verhältnisse auf dem Ausbildungsmarkt haben sich praktisch umgedreht. Während früher von Schülerinnen und Schülern deutlich mehr Ausbildungsplätze gesucht wurden, als angeboten worden sind, herrscht heute ein vermeintliches Überangebot an Ausbildungsplätzen.

Während viele Ausbildungsbetriebe, gerade im Handwerk, händeringend nach Azubis suchen, sind in anderen Bereichen deutlich mehr Bewerber als Ausbildungsplätze vorhanden. Hier müssen wir den Jugendlichen die vorhandenen Alternativen aufzeigen. Allein die Übernahmequote nach einer erfolgreichen Ausbildung von fast 80 % macht die Chancen für die Generation in diesem Bereich deutlich. Im Übrigen bietet die Aufnahme einer dualen Berufsausbildung auch für Studienabbrecher die Chance zu einem erfolgreichen Neustart in das Berufsleben.

Das Thema Ausbildungsabbrüche wurde hier angesprochen; wir hatten dazu bereits Diskussionen auch in dem zuständigen Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration. Wir werden uns damit weiterhin beschäftigen; denn einfache Antworten gibt es auch auf diese Fragen nicht. Aber die AfD ist ja dafür bekannt, dass sie für komplexe Probleme immer sehr einfache Antworten bieten möchte.

(Beifall bei der CDU)

Es geht mir aber nicht nur um die berufliche Erstausbildung. Die Wahrscheinlichkeit, im erlernten Beruf sein ganzes Arbeitsleben lang beschäftigt zu sein, ist extrem gering geworden. Vielmehr gilt es die richtigen Rahmenbedingungen für Aus- und Weiterbildung zu schaffen. In diesem Kontext ist meines Erachtens auch die Meistergründungsprämie zu sehen, die jetzt hier im Land startet.

(Zustimmung von Ulrich Thomas, CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein weiteres wichtiges Thema ist die Tarifbindung der Unternehmen in unserem Land. Ja, wir haben im Vergleich zu den anderen ostdeutschen Bundesländern eine hohe Bindung an Tarifverträge bei hiesigen Unternehmen, aber im Vergleich zu den alten Bundesländern wiederum eine geringe. Dies ist eine Folge der kleinteiligen und ausdifferenzierten Unternehmensstruktur in Sachsen-Anhalt.

Wir müssen den Unternehmen deutlich machen, welche Vorteile es gerade im Wettbewerb um Arbeitskräfte bietet, tarifgebunden zu sein. Dabei werden wir das hohe Gut der Tarifautonomie selbstverständlich nicht durch politische Einflussnahme gefährden. Mit der Anpassung der GRWRichtlinie, mit dem Bonus für tarifgebundene Unternehmen, setzen wir hierbei richtige Akzente.

Immer wieder wird das Thema der Leiharbeit aufgegriffen. Ich wehre mich dagegen, dass dieses Thema hier dermaßen negativ dargestellt wird. Leiharbeit ist eine Chance, Arbeitsplätze zu bekommen, Arbeitsplätze zu erhalten und Menschen wieder in Beschäftigung zu bringen. Natürlich muss ein Missbrauch von Leiharbeit verhindert werden, eine Verteufelung ist aus meiner Sicht jedoch völlig falsch.

Die unionsgeführte Bundesregierung hat hierbei schon die richtigen Akzente gesetzt, um die Situation zu verbessern: die Befristung der Entleihung auf 18 Monate, nach neun Monaten die gleiche Bezahlung wie die Beschäftigten der Stammbelegschaft sowie weitere Maßnahmen zur Verhinderung des Missbrauchs von Scheinwerkverträgen.

Zu der erstgenannten Regelung, der 18-MonateRegelung, gibt es die Möglichkeit der Verlängerung; dies wurde schon von der Ministerin genannt. Arbeitgeberverband Gesamtmetall und IG Metall haben sich darauf geeinigt, diese auf vier Jahre festzulegen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Digitalisierung der Arbeitswelt bietet Chancen, ist aber auch mit Risiken behaftet. Welche neuen Möglichkeiten ergeben sich für die Arbeitnehmer und für die Arbeitgeber? Wird es noch eine klare Abgrenzung zwischen Arbeit und Freizeit geben oder droht eine Entgrenzung? - Die unterschiedlichen Prozesse lassen sich mit Digitalisierung effektiver und effizienter gestalten. Welche Auswirkungen wird dies auf die Arbeitswelt haben?

Wohin die Digitalisierung führen wird, kann noch niemand mit Sicherheit sagen. Die BertelsmannStiftung hat hierzu eine Studie mit dem Titel „Auf dem Weg zum Arbeitsmarkt 4.0?“ veröffentlicht. Auf rund 80 Seiten werden sechs Zukunftsszenarien entwickelt: Szenario 1: „Ingenieursnation mit Herzchen“, Szenario 2: „Silicon Countryside mit sozialen Konflikten“, Szenario 3: „Rheinischer Kapitalismus 4.0“, Szenario 4: „Digitale Hochburgen mit abgehängtem Umland“, Szenario 5: „Digitale Evolution im föderalen Wettbewerb“ und Szenario 6: „Digitales Scheitern“.

Es liegt auch an uns, welches dieser Szenarien vielleicht Realität wird. Gemeinsam mit allen Beteiligten sind wir gefordert, nach Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich dieser komplexen Herausforderungen zu suchen.

Ein weiteres wichtiges Thema ist natürlich auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Dieses umfasst nicht nur Fragestellungen in Bezug auf die Gestaltung von Arbeitszeiten; denn das Themenfeld ist wesentlich breiter. Das beginnt mit der Kinderbetreuung, die in Sachsen-Anhalt überdurchschnittlich gut ausgebaut ist, und berührt die Frage, in welchen Randzeiten Kinderbetreuungs

möglichkeiten notwendig sind und gegebenenfalls abgedeckt werden müssen.

Ein weiterer Aspekt in vielen Familien ist die Betreuung von zu pflegenden Angehörigen. Auch die Schaffung von Wohneigentum durch Familien in unserem Land könnte hier in der Debatte aufgegriffen werden.

Ebenso kann man die Frage stellen, welche besonderen Rahmenbedingungen Auspendler brauchen. Am besten wäre natürlich ein Arbeitsplatz in der Nähe oder in ihrem Wohnort selbst.